Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Psychologische, philosophische und wissenschaftliche Betrachtungen

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khezef
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Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von khezef »

Do what thou wilt shall be the whole of the law. Love is the law, love under will
Ich denke, dieser Satz wird einigen von euch durchaus ein Begriff sein. Vieles wurde dazu geschrieben, vieles gesagt und interpretiert.
Ich würde darüber gerne eine Diskussion anregen.

Dem Mega Therion wird dieses Zitat ja zugeschrieben, einem der pösesten Wesen des letzten Jahrtausends.....
Okay, Scherz beiseite. Crowley an sich ist eine sehr schön kontroverse Figur, wohl ein Grund, was ihn und sein Werk so anziehend machen dürfte. Interessant, dass ein Mann wie er von "Liebe" (sehr dehnbarer Begriff) spricht und als Gesetz darstellt. Ein Gesetz, das bei Thelemiten auch als Grußformel gelten soll (in Kurzform 93), leider kenne ich keinen Thelemiten, der mir das bestätigen kann. Liebe auch als Grußformel?

Das kleine Zitat hat mir schon so manches Kopfzerbrechen bereitet, nett fand ich dazu Thefalus bildliche Darstellung vom Boot, das auf den Wellen des Chaos schwimmt und Fäden fischt. Ich weiß nicht warum, aber es passt irgendwie.

Was sind eure Meinungen zu diesem Zitat und warum? Ich persönlich werd daraus nicht wirklich schlau, zumindest nicht vollends.

Khezef
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Weibsvolk anwesend »

Hallo khezef.

Ich vermute, hier war im Grunde eine Art All-Einheit gemeint. Zumindest wird auf eine solche ja immer wieder mehr oder minder hingewiesen ("For I am divided for love's sake, for the chance of union... This is the creation of the world, that the pain of division is as nothing, and the joy of dissolution all.").
Die Aussage scheint für mein Empfinden zu sein, dass der, der seinen wahren Willen erkennt, zeitgleich auch feststellt, dass dieser dem wahren Willen anderer Lebewesen nicht konträr gegenüber steht, sondern sich - aufgrund besagter All-Einheit - letztlich in Harmonie damit befindet. Und derjenige, der um eine All-Einheit weiß, wird aller Wahrscheinlichkeit nach nichts willentlich tun, was gegen den freien Willen eines anderen Lebewesens verstößt... denn letztlich würde er damit ja auch sich selbst schaden, irgendwie zumindest.

Als etwas verwirrend empfinde ich hier den Gebrauch des Wortes Liebe. Weil ich mir nicht sicher bin, ob es das wirklich trifft.
Allerdings habe ich bereits häufig festgestellt, dass er von vielen Menschen mit 'All-Einheit' gleichgesetzt wird.
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Terry Pratchett
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retsnoM
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von retsnoM »

Mit love könnte die Liebe zu sich selbst gemeint sein.
Love under will würde ich dann so interpretieren, dass die Liebe (hier nicht nur die Liebe zu sich selbst), dem Willen nicht im Weg stehen darf. Beispielsweise kann es Situationen geben, in denen man sich (oder der Geliebten) anfänglich selbst schaden muss, um seinen Willen zu erfüllen.
Zuletzt geändert von retsnoM am 9. Apr 2014 14:04, insgesamt 1-mal geändert.
Weibsvolk anwesend
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Weibsvolk anwesend »

Hallo retsnoM.

Was du da ansprichst, scheint mir eher eine Art von Liebe, die emotional bedingt und vor allem an ein individuelles Ego gebunden ist. Ob das gemeint ist, bezweifele ich für meinen Teil.

Der Knackpunkt ist meiner Ansicht nach, dass man aus dieser Aussage von Crowley nur schwer schlau wird, wenn man sie isoliert betrachtet. Ein möglicher Sinn erschließt sich m. E. erst im Zusammenhang mit anderen Aussagen aus dem Book of Law.
Da komme ich dann wieder zu der oben genannten All-Einheit. Es wird beschrieben, dass sie sich getrennt hat 'um der Liebe willen, für die Möglichkeit der Vereinigung'.
Ich denke, das ist mit dem wahren Willen gemeint: Zu verstehen, das allem Leben besagte All-Einheit zugrunde liegt. Dass sie sich getrennt hat, um Bewegung in Form von individuellem Leben ganz allgemein überhaupt erst zu ermöglichen - denn hätte sie sich nicht getrennt, würde sozusagen - sehr unromantisch ausgedrückt - jegliches Sein in Form einer Art Urzustand ohne Zeit und Veränderung vor sich hindümpeln.
Und durch die Trennung ist überhaupt erst die Möglichkeit gegeben, zurück zur Einheit zu streben. Vielleicht liege ich da völlig daneben, aber ich denke, das ist es, was mit 'Love under will' gemeint ist. Das Handeln, das aus der Erkenntnis resultiert, sozusagen.
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Amimatani
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Amimatani »

Meiner Meinung nach beruht vieles von Crowleys Magie darauf, dass er sich immer wieder heftig am Christentum abarbeitet: dieses hat ihm in seiner pietistischen Ausprägung ja wohl ein recht übles Startgepäck ins Leben gegeben.

Entsprechend findet man in seinen eigenen Aussprüchen immer wieder Anklänge an biblische Formulierungen. Diese enthalten dann zugleich eine Abgrenzung oder auch etwas, das Crowley selbst vermutlich als Blasphemie aufgefasst hat.

Bei dem erwähnten Satz geht es um eine der für's Christentum zentralen Stellen aus dem Römerbrief des Paulus, nämlich dort, wo Paulus die Liebe ebenfalls als Ganzes des Gesetzes bezeichnet, nachzulesen Römer13,8-10.

Das Entscheidende bei Crowley in diesem Kontext ist, dass er den christlichen Gott ersetzt durch den "eigenen wahren Willen". Das ist der zentrale und den Inhalt komplett verändernde Unterschied. Der "wahre Wille" ist das Entscheidende, und darum mühen sich die Adepten ja auch zuweilen gründlich: folgt man Crowley, so ist das Finden und Erfüllen des eigenen wahren Willens eine Art Selbstvergöttlichung. Das wird meiner Ansicht nach in dem thelemitischen Ausspruch ausgedrückt.

Das ist eigentlich für Magier recht überzeugend. Nur geraten sie damit heutzutage in große Nähe zu den Auffassungen, die aus der Psychologie C.G.Jungs abgeleitet sind: Selbstwerdung, wobei der Archetyp des Selbst bei C.G.Jung Christus ist. Anhänger der thelemitischen Auffassung, die sich gegen den Ansatz von Jung abgrenzen wollen, müssen deshalb vor allem eine sehr klare Auffassung von demjenigen haben, was "der eigene wahre Wille" ist.

Amimatani
nola-blair

Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von nola-blair »

Ja aber kann das nicht auch sein das man seinen wahren Willen erst erkennen kann, wenn man Kunst
(denn es gibt auch eine Kunst des Liebens)und Wissenschaft miteinander vermengt, oder ?
Weibsvolk anwesend
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Weibsvolk anwesend »

Hallo Amimatani:

Was du schreibst erklärt m. E. zumindest die Verwendung des durchaus christlich geprägten Bibelbegriffes Liebe.
Der komplexere Zusammenhang der Aussage - ich für meinen Teil habe ehrlich gesagt den argen Verdacht, den hat Crowley schlichtweg andernorts abgekupfert (darin war er ja groß). Denn - wie khezef auch schon andeutete - das Geschriebene passt letztlich kaum zu Crowleys eigener Verhaltensweise.

@ Nola:
Kannst du bitte etwas eingehender erklären, inwieweit diese Aussage sich am Crowley-Zitat festmacht? Der Zusammenhang verschließt sich mir derzeit noch etwas.
"Es werde Salat!"

Terry Pratchett
nola-blair

Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von nola-blair »

Wieso? Es geht doch in dem Gesetz von Crowley was " khezef" geschrieben hat, darum seinen eigenen wahren Willen zu finden. Und außerdem sofern ich mich nicht irre, hat Crowley immer gesagt man sollte an seinen Aussagen immer zweifeln und ihm nicht alles glauben.

