Was haltet ihr von Rache

Psychologische, philosophische und wissenschaftliche Betrachtungen

Moderator: gabor

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Ich
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Re: Was haltet ihr von Rache

Beitrag von Ich »

gabor hat geschrieben:Wie ich auf "Nieveau" komm.....naja oftmals ist es doch so,dass Menschen ihre Rachegelüste mit genau dieser "Ausrede" zu unterdrücken suchen,bzw."Niveau" als Rechtfertigung für nicht durchgeführte Rache nutzen.
Und das ist in meinen Augen Augenwischerei,und manchmal sogar noch gefährlicherals eine direkte Reaktion.
Werden diese Menschen noch etwas weiter geärgert werden......bricht irgendwann der Damm,und was dann folgt ist fast immer völlig unverhältnissmässig.
Ach so! Danke, jetzt weiß Ich auch, was Du meinst. Grundsätzlich hast Du schon recht, allerdings würde Ich das "manchmal" in dem hier zitierten Satz dabei lieber ziemlich fett unterstreichen (da spreche Ich aus eigener Erfahrung - d.h. auch meine obige Bemerkung mit den "Hau-Ruck-Aktionen", bei denen der Damm nicht weniger heftig brechen kann - oft sogar eher im Gegenteil). Andererseits - und da kann Ich hier jetzt natürlich nur mich sprechen - pflege Ich auch kein "erhabenes Niveau" als feige Ausrede o.ä. vorzuschieben. Davon mal abgesehen, kommt es natürlich auch immer auf die jeweilige Situation an bzw. was dem ganzen vorausgegangen ist. Solange kein wirklicher Ernst- bzw. Krisenfall (oder wie auch immer) und damit evtl. gar eine Notwendigkeit vorliegt, beschäftige Ich mich gedanklich vorher schon mit den o.g. Punkten. Würde Ich das (leichtfertig) nicht tun, dann könnte genauso gut - je nach Fall - auch wieder direkt das gleiche Ergebnis dabei herauskommen. Na ja.

khezef hat geschrieben:Da sich der Ehrbegriff hier aber auch eingeschlichen hat, würde mich doch interessieren, ob und wie du die beiden hier miteinander verbindest.
Wie gesagt, die kontextbezgene Betonung liegt dabei auf "kann" - und nicht auf "muß". Das würde z.B. in einen Zusammenhang geraten, wenn jemand aufgrund eines erhofften kleinen Vorteils hinterhältig mein Vertrauen ausnutzt und Verrat begeht, woraufhin meine daraus resultierenden Nachteile obendrein dann auch noch - nur wegen dieser Made - umso größer wiegen würden.
Dadurch sähe Ich mich selbst natürlich nicht in meiner Ehre verletzt - aber dafür umso mehr durch die Ehrlosigkeit dieser Kanaille.
Anhand dieses Beispiels kommen wir auch schon zu einer dritten (anfangs kurz erwähnten) Komponente: Den eigenen Werten (bzw. Wertesystem), was dann ja auch wiederum damit verknüpft wäre (diese hat ausnahmslos jeder Mensch, so unterschiedlich sie jeweils auch sein mögen!).
Folgendes hat aus meiner Sicht - wenn auch noch auf einer ganz anderen Ebene - nämlich auch mit (divergenten) grundsätzlichen Wertvorstellungen zu tun:
khezef hat geschrieben:Aber es besteht doch ein Unterschied zwischen einer hoch- und eher abgelegenen Bergregion, die sich über die Jahrhunderte ihre Kultur trotz multibler Eroberungsversuche einigermaßen bewahren konnte und einem britischen Empire, dass seine stark christlich geprägten Werte und Kodi in den Schlund der stampfenden und röhrenden Industrialisierungsmaschinerie warf und die Reste als gesellschatliches Korsett als modisches Accessoir weitertrug.
Ich betrachte das wiederum aus einer etwas anderen Perspektive (folgendes ist jetzt auch bitte nicht als Angriff o.ä. zu werten!):
Für mich sind Deine Sätze zu kurz-sichtig - oder genauer: nicht zu Ende gedacht (was Ich als "typisch (far-)westlich-propagandistisch beeinflußt" bezeichnen würde) - und zwar aus folgendem Grund:
Ein ganz wesen-tlicher Unterschied besteht natürlich dabei: Das wehrhafte Bergvölkchen hat seine Lebensweise und Kultur, indem all seine Mitglieder aufgewachsen sind und sich allgemein eher wohlfühlen (ansonsten hätte man dort wohl auch nie - und schon gar nicht über soviele Jahre hindurch mit einer solchen Ausdauer und Intensität - die Waffen gegen die diversen und stets ach so menschheitsbeglückenden "Befreier" in die Hand genommen) verteidigt und somit bislang bewahren können.
Ergo kämpfte dieses Völkchen nicht "einfach nur" gegen ausbeuterische Okkupanten oder aus Rache gegen diese, sondern primär für ihre Eigenständigkeit, ihre Kultur und Lebensweise - und somit letztendlich für ihre eigenen Werte. Im Gegensatz zu den Eindringlingen, denen es dagegen im Vergleich nur um Profit und den damit einhergehenden Machtzunahme geht. Letzere kämpfen vergleichsweise eben nicht für das, was Ich persönlich als echte Werte (oder gar wichtiger bzw. wertvoller) betrachten würde.
Dasselbe geistige Prinzip der o.g. Besatzer findet sich aber auch hier, in der ach so tollen "westlichen Wertegemeinschaft" (<-- was für ein Hohn!) in den Köpfen von vielen wider (was natürlich nicht von selbst oder von ungefähr kommt!), was sich in einem kleineren Maßstab auch alltäglich äußert (alleine das Stichwort "Ellenbogengesellschaft" sollte an dieser Stelle schon zum Verständnis genügen). Sind das Werte? Ich selbst benenne das als (einen Ausdruck von) schleichende(r) Dekadenz.
Logo, jetzt könnte jemand eilig vorgallopieren und etwas vom Recht des Stärkeren etc. faseln - und dabei aus lauter Eifer noch etwas wichtiges übersehen... Stichwort: Verantwortung!
Natürlich ist mir bewußt, das dies alles jetzt auch sehr grob oberflächlich und allgemein gehalten ist - aber die Gründe dafür hast Du ja selbst schon erläutert.
So, jetzt aber erstmal genug für heut', Ihr Leut'. ;)
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Re: Was haltet ihr von Rache

Beitrag von Amimatani »

kona hat geschrieben: zum "auge um auge" hab ich beim kabbalisten friedrich weinreb was schlaues gelesen, das diesen umstrittenen ausspruch eben kabbalistisch erläutert. leider weiss ich nicht mehr genau was es war (ich mag mich nur noch an den aha-effekt erinnern beim lesen), oder in welchem buch das war.
schade. wär jetzt noch cool gewesen, da was kabbalistisches einbringen zu können in die diskussion. :lala:
Da ich den Weinreb-Schmöker vor einigen Jahren las, ergänze ich hier mal als Zitat die Passage, auf die du dich vermutlich beziehst. Sie ist entnommen aus Friedrich Weinreb, Schöpfung im Wort, S. 559ff.. (Zitat unten kursiv) Meine persönliche Meinung dazu? Intellektuell interessant, aber er schweigt sich über die emotionalen Fundamente von Rache aus. Da geht der von nola abgelehnte christliche Ansatz mit dem "andere Wange Hinhalten" weiter: diese Aufforderung kann denjenigen, der sich rächen will, dazu bringen, sich mit seine Rache-Gefühlen auseinanderzusetzen. In dem Fall tatsächlich, wie kona sagt, "hohe Schule". Allerdings: formal angewendet kann es zu einer Gefühlsverleugnung/-verdrängung werden.

Der Kontext des nachfolgenden Zitats: Weinrebs Beschäftigung mit der linken Seite des Lebensbaumes, also derjenigen des Gesetzes bzw. des Determinismus, des Menschen, der vom Erkenntnisbaum in Eden gegessen hat (bei Weinreb: "Baum, der Frucht macht" im Gegensatz zum erlaubten Lebensbaum als "Baum, der Frucht gibt").

"Wir haben schon besprochen, wie an der linken Seite die Kräfte des Leibes vorherrschend sind, die Kräfte auch, die den Kern, das Wesen umhüllen. Der Mensch an dieser Seite kann deshalb auch das Wesentliche nicht richtig wahrnehmen, es ist für ihn getrübt, er ist, wie von Isaak erzählt wird, blind. (...)

