Die Fee und die Quelle
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"Ich hatte einen Kameraden, der hieß James Galbraith. Vor vierzig Jahren ertrank er. Zu seinen Lebzeiten überquerte er einmal die Insel von Westen nach Osten, und weil er durstig war, trank er aus einer Quelle am Abhang der Berge. Als er seinen Durst gestillt hatte, sah er sich um, und vor ihm stand eine Frau in grünen Kleidern. Er wußte, daß konnte nur eine Feenfrau sein. Er ging seines Weges, war noch nicht sehr weit, als er zurückblickte. Die Frau war verschwunden. Er erzählte dann seinem Vater in Sgalary davon, und dieser sagte, er sei dieser Feenfrau auch schon begegnet.".
Die Feen haben Mitleid mit dem Stiefsohn
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" Mein Großvater war zweimal verheiratet und hatte drei Kinder aus seiner ersten Ehe, und als er zum zweiten Mal heiratete, hatte er noch einen Sohn und eine Tochter. Seine zweite Frau war wohl zu den Kindern der ersten Frau nicht sehr nett. Sie gab ihnen nicht genug zu essen und teilte ihnen auf dem Feld und beim Weiden des Viehs immer die schwerste Arbeit zu.
Eines Morgens nun, als mein Grßvater und seinen zweite Frau von der Messe heimkehrten, kamen sie an einer Wiese vorbei, auf der ihre Kühe grasten, und hörten jemanden Dudelsack spielen.
Wer mag das wohl sein, fragte meine Großvater, und als er genauer hinsah, fand er da seinen ältesten Sohn aus erster Ehe, der voll Vergnügen das Instrument spielte.
Wie kommt es denn, das du plötzlich Dudelsack spielen kannst, und wo in aller Welt hast du das schöne Instrument her, ? fragte sein Vater.
Da sagte sein Sohn: Ein alter Mann kam plötzlich zu mir, als ich Töpfe auf dem Feuer hatte, und sagte: Deine Stiefmutter ist unfreundlich zu dir. Sie mag dich wohl nicht leiden ? ich nickte, und dann fragte er: Wenn ich dir einen Beruf verschaffe, wirst du ihn dann ausüben ? Als ich zustimmte, fuhr der alte Mann fort: Was hieltest du davon, ein Pfeifer zu werden ? Ach, dazu hätte ich wohl Lust, sagte ich, aber wie soll das angehen, da ich doch keinen Dudelsack habe und auch keine Melodien kenne, die ich spielen könnte. Den Dudelsack bekommst du von mir, sagte der Alte, und solange du ihn besitzt, sollen dir auch die Melodien nicht ausgehen.
Die männlichen Nachkommen dieses jungen Mannes waren dann alle berühmte Pfeifer, und der letzte von ihnen war Cluny MacPerson von Cluny."
Donald Mckinnon
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ist sechsundneunzig Jahre alt und von Beruf Pfeifer. er ist der älteste Mann auf Barra. Er wurde auf der insel South Uist, einer der Westlichen Hebriden, geboren und kam 1836 nach Barra. Er erzählte: " Ich meine, die Feen leben als ein Stamm Geister und erscheinen uns in der Gestalt von Männern und Frauen. Leute, die die Feen sahen, erzählen, daß sie stets grüne Kleider tragen.
Nach meiner Ansicht besteht ein großer Unterschied zwischen den Feen und der Schar oder dem Zug ( Host oder Sluagh ). Feen können ohne materielle Nahrung auskommen, jene aber, die im Zug mitfahren, leben von der Beute, die sie machen. Gewöhnlich sind die aus dem Zug böse, und die Feen sind gut. Aber ich habe auch von Feen gehört, die Kühe stahlen und statt ihrer alten Männer, in Häute gehüllt, zurückließen. Eines Nachts hörte eine alte Hexe die Feen draußen vor dem Pferch sagen: Heute nacht können wir nichts holen.
Ich habe selbst mitangesehen, wie die Schar zwei Männer mitnahm. Sie wurden von South Uist nach Süden bis Barra Head und im Norden bis nach Harris getragen. Einmal, als die Schar den Männern unterwegs befahl, auf der Straße Menschen zu töten, töteten sie statt dessen ein Pferd und eine Kuh. Denn damit war dem Befehl der Schar Genüge getan."