Und für mich persönlich gibt es ohne der Wissenschaft ( Physik ) keine Magie, und ohne die Kunst geht es auch nicht. Denn Imagination ist eine Art Kunst, finde ich auf jedenfall.
Weibsvolk anwesend
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Weibsvolk anwesend »

Hallo Nola.

Ist für dich also der von Crowley zitierte Wille die Wissenschaft und die Liebe die Kunst?
"Es werde Salat!"

Terry Pratchett
nola-blair

Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von nola-blair »

Ich sage mal so, da das hier für mich persöhnlich mit der suche nach dem wahren Willen zu tun hat, dazu Ja.
Oder liege ich damit daneben?

Denn ich habe das mit dem " Love is the law, love under will ", so verstanden, das man bedenken sollte das man niemanden
dazu zwingen kann, was er nicht selber will.
Amimatani
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Amimatani »

Hallo Weibsvolk anwesend,

kann sein, dass Crowley das abgekupfert hat. Meintest du eine spezielle Quelle?

@all:
Crowley schreibt ausführlicher und klarer zum "wahren Willen" im Liber Aleph. Dort liest es sich für mich am ehesten so, dass er mit dem "wahren Willen" so etwas wie die allem zugrunde liegende Antriebskraft eines Individuums bzw. der individuellen Seele meint. Da Crowley einen hohen Anteil an Mystik in seinen Schriften ausdrückt, könnte man das in etwa so verstehen, dass der "wahre Wille" die jeweils konkrete individuelle Triebkraft ist, welche den Einzelnen zur Vereinigung mit dem Ganzen treibt, oder mit dem All-Einen in W.a.s Formulierung. Oder zur heiligen Hochzeit, oder wie die Metaphern noch lauten mögen.

Diese (mystische) Vereinigung oder Hochzeit ist Liebe. Sie ist also immer das Ziel des wahren Willens des Einzelnen und in diesem Sinne gilt: "love is the law". Anders gesagt: die Liebe, die im "Großen Werk" angestrebt wird, ist so etwas wie der universelle Wegweiser für den wahren Willen des Individuums und insofern das Gesetz.

Zugleich kann sie konkret aber immer nur in einem Individuum erfahren werden und ist in dieser konkreten Form dann Teil des Willens des Einzelnen Menschen. (Im Liber Aleph steht in der deutschen Übersetzung: "...Liebe als eine Form des Willens...") Insofern also: "love under will"

Insofern ist meine Deutung des eingangs genannten Spruchs:

Liebe im allgemeinen Sinne ist das Gesetz, da sie auf das Ziel der mystischen Vereinigung des Einzelnen mit dem Ganzen weist. (love is the law)
Dies Ziel wird erreicht, indem der Einzelne eben jener tieferen individuellen Triebkraft folgt, welche als wahrer Wille bezeichnet wird. (do what thou wilt shall be the whole of the law)
Die dabei erfahrene Liebe des Einzelnen folgt ihrerseits damit dem wahren Willen. (love under will)

Ich bin keine Thelemitin, habe nur eine Weile damit verbracht, diese kryptischen Crowley-Aussagen zu verstehen. Die größte Schwierigkeit lag für mich immer in der m.E. heutzutage etwas unglücklichen Verwendung des Begriffs "Willen" an dieser Stelle. Das hat mit der Situation in wohlsituierten Gesellschaften zu tun, wo einem eine ganze Menge "Wollen" nahegelegt wird, das im Grunde ziemlich weit weg ist von eben dieser tieferen Triebkraft des "wahren Willens".

Platter gesagt: den wahren Willen findet man nur auf dem Weg der Selbsterkenntnis. Aber gerade diese wird erschwert durch ein Übermaß an Ablenkung durch diverse materielle und immaterielle Konsummöglichkeiten (Spiritualität selbst ist ja zum Konsumgut geworden), wo man natürlich auch immer etwas will. (Man denke nur an die zahllosen "Zauberwünsche für Alltagsdinge"). Das Dauer-Wollen kann dann den wahren Willen überlagern, man wird von ihm wie von scheinbar externen Magnetfeldern abgelenkt.

