Moral ( I )

Die dämonische Kolumne
Antworten
Benutzeravatar
Vamp
Co-Admin
Co-Admin
Beiträge: 3788
Registriert: 21. Mär 2005 13:34
Wohnort: Die Lösung ist Vanillefish...

Beitrag von Vamp »

Ich fürchte fast das dies niemals geschehen wird. Ich glaube die Menschen sind einfach viel zu sehr von sich selbst überzeugt um das Gedankengut anderer als richtig zu betrachten. Natürlich gibt es dabei ausnahmen, ich spreche da eher von einem großen Teil der Menschheit.
Wenn Katzen wie Frösche aussähen, so würde uns bald klar, wie gemein die kleinen Teufel sind. (Lords und Ladys; Terry Pratchett)
Benutzeravatar
Azazel
Site Admin
Site Admin
Beiträge: 11545
Registriert: 20. Mär 2005 15:54
Religionszugehörigkeit: keine
Wohnort: Der Dummheit der Menschheit sind keine Grenzen gesetzt
Kontaktdaten:

Beitrag von Azazel »

Hallo Cyco,

schön, dass Du im Zwielichtsektor schreibst!!! ..und dann gleich einen ersten Beitrag, der es in sich hat! Die Frage, die ich mir dabei immer stelle und ich habe darüber wirklich viel nachgedacht und mir den Kopf zerbrochen, ist die Frage - woher kommt die Moral überhaupt bzw. hatte der Mensch schon immer soetwas wie eine Moral oder ist das lediglich eine, durch die jeweilige Gesellschaftsform aufgepfropfte Indoktrination?

Das die Moral in jeder Gesellschaftsform unterschiedlich ist, ja zum Teil völlig gegensätzlich ist, zeigt mir, dass sie nicht wie die Religion gerne behauptet von einem Gott stammen kann, sondern das sie sich auf jeden Fall aus dem menschen selbst heraus entwickelt hat. Aber war sie schon immer da???

Hatte schon der Homo erectus soetwas wie eine Moral oder zählte da einzig und alleine der Selbsterhaltungstrieb?
Benutzeravatar
Azazel
Site Admin
Site Admin
Beiträge: 11545
Registriert: 20. Mär 2005 15:54
Religionszugehörigkeit: keine
Wohnort: Der Dummheit der Menschheit sind keine Grenzen gesetzt
Kontaktdaten:

Beitrag von Azazel »

Auf jeden Fall, denn ein Moralkodex (vgl. 10 Gebote) ist natürlich immer von dem subjektiven Selbst des/der Verfasser beeinflusst. Folglich sind all diese niedergelegten Moralvorstellungen bzw. Moralgebote, auch wenn sie zum Teil das Zusammenleben sichern, immer künstlich.
Fällt der zivilisatorische, gesellschaftliche Rahmen, dann fällt auch der Moralkodex. Das kann man im Kleinen auch schon daran messen, dass das private Sexualverhalten oft stark von der als allgemein gültig betrachteten Moral abweicht:-)
Default
Beiträge: 652
Registriert: 20. Aug 2006 11:34

Beitrag von Default »

Moral, ja? Da gebe ich auch gerne meinen Senf dazu.

Die Moral ist für Sklaven geschaffen, für Wesen ohne Geist.
(Henry Miller, am. Erotik-Schriftst. und Philosph, 1891-1980, Von der Unmoral der Moral)

Henry Miller ist übrigens einer der Schriftsteller, die auf der Inquisitionsliste vom Ratze standen.
Der Ratzinger war der Vorstand der Glaubenskongreation, die bis in die 70-er Jahre noch hieß:
Heilige römische Inquisition.
(Wie schnell man doch sowas vergisst, gell?)

Angenommen, da kommt irgend so ein Moralapostel, und meint, dies und das wäre verachtenswert.
Nehmen wir beispielsweise die Alkoholprohibition in Amerika.

Was passiert?
Es gibt sofort einen Schwarzmakt, eine Mafia.
(Die schönen amerikanischen Mafia-Filme hat sicherlich jeder gesehen.)
Mafia und Kirche zwei Seiten einer Madaille?

Was heißt überhaupt christlich ? Sei gut zu dir selbst und deinen Nächsten?
Vielleicht ist das auch Teil des Problems? Ist das nicht auch das Prinzip der Mafia?
Die Übernächsten haben eben Pech gehabt? Vielleