Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Psychologische, philosophische und wissenschaftliche Betrachtungen

Moderator: gabor

Antworten
Benutzeravatar
Cor Keks
Beiträge: 224
Registriert: 15. Jul 2013 12:17
Wohnort: Schwache Hunde bellen oft.

Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von Cor Keks »

Seyd gegrüßt! Mir fällt auf, dass alle rund um mich langsam in einen Sumpf aus Übernatürlichkeit und Energie fallen... Nun habe ich mir ein paar Gedanken gemacht, die ich gerne mal so in den Raum stellen würde. Wenn ich dadurch eine Diskussion triggere, soll mir das auch recht sein :)
Ständig wird mir gesagt, dass Bachblüten, Heilsteine und Konsorten ihre Heilungswirkung nur entfalten können, wenn der Patient es zulässt. Das heißt für mich übersetzt: Es kann nur wirken, wenn du dran glaubst, es in deinem Paradigma zulässt. (Es kann wirken, es muss nicht. Die Psyche ist ja etwas komplexes, und wenn die Heilsteinmethode oder Bachblütenmethode nicht zu deiner Vorstellung vom fliegenden Spaghettimonster passt oder unbewusste Blockaden dagegen vorhanden sind, wird sie selbst bei scheinbarem "dran glauben" nicht funktionieren)
Energetiker (ich benutze den Begriff für eine ganze Gruppe von Menschen, besonders die, die dem New Age verfallen sind) sind Menschen, die offenbar mit dem richtigen Weltbild ausgestattet sind, sie haben feste Überzeugungen vom Pendeln, von der Wirkungsweise ihrer Energien und und und. Und wenn gelegentliche Erfolge auftreten, stärken sie dieses Weltbild und das Ego der "Heiler", weil sie nicht davon ausgehen, dass es doch andere Faktoren geben könnte, die dieses Resultat zur Folge haben könnten. Im Grunde wie bei Okkultisten. Alternativmediziner sind ja nichts anderes, mit dem Unterschied, dass sie ihre halbe Weltanschauung (auf das "halbe" komme ich gleich zurück) legal und offiziell weiterverbreiten dürfen und damit auch noch eine Menge Geld machen können. Würde ein "inoffizieller" Okkultist das versuchen, würde man die Gruppe von Menschen, die sein Weltbild interessant finden, gleich als "Sekte " bezeichnen. >:->
Halbe Weltanschauung deshalb: Energetiker, Heilpraktiker, Nudelsuppenpropheten und wie sie sich alle nennen, mögen ein wenig magisch bewandert sein (magisch im Sinne von geistigen, meinetwegen auch energetischen Einfluss auf die Umwelt ausübend) wobei die Gesetzmäßigkeiten, nach denen sie "zaubern" hauptsächlich subjektiv und mittlerweile mainstream sind. Sie sind also irgendwo Magier, aber sie sind keine Geheimwissenschaftler. Sie haben nie gelernt, zu hinterfragen. Oder vielleicht hinterfragen sie auch nur die falschen Dinge. Besonders für mich ist es oft schwer, mit solchen Leuten zu reden, weil sie in ihren kleinen, festgefahrenen Paradigmen leben, (die natürlich nur aus absoluten Wahrheiten bestehen) und es verlernt haben, sich die Welt objektiv anzuschauen.
Ich für meinen Teil hinterfrage ständig mein Weltbild und die Weltbilder anderer, was es allerdings dank psychischem Zensor für mich auch unmöglich machen wird, jemals das Wunder einer Welt voller Geister, Dämonen und absoluter geistiger Erleuchtung (Umnachtung) zu begreifen, wenn ihr versteht was ich meine.
Zurück zu den Energetikern - Ihre Paradigmen sind eigentlich gar nicht so klein, wenn man sie sich ansieht. Im Gegenteil, sie sind unheimlich komplex, weil der durchschnittliche New-Ageler alles glaubt, was er hört und fest integrierte Bestandteile seines Weltbilds nicht hinterfragt. Unnütze Aspekte seines "Glaubens" werden nicht entsorgt, sondern es wird immer wieder neues hinzugefügt, damit die alten Überzeugungen ja ihren Sinn nicht verlieren.
Ich schrieb vorhin, dass dieses Paradigma mainstream ist - tatsächlich findet man schon an jeder Ecke Leute, die Erfahrungen mit Schwingungen, Energien und Quantenheilungen gemacht haben wollen usw. usf. Ich fürchte, wenn sich dieses Weltbild noch weiter verbreitet, könnte unsere Welt sich eines Tages wirklich in sowas verwandeln ;) Andererseits behauptete Ptolemäus ja auch, dass die Sonne sich um die Erde dreht - trotzdem tat sie es nicht. - (Oder?)
Wenn ich mich schon mit Weltbildern befasse, will ich nicht nur eine Hälfte des Ganzen präsentieren - wie sieht es denn mit der Gegenseite aus, den Geheimwissenschaftlern? Diese Männer (und Frauen) der Renaissance, zu denen ich mich zählen möchte und zu denen so mancher anderer sich hier auf dem Forum zählen möchte... Wir behaupten von uns, dass wir hinterfragen. Das ist der wesentliche Unterschied, den ich zwischen New-Age und Geheimwissenschaft mache.
Auch unsereins lebt in einer Welt, in der wir an die Existenz übernatürlicher (ich hasse dieses Wort) Dinge glauben. Glauben. Überzeugung und Glaube bringen uns angeblich dazu, Geglaubtes zu überprüfen und in Wissen zu verwandeln (Ich möchte hier auf Shaddais Text verweisen glaube-glaubenssatze-t9421.html). Die meisten New-Ageler tun das nicht. Und die meisten "Geheimwissenschaftler" auch nicht. Nicht wirklich.
Dinge wie Astralebenen, Dämonen etc. werden widerspruchslos einmal ins eigene Paradigma aufgenommen, durch die Methode der Meditation gefestigt (mit der man sich selbst alles beweisen kann) und als wahr angesehen, auch wenn sie nur in der eigenen Psyche wahr sind. Was ist das für eine Wissenschaft?
Wir untersuchen im besten Fall uns selbst, und jede Erkenntnis, die der Geheimwissenschaftler gewinnt, ist subjektiv und für jeden anderen praktisch wertlos, da der ohnehin wiederum seine eigenen Erfahrungen machen muss. Wozu sich mit Okkultisten über okkulte Themen austauschen, wenn die meisten wirklich objektiv gültigen Wahrheiten über Magie, Psionik, wie auch immer man es nennt, fast ausschließlich aus der Psychologie kommen?
Ja, Psychologie ist die Antwort auf all das. Dinge funktionieren nur, wenn du dran glaubst. Wenn deine Psyche sagt: Du wirst gesund! Dann wirst du gesund. Funktioniert genauso mit Krankheiten und mit allem anderen. Leider liefert mir die ganze Überlegung keine Antwort darauf, ob ich jetzt tatsächlich durch meine Gedanken auch Einfluss auf die Welt außerhalb meines Kopfes nehmen kann...
"Wer hat den Teufel an die Wand gemalt?" - "Schatz, das ist ein Spiegel."
Mirror
Beiträge: 399
Registriert: 4. Nov 2013 21:25