Der Feengürtel
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" Ich hörte einmal von einem Zimmermannslehrling, der bei seinem Meister arbeitete und ein Boot baute. Das geschah nicht weit weg vom Haus, nahe dem Meer. Er fing früh am Morgen an, und dann mußte er ein Werkzeug holen, das er nicht bei sich hatte. Er ging zu einem Schuppen, und als er die Tür öffnete, sah er in dem Raum lauter Feenmänner und Feenfrauen. Als sie ihn bemerkten, liefen sie voller Angst davon, aber eine Frau verlor ihren Gürtel, und er hob ihn auf und nahm ihn an sich. Kurz darauf kam sie zurück und wollte den Gürtel wiederhaben, aber er gab in ihr nicht. Da versprach sie ihm dafür, er solle schon nächsten Herbst Meister werden. Nach diesem Versprechen bekam sie von ihm ihren Gürtel wieder. Als er am nächsten Morgen zu der Stelle kam, an der er das Boot baute, fügte er zwei Planken so vollkommen ein, daß der Meister, als er kam, um nach dem Rechten zu sehen, sagte: Wer immer das gemacht hat, er ist besser als ich. Warst du das etwa ?
Da verriet der Lehrling seinem Meister, wer ihn das gelehrt hatte. Und tatsächlich wurde der Junge noch vor dem Herbst Meister, ohne daß er überhaupt Geselle gewesen war."
Marian Maclean
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ist eine direkte Nachfahrin der alten MacNeils von Barry und sie wohnt in der gebirgigen Mitte von Barra bei Upper Borve. Sie erzählte folgende Geschichten:
" Gewöhnlich sieht man die Feen gegen oder kurz nach Sonnenuntergang. Sie gehen über die Erde hin, gerade so wie ein gewöhnlicher Sterblicher, wohingegen die Schar durch die Luft reist, aber meist über Gegenden, die von Menschen nicht bewohnt sind.
Die Schar ist bei Nacht unterwegs, und besonders häufig trifft man sie gegen Mitternacht. Man hört sie bei gutem Wetter gegen den Wind wie einen Schwarm Vögel. Und sie hat die Angewohnheit, in South Uist Männer fortzuschleppen, weil sie Hilfe braucht, wenn sie Feenpfeile auf Frauen schießt, die gerade die Kühe melken.
Ich habe oft gehört, daß Männer, die einen Menschen töten sollten, statt dessen ein Pferd oder eine Kuh erlegten. Da war einmal ein Mann, der hatte nur eine einzige Kuh und eine Tochter. Die Tochter molk gerade die Kuh, als abends der Zug vorbeikam und den einen Nachbarn mit fortgerissen hatte. Dieser Nachbar hatte nun den Befehl, das Mädchen zu töten. Da er es und ihren Vater aber gut kannte, schoß er statt dessen auf die Kuh. Am nächsten Morgen ging er zum Vater und fragte: Vermißt du deine Kuh ? Ja, sagte der, so ist es. Und der Mann, der mit dem Zug unterwegs gewesen war, antwortete: Sei froh, daß sie deine Kuh und nicht deine Tochter mitgenommen haben. Mein Vater und mein Großvater kannten einen Mann, der von der Schar von South Uist bis hier nach Barra verschleppt wurde. Wenn die Schar einen irdischen Mann entführt, braucht sie Hilfe. Meiner Meinung nach besteht die Schar aus Geistern der Toten und Geister derer, die nicht tot sind. Ein Kind, das die Schar mitgenommen und nach einer Nacht wiedergebracht hatte, fand man hinter dem Haus. seine Hände steckten in Löchern in der Mauer, aber in seinem Körper war kein Leben mehr. Man glaubt, daß die Leute, die von der Schar mitgerissen und dann zurückgebracht werden, aus großer Höhe herabstürzen und dabei umkommen. Was aber nun die Feen angeht, so ist es meine entschiedene Meinung, daß es sich bei ihnen um Geister handelt, die als menschliche Wesen erscheinen."
