Rammstein - Liebe ist für alle da (Album-Rezension)

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Lord_Diabolus

Rammstein - Liebe ist für alle da (Album-Rezension)

Beitrag von Lord_Diabolus »

Rammstein - Liebe ist für alle da


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Nach „Rosenrot“ wurde es recht ruhig um die Jungs von Rammstein, doch in diesem Monat veröffentlichten sie ihr neues und lang ersehntes Album „Liebe ist für alle da“.
Ich selbst habe mir die Special-Edition gekauft, um das Gesamtwerk der Jungs betrachten zu können.


Kommen wir zu den Liedern des eigentlichen Albums:


I - Rammlied

Das epische „Rammlied“ durften wir bereits auf der Singel genießen und so findet es auch seinen Platz als erster Track auf dem Album.
Eine Einleitung mit Chor und Orchester, danach durchdringt Lindemann’s Stimme die Stille und verkündet lauthals „Nun das Warten hat ein Ende – leiht euer Ohr einer Legende!“.
Vorallem, was das Schlagzeug betrifft, haben die Jungs ordentlich an Musikalität dazugewonnen.
Mitreißender Refrain mit Ohrwurmcharakter, düstere Strophen mit einem nicht gerade sonderlich einfallsreichen, aber dennoch faszinierenden Text.
Nach dem zehnten Mal kann einem das Lied allerdings schon recht schnell auf den Geist gehen – dennoch tut das Lied keinen Abbruch.
Im Vergleich zur ersten Hymne „Rammstein“ ist dieses Lied zwar in der groben Übersicht besser gelungen, aber dennoch fehlt das mitreißende Solo der Herzeleid-Version.
Dennoch eine geniale Eröffnung des neuen Albums!


Bewertung: 8/10 Punkte


II – Ich tu Dir weh

Ein etwas ungewohnt stumpfes Intro von Rammstein, aber dennoch hat das Lied einiges zu bieten. Die typisch masochistische Seite der Jungs wird mal wieder zum Vorschein gebracht und provoziert durch den knallharten Text. „Stacheldraht im Harnkanal“ ist selbstverständlich ein wenig unangenehm, aber dennoch gefällt mir das Lied recht gut.
Während die Strophen in musikalischer Hinsicht abgesehen vom Keyboard recht uninteressant sind, dafür aber einiges hinsichtlich der Lyrics zu bieten hat, ist es während dem Refrain genau umgekehrt: Mitreißende Musik, schwacher Text.
Dennoch mal wieder dämonisch gut, wenn auch nicht gerade ihr bestes Stück.


Bewertung: 7/10 Punkte


III – Waidmanns Heil


Wer hätte gedacht, dass Bläser so passend zu Rammstein wären?
Faszinierender Text, harte Riffs und eine Stimme, die wirklich Gänsehau t garantiert.
„Auf dem Lande, auf dem Meer lauert das Verderben – die Kreatur muss sterben!“
Ein wirklich genial gutes Lied, das sich in seiner musikalischen Professionalität Stück für Stück steigert. Das nach wenigen Minuten einsetzende „Waidmanns, manns, manns, manns Heil!“ verleiht dem Refrain noch die letzte Würze.
Die Strophen an für sich sind selbst für Rammsteiner recht kreativ, aber dennoch richtig gut.
Das Keyboard-Solo enttäuscht allerdings ein wenig, doch die daraufhin folgende Spannung gleicht auch das wieder aus.
„Sie spürt die Mündungsenergie, feiner Schweiß tropft auf das Knie. Auf dem Lande – auf dem Meer….lauert das Verderben. Die Kreatur muss sterben!“
Vorallem das Ende erinnert an alte Rammstein-Zeiten und begeisterte mich voll und ganz.
Meiner Meinung nach das beste Lied des offiziellen Albums!


Bewertung:
9/10 Punkte


IV – Haifisch

Ein recht einfacher Rhythmus, ebenso einfache Gitarrenriffs und wie immer epische Keyboardpartituren – im Grunde genommen also das typische Feeling, das an „Morgenstern“ erinnert, dieses geniale Stück aber nicht erreichen kann.
Die Strophen sind relativ primitiv und einfach gehalten und hauen nicht unbedingt vom Hocker. Dafür ist der von Brecht inspirierte Refrain umso besser:
„Und der Haifisch, der hat Tränen und die laufen vom Gesicht. Doch der Haifisch lebt im Wasser, so die Tränen sieht man nicht! In der Tiefe ist es einsam und so manche Zähre fließt - und so kommt es, dass das Wasser in den Meeren salzig ist!“
Nach „Waidmanns Heil“ zwar ein recht schönes Lied, aber nicht unbedingt der Renner.