Re: Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von Mirror »

Guten Abend Cor Keks,

interessante Fragen die du stellst. Fremd sollten diese Gedanken keinem hier sein, also werfe ich ein paar von meinen gleich dazu.
Cor Keks hat geschrieben:Sie sind also irgendwo Magier, aber sie sind keine Geheimwissenschaftler. Sie haben nie gelernt, zu hinterfragen.
Solche Leute sind wirklich witzig. An irgendwas muss man ja glauben, und wenn es dazu beiträgt das man selbst "besonders" ist umso besser. Wer hinterfragt in der heutigen Informationskultur überhaupt noch? Jede Information ist überall abrufbar, und "Zitate" sind automatisch richtig, man muss sie nur in den richtigen Kontext setzen. Sich seines eigenen Verstandes zu bedienen schaffen die wenigsten und so degenerieren ihre Geister zu Konglomeraten von Fremdinformationen... aber ich will mich hier nicht verlieren, gibt noch ein paar andere Punkte.

Cor Keks hat geschrieben: Besonders für mich ist es oft schwer, mit solchen Leuten zu reden, weil sie in ihren kleinen, festgefahrenen Paradigmen leben, (die natürlich nur aus absoluten Wahrheiten bestehen) und es verlernt haben, sich die Welt objektiv anzuschauen.
Wenn es dir schwer fällt, warum tust du es dann? Wenn sie glücklich mit ihrer Weltanschauung sind, dann ist das nicht dein Problem. Über sowas würde ich mir keinen Kopf machen. Sie haben ihre Wahrheiten du hast/suchst deine.

Cor Keks hat geschrieben:Überzeugung und Glaube bringen uns angeblich dazu, Geglaubtes zu überprüfen und in Wissen zu verwandeln
Dann würden wir nicht von "Glauben" sondern von "Wissen" sprechen. Aber stark empfundener Glaube kann zu Wissen werden, natürlich nur zu Wissen das im individuellen Kosmos Gültigkeit besitzt.

Cor Keks hat geschrieben:Was ist das für eine Wissenschaft?
Ein klassisches Problem der westlichen Gesellschaft. Die Wissenschaft ist zu unserer Religion geworden, was (noch) nicht beweisbar ist soll automatisch falsch sein? Demnach würde die Wissenschaft nie Fortschritte machen können. Aber zurück zur Magie. Magie ist nicht nur Wissenschaft sondern auch Kunst. Ein kritischer Verstand sollte vorhanden sein, doch das Hinterfragen hat ein Problem auf das ich unten noch eingehe.

Cor Keks hat geschrieben:Wir untersuchen im besten Fall uns selbst, und jede Erkenntnis, die der Geheimwissenschaftler gewinnt, ist subjektiv und für jeden anderen praktisch wertlos, da der ohnehin wiederum seine eigenen Erfahrungen machen muss. Wozu sich mit Okkultisten über okkulte Themen austauschen, wenn die meisten wirklich objektiv gültigen Wahrheiten über Magie, Psionik, wie auch immer man es nennt, fast ausschließlich aus der Psychologie kommen?
Jetzt frage ich mich warum du Magie praktizierst (so du es tust, noch kenne ich dich ja nicht). Was ist an "sich selbst" untersuchen so falsch? Nenne mir einen Faktor der auf ewig Gültigkeit in deinem Kosmos besitzt und alles beeinflusst was du tust. Dieser Faktor kann nur das selbst sein. Du sprichst von Objektivität und von Austausch mit anderen, was versuchst du mit Magie zu erreichen? In ihrer Wirkung ist Magie (jedenfalls manche Spielarten) subjektiv, aber das Resultat der Wirkung lässt sich auf andere Ebenen übertragen und integriert sich so in die Betrachtungsweisen der Gesellschaft. Ist es nicht das was du "Objektiv" nennst?
Dieses Gerede von "objekitver Wahrheit" und Subjektivität erinnert mich an Zen. Es gibt keine Philosophie die Selbsterkenntnis auf dieses Level gehoben hat. Die Methoden der Mönche sind immer die selben. Die Resultate hochgradig individuell. Der Meister kann bestenfalls den Weg aufzeigen, nicht das Resultat vorgeben, und das ist auch beabsichtigt. Die Welt ist in ihrem Kern Informationsleer, die selben Dinge lösen in unterschiedlichen Menschen unterschiedliche Dinge aus, ist es dann nicht normal das die Magie "subjektiv" ist? Könntest du etwa sagen das dein "Erfahren" objektiv wäre?
Wenn du hinterfragst, hinterfrage die Wissenschaft. Genau genommen "wissen" wir nicht mal das die Erde rund ist, oder hat einer einen Beweis der WIRKLICH Objektiv ist?

Cor Keks hat geschrieben:Ja, Psychologie ist die Antwort auf all das. Dinge funktionieren nur, wenn du dran glaubst. Wenn deine Psyche sagt: Du wirst gesund! Dann wirst du gesund. Funktioniert genauso mit Krankheiten und mit allem anderen. Leider liefert mir die ganze Überlegung keine Antwort darauf, ob ich jetzt tatsächlich durch meine Gedanken auch Einfluss auf die Welt außerhalb meines Kopfes nehmen kann...
Natürlich ist glaube wichtig, Glaube öffnet den Verstand von Menschen, die Psyche wird kooperativer und somit erreicht man vieles leichter, und natürlich funktioniert Autosuggestion. Wo ist das Problem?
Zu deiner Frage ob man mit Gedanken die Außenwelt beeinflussen kann. Klar kann man. Gar kein Zweifel. Ich schreibe hier meine Gedanken auf, sie nehmen Form an, sie werden gelesen und vielleicht denkt jemand darüber nach. Der Verstand verändert sich und somit verändern sich die Handlung. Magie wiederum beeinflusst seine eigenen Gedanken und so seine Handlungen die das Umfeld beeinflussen. Von reiner Psychologie würde ich jedoch nicht reden. Wie du schon angedeutet hast, es ist lediglich der einzige Bereich den wir inzwischen "beweisen" können. Und da heute alles belegt sein muss stützt man sich eben darauf.