Es ist auch dieser an der linken Seite stehende Mensch, der vom 'Baum, der Frucht macht' nimmt. Er lässt sich vom Schein täuschen, er ist blind für das Wesentliche. Diese Beschaffenheit des Menschen an der linken Seite, sein Hang, nach dem Schein zu urteilen, findet in allerlei Aspekten der Lebenspraxis Ausdruck, die auf der Kenntnis dieser Dinge aufgebaut ist. Auf ein Beispiel will ich hinweisen:

Während in der Bibel das Prinzip der Gerechtigkeit sehr klar ausgesprochen wird, z.B. in dem berüchtigten 'Auge um Auge', 'Leben um Leben' oder, nach bestimmten Vergehen, in dem lapidaren 'er soll getötet werden', zeigt sich, dass man in der Rechtspraxis gar nicht so rigoros verfährt, sondern im Gegenteil alles tut, um gerade dieses klare 'Auge um Auge' und das Töten nach bestimmten Verbrechen zu vermeiden. Dagegen wird der größte Nachdruck auf die Behandlung der Zeugen gelegt, die notwendig sind, um festzustellen, ob ein Vergehen vorliegt. Denn diese Zeugen müssen ja wahrnehmen, sehen und hören. (...)"


Es folgt eine längere Passage über die Wahrnehmungsgrenzen von Zeugen und dass letztlich die absolute Harmonie und Gerechtigkeit nur von Gott hergestellt werden kann, eben wegen der linksseitigen Begrenztheit der Menschen. Dazu wird dann eine Geschichte der jüdischen Überlieferung, wo die Zeugen eines Verbrechens fehlen, wiedergegeben. Im Anschluss dann der Weinreb-Abschnitt über Rache:

"Auch dann (wenn es keine Zeugen gibt) weiß Gott den Zustand des Gleichgewichtes, der Harmonie, wiederherzustellen. Diese Maßstäbe sind nicht menschlich. Rache bedeutet eigentlich 'Wiederaufrichtung', Wiederherstellung des Gleichgewichtes; und um dieses Gleichgewicht wiederherzustellen, muss man unendlich viel mehr über die Ursachen jedes einzelnen Falles wissen. Und dann muss man andere Maßstäbe haben, als die von Menschen erkennbaren.

So ist es mit dem Prinzip 'Auge um Auge' usw. Die Rechtsprechung und Rechtspraxis sind, laut Überlieferung, ganz richtig der Auffassung, dass dieses Prinzip eine vollkommene Wiederherstellung des Gleichgewichts bedeutet. Doch das würde einschließen, dass der Mensch, dem das Auge genommen werden soll, vollkommen mit dem Menschen identisch ist, dem er das Auge weggenommen hat. Solche vollkommen identischen Menschen gibt es nicht. Immer wird es Abweichungen im Alter, im Beruf, in der körperlichen oder seelischen Verfassung, usw. geben. Also ist es die Aufgabe des Gerichtes, anhand dieser Gegebenheiten den Schaden zu berechnen, den der Geschädigte erlitten hat, und den Schaden, der für den Angeklagten, ausgedrückt in seinem Leben, das Fehlen eines Auges bedeutet. Was dann noch als 'ungerächt' oder möglicherweise 'zuviel gerächt' übrigbleibt, wird wohl von Gott im Lauf des weitern Lebens wiederhergestellt, ins Gleichgewicht, in Harmonie gebracht."
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Thefalus
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Re: Was haltet ihr von Rache

Beitrag von Thefalus »