Bewertung: 7,5/10 Punkte


V – Bückstabü

Ein sehr…spezielles Lied.
Das Intro ist bereits ein wenig verwirrend, doch die daraufhin einsetzenden Gitarrenriffs geben einiges her. Die Schreie im Hintergrund erinnern direkt an „Mein Teil“ oder „Benzin“ der letzen zwei Alben.
Die psychopathische Stimme Tills erinnert ebenfalls an „Mein Teil“, doch meiner Meinung nach wird das Lied bereits nach dem ersten Refrain recht lahm.
Das ständige Geschrei Till’s ist zwar ganz lieb gemeint, überzeugt aber nicht wirklich.
Dafür der Text, der aus eine Mischung aus „Spiel mit mir“, „Tier“ und „Mein Teil“ erinnern – also typisch Rammstein.
Was sie sich bei dem Wort „Bückstabü“ gedacht haben, weiß der Teufel.
Ich persönlich nenne das Lied „Bückstück“ und bin damit zufrieden *grins*
Dennoch meiner Meinung nach das schwächste Lied der neuen Scheibe.


Bewertung: 6/10 Punkte


VI – Frühling in Paris

Meiner Interpretation nach ein Lied über die Liebe zu einer französischen Hure aus Paris.
Ein für Rammstein ungewohntes Akkustik-Intro, das dennoch sehr schön ist. Der Text übertrifft sich selbst und rührt schwache Gemüter leicht zu Tränen.
An Lindemann’s Gesang ist ebenfalls nichts auszusetzen, auch wenn seine Aussprache von Edith Piaf’s „Non, rien de rien – non, je ne regrette rien!“ ein wenig lustig klingt.
Ich musste es mehrere Male hintereinander hören, da es mir wirklich Gänsehaut bereitet hat und ich mich direkt in dieses Lied verliebte.
Keine so wundervolle Ballade wie „Ohne Dich“, aber dennoch ein sehr geniales Stück Musik.
„Die Lippen oft verkauft, doch weich und ewig sie berühr‘n…Wenn ich ihren Mund verließ, dann fing ich an, zu friern“.
Wundervoller Text, musikalisch gut ausgearbeitet und somit ein wohlverdienter zweiter Platz.


Bewertung: 9/10 Punkte


VII – Wiener Blut

Zugegeben, auch Till’s Psycho-Stimme kann einem irgendwann auf den Senkel gehen, doch bei Wiener Blut sei ihm das mal verziehen.
Der Anfang des Liedes irritiert ein wenig, doch spätestens nach der Hälfte des Liedes war ich relativ zufrieden – aber leider nicht begeistert.
Betrachtet man sich den Text, wird einem ganz klar, dass es sich hierbei wieder um eine recht düstere Geschichte handelt, die Till gekonnt mit Musik untermalen ließ.
Nach zwei Minuten erreicht allerdings auch dieses Lied einen guten Höhenpunkt:
„Und wanderst Du im tiefen Tal, und sei Dein Dasein ohne Licht – fürchte kein Unglück, keine Qual! Ich bin bei Dir und halte Dich! Ich halte Dich in der Dunkelheit!“
Dennoch nichts, was man sich wie „Frühling in Paris“ oder „Waidmanns Heil“ tausendfach hintereinander anhören könnte.


Bewertung:
7/10 Punkte


VIII – Pussy

Ja, das berüchtigte Sex-Lied der Jungs überschreitet mal wieder die Grenze der zivilisierten Gesellschaft – gut so!
Aber bitte nicht zu ernst nehmen.
Auf der Singel ganz gut aufgehoben, passt Pussy sowohl musikalisch, als auch vom Text her nicht wirklich ins Konzept des Albums.
Dennoch ein recht lustiger und provozierender Song von Rammstein, der die musikalische Qualität des früheren Depeche Mode-Covers „Stripped“ aber nicht erreicht.
Man kann über den Song denken, was man will, aber die Damen in den Videos waren nicht schlecht ;)
Als Album-Gag wird dieses Lied mal aus der Bewertung rausgenommen.