Jetzt noch kurz was zum Hinterfragen im allgemeinen. Ein kritischer Verstand ist wichtig, doch zerlegt man Dinge zu weit kann man nichts mehr damit anfangen. Vieles funktioniert nicht mehr und/oder man hat keine Freude mehr daran, man erkaltet. Hinterfragt man alles rigoros findet man immer einen Punkt der scheinbar nicht stimmig ist... als Resultat lähmt man sich unnötig und man stagniert. Verstandesmenschen sind selten Menschen der Tat. Das kommt raus wenn man das Hinterfragen hinterfragt. Man sollte also vorsichtig sein. Klar, alles ungetestet glauben, aber wie V. D. schon geschrieben hat "Richtig ist was funktioniert".
Frage dich doch mal ob die Wirkung oder der Grund der Wirkung entscheidend ist.

Reflektion ist enorm wichtig (nicht das es heißt ich würde dir hierbei widersprechen), aber verliere dich nicht zu sehr im Spiegel und versuch die Dinge einfach selbst. Alles kann man nicht begründen.


In den Spiegel starrend,
Mirror

PS: Eine gut gemeinte Bitte noch, Cor Keks. Das nächste mal mach bitte mehr Absätze. Fließtexte sind sehr schwer zu lesen.
Benutzeravatar
khezef
Moderator
Moderator
Beiträge: 2817
Registriert: 24. Jul 2011 16:29
Wohnort: Aus Gold mach Stahl!

Re: Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von khezef »

Ja, Psychologie ist die Antwort auf all das. Dinge funktionieren nur, wenn du dran glaubst. Wenn deine Psyche sagt: Du wirst gesund! Dann wirst du gesund. Funktioniert genauso mit Krankheiten und mit allem anderen. Leider liefert mir die ganze Überlegung keine Antwort darauf, ob ich jetzt tatsächlich durch meine Gedanken auch Einfluss auf die Welt außerhalb meines Kopfes nehmen kann...
Hier liegt für mich der Knackpunkt. Die Einflüsse dieser Welt. Diese Welt kann ich nur durch meine Sinne wahrnehmen, ob diese mir dabei allerdings einen Streich spielen oder nicht, lässt sich nicht immer sagen. Dadurch, dass jeder Mitspieler in dieser großen Matrix einen Anschluss hat, der immer ein bisschen anders konfiguriert ist, nimmt verarbeitet er sie auch immer ein wenig anders. Und genau da liegt das Problem. A kann für Person 1 A sein, für Person 2 aber genausogut B.

Die Sache mit dem Glauben ist nicht ganz so einfach auf einen Punkt zu bringen, dass würde einen allgemeingültigen Nenner vorrausetzen, den ich so aber nicht als absolut annehmen kann, da ich nur das, was ich selbst erfahre, als Fundament habe, und nichts anderes. Entsprechend habe ich nur einen subjektiven Punkt, von dem aus es aber schwierig ist, einen absoluten Punkt anzunehmen.

Ich teile hier in diesem Punkt die Meinung, die des öfteren im Zusammenhang mit Diskordianismus genannt wird: Alles ist subjektiv. Ich kenne keine Art der eigenen Wahrnehmung, die eine objektive Erfahrung erlaubt.

Hier spielt aber nicht nur die Psychologie rein, sondern auch die Biologie, Physik und Chemie:
Wie komme ich zu meinen Reizen, wie nehme ich sie auf, wie verarbeite ich sie, was für eine Welt wird für mich dadurch generiert?

Kommen wir zurück zum Glauben. Wissen kann für mich daraus resultierend nur subjektiv sein, ich kann nur glauben zu wissen, was ich durch meine Reize aufgenommen und gefiltert habe und was mir der Rechner in meinem Schädelknochen vorrechnet resultierend aus eben diesen Daten. Wo bleibt der objektive Gültigkeitsanspruch der absoluten Wahrheit?

Khezef
Shaddai
Beiträge: 658
Registriert: 12. Okt 2009 05:05
Wohnort: Machst du einen Schritt in die richtige Richtung oder einfach nur einen Schritt nach Vorne?

Re: Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von Shaddai »

