Nächtliche Mauern (42)

Die dämonische Kolumne
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Vamp
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Nächtliche Mauern (42)

Beitrag von Vamp »

Ich habe eine Weile überlegt ob ich das hier überhaupt schreiben soll, da ich weiß das die Gedanken zum Teil der Tatsache entspringen das ich gestern Abend krank war.
Aber schließlich sind sie auch nicht einfach aus dem Nichts aufgetaucht und wenn ich sie niederschreibe können sie mich im nächsten schwachen Moment vielleicht nicht so niedermachen wie sie es gestern Abend getan haben.
Ich lag also gestern im Bett und versuchte trotz Übelkeit und Schmerzen den Schlaf zu finden den ich so dringend brauchte. Plötzlich hörte ich mich selbst denken. „Du bist ein verdammter Versager.“ (Auch wenn es meine Genderdozentin in den Wahnsinn treiben würde, ich denke immer in männlichen Formen, das fällt mir leichter als „Versagerin“ zu denken.) „Halt die Klappe!“ „Hast dir viel vorgenommen? Und jetzt, sie dich an, du wirst immer nur Durchschnitt sein, mehr nicht!“ Ich wälzte mich im Bett hin und her und versuchte mir tatsächlich die Ohren zuzuhalten. „Ich bin kein Versager.“ „Ach ja, woher kommt dann die 3,7, warum wurde in Recht aus der geplanten 1,0 eine 2,3? Wo ist er hin dein 1er Schnitt?“ „Sei still!“ Ein dritter Gedanke schaltete sich ein. „Du redest mit dir selbst, du bist nicht nur ein Versager, du bist auch noch verrückt.“ Ich wollte diese Gedanken nicht hören, ich wollte, dass sie weggingen, ich wollte Schlafen und im Schlaf vergessen, aber es fällt nicht leicht zu schlafen wenn man Krank ist und im eigenen Kopf ein lauter Streit stattfindet.
„Es ist genauso wie beim Abi, große Pläne, ein guter Anfang, aber letztendlich nur eine 2,1. Guter Durchschnitt, aber nicht mehr, kein 1er Schnitt, keine besondere Ehrung auf der Bühne. Du schaffst es einfach nicht dich hervorzuheben. Du willst nur einmal besser sein als die anderen nur einmal die Beste.“ Verdammt, ich weiß, dass diese Gedanken der Wahrheit entsprechen, aber ich will sie trotzdem nicht hören. „Ich kann immer noch einmal etwas Besonderes schaffen. Ich kann ab jetzt nur noch 1er schreiben, dann schaffe ich es noch, oder ich veröffentliche ein Buch…“ „Ach ja, wie den wenn du dich lieber mit sinnlosen Computerspielen beschäftigst als zu schreiben? Wie den, wenn du die fertigen Geschichten nur halbherzig an den Mann zu bringen versuchst und dich nicht dahinter klemmst? Und die Noten? Ich bezweifle ja nichtmal das du das Potenzial hast, schließlich bin ich du. Aber ich bin auch dabei wenn du lernst. Ich weiß was du dir jedes Mal vornimmst, große Pläne wie lange vorher du anfängst zu lernen und dann, machst du doch nur das notwendige… denk doch mal nach, die 1er hast du immer für schriftliche Ausarbeitungen bekommen, weil du schreiben kannst, die schlechten Noten kamen in den Lernfächern, weil du nur das nötigste getan hast.“ Meine innere Stimme wurde mir von Minute zu Minute unangenehmer.
„Ich kann immer noch meine Zukunftspläne verwirklichen und mit meinem Vater die Teraphiehundezucht aufmachen, das ist was ziemlich Besonderes.“ Ich hätte wissen müssen was ich mir darauf antworten würde. Denn ich fasste die Angst die ich schon länger mit mir rumtrage in klare Gedanken. „Klar kannst du das, wenn er lange genug durchhält und sich bis dahin nicht auch die letzten Gehirnzellen weggesoffen hat. Aber was wenn er es tut? Wenn er dich dann gar nicht mehr erkennt?“ Diesmal versuchte ich noch intensiver mir die Ohren zuzuhalten und endlich kam mein Liebster ins Bett. Die Nähe eines anderen Körpers, die Möglichkeit meinen Kopf in seinen Armen zu verstecken gab mir endlich die Möglichkeit einzuschlafen.

Ich habe darüber nachgedacht warum es mir so wichtig ist einmal etwas Besonderes zu schaffen, einmal zu Wissen das die Leute auf mich sehen und zwischen Neid und Bewunderung alles empfinden. Ich glaube es liegt an meiner Vorgeschichte. In mir versteckt sich noch immer das traurige Kind, welches nur miese Noten hatte in der Schule und keine oder kaum Freunde. Und ich hoffe, dass es wenn es sieht, dass ich es geschafft habe keine Notwendigkeit mehr im Bleiben sieht und fortgeht.

Warum ich das niedergeschrieben habe? Manchmal ist es leichter Gedanken zu fassen wenn man sie visualisiert und außerdem ist meine innere Stimme vielleicht zufrieden wenn ich mich so mit dem beschäftige was sie mir zu sagen hat und lässt mich dafür Nachts in Frieden. Ich habe die Erfahrung gemacht das die Dinge Nachts wenn man alleine im Bett liegt manchmal wachsen und wie eine Mauer vor einem stehen. Wichtig ist es sich mit diesen Mauern zu beschäftigen, zu prüfen welche Mauersteine locker sind und wie hoch die Mauer wirklich ist, das sieht man meist besser bei Tageslicht.
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Beitrag von Zerberus »

könnte original von mir sein . ich habs geschafft das zu erreichen was ich wollte .... hat mir eine depressive woche eingebracht , weil ich das gefühl hatte keine aufgabe mehr zu haben . ich bin work-a-holic --- ich kann ohne aufgabe nichtmehr leben . außerdem hat sich mein ständiger leistungsdruck im privaten wie im schlulischen so geäußert , das ich panikzustände bekomme , das gefühl habe zu ersticken usw. wenn du mal 1 stunde lang das gefühl hast , das man sonst nach erwachen eines alptraum hast , wird dir klar , das du was an deinem leben ändern musst ...

quasi hab ich mir mittlerweile geholfen indem ich mir den stock aus dem arsch gezogen habe , den ich mir selber verpasst hatte . jetzt hab ich mich wieder so gut wie gefangen , weil ich mich damit auseinander gesetzt habe , das ich keinen scheiss leistungsdruck brauche um was zu schaffen .....

jedenfalls hilft reden immer ...... desshalb war es schonmal ein guter schritt hier zu posten . solche phasen hat meines erachtens jeder . bei dem einen mehr bei dem anderen weniger ... und wir beide , die anscheinend beide in der vergangenheit viel ablehnung erfahren haben , verseuchen jetzt unser leben mit dem gedanken nur etwas besonderes sein zu können wenn wir besonderes leisten .

ich verstehe dich , gruß zerb.
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Azazel
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Beitrag von Azazel »

jedes Individuum hat das Bedürfnis auf irgendeine Art etwas besonderes zu sein und letztendlich sind das auch die meisten, selbst wenn man es nicht immer gleich erkennt.
Wir sind auf eine Weise auch immer Sklaven unserer Kindheitserfahrungen bzw. der dort angelegten Verhaltensweisen (Programmierungen) und der gemachten Erfahrungen. Solche 'Gespräche' habe ich auch schon mit mir geführt.
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Beitrag von Zerberus »

schade das man im zwielicht nichtmehr viel liest....... aber vamp wird nach dem urlaub sicherlich viel zu erzählen haben
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Beitrag von Vamp »

Und wenn es nur noch du lesen würdest Zerb, ich würde trotzdem weiterschreiben.
Ich denke mal am Sonntag werde ich ein neues Zwielicht verfassen. Bin erst vor ein paar Stunden angekommen und Morgen wartet gleich ein heftiger Arbeitstag auf mich.
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Beitrag von Azazel »

ich lese es auch, da es mich erheitert oder manchesmal auch nachdenklich stimmt!

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