Ah, ich schweife ab. ;) Alles natürlich nur meine Meinung bzw. Deutung.

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Azazel
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Azazel »

Ich stimme animatani zu, grundsätzlich sehe ich das Ganze völlig losgelöst von jedweder Literatur.

Wenn Du all das tun kannst was Du willst ohne der Sklave von in Dich gesetzte Erwartungen zu sein, ohne jegliches Gewissen, dass Dich auf Grund von Erziehung, Umfeld, ges. Normen etc. indoktriniert, dann bist Du wahrhaft frei.
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Thefalus
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Thefalus »

khezef hat geschrieben:
Do what thou wilt shall be the whole of the law. Love is the law, love under will
Ich denke, dieser Satz wird einigen von euch durchaus ein Begriff sein. Vieles wurde dazu geschrieben, vieles gesagt und interpretiert.
Ich würde darüber gerne eine Diskussion anregen.

Dem Mega Therion wird dieses Zitat ja zugeschrieben, einem der pösesten Wesen des letzten Jahrtausends.....
Okay, Scherz beiseite. Crowley an sich ist eine sehr schön kontroverse Figur, wohl ein Grund, was ihn und sein Werk so anziehend machen dürfte. Interessant, dass ein Mann wie er von "Liebe" (sehr dehnbarer Begriff) spricht und als Gesetz darstellt. Ein Gesetz, das bei Thelemiten auch als Grußformel gelten soll (in Kurzform 93), leider kenne ich keinen Thelemiten, der mir das bestätigen kann. Liebe auch als Grußformel?

Das kleine Zitat hat mir schon so manches Kopfzerbrechen bereitet, nett fand ich dazu Thefalus bildliche Darstellung vom Boot, das auf den Wellen des Chaos schwimmt und Fäden fischt. Ich weiß nicht warum, aber es passt irgendwie.

Was sind eure Meinungen zu diesem Zitat und warum? Ich persönlich werd daraus nicht wirklich schlau, zumindest nicht vollends.

Khezef
93 dreifaltige 31,

zunächst hier die schriftliche Bestätigung der tatsächlichen offiziellen Anwendung dieser Grußformeln: http://i54.photobucket.com/albums/g107/ ... 0816a3.jpg

Ansonsten ist so ziemlich alles gesagt:
Thelema = Wille = 93
Agape = Liebe = 93

Der Wille ist der Liebe nicht nur gleichgestellt, sondern, so die Theorie von Thelema, wird durch diese ausbalanciert. Es ist die "hingebungsvolle Liebe (Agape), die durch den Strom des Willens (Thelema)" fließt.

Und: Während 93 die Kurzform der Theorie von Thelema ist, verkürzt sich deren Praxis auf 418, Abrahadabra.

Anmerkung:
Die magische Formel meiner persönlichen Meinung dazu ist: GRMBLFZ = 645 = 3 x 5 x 43
(Nachrichten = 645, Obama = 645, Psalm 144,4 "Der Mensch ist vergänglich, seine Tage sind Schatten, die vergehen" = 645)


93 93/93

Thefalus
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Weibsvolk anwesend »

Hallo Amimatani.

In unserer Auslegung sind wir m. E. ziemlich dicht bei einander.
Zum Abkupfern von Crowley:
Ich mag falsch liegen, denke aber, im vorliegenden Fall ziemlich klare Parallelen zu Blavatsky (z.B. Entschleierung der Isis) zu erkennen.
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Amimatani »

Hallo Weibsvolk anwesend,

sehe ich auch so, dass deine und meine Interpretation sehr ähnlich sind. Wenn man unbedingt nach einem Unterschied suchen wollte, dann würde ich den am ehesten dort sehen, wo es um diese Frage geht:

"Muss derjenige, der seinem wahren Willen folgt, um die All-Einheit (ich bleib mal bei deinem Begriff) wissen, um sie zu erfahren?"