Cor Keks hat geschrieben:Oder vielleicht hinterfragen sie auch nur die falschen Dinge.
Oder vieleicht tust du das. ;o)
Besonders für mich ist es oft schwer, mit solchen Leuten zu reden, weil sie in ihren kleinen, festgefahrenen Paradigmen leben, (die natürlich nur aus absoluten Wahrheiten bestehen) und es verlernt haben, sich die Welt objektiv anzuschauen.
Ich weß was du meinst. Solche oft in Grundsatzdiskussionen ausweitende Gespräche können echt anstrengend sein. Die Frage ist nur, wie man den "Wert" eines solchen Paradigmas bemisst. Solange es funktioniert kann es durchaus auch interessant sein, sich in so eine Welt mal reinziehen zu lassen. Hab für mich persönlich eine Art "Meistercodex" aufgestellt der quasi besagt: Wer viel redet muss auch zeigen können.
Da können sich noch so viele was auf ihre Kurse oder Channelings, Reiki-Behandlungen und schamanische Heilsitzungen einbilden wie sie wollen, es muss nur vorzeigbar sein. Ich habe einen Freund, den ich schon seit vielen Jahren kenne und ich war ziemlich neidisch, als er mir erzählte, dass er seit kurzem Schüler eines Schülers eines ziemlich bekannten und berüchtigten Okkultisten geworden ist. Irgendwann keimte in mir der Gedanke: "Na und? Solange er nicht fliegen kann, nützen auch die tollsten Geschichten über Erlebnisse dieser Gruppe nichts (und diese klangen teilweise wirklich spektakulär in Erzählungen)."
Das ist jetzt vielleicht etwas flappsig ausgedrückt, ich meine damit aber Folgendes: Was nützt es mir, wenn ich zu jemandem gehe der mir die tollsten Sachen erzählt, was er/sie nicht alles kann und schon erlebt hat, wenn das alles nicht vorzeigbar ist?
Klar, jetzt könnte mancher meinen, dass solche Erlebnisse ja nicht empirisch untersuchbar oder nachholbar sind, aber das ist schlichtweg eine Ausrede. Es gibt viele Sachen die SIND vorzeigbar und ein "ich muss nichts beweisen" sagt einfach nur aus, dass ich jemand ganz schön was auf sein Ego einbildet und blos nicht Gefahr laufen will, dass vielleicht doch etwas in seinem Weltbild nicht so funktioniert, wie er/sie es sich wünscht(!).
Und wenn mir jemand etwas zeigen kann, dann steigt diese Person "in meiner Gunst" ( :chaos: ). Nicht weil ich hoffe jetzt die ultimativen Geheimnisse lernen zu können, sondern einfach weil ich weiß, dass ich keinen Schwätzer vor mir habe sondern jemandem, mit dem man sich ernsthaft unterhalten kann, ohne das Gefühl zu haben "weiß der überhaupt grad wovon ich rede" oder im Umkehrschluss "erkennt diese Person vielleicht mein Problem" oder "kann man zusammen diskutieren".
Ich hatte mal ein Erlebnis mit so einem "Energetiker", wie du sie nennst. ;) Wir hatten Just for Fun eine Uhrzeit an einem Tag vereinbart, in dem diese Person mir aus der Ferne mal eine Art "energetischen Push" geben wollte. Ich war an dem Abend noch in der Wanne als ich plötzlich das Gefühl hatte, dass um mich herum merkwürdiges passiert. Ich hatte das Gefühl, als wäre ich von glitzernden Punkten umgeben und um meinen Kopf schwirrten engelähnliche Wesen herum. Dabei war ich mir sicher, dass es noch gar nicht die abgesprochene Zeit war. Hinterher stellte ich aber fest: ich hatte meine Uhr nicht umgestellt und die Person hat genau zu diesem Zeitpunkt bei mir gepusht und erklärte mir, was er gemacht hatte, was sich 1:1 mit meiner Wahrnehmung deckte. Dass das ein absoluter Lichtkeks ist, war mir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bewusst, da ich diese Person eigentlich in einer ganz anderen Phase kennen gelernt hatte. Von so einem "Energetiker" halte ich persönlich dann viel mehr, als von jemandem, der jede Stelle aus dem Sohar auswendig kann, die goetischen Dämonen rückwärts aufzählen und gute Rituale schriftlich formulieren kann.
Ich für meinen Teil hinterfrage ständig mein Weltbild und die Weltbilder anderer, was es allerdings dank psychischem Zensor für mich auch unmöglich machen wird, jemals das Wunder einer Welt voller Geister, Dämonen und absoluter geistiger Erleuchtung (Umnachtung) zu begreifen, wenn ihr versteht was ich meine.
Verstehen schon, aber warum? Versteckt sich da etwa ein Glaubenssatz, der es ausschließt? ;)
Ihre Paradigmen sind eigentlich gar nicht so klein, wenn man sie sich ansieht. Im Gegenteil, sie sind unheimlich komplex, weil der durchschnittliche New-Ageler alles glaubt, was er hört und fest integrierte Bestandteile seines Weltbilds nicht hinterfragt. Unnütze Aspekte seines "Glaubens" werden nicht entsorgt, sondern es wird immer wieder neues hinzugefügt, damit die alten Überzeugungen ja ihren Sinn nicht verlieren.
Ok, gehen wir vom Klischee aus. ;) Ja, dann gebe ich dir recht. Schaut euch allein mal an, für was es bspw. alles schon Reiki gibt. Kabbala Reiki, Edelsteinreiki, wahrscheinlich bald auch Bauchnabelfusselreiki. Wobei es eben auch nicht leicht ist, sich mit seinem eigenen Paradigma zu beschäftigen. Man lernt ja nie aus und mit allem was da neu hinzu kommt, müsste man immer jedes Fitzelchen seines eigenen Paradigmas hinterfragen, bis es wieder schlüssig ist. Das kann natürlich dazu führen, dass frühere "definitive persönliche Wahrheiten" plötzlich wegfallen oder hinderliche Umwege sind. Das ist nicht leicht und ich habe dies auch ab und an, dass ich einem Gedankengang folge und dann feststelle, dass dies für mich völlig logisch ist, jedoch nicht zu gewissen Punkten zu meiner bisherigen Auffassung ist. Das dann aufzuarbeiten kann wirklich schwierig sein und ich hänge bspw. derzeit an einem Punkt, an dem ich schon über 2 Jahre grübel. In meinem speziellen Fall ist es jedoch so, dass dieser Punkt eher nebensächlich ist und das Drumherum sich bisher nicht für mich als "falsch" herausgestellt hat, sodass ich alle paar Wochen mir mal Gedanken dazu mache, ob ich hierzu schon neue Erkenntnisse gesammelt habe.
Wenn man jedoch versucht wirklich alles was gut klingt oder logisch ist in ein ultimatives Paradigma zu verwandeln, endet das irgendwann in Entropie.
Wir behaupten von uns, dass wir hinterfragen. Das ist der wesentliche Unterschied, den ich zwischen New-Age und Geheimwissenschaft mache.
Auch unsereins lebt in einer Welt, in der wir an die Existenz übernatürlicher (ich hasse dieses Wort) Dinge glauben. Glauben. Überzeugung und Glaube bringen uns angeblich dazu, Geglaubtes zu überprüfen und in Wissen zu verwandeln (Ich möchte hier auf Shaddais Text verweisen glaube-glaubenssatze-t9421.html). Die meisten New-Ageler tun das nicht. Und die meisten "Geheimwissenschaftler" auch nicht. Nicht wirklich.
Ich greife mal Thefalus aus dem verlinkten Thread auf (werde ich mich auch morgen noch zu äußern ^^): "Die Chaosmagie scheitert immer wieder am selben Fehler: Im Bestreben Glaubenssätze zu utilisieren fliegen - auf die eine oder andere Weise - die mit Glaubenssätzen eng verwobenen Werte gleich mit aus dem Fenster."
Das kann ich persönlich unterstreichen und auch das Hinterfragen ist immer so eine Sache. Angenommen ich habe das Problem XY in meinem Paradigma festgestellt. Nun könnte annehmen, dass durch A das Erreichen von B möglich ist, weshalb ich C und D nur den zusätzlich Faktor E hinzufügen muss (bisher nicht getan oder nicht daran gedacht) und schon kann ich über F nämlich G erreichen und das Problem XY ist gelöst. Ich könnte aber auch annehmen, dass XY eine Ente ist und Enten das nunmal so machen.
Schon habe ich eine einfache und bequeme Lösung für mein Problem gefunden und musste nichtmal mein bisheriges Paradigma aufrollen. Dieser Prozess, magische Forschung, kann ziemlich schwierig und langwierig sein, je ernster man versucht an die Sache heran zu gehen und nicht in carrollscher simultaner Glaubenssatzdodekakophonie zu verfallen.
Wir untersuchen im besten Fall uns selbst, und jede Erkenntnis, die der Geheimwissenschaftler gewinnt, ist subjektiv und für jeden anderen praktisch wertlos, da der ohnehin wiederum seine eigenen Erfahrungen machen muss. Wozu sich mit Okkultisten über okkulte Themen austauschen, wenn die meisten wirklich objektiv gültigen Wahrheiten über Magie, Psionik, wie auch immer man es nennt, fast ausschließlich aus der Psychologie kommen?
Ja, Psychologie ist die Antwort auf all das. Dinge funktionieren nur, wenn du dran glaubst. Wenn deine Psyche sagt: Du wirst gesund! Dann wirst du gesund. Funktioniert genauso mit Krankheiten und mit allem anderen. Leider liefert mir die ganze Überlegung keine Antwort darauf, ob ich jetzt tatsächlich durch meine Gedanken auch Einfluss auf die Welt außerhalb meines Kopfes nehmen kann...
Also ich finde es grundsätzlich nicht falsch auch den psychologischen Blickwinkel in die eigene Praxis aufzunehmen, kann man doch darüber auch zu sehr interessanten Ergebnissen kommen. Wenn es funktioniert, kein Problem. Aber man sollte stutzig werden, wenn man der einzige ist, der sein eigenes Paradigma versteht, nachvollziehen kann und damit Ergebnisse erzielt. So subjektiv wie gern behauptet (siehe oben) sind magische Dinge nämlich oft gar nicht und können auch mit oder vor anderen gezeigt werden. Und hier wird es meiner Meinung nach spannend. Angenommen (mal etwas überspitzt) jemand stellt sich vor mich hin und schwebt ein paar Zentimeter über den Boden. Nun habe ich die Möglichkeit drei Wege zu gehen.
Weg 1: ich halte es für Schwindel
Weg 2: ich halte nun das was diese Person sagt für DIE Wahrheit und werde dort Schüler
Weg 3: ich lasse mir das erklären und zeigen und nehme mir diese Technik als Maßstab, um daran mein eigenes Paradigma und meine eigenen Erfolge zu messen
Vielleicht komme ich über den 3. Weg ja sogar zu ganz anderen Ergebnissen oder kann die Technik/mich wiederum weiterentwickeln. Dort findet meiner Meinung nach magische Forschung statt: in der Kommunikation, im Austausch und im Hinterfragen (und Ablegen des magischen Stolzes ^^)
Sowas kann aber auch ziemlich trocken sein. Ich hab schon Wochenenden mit Freunden erlebt, an denen wir die tollsten magischen Sachen geplant hatten und dann kaum was gemacht haben, weil wir immer in unterschiedlichen Grüppchen oder in der Gruppe irgendwo saßen und uns einfach nur unterhalten haben. Aber ich kann ja bspw. mich auch nicht in der physikalischen Forschung irgendwo hinstellen und Geräte bauen, wenn ich vorher noch nicht mal überlegt habe, was sie messen sollen oder funktionieren, mich mit anderen Wissenschaftlern berate, etc. Die Praxis zeigt dann, obs auch was genützt hat. Und wenn man dann doch einen neuen berliner Flughafen gebaut hat, dann ist das halt so, muss man sich halt nur eingestehen können. ;)
Amimatani
Beiträge: 417
Registriert: 24. Jun 2012 10:15