IX – Liebe ist für alle da

Musikalisch gut ausgearbeitet, so dass ich anfangs wirklich dachte: Das ist doch nicht Rammstein!
Ein Lied, das mich absolut überzeugt hat.
Lyrisch betrachtet ein richtiger Rammstein-Song mit verzweifelter Liebe, Gewalt und Erotik – lecker!
Das gesungene „Liebe ist für alle da!“ ist zwar ein wenig schwach, aber der daraufhin folgende Refrain ist dann doch überzeugend.
„Ich mach die Augen zu, wir sind allein! Ich halt sie fest und keiner sieht sie weinen. Sie macht die Augen zu, sie wehrt sich nicht! Liebe ist für alle da, auch für mich!“
Das Ende lässt einen mal wieder schmunzeln, aber dennoch ein recht guter Rammstein-Song.
Nicht überragend, aber zufrieden stellend!


Bewertung: 8/10 Punkte


X – Mehr

Gesellschaftskritisch und ironisch, vermischt mit harten Gitarrenriffs und einem relativ guten Refrain. Die Strophen jedoch fallen sehr dürftig aus. Das Schlagzeug übertrifft sich zwar selbst, aber die Lyrics scheinen ein wenig zu ironisch.
Im Vergleich zu „Mehr davon“ von den Toten Hosen eine nicht sonderlich gelungene Umsetzung der Thematik, aber da die Jungs die Thematik „Drogen“ schon in dem unglaublich guten Lied „Kokain“ umgesetzt haben, sei ihnen das verziehen.
Die Musik wird nach einiger Zeit doch noch mitreißend und hat Ohrwurm-Charakter.
Trotzdem ein Lied, das mir persönlich nicht so gut gefiel wie die anderen.


Bewertung: 7/10 Punkte


XI – Roter Sand


Eine wirklich verstörende und intelligent umgesetzte Ballade. Das unverkennbare Pfeifen wurde auch im Lied „Liese“ auf der Bonus-CD aufgegriffen.
Die offizielle Album-Version erinnert an das geniale Stück „Wilder Wein“, kann die Atmosphäre aber leider nicht ganz erreichen.
Als Liebeslied nicht ganz so gut wie „Frühling in Paris“, aber dennoch ein schönes Lied.
„Roter Sand und zwei Patronen, eine stirbt im Pulverkuss, die zweite sollt ihr Ziel nicht schonen! Steckt jetzt tief in meiner Brust.“
Wie bereits gesagt: Ein recht gutes Lied, aber gesanglich hat der gute Till eigentlich mehr drauf!

Bewertung: 8/10 Punkte


BONUS-CD:


I – Führe Mich

Wieder etwas für die Oldschool-Rammsteiner.
Abgedämpfte Noten im 8tel-Takt, die Stimme düster und als Sprechgesang wie auf den alten Platten – erstmal eine ungewohnt gute Homage an die alten Stücke.
Hinsichtlich des Textes wirklich gut, erinnert auch dieses Lied ein Stück weit an „Spiel mit mir“ des Sehnsucht-Albums.
Mir hätte dieses Lied anstelle von „Bückstabü“ tausendfach besser gefallen, da es sowohl musikalisch, als auch lyrisch viel mehr zu bieten hat.
„Wenn Du weinst, schenke ich Dir Kinder der Angst, Tränen von mir. Führe mich!“


Bewertung: 9/10 Punkte


II – Donaukinder

Das wohl genialste Lied des neuen Albums!
Mir erscheint es absolut unverständlich, warum dieses Stück nicht auf das eigentliche Album gepackt wurde, sondern lediglich auf der Bonus-CD erschien.
„Donauquell, dein Aderlass, wo Trost und Leid zerfließen! Nichts Gutes liegt, verborgen, nass in Deinen feuchten Wiesen…“
Die Gitarrenriffs sehr episch, das Keyboard sehr abwechslungsreich und durchdacht, und Till’s Stimme zeigt endlich, dass sie mehr kann, als „Bückstabü!“ zu schreien.
Laut Interview geht dieses Lied auf einen Chemieunfall an der Donau zurück, welcher die Menschen in der Umgebung zum Umzug zwang und auch Kinderleben kostete.
Der Kinderchor, welcher nach dem zerreißenden und meiner Meinung nach besten Solo Richards gegen Ende des Liedes einsetzt, beseitigt die letzten Zweifel: Dieses Lied ist ein Meilenstein in der Geschichte der Band!