Du sagtest "ja", ich bin mir da nicht sicher, neige eher dazu zu meinen, dass das nicht notwendig ist. Denn eine Garantie dafür, dass die Aufhebung aller Gegensätze wirklich erfahren wird, gibt es weder mit noch ohne Wissen oder Absicht des "Reisenden".

Es gibt wohl nur die Negativ-Aussage: "Folgt er oder sie NICHT dem eigenen wahren Willen, dann wird es wohl nicht klappen." Wobei auch da noch die Frage wäre: Geht das überhaupt, seinem wahren Willen nicht zu folgen? Ich meine dauerhaft? Oder setzt der wahre Wille sich irgendwann letztlich doch immer durch, wenn auch vielleicht über viele Umwege? Ich neige dazu, letzteres zu glauben, habe aber keine verallgemeinerbaren Belege oder so.

Ich meine, wenn der wahre Wille des Einzelnen wirklich so etwas ist, wie eine grundlegende Triebkraft in ihrer spezifischen, individuellen Ausprägung, dann dürfte sie so stark von den Kräften des Unbewussten getragen sein, dass man ihr auf die Dauer nicht wirklich ausweichen kann, sondern sie "schlimmstenfalls" in "verquere Formen" zwingen kann. (Wenn man das mit der Selbsterkenntnis oder Selbsteinsicht lässt.)

Die (Selbst-)Erkenntnis des eigenen wahren Willens macht nur vieles einfacher. Und ist möglicherweise eine Voraussetzung für wirksame Magie? (Dazu habe ich keine Meinung.)

Und zu der Sache, dass "die vielen wahren Willen der Einzelnen" nicht grundsätzlich konträr zueinander sein können: da würde ich sagen "Jein". Im geläufigen, alltäglichen Sinne können sie ganz erheblich in Widerspruch geraten!

Sie geraten nur insoweit nicht in Widerspruch, als eben diese sog. All-Einheit oder Ganzheit eben der "Raum" ist, in welchem alles aufgehoben ist, das sog. Böse ebenso, wie das sog. Gute, das Schmerzende ebenso, wie das Beglückende usw. usf.. Die entsprechende Perspektive "erlaubt" gewissermaßen so etwas wie eine generelle Zustimmung zu allem. Die alltägliche Perspektive würde das nicht aushalten, wahrer Wille hin oder her. ;) Aber auch das ist jetzt nur ein Bild, denke ich mal.

Amimatani

EDIT: Bei Blavatsky bin ich nicht über die ersten 20 Seiten hinausgekommen, da kann ich nichts vergleichen. ;)
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Weibsvolk anwesend »

Hallo Amimatani.

Ich komme grad - leider - nicht dazu, darauf gebührend zu antworten. Sorry for that.
Ich finde das Thema aber ausgesprochen spannend und klinke mich spätestens nach dem WE wieder mit ein... derweil sei nur gesagt - ich mag deine Gedankengänge.

Ein schönes WE.
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Amimatani »

Azazel hat geschrieben: Wenn Du all das tun kannst was Du willst ohne der Sklave von in Dich gesetzte Erwartungen zu sein, ohne jegliches Gewissen, dass Dich auf Grund von Erziehung, Umfeld, ges. Normen etc. indoktriniert, dann bist Du wahrhaft frei.
Hallo Azazel,

meinst du, dass das wirklich geht, sich ganz von allen Prägungen frei zu machen? Wo soll man die Grenze ziehen, wenn man die Prägungen an ihren Ursprung zurückverfolgt? Bei den Urgroßeltern, bei den Steinzeitmenschen, bei den Affen, bei den Reptilien in der Vorfahrenreihe? ;)

Im Prinzip ist es mMn auch denkbar, dass es für einzelne Leute so ist, dass gerade die Erfüllung aller Erwartungen und die äußerste Gewissenhaftigkeit gerade ihre persönliche Form des wahren Willens ist. Oder allgemeiner: ich glaube, dass der wahre Wille eines Menschen durch diese unbewussten und bewussten Prägungen mitgestaltet wird, sie geben ihm seine spezifische Form. Es bleibt immer noch etwas Individuelles und in dem Sinne Freies: Leute mit ganz gleicher oder äußerst ähnlicher Prägung können völlig unterschiedliche Wege auf der ebene des "tieferen oder wahren Willens" einschlagen.