Re: Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von Amimatani »

@Cor Keks:
Ich finde es gut, dass du diese Gedanken mal ausgesprochen hast, die mehr oder weniger bewusst wohl jeden beschäftigen, der sich mit Magie und Okkultismus beschäftigt.

Ich denke, dass das eigentliche Problem tatsächlich innerhalb der heutigen Magie liegt, nicht so sehr in den gesellschaftlichen Stilblüten der Esoterik und alternativen Heilweisen und Energiearbeit. Bevor ich das erläutere, vorab erst mal dies:

Der Common Sense hat sich dasjenige aus der Magie herausgepickt, was in der einen oder anderen Weise funktioniert oder einfach Spaß macht: Mentaltechniken, Körpertechniken, psychologische Verfahren, schamanistische Elemente, Energietechniken, Traumdeutung, Orakeltechniken usw. usf.. Selbst die Kirchen bieten ja Seminare zu allem möglichen esoterischen Kram an. Womit deutlich wird, dass das alles im Grunde nur wenig mit Weltanschauung zu tun hat: jeder Anbieter strickt sich eine Wohlfühl-Weltanschauung um seine Verfahren Drumherum. Und diese Weltanschauungen kann man mit ein wenig Nachdenken meist mit einem kleinen Pieks wie einen Luftballon in sich zusammenfallen lassen, da sie voller philosophischer Widersprüche sind.

Der in größerer Tiefe all diesen irrationalen Weltanschauungen zugrundeliegende gemeinsame (nicht wirklich bewusste) Glaube oder Glaubenssatz könnte darin bestehen, dass alles konsumierbar sein muss, dass Menschen auf die Rolle von Konsumenten degradiert werden, sich selbst dazu degradieren, also schleichend von aktiv Handelnden und Gestaltenden zu passiven Wesen werden, deren einzige Aktivität darin besteht, möglichst billig oder anstrengungsfrei irgendwas für ihr Leben zu bekommen. Und die Weltanschauungen bekommen dann schnell selber den Charakter eines Konsumguts, für das man "nicht so viel bezahlen" will, sprich: für die man "nicht so viel Gedankenarbeit/Verstand aufbringen" will. Hauptsache, es fühlt sich gut an. Wenn das gute Gefühl abgenutzt ist, besorgt man sich halt eine neue Weltanschauung, es gibt ja genug davon...

Ich möchte das hier gar nicht auf der politischen Ebene diskutieren, da kann sich jeder seine Gedanken machen und vielleicht mal introspektiv reflektieren, wie er sich in seinem Alltag verhält: gestaltend oder konsumierend? Und ich meine eben nicht nur die materielle Ebene, sondern durchaus auch die ideelle. Hier im Forum gibt es genug Beispiele von kurz Vorbeischauenden, die "auf einfache Weise etwas haben" wollen. Das Internet ist nicht zuletzt ein Marktplatz, auf dem nicht nur nach materiellen, sondern auch nach ideellen Schnäppchen gesucht wird. "Konsumierbare Lebenshilfe" statt: selber leben, ausprobieren, auf die Schnauze fallen, wieder aufstehen, weitergehen zur nächsthöheren Hürde, und das Ganze unter vollem Einsatz von Verstand und Gefühl.

Warum schrieb ich eingangs, dass das Problem in der heutigen Magie liegt? Du versuchst, an die alten Geheimwissenschaften anzuknüpfen. Aber es ist doch gerade so, dass all das, was heute den Weltanschauungsmarkt überschwemmt, funktionierend oder nicht funktionierend, auch aus eben diesen Geheimwissenschaften hervorgegangen ist: vieles von dem früher Geheimen ist entweder von den Naturwissenschaften, oder von der Psychologie oder ansatzweise auch von den Sozialwissenschaften zu etwas Erklärbarem gemacht worden: es ist nicht mehr geheim.

