Psychischer Masochismus

Psychologische, philosophische und wissenschaftliche Betrachtungen

Moderator: gabor

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Psychischer Masochismus

Beitrag von Alveradis »

Es scheint sich in Folgendem Thema ein Diskussion zum Thema 'Psychischer Masochismus' anzubahnen, ich dachte mir, das ist wert, ein eigenes Thema zu werden ;)
starke-und-schwache-t5841.html

Masochismus, ob psychischer oder physischer Natur hängt immer sehr eng mit Schmerzen zusammen. Hierzu wurde vor fast einem Jahr schon diskutiert, das Thema:
schmerz-t5094.html?hilit=Schmerz
(Ich wollte mich zu 'psychischem Schmerz' in dem Thema noch äußern, habe auch was geschrieben, aber leider nicht gepostet, dass liegt jetzt auf dem PC meiner Eltern :()
Vielleicht bieten einige Thesen dieser Diskussion Grundlagen, sich dem psychischen Masochismus anzunähern.

Ich fasse mal kurz die Thesen zu psychischem Masochismus zusammen, die in 'Stärke und Schwäche' gefallen sind, zusammen. Sollte ich etwas falsch verstanden haben, verbessert mich bitte.
(Pilotprojekt, um ein seitenweises lesen von Standpunkten in Anschlussdiskussionen zu vermeiden. Mal schauen, wie das läuft ;) )


Ambra:
Für einen psychischen Masochisten ist 'Schmerz' das, was er nicht will. Will er leiden ist das Nicht-Leiden der Schmerz.

Zerberus:
Ein psychischer Masochist geht kaputt, wenn man ihm keine Schmerzen hinzufügt. Es ist also von neutralem Standpunkt aus das Beste, wenn ihm Schmerz zugefügt wird.


Flame:

Für einen Masochisten ist nur Schmerz Schmerz. Nicht-Leiden ist aufgrund der Beschaffenheit des Gehirns (Nähe von Lust- und Schmerzzentrum) langweilig.
Dem entgegnet Ambra, dass es sich dabei im physischen, nicht um psychischen MAsochismus handelt.


Eine aufgekommene Frage (Ich und Zerberus):
Ist es für einen Masochisten schlimm, nicht gequält zu werden?
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Re: Psychischer Masochismus

Beitrag von Alveradis »

Und nun meine Stellungnahme ;)

Zerb, Ich und Flame, ich denke, ihr seid ein bisschen vorbei an dem, was Ambra sagen wollte:

Es ist ein interessantes Phänomen, dass immer wieder Wesen eine recht eigenwillige Überlebensstrategie entwickeln:
Es scheint so, als wäre 'Leere' das, mit dem der humanoide Geist am schlechtesten fertig wird.
Und so kann es passieren, dass diese Leere mit dem ausgefüllt wird, was man für sich selbst am einfachsten verursachen kann: SCHMERZ.
Manchmal spielt da auch ein Selbsthass mit, das Bewusstsein, dass man Strafe verdient hätte, sie aber nicht oder nicht genug bekommt und sich somit selbst bestrafen muss.
Das hat im Regelfall nichts mit Lust zu tun, sondern ist ein sehr wirkungsvoller Mechanismus, sich selbst über Wasser zu halten. Psychischer Schmerz ist, wie körperlicher auch, mit einer Ausschüttung von Energien verbunden. Körperlich ist es Adrenalin (damit man auch bei starker Verletzung noch fliehen oder kämpfen kann), was es psychisch ist, weiß ich nicht.
Auf jeden Fall gibt einem der Schmerz die Kraft, zu bestehen.

So weit so gut, aber irgendwann kommt der Punkt, an dem man diesen Mechanismus nicht mehr notwendig hätte, weil man auch so klarkommt. Der Kopf hat nun aber begriffen, dass das ganz gut funktioniert und will diesen Mechanismus weiterführen.
In gewisser Weise ist die Psyche 'abhängig' vom Schmerz geworden.

Leicht abstrahiert lässt sich das auch von SVV-lern beobachten, bei denen neben der körperlichen Abhängigkeit nach dem ausgeschütteten Adrenalin die psychische Abhängigkeit einen weit größeren Stellwert einnimmt.
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Re: Psychischer Masochismus

Beitrag von flame »

Du meinst also das jemand der unter Depressionen leidet und sie überwindet gefahr läuft ein psychischer Masochist zu werden weil in seinem Kopf immernoch die Muster vorhanden sind die ihn runterziehen?