Religiöse Lehrer und Führer haben furchtbare Angst vor der Rache der von ihnen Betrogenen. Denn sie haben die armen Menschen oft jahrzehntelang an der Nase herumgeführt, belogen und betrogen. Ihr Vertrauen verraten, sie nach Strich und Faden ausgenutzt und ausgebeutet. Ihre Arbeitskraft, ihre Sexualität und ihr Vermögen benutzt und zerstört. Natürlich bauen diese Fuzzis vor. Gefürchtete Rache, ob geplant oder im Affekt, kann ein guter Grund für Verbrecher sein, es nicht mal zu versuchen. Andererseits führe ich die Massenselbstmorde in Sekten auf genau diese Angst vor Rache zurück.
Weinreb (wie der Rest der Bande auch) will Rache in die Hand Gottes legen. Weil der ist ja von den Betrügern kontrolliert. Netter Plan. Aber leicht zu durchschauen. Ein philosophisch durchaus interessantes Plädoyer für Rache findet sich übrigens in de Sades Philosophie im Boudoir. Hier entcheidet das Opfer frei, von Freispruch und Vergebung bis zu Auge um Auge. Ist das Opfer tot, der nächste Verwandte. Hierbei geht es explizit nicht nur um Genugtuung, sondern auch um effiziente Abschreckung.

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Re: Was haltet ihr von Rache

Beitrag von Amimatani »

Die von Thefalus formulierte Kritik an Weinreb halte ich für berechtigt. Die Angabedes Zitates zu konas Beitrag finde ich dennoch sinnvoll, damit sich jeder selber eine Meinung bilden kann.

Des weiteren deutet Thefalus in seinem Beitrag an, dass Religionen den ideologischen Überbau von realen Macht- und Ausbeutungsverhältnissen darstellen, wenn er sagt "sie können Gott kontrollieren". Es ist In ähnlicher Weise Teil der marxistischen Gesellschaftsanalyse. Die Schwierigkeit in Sachen Rache dabei: die sozialistischen Gesellschaften hatten sich so gesehen durchaus an der Unterdrückung durch die Religion gerächt, indem sie sie verboten hatten. Mit der Konsequenz, dass sie zunächst durch die säkulare Religion der marxistischen Weltanschauung ersetzt wurde. Und dass nach dem Zusammenbruch des Sozialismus diemodernen esoterischen Religionen in diesen Ländern besonders gut gediehen.

Es ist einBeispiel für die Begrenztheit von Rache: sie vermag kurzfristige Genugtuung zu erzeugen. Aber sie erhält die zugrundeliegenden Unrechts- und Ausbeutungsstrukturen aufrecht. Sie erscheinen nach der Rache lediglich in neuem Gewand.

Ich betrachte Rache so gesehen als ein äußerst konservatives Verhaltenselement, welches existierendeVerhältnisse aufrecht erhält und auf neuer Ebene reproduziert, anstatt sie grundlegend zu verändern. Die Eingangsfrage im Thread ging um das "andere Wange Hinhalten": ich halte es dann für falsch, wenn es bedeutet, Ausbeutung u.ä. hinzunehmen. Ich halte es aber insofern für richtig, als es den Hinweis enthält, dass Ausbeutung und Ungerechtigkeit durch Rache strukturell nicht beseitigt wird und hierfür andere, immer wieder neue Wege gefunden werden müssen.

Politisch wird hierfür als Beispiel gerne Nelson Mandela angegeben: meine politischen Kenntnisse reichen nicht aus, um das wirklich zu beurteilen. Doch es ist sicher interessant, da einmal genauer zu schauen.

Inwieweit das plakative Gegenstück zu Rache, also die Vergebung, eine Rolle spielt, ist eine weitere m.E. wichtige Frage. Unreflektiertes Vergeben oder Verzeihen, wie es von manchen Christen praktiziert wird, ist nichts anderes, als ein Deckel auf dem Kochtopf der Rache. Anders sieht es jedoch aus, wenn der Vergebung (profaner: dem Schuldenerlass) eine klare Anerkennung der jeweils vorhandenen Unrechtsstruktur vorausgeht.

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Re: Was haltet ihr von Rache

Beitrag von Ich »

Die Rache selbst ist ja auch nicht als ein Werkzeug zur Beseitigung oder Korrektur von ungerechten Herrschaftsverhältnissen oder sonstigen Unrechtsstrukturen zu verstehen (und dafür auch kaum geeignet), sondern in diesem Kontext wohl eher als eine Begleiterscheinung, welche dann manchmal auch recht irrationale Züge annehemen kann, welche noch häufig durch andere destruktive Einflüße (sowohl von außerhalb als auch von einem Individuum aus sich selbst heraus), welche sich dadurch oft erst richtig Luft verschaffen können, noch zusätzlich begünstigt wird.