...aber da niemand hier wirklich endgültig weiß, ob es den "wahren Willen" à la Crowley überhaupt gibt, ist das natürlich alles ziemlich spekulativ. Es ist nur einfach ein Konzept, welches irgendetwas im Lebensgefühl vieler Menschen berührt, so dass sie oder wir spontan sagen: "Klar gibt es den wahren Willen!" Und vielleicht findet man ihn am besten, wenn man versucht, sich diesem intuitiven Gefühl "Klar-ist-da-sowas" direkt zu nähern versucht?

@Weibsvolk anwesend:
immer mit der Ruhe! Für mich ist nichts eilig. ;)

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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von gabor »

Dem(also der Konzepttheorie) würd ich mich anschliessen.....
....und gebe zu bedenken,dass Spinner a`la Crowley,la Vey,Hitler.........alle so ihre tollen Maximen entwickelt haben,und sich wahrscheinlich insgeheim darüber schlapp lachen,was so mancher vernuftbegabte Mitmensch da nun dran rumzuphilosophieren hat.
Immer bereit!
Woher soll ich wissen, ob die Vergangenheit keine Fiktion ist, die nur erfunden wurde, um den Zwiespalt zwischen meinen augenblicklichen Sinneswahrnehmungen und meiner Geistesverfassung zu erklären?
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Azazel »

ich habe nicht behauptet, dass dies so ohne weiteres möglich ist, ist eher ein theoretischer Gedanke gewesen
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Thefalus »

gabor hat geschrieben:..,dass Spinner a`la Crowley,la Vey,Hitler...
... und Uncle Fester, wir dürfen das Offensichtliche nicht ignorieren!

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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Amimatani »

Azazel hat geschrieben:ich habe nicht behauptet, dass dies so ohne weiteres möglich ist, ist eher ein theoretischer Gedanke gewesen
Hallo Azazel, das hatte ich auch eher so verstanden. Ich find's halt trotzdem eine interessante Frage, von welchen Prägungen usw. man sich befreien sollte und wann man sagt: so, das reicht jetzt, oder so.

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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Azazel »

Es gibt eine Unzahl derselben und viele sind einem gar nicht bewußt.
Ich gebe mal ein Beispiel: meine Mutter ist geprägt von vielen Ängsten und hat unter anderem diese 'versucht' an mich weiter zu geben. Eine davon war Ihr Angst vor Wasser - schon als Kleinkind (5 Jahre) hat sie immer wieder betont wie gefährlich es ist im Wasser zu spielen, wenn wir im Urlaub am Meer waren. Diese negativen Bemerkungen über Wasser haben sich bei mir festgesetzt und es hat einige Zeit gedauert diese später wieder loszuwerden.... aber das ist nur ein Beispiel für eine Vielzahl an Prägungen durch das Umfeld, die bewußt oder unbewußt Auswirkungen auf das eigene Sein und somit auch auf die eigene Freiheit haben.
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Re: Do what thou wilt shall be the whole of the law.

Beitrag von Weibsvolk anwesend »

Hallo Amimatani.

Verzeih, dass ich deinen Beitrag so zerpflücke. Ich möchte aber gerne jeder Aussage gerecht werden, die mir wichtig erscheint - und das sind in deinem Fall ziemlich viele *gnarz*.
Ich glaube, auch bei dem, was du weiter schreibst, sind wir nicht so weit von einander entfernt. Ich habe mich weiter oben nur viel zu pauschal und nicht differenziert genug ausgedrückt.
Amimatani hat geschrieben:"Muss derjenige, der seinem wahren Willen folgt, um die All-Einheit (ich bleib mal bei deinem Begriff) wissen, um sie zu erfahren?" Du sagtest "ja",
Nein, das habe ich so nicht geschrieben. Und möchte an dieser Stelle betonen, dass ich für meinen Teil die Erfahrung über das Wissen erhebe. Weil das eine ohne das andere meiner Ansicht nach keinen Wert besitzt. Wissen ist für mich eine Sache, die rein mit/in dem logischen Verstand stattfinden. Das hat aber mit Erfahren oder gar Verstehen noch nichts zu tun.
Denn eine Garantie dafür, dass die Aufhebung aller Gegensätze wirklich erfahren wird, gibt es weder mit noch ohne Wissen oder Absicht des "Reisenden".