Und die heutige Magie neigt dazu, entweder über den Rationalismus der Wissenschaften zu klagen, oder zu psychologisieren (also sich selbst der Wissenschaft unterzuordnen), oder sich in den Tumult der "großen" Weltanschauungskonflikte zu begeben (Abgrenzungen von Religion, Religionskritik u.ä.m.). Mit solchem Herangehen verschenkt sie von vorneherein ihr ursprüngliches Anliegen: sich mit dem "Geheimen", dem "Unbekannten" zu befassen und mehr darüber in Erfahrung zu bringen, als der durchschnittliche "Common-Sense-Mensch". Die Magie scheint immer schwerer Bereiche zu finden, in denen sie über das Allgegenwärtige hinaus geht. Dort, wo sie das tut, braucht sie sich nämlich nicht sonderlich darum zu kümmern, was so gemeinhin geglaubt und gedacht wird. In der Hinsicht waren Magier wohl immer eher Außenseiter. ;) Um diese Dinge braucht man sich nur zu kümmern, wenn man in der einen oder anderen Weise die Gesellschaft verändern möchte; aber das ist eher Politik als Magie.

Meiner Meinung nach hilft da nur weiter, dass man sich als Magier neu überlegt, was Magie ist. Die immer noch häufigen Formulierungen von der "Verwirklichung des eigenen wahren Willens" greifen zu kurz, denn auch das ist ja bereits Bestandteil desjenigen, was allerorten im Common Sense gepredigt wird. Selbst Erleuchtung fällt (scheinbar) in den Bereich der optionalen Möglichkeiten für Jedermann.

Ich habe keine allgemeingültige Lösung auf Lager. Aber ich habe mich vor längerer Zeit mal hingesetzt und überlegt, wie ich Magie neu definieren würde, und zwar so, dass sie wieder die Türen zum Unbekannten (und damit Geheimnisvollen) öffnet. Herausgekommen ist dabei eine ziemlich abstrakte Formulierung, die aber den Vorteil hat, dass sie auf jede Lebenssituation anwendbar ist und sie in eine magische Situation verwandeln kann:

"Magie ist die achtsame und Synergien wirkende Begegnung und Kommunikation mit dem persönlichen Unbekannten."

Auf meiner Festplatte findet sich schon eine Menge Text zur Erläuterung dieser nur scheinbar simplen Formulierung, der vielleicht mal auf meine Homepage kommt. Das erspare ich euch hier. ;) Es soll ja nur eine Anregung sein für eigenes Nachdenken.

Vielleicht so viel: das "absolute" Unbekannte ist ein für die Praxis ungeeigneter Begriff. Man fängt mit dieser Formulierung also damit an, erst einmal die Grenzen des eigenen persönlichen Unbekannten, innen und außen, auszuloten, abzuschreiten: denn dort und nur dort liegt das "Geheimnis", das "Geheimnisvolle". Viel eher jedenfalls, als im Mystery-Film: da kennt man im Grunde schon Vieles. Und dann beginnt man an diesen persönlichen Grenzen zu schauen, an welcher Stelle Kommunikation möglich und produktiv ist, eine Bewegung erzeugt, die im Interesse beider Seiten ist. Ich unterscheide da weder inhaltlich, noch methodisch: eine tiefe Trance mit entsprechender "Innenkommunikation" kann genauso dazu gehören, wie eine ganz weltliche Kommunikation mit einem unbekannten Menschen, einer persönlich unbekannten Weltsicht u.a.m.. Es ist für mich auch völlig okay, ggf. esoterische, psychologische, wissenschaftliche,... Methoden anzuwenden, wenn es Spaß macht oder wirkt.

Ein wesentlicher Aspekt liegt darin, dass eine so verstandene Magie ohne eine Weltanschauung, ohne den Glauben an Dinge funktioniert, die den Verstand und damit das eigene psycho-physische System verletzen. Das Einzige, was ich bei dieser Herangehensweise glauben muss ist, dass es möglich ist, mit meinem persönlichen Unbekannten zu kommunizieren. (Dass es mein persönliches Unbekanntes gibt, brauche ich nicht zu glauben: das weiß ich. ;) )

Hm, ist jetzt doch länger geworden, als geplant. Naja. >:->

Amimatani
Benutzeravatar
Thefalus
Beiträge: 3252
Registriert: 19. Sep 2011 14:09
Wohnort: ἰατρέ, θεράπευσον σεαυτόν
Kontaktdaten:

Re: Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von Thefalus »

@Shaddai: Es gibt erstaunlich viele Menschen, die sich absolut sicher sind, daß Magie ein Humbug sein muß. Dazu gehören auch die allermeisten Chaosmagier, die ich kennengelernt habe. Alle diese Menschen sind völlig entspannt und angstfrei, solange sie keine Vorführung erlebt haben. Bringt man ihnen aber den Beweis, dann ändern sich die Weltbilder dieser Menschen dramatisch und es kommt zu unerwarteten Reaktionen. Die Leute sind nämlich nur deshalb so lässig, weil sie echte Magie für unmöglich erachten. Ich bin bei so einer Demonstration einmal mit einem Neugierigen in ein militärisches Sperrgebiet geflogen. Alles meterhoch abgezäunt, oben Stacheldraht, kein Ausgang, kein Eingang. Wir waren in Sekunden drin und haben eine Stunde gebraucht um wieder raus zu kommen. Mir geht es hier nicht darum ob so etwas sein kann, mir geht es um die Reaktion eines Menschen, der echte Magie erlebt. Der Mann war entsetzt, völlig verstört und relativ schnell war ihm klar, daß ich das Böse sein muß. Ich habe das regelmäßig so erlebt, erst skeptische Neugierde, aber auch entspannter Tatendrang, dann panisches Entsetzen, Mißtrauen und Angst. Als besonders infam habe ich dabei die oft folgende üble Nachrede empfunden, man fühlt sich in die Hexenverfolgung des Mittelalters versetzt. Fazit für mich: Keine Vorführungen mehr, ich habe dadurch schon genug Freunde in meinem Leben verloren.

Thefalus
The Abyss Diving Association
Bild
Per Lubidinem Ad Profundum
Shaddai
Beiträge: 658
Registriert: 12. Okt 2009 05:05
Wohnort: Machst du einen Schritt in die richtige Richtung oder einfach nur einen Schritt nach Vorne?