Bewertung:
10/10 Punkte


III – Halt!

Wer von Donaukinder bereist begeistert war, wird das zweite Lied der Bonus-CD ebenso zu schätzen wissen. Das Intro hart und eher stumpf, doch plötzlich wirkt ein hypnotisierendes Klavier und die typische Psycho-Stimme Tills.
Ein rein misantrophisches Stück.
„Ich kann sie nicht ertragen! Sie quälen mich mit Scherzen, doch das Übel an Geräuchen ist das Schlagen ihrer Herzen! Halt! Bleibt stehen! Halt! Bleibt stehen! Ich kann es nicht, nicht ertragen! Halt! Hört auf, zu schlagen!“
Der Refrain bildet eine undurchdringliche Mauer aus gewaltigem Chor, kraftvoller Gesangsstimme Tills und tiefsinnigem Text.
Warum zum Teufel landet dieses Lied zusammen mit „Donaukinder“ nur auf der Bonus-CD?
„Stillgestanden in der Brust! Ein totes Herz ist kein Verlust! Rührt euch nicht! Niemand quält mich so zum Scherz, ich lass die Sonne an euer Herz! […] Die Entscheidung fällt nicht schwer, ich geh jetzt heim und hole mein Gewehr!“
Atemberaubendes Stück!

Bewertung: 10/10 Punkte


IV – Roter Sand (Orchesterversion)

Die neue Fassung der Pfeif-Ballade hat mich dann doch ein wenig enttäuscht.
Das angekündigte „gewaltige Orchester“ war lediglich eine Mischung aus Flakes Keyboard und einem tiefen Männerchor.
Hätte man das Orchester ein wenig stärker betont und Till’s Stimme nicht ganz so laut aufgenommen, wäre es wirklich besser geworden.
Schade!


Bewertung: 7/10


V – Liese

Überrascht drang mir bereits ein drittes Mal das typische Pfeifen von „Roter Sand“ in die Ohren.
Till erzählt hier ein düsteres und nicht gerade harmloses Märchen über die Vergewaltigung eines Mädchens.
„Liebe Liese, lass die Gänse, ich will von Deiner Haut probieren! Vom Blute rostig ist die Sense, bist Du freundlich nicht zu mir!“
Dieses Lied hat einen wohlverdienten Platz auf der Bonus-CD, da es somit weder aus dem Konzept genommen wird, noch zu sehr in den Mittelpunkt gerückt wird.
Nicht unbedingt mein Favorit, aber dennoch ein interessantes Stück.

Bewertung: 7/10


FAZIT:

Ein durchaus gelungenes Album, auch wenn ich manche Dinge kritisiere, beispielsweise das Verdrängen der zwei Meilensteine „Donaukinder“ und „Halt“ oder die schwache Umsetzung der Orchester-Version von „Roter Sand“.
Um dem Album wirklich 9,5 von 10 Punkten geben zu können, müsste die Playlist des eigentlichen Albums folgendermaßen aussehen:


1) Rammlied
2) Haifisch
3) Waidmanns Heil
4) Halt
5) Donaukinder
6) Roter Sand
7) Liebe ist für alle da
8) Wiener Blut
9) Frühling in Paris
10) Führe mich
11) Roter Sand (Orchester-Version)


Dennoch haben die Jungs mit „Rammlied“, „Waidmanns Heil“, „Halt“, „Donaukinder“, „Frühling in Paris“ und „Führe mich“ wieder absolut geniale Lieder geschaffen, die die Vorfreude auf die kommende Welttournee nur noch steigern.
Nach all diesen Jahren wieder ein solch durchschlagendes und überzeugendes Album zu schaffen, ist in meinen Augen wirklich lobenswert und somit sei den Jungs Scherze wie „Pussy“ oder „Liese“ auch locker verziehen.


Gesamtbewertung:

8,5/10 Punkte



Gruß
Diabolus

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