Ja, sehe ich auch so.
Es gibt wohl nur die Negativ-Aussage: "Folgt er oder sie NICHT dem eigenen wahren Willen, dann wird es wohl nicht klappen." Wobei auch da noch die Frage wäre: Geht das überhaupt, seinem wahren Willen nicht zu folgen? Ich meine dauerhaft? Oder setzt der wahre Wille sich irgendwann letztlich doch immer durch, wenn auch vielleicht über viele Umwege? Ich neige dazu, letzteres zu glauben, habe aber keine verallgemeinerbaren Belege oder so ]
Wenn man tatsächlich von einer Art All-Einheit (ist jetzt nur mein Begriff, mangels eines Besseren) ausgeht, ist es letztlich tatsächlich nicht möglich. Ich schätze, hier geht es nur um das Empfinden des Individuums. Denn wenn letztlich alles eins sein sollte, ist es ohnehin ohne Bedeutung, was der Einzelne tut...
Die (Selbst-)Erkenntnis des eigenen wahren Willens macht nur vieles einfacher. Und ist möglicherweise eine Voraussetzung für wirksame Magie? (Dazu habe ich keine Meinung.)
Ja, ich für meinen Teil denke, das macht es - gerade eben auch magisch - einfacher. Wenn man sich der Zusammenhänge (ich stelle es mir irgendwie immer als eine Art Spinnennetz vor) bewusst ist, fällt es für mein Empfinden leichter, hm... einzuwirken. Es ist ein Unterschied, ob ich versuche an gänzlich autonomen 'Netzen' zu zupfen... oder ob ich denke, wenn ich an einem Strang meines eigenen zupfe, gerät irgendwie irgendwo das ganze Netz in Bewegung. Ich weiß nicht, ob es wirklich so ist. Denke aber, was die gedankliche Schubkraft betrifft, macht es bereits einen Unterschied aus.
Und zu der Sache, dass "die vielen wahren Willen der Einzelnen" nicht grundsätzlich konträr zueinander sein können: da würde ich sagen "Jein". Im geläufigen, alltäglichen Sinne können sie ganz erheblich in Widerspruch geraten!
Doch, die Willen der Einzelnen können sehr wohl gegensätzlich sein, ganz wie du schreibst. Mir ging es um den Punkt: Wenn man sich bewusst ist (nicht nur weiß) dass allem eine Art Einheit zugrunde liegt - ich glaube, dann geht man achtsamer mit seinen Mitgeschöpfen um. Nur meine Interpretation.
Sie geraten nur insoweit nicht in Widerspruch, als eben diese sog. All-Einheit oder Ganzheit eben der "Raum" ist, in welchem alles aufgehoben ist, das sog. Böse ebenso, wie das sog. Gute, das Schmerzende ebenso, wie das Beglückende usw. usf.. Die entsprechende Perspektive "erlaubt" gewissermaßen so etwas wie eine generelle Zustimmung zu allem. Die alltägliche Perspektive würde das nicht aushalten, wahrer Wille hin oder her. ;) Aber auch das ist jetzt nur ein Bild, denke ich mal.
Wie du es schreibst: Sie geraten nichtsdestotrotz sehr wohl in Widerspruch. Die Trennung in Individuen mag durchaus Vorteile haben. Nur kann sich kaum ein Individuum ständig im Bewusstsein der All-Einheit befinden... das gibt der Alltag - ganz wie du sagst - einfach nicht her. Und das macht es schwierig.

Zu Blavatsky: Macht rein gar nichts, mir kam auch erst hinterher, dass ich eigentlich 'Die Stimme der Stille' meinte. Und ganz ehrlich: Davon habe ich mir kaum was gemerkt. Außer dem Vorwort... >:->
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