Re: Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von Shaddai »

Off-Topic:

@Thefalus
Das kann ich mir vorstellen. Ich kenne auch ein paar Chaosmagier die nach Rincewinds Motto leben:
Vor einem Drachen weglaufen, Ohren zuhalten und laut rufen: "Ich glaube nicht an Drachen!"
:chaos:

Das ist natürlich die eine Seite. Ich wollte mit meiner Aussage jetzt auch keine vermehrten Darstellungen propagieren. Mir ging es mehr um den Kontakt zwischen zwei "Magiern" auf einer der oben angesprochenen "wissenschaftlicheren" Ebene. Ich lebe frei nach dem Motto: Unterhalte dich mit vielen, lerne von denen die was zeigen können.
Mit Freunden von mir unterhalte ich mich relativ zwanglos (solange sie meinen Gedankengängen folgen können) und mache vielleicht auch die ein oder andere Übung zusammen, "harte Sachen" nur mit Leuten, wo ich mir sicher bin, dass sie ebenfalls "magisch genug bewandert" sind, sodass es überhaupt Sinn macht.

Es gibt aber noch die andere Seite. Du hast jetzt ein Beispiel beschrieben, das ist ja noch "relativ harmlos". Wenn ich bspw. behaupte "Letzte Woche im Wald habe ich eine Evokation eines Wesens durchgeführt, welches nicht so gut verlief und das Wesen mir meinen erhobenen Stab in zwei Teile gebrochen hat.", klingt das schon direkt unglaubwürdiger. Hier haben wirs dann auch mit einer Form übler Nachrede zu tun. War jetzt nur ein Beispiel, aber diese Form der Nachrede kommt dann meist wieder von Personen, die auch vielleicht unbewusst nicht wollen, dass da ein Bruch in ihre Realität kommt. Natürlich kann man gerade im Netz viel behaupten. Hier gibt es dann den Unterschied ob ich direkt denke "Was für ein Blödsinn, sowas geht doch gar nicht, der hat voll einen an der Meise!" oder den anderen Weg gehe und denke "Ok, wenn es so ist, zeig es mir und ich bin bereit es zu glauben (und ggf. zu lernen)." Lässt sich nicht empirisch wiederholen, aber wenn man wirklich in der Lage ist solche (angeblichen) Effekte herzustellen, dann sollte in ähnlichen Operationen zumindest irgendwas annähernd kräftes passieren und damit meine ich keine Invokation von Glücksbärchies mit anschließender Imagination bunter Strahlen auf eine Deckenlampe (wirklich passiert...).

@Allgemeinheit bzw. Zweifel
Zweifel ist meiner Meinung immer gut, aber es sollte ein konstruktiver Zweifel sein der Möglichkeiten grundsätzlich zulässt. Und das wird heute meiner Meinung nach auch vernachlässig. Klar, wenn man sich bspw. hier im Forum umschaut, so gibt es einige Threads, bei denen ich auch nur kopfschüttelnd vorm Bildschirm sitze. Das liegt einfach an der Menge an (mit Verlaub gesagt) Mindfuck.
Ich denke wenn man sich mit Personen zusammensetzen kann, zumindest offen ist für andere Ideen, Meinungen, Aussagen/Behauptungen und gemeinsames "kritisches" Arbeiten, dann kann man schon auch mit oder durch andere sich magisch weiterentwickeln und damit aktiv forschen - wenn man dies denn möchte.
Benutzeravatar
Thefalus
Beiträge: 3252
Registriert: 19. Sep 2011 14:09
Wohnort: ἰατρέ, θεράπευσον σεαυτόν
Kontaktdaten:

Re: Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von Thefalus »

Shaddai, das ist nicht wirklich off-topic. Vielmehr zeigen die verängstigten Mitmagier, was ich mit Glaubenssätzen und "im Boot sitzen" gemeint habe. Wird ein realitätsbildender Glaubenssatz ausgehebelt, dann säuft das Glaubenssatz-Boot ab. Und das geht verdammt schnell. Und da der betroffene Mensch eben in seinem Glaubenssatz-Boot hockt, kriegt der die Panik, wird stinkig und je nach Charakter, kommt es auch mitunter zu ausgiebigen Racheaktionen.

Habe ich mal einen gestandenen Runenmagier erlebt, der sich mitten im einsamen winterlichen Wald in Norwegen nur noch Silvester-Knaller werfend hinausgetraut hat. Okay, ich muß zugeben, ich habe den Wald auch wirklich durch und durch aktiviert. Aber die Gruppe war richtig heiß drauf, nicht ein Anfänger dabei. Nicht mal für Brennholz mußten wir sorgen, die "Waldhüterin" hat uns in zwei Minuten einen ganzen Baum gefällt, lautlos und ohne Spuren im Schnee zu hinterlassen. Nur frische Sägespäne. Gebrannt hat das Holz übrigens wie abgelagert aber Schiss hatten sie alle in der Hose. Und - wie gesagt - später dann die paranoiden Episoden. Echt ärgerlich für mich.

Thefalus
The Abyss Diving Association
Bild
Per Lubidinem Ad Profundum
Amimatani
Beiträge: 417
Registriert: 24. Jun 2012 10:15

Re: Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von Amimatani »

Zu den letzten 3 Beiträgen:

Ich kenn solche Geschichten nur aus Erzählungen, aber ich setze jetzt mal voraus, dass es sich tatsächlich so zugetragen hat wie beschrieben.

Da stellt sich mir die Frage, ob du, Thefalus, den Mitreisenden in Norwegen denn - ganz wie Shaddai das schreibt - auch gezeigt hast, wie du den Wald "aufgeladen" hast. Hast du es ihnen versucht, ganz praktisch beizubringen? Wenn nicht, wenn du immer nur "vorgeführt" hast, dann sind solche Erlebnisse für die anderen doch nichts weiter, als die Erfahrung von Machtdemonstrationen. Unter Männern: "Meiner-ist-größer-Spiele". Für Frauen: männliche Macht, die je nach Veranlagung und Hintergrund bestenfalls zu Anhimmelung führt.

Und egal ob magisch oder profan, männlich oder weiblich: Machtdemonstrationen sind niemals freundschaftsfördernd.

Amimatani
Benutzeravatar
gabor
Moderator
Moderator
Beiträge: 10151
Registriert: 8. Apr 2009 16:18
Religionszugehörigkeit: Nihilist
Wohnort: Silencium est Aureum!

Re: Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von gabor »

Meiner Meinung nach eine Falschaussage.Denk mal an die Vater-Sohn Geschichte!
Gut,da setz ich jetzt mal "Macht" und "Können" gleich....ist aber im Prinzip die selbe Sache.
Immer bereit!
Woher soll ich wissen, ob die Vergangenheit keine Fiktion ist, die nur erfunden wurde, um den Zwiespalt zwischen meinen augenblicklichen Sinneswahrnehmungen und meiner Geistesverfassung zu erklären?
Benutzeravatar
gabor
Moderator
Moderator
Beiträge: 10151
Registriert: 8. Apr 2009 16:18
Religionszugehörigkeit: Nihilist
Wohnort: Silencium est Aureum!