Thefalus hat oben noch ein weiteres wichtiges Stichwort genannt: Die Abschreckung. Diese wiederum kann sich allerdings auch als ein sehr zweischneidiges Schwert darstellen:
Sie kann a) durchaus z.B. einen Verbrecher, der die mögliche Folgen (welche ihm im Falle eines Mißerfolgs drohen) mit seiner prozentualen Erfolgsaussicht abwägt, davon abhalten, zur Tat zu schreiten (womit die Abschreckung Erfolg gehabt hätte), was aber keinesfalls garantiert ist.
Sie kann b) andererseits aber auch eine sich ständig zunehmende Gewaltspirale in Gang setzen, wie es sich z.B. bei der "Blutrache" zwischen zwei Familien etc. ja schon oft abgespielt hat.

Ein Faktor ist bei der Rache aber grundsätzlich immer mit zu berücksichtigen: die ihr jeweils zugrundeliegenden Emotionen, welche natürlich sehr vielfältig sein können.
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Re: Was haltet ihr von Rache

Beitrag von Thefalus »

Es gibt weitere, bisher ungenannte Aspekte der Rache: Menschen, die rachsüchtig sind, sind auch oft gleichzeitig motiviert durch Macht, Authorität und der Gier nach gesellschaftlichem Status. Sie üben Rache aus, weil sie befürchten ansonsten ihr Gesicht zu verlieren. Das darf man sich gerne mal auf der Zunge zergehen lassen.

Weiterhin: Auge um Auge ... beschreibt keine Rache, sondern Vergeltung. Die Talionsformel sollte damals die vorherrschende Blutrache durch gesetzlich bestimmte Vergeltung ersetzen. (Betonung auf gesetzlich geregelt!)

Beispiel der ausufernden Blutrache: "Und Lamech sprach zu seinen Frauen: … Einen Mann erschlug ich für meine Wunde und einen Knaben für meine Beule. Kain soll siebenmal gerächt werden, aber Lamech siebenundsiebzigmal."

Also eine Gewaltspirale, die sich immer heftiger damals gedreht hat. Statt für erlittenes Unrecht selbst willkürlich und unbegrenzt Rache zu nehmen, durfte der Geschädigte oder seine Angehörigen vor Gericht fürderhin nur noch ein Leben für ein Leben, ein Auge für ein Auge, einen Zahn für einen Zahn verlangen.

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Re: Was haltet ihr von Rache

Beitrag von Amimatani »

Ich hat geschrieben: Ein Faktor ist bei der Rache aber grundsätzlich immer mit zu berücksichtigen: die ihr jeweils zugrundeliegenden Emotionen, welche natürlich sehr vielfältig sein können.
Ja, die Emotionen sind wesentlich. Doch eines ist ihnen bei aller Vielfältigkeit gemeinsam: sie sind - mal ganz materialistisch ausgedrückt - ein ziemlich unerträgliches psycho-physisches Spannungsgefühl. Und deswegen wollen die Leute diese Gefühle i.d.R. loswerden. Die dahinterstehende praktische Frage: "funktioniert" dafür die ausgeübte Rache (als Handlung)? Meiner Meinung nach nicht wirklich. Sie erzeugt bestenfalls kurzfristige Genugtuung.

Tatsächlich halte ich den - ich sag mal - Vergebungsansatz für wirksamer oder erstrebenswerter, sofern er nichts "zudeckelt". Insbesondere in Situationen, in denen ein wechselseitiger "Konfliktausgleich" aus welchen Gründen auch immer nicht möglich ist.

Amimatani
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Re: Was haltet ihr von Rache

Beitrag von sinizia »

Nola Schätzchen, ich würde dazu auch was sagen, aber die Sache mit der Rache stößt mir immer sauer auf, von daher enthalte ich mich mal.
Das wollte ich nur mal so nebenbei dazu beitragen.
Denn wenn jemand einem die Freundin ausgespannt hat kann man es demjenigen auch nicht so zurück geben wie er es getan hat, also was bleibt
als Lösung demjenigen eine Prügel zu verabreichen, und was ist dann der Sinn der sache, nix denn die Freundin kommt eh nicht wieder. Also wozu
dann überhaupt Rache ausüben wollen?


sinizia