Bei der Frage nun, ob die Feen so etwas wie Tote seien, zögerte Marian mit der Antwort. An gefallene Engel mochte sie schon eher glauben: " Als die gefallenen Engel aus dem Himmel geworfen wurden, befahl Gott ihnen: Nehmt eure Wohnung in Grotten, unter der Erde in Grabhügeln im Erdreich oder in Felsen. Gemäß diesem Befehl seien sie gehalten gewesen, an den besagten Plätzen für eine gewisse Zeit zu bleiben. Diese Zeit sei abgelaufen vor dem Tag des Jüngsten Gerichts, und dann werde man sie zahlreicher zu Gesicht bekommen als je zuvor."
Sie wußte noch zwei Feengeschichten. Die erste handelt von Feenfrauen, die für eine Sterbliche spinnen, die zweite von einem WECHSELBALG, der ein berühmter Musiker wurde.
Feenfrauen und Spinnerin
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" Mein Großvater kannte eine Frau in der Nachbarschaft, die mußte rasch eine große Menge Wolle verspinnen, um Stoff für ein Kleidungsastück darus zu weben. Eines Nachts nun wünschte sie sich im geheimen, eine Frau solle ihr helfen. Am nächsten Morgen schon zeigten sich vor ihrem Haus sechs oder sieben Feenweiber in langen grünen Kleidern, die alle gleichlautend riefen: Ein Kardierkamm her und ein Spinnrad ! Als sie ihnen beide Gerätschaften gab, machten sie sich eifrig an die Arbeit, und am Mittag war der Stoff fertig. Sie hatten die Wolle auf einer Handspindel gesponnen. gleich verlangten sie wieder nach neuer Arbeit. Die Frau hatte jetzt nichts mehr zu spinnen oder zu weben und überlegte sich, wie sie die Frauen wieder loswerden könne. Sie ging zu ihrem Nachbarn, um sich dort Rat zu holen. der alte Mann fragte, was denn die Feen gesagt hätten. Sie wollen etwas arbeiten, aber ich habe nichts mehr für sie zu tun, antwortete ihm die Frau. Dann sage ihnen, riet ihr der Mann, sie sollen den Sand verspinnen, und wenn du sie damit auch nicht los wirst, dann gehe vor die Tür und rufe so laut du kannst: Dun Borve steht in Flammen.
Mit dem Auftrag klappte es nicht, denn die Feenfrauen fingen tatsächlich an, Sand zu Wolle zu verspinnen. Die Frau begriff nicht, welch großen Gewinn sie daraus hätte ziehen können. Sie wollte die Feen nur aus dem Haus haben, denn sie wurden ihr mehr und mehr unheimlich. Also rief sie draußen: Dun Borve steht in Flammen. Augenblicklich machten sich die Feenfrauen unsichtbar. Und als sie fortzogen, hörte die Frau ein melancholisches Klagen. Dun Borve steht in Flammen ! Dun Borve steht in Flammen ! Was soll nur aus unseren Hämmern und aus dem Amboß werden ?
Man muß nämlich wissen, daß in Dun Borve, im Land der Feen, die Schmiede steht."
Der Schneider und der Wechselbalg
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" Da waren einmal eine junge Frau und ein junger Mann, die lebten in dem kleinen Ort Allesdale, und das Paar hatte gerade das erste Kind bekommen. Eines Tages nun ließ die Mutter das Kind in der Wiege zurück und ging hinaus, um Schafe zu scheren, und als sie wieder heimkam, weinte das Kind ganz erbärmlich. Sie wollte es wie gewöhnlich mit Haferbrei und Milch füttern, aber damit war das Kind nicht zufrieden. Es tat so, als sei das nicht die rechte Nahrung für sein Alter.
Nun wollte es der Zufall, daß zu dieser Zeit ein Stück handgewebten Stoffs bereitlag für den Schneider, und dieser kam und machte sich an die Arbeit. Als die Frau wieder hinaus zum Schafescheren mußte, erklärte sie dem Mann, das Kind werde vielleicht wieder zum schreien beginnen, er solle sich nicht weiter darum kümmern.