Re: Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von gabor »

Thefalus hat geschrieben:Shaddai, das ist nicht wirklich off-topic. Vielmehr zeigen die verängstigten Mitmagier, was ich mit Glaubenssätzen und "im Boot sitzen" gemeint habe. Wird ein realitätsbildender Glaubenssatz ausgehebelt, dann säuft das Glaubenssatz-Boot ab. Und das geht verdammt schnell. Und da der betroffene Mensch eben in seinem Glaubenssatz-Boot hockt, kriegt der die Panik, wird stinkig und je nach Charakter, kommt es auch mitunter zu ausgiebigen Racheaktionen.

Habe ich mal einen gestandenen Runenmagier erlebt, der sich mitten im einsamen winterlichen Wald in Norwegen nur noch Silvester-Knaller werfend hinausgetraut hat. Okay, ich muß zugeben, ich habe den Wald auch wirklich durch und durch aktiviert. Aber die Gruppe war richtig heiß drauf, nicht ein Anfänger dabei. Nicht mal für Brennholz mußten wir sorgen, die "Waldhüterin" hat uns in zwei Minuten einen ganzen Baum gefällt, lautlos und ohne Spuren im Schnee zu hinterlassen. Nur frische Sägespäne. Gebrannt hat das Holz übrigens wie abgelagert aber Schiss hatten sie alle in der Hose. Und - wie gesagt - später dann die paranoiden Episoden. Echt ärgerlich für mich.

Thefalus
Sivesterknaller als Mittel für was genau?Elche verjagen,Trolle ärgern....oder was?Und was ist ein"aktivierter Wald"?
Immer bereit!
Woher soll ich wissen, ob die Vergangenheit keine Fiktion ist, die nur erfunden wurde, um den Zwiespalt zwischen meinen augenblicklichen Sinneswahrnehmungen und meiner Geistesverfassung zu erklären?
Amimatani
Beiträge: 417
Registriert: 24. Jun 2012 10:15

Re: Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von Amimatani »

gabor hat geschrieben:Meiner Meinung nach eine Falschaussage.Denk mal an die Vater-Sohn Geschichte!
Gut,da setz ich jetzt mal "Macht" und "Können" gleich....ist aber im Prinzip die selbe Sache.
Immer bereit!
Da fehlt mir jetzt das geeignete Paradigma im Kopf. :lol: (Will sagen: versteh ich nicht.)
Wenn Sohnemann dem Vater zeigt, dass er in diesem oder jenem Gebiet mehr kann, aber dem Papa nicht erklärt, wie er sein Können gelernt hat, dann ist das deiner Meinung nach fördernd für eine Freundschaft zwischen Vater und Sohn? :denk:
Oder umgekehrt: Papa zeigt dem Sohn, dass er mehr kann als der Junge, aber erklärt ihm nicht, wie er sein Können gelernt hat, dann ist so eine Machtdemonstration förderlich für eine Freundschaft zwischen den beiden?

Um beim Thema zu bleiben: was für ein Paradigma, was für eine persönliche Wahrheit braucht man, um die Dinge so zu sehen? >:->

Amimatani
Benutzeravatar
Thefalus
Beiträge: 3252
Registriert: 19. Sep 2011 14:09
Wohnort: ἰατρέ, θεράπευσον σεαυτόν
Kontaktdaten:

Re: Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von Thefalus »

gabor hat geschrieben: Sivesterknaller als Mittel für was genau?Elche verjagen,Trolle ärgern....oder was?Und was ist ein"aktivierter Wald"?
Immer bereit!
Keine Ahnung wie weit Kultur es geschafft hat bis SA vorzudringen, aber Sylvesterknaller wurden schon von den alten Chinesen dazu benutzt um boese Geister zu vertreiben. Und so ist das bis heute geblieben.

Ein aktivierter Wald ist ein Wald voller Geister.

Thefalus
The Abyss Diving Association
Bild
Per Lubidinem Ad Profundum
Benutzeravatar
Zerberus
Moderator
Moderator
Beiträge: 3429
Registriert: 15. Okt 2006 14:35
Religionszugehörigkeit: Religionsfrei
Wohnort: Immer locker bleiben

Re: Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von Zerberus »

ich habe schon genug erlebt um mir sicher sein zu können das wir menschen geistig aufeinander und auf uns selbst einwirken . unser denken ist auch stärker als so mancher glaubt , schließlich kann wille berge versetzen btw. den körper vergiften .


meiner meinung nach sind heilpraktiker , naturbewusste menschen , kräuterhexen oder wie sie sich auch alle nennen mögen .... eine sorte menschen die nicht verlernt haben in sich hinein zu hochrchen ... positiv zu denken .... mit ihrer aura auch andere anzustecken wie ein saures gewässer das wieder bereinigt wird .


wir menschen könnten uns und anderen viel leid ersparen wenn wir mehr auf uns und auf andere hören würden .

man mag das jetzt magie nennen oder auch nicht .

fakt ist das auch unsere halbgötter in weiss gerade erst dabei sind ansatzweise unseren verstand zu entschlüsseln .
einmal mehr sollten wir uns darüber im klaren sein , welches wunderwerk das menschnlichte bewusstsein ist


zerberus.
"Eine mächtige Flamme entsteht aus einem winzigen Funken."
Benutzeravatar
Thefalus
Beiträge: 3252
Registriert: 19. Sep 2011 14:09
Wohnort: ἰατρέ, θεράπευσον σεαυτόν
Kontaktdaten:

Re: Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von Thefalus »

Zerberus hat geschrieben:...sollten wir uns darüber im klaren sein , welches wunderwerk das menschnlichte bewusstsein ist
Ja, vor allem im Angesicht von Ereignissen, die es sich nicht erklären kann. Zuerst offener Mund, dann vor Entsetzen geweitete Augen, schließlich Panik und Flucht. Tolles Wunderwerk ist das.

Thefalus
The Abyss Diving Association
Bild
Per Lubidinem Ad Profundum
Benutzeravatar
Zerberus
Moderator
Moderator
Beiträge: 3429
Registriert: 15. Okt 2006 14:35
Religionszugehörigkeit: Religionsfrei
Wohnort: Immer locker bleiben

Re: Gedanken zu Paradigmen und persönlichen Wahrheiten

Beitrag von Zerberus »

da sind wir nicht die einzigen im tierreich .
"Eine mächtige Flamme entsteht aus einem winzigen Funken."

Zurück zu „Psychologie und Philosophie“