Ich glaube eher das jemand mit überwundenen Depressionen viel eher rückfällig wird aufgrund wiederauftauchender "Schmerzen" anstatt das er anfängt sie zu genießen.

Ein psychischer Masochist leidet für mich nicht unter den Symptomen einer Depression, weil er diese "Schmerzen" sucht und sie ihn nicht übermannen.
Allerdings kann diese Gratwanderung schnell schiefgehen und er findet sich mit dem allem ab was ihn runterzieht.
Des weiteren sind solche Leute meist auf spezielle Personen oder Personengruppen fixiert (sich selbst eingeschlossen) von denen sie sich runterziehen lassen. Gegen außenstehende versuchen sie sich zu verteidigen.

Fehlt ihnen der Kick von irgendwem niedergemacht zu werden, können sie sie auch selbst fertigmachen. Tun sie das nicht oder sind nicht dazu in der Lage ist ihnen Langweilig. Auch wenn diese Langeweile quälend ist, ist sie bei weitem nicht die Art von "Qual" die sie mögen. Masochist zu sein bedeutet nicht alles was man normalerweise nicht mag toll zu finden, man ist meist auf etwas spezielles fixiert.
Ambra

Re: Psychischer Masochismus

Beitrag von Ambra »

Hier meine Definition:
Die Psyche des Menschen funktioniert ähnlich wie sein materieller Körper. Beides braucht energie.
Der Körper nimmt Energie über Nahrung auf. Für die Psyche ist die Emotion die Nahrung.
Energie kann nicht vergehen, sie kann nur ihre Form verändern, und Emotion IST Energie.
Die meisten Menschen ziehen Energie aus Freude usw. manche Menschen durchleben allerdings so viel Leid das ihr Verstand keine Freude (usw.) verspürt, ihm geht die Energie aus. Allerdings schaltet sich dann ein Notprogramm ein das nun beginnt Schmerz und Leid ist diese lebensnotwendige Energie umzuwandeln. Natürlich ist sie immer noch schädlich, nur auf eine langsamere Art, es gleicht einem Dahinsiechen.
Wird das über einen längeren Zeitraum notwendig verkommt dieses System zu einem Zwang, die Psyche degeneriert. Sie ist nicht mehr in der Lage Emotionen wie Freude, Glück, Spaß usw. umzuwandeln, diese Emotionen werden ignoriert da sie scheinbar keine nutzbare Energie besitzen.

Vergeht die Quelle des Schmerzes geht dem Masochisten die Energie wieder aus. Er braucht aber diese Energie und seine Psyche KANN nur diese Art umwandeln, also quält er/sie sich selbst oder schafft Situationen die Leid verurschachen. Aus diesem Teufelskreis auszubrechen ist ein Akt von enormer Willenskraft.
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Re: Psychischer Masochismus

Beitrag von flame »

Die Definition beißt sich aber mit deiner vorherigen These das es für einen psychischen Masochisten der größte Schmerz ist wenn er nicht leidet.

Oder versteh ich da was falsch?
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Re: Psychischer Masochismus

Beitrag von Ich »

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Zuletzt geändert von Ich am 27. Dez 2011 11:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Psychischer Masochismus

Beitrag von Alveradis »

An Flame:
Nein, das meine ich nicht.
Depressionen sind eine Art die aus Spannungen resultierende überschüssige Energie zu verarbeiten, Psychischer Masochismus eine andere.
Was natürlich nicht heißt, dass das nicht irgendwie Hand in Hand gehen oder sich zum Teil sogar überlagern kann. Aber das gleichzusetzen ist falsch, denke ich.

Und was Ambra schrieb widerspricht der These nicht.
Egal was man tut, wenn man es oft tut, tritt ein gewisser Gewöhnungseffekt ein. Sprich: Der Mensch erkennt, dass der Schmerz nicht mehr reicht.
Das kann dazu führen, dass jemand fremdgequältes anfängt sich selbst zu quälen.
Das kann dazu führen, dass ein Cutter sich ein schärferes Messer kauft oder tiefer schneidet.
Oder es kann dazu führen, dass der völlig abgestumpfte Geist sich seiner letzten Grundlage entzieht, indem er sich den Schmerz ganz nimmt und somit eine neue Dimension des Leidens erreicht.

An Ich:
Ein paar Sätze der Erläuterung wären auch ganz schön gewesen ;)
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Ambra

Re: Psychischer Masochismus

Beitrag von Ambra »

Im Grunde hat Alveradis schon alles erklärt...........
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Re: Psychischer Masochismus

Beitrag von Ich »

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