Nun, alles ging gut, bis es Mittag wurde, und der Schneider beobachtete, wie sich das kind aufstützte und mit der Hand auf ein Brett über der Wiege hinauflangte, wo ein Dudelsack lag. Und dann begann es auf dem Instrument zu spielen. Sofort füllte sich das Haus mit Feenfrauen, alle in langen grünen Gewändern, die zu tanzen begannen, und der Schneider tanzte auch mit. Gegen zwei Uhr verschwanden plötzlich die Frauen, ebenso der Dudelsack, und das Kind schrie wieder in seiner Wiege wie vorher.
Als die Mutter nach Hause kam, um das Dinner zu richten, fiel ihr auf, daß der Schneider mit seiner Arbeit bei weitem nicht so weit gekommen war , wie er hätte sein müssen. Als aber die Feenfrauen verschwunden waren, hatte das Kind zu dem Schneider gesagt, er dürfe niemanden erzählen, was er da gesehen habe. Der Schneider hielt sich also an sein Versprechen und sagte nichts zu der Mutter des Kindes.
Am zweiten Tag ging die Hausfrau wieder zum Scheren aus dem Haus und hieß den Schneider, er solle sich mit seiner Arbeit nun sputen. Wiederum zur selben Stunde bewegte sich das Kind in der Wiege, griff nach dem Dudelsack und spielte damit auf. Die Feenfrauen kamen wieder, tanzten, und der Schneider tat auch wieder mit.
Mit seiner Arbeit kam er ebensowenig voran wie am ersten Tag, und der Hausfrau blieb das nicht verborgen, als sie zurückkam. Sie fragte ihn, wer ihn denn da eigentlich immer aufhalte.
Da sagte er zu ihr: Ich bitte Euch, nehmt heute abend, wenn ihr zu Bett geht, nicht das Kind in den Arm, um es in den Schlaf zu wiegen, denn es ist nicht Euer kind, noch überhaupt ein Kind, es ist ein alter Feenmann. Morgen aber, ehe die Flut kommt, geht auf den Strand, hüllt das Wesen in eine Decke und tut dann so, als sammelt ihr dort Schellfisch ein. Aber bei Eurem Leben, kehrt nicht um, bis die Flut so hoch ist, daß ihr gerade noch zur Küste zurückwaten könnt.
Die Frau befolgte den Rat des Schneiders, und als sie das Kind betrachtete, während sie zur Küste zurückwatete, rief dieses ihr zu: Es war gut, daß ihr so verfahren seid. Sonst hätte alles ein böses Ende genommen. Segen Euch und Fluch dem, der Euch diesen Rat gab. Dann aber sah sie, daß sie nur noch die leere Decke im Arm hielt.
Als die Frau nun in ihr Haus kam, lag das rechte Kind wieder in der Wiege, und später ist es ein berühmter Dudelsackpfeifer geworden.
......aus dem Schottischen
PS:
Für die, die wirklich mal den König des Feenreiches zu Gesicht bekommen wollen, sei hier ein alter, aber hilfreicher Tipp gegeben. Gehe zu jenen Orten, an denen das Meer so alt, wie die Zeit selber ist und suche den Strandboden nach einem Stein ab, wo das Meer durch die Gezeiten ein Loch in den Stein gespült hat und zwar so, daß man durch den Stein hindurchschauen kann, also ein Loch durch den Stein, ein nicht sehr leichtes Unterfangen. Als kleine Hilfe zum Auffinden dieses seltenen Guts sei hier die schottische Küste, die Highlands und die französische Küste erwähnt. Kurz vor Sonnenuntergang gehe mit diesem Stein in die Natur und schaue durch das Loch des Steines und alsbald wirst du den Feenkönig erblicken können, der nur so sichtbar wird.
Ich habe es selbst ausprobiert, nachdem ich Jahre dazu gebraucht habe, so einen Stein zu finden und kann dieses nur bestätigen.
Man mag es glauben oder nicht, aber ich erschrak, als ich Ihn erblickte, zumahl die Logik des Hirnes einen ja sowas verbietet.
Gruss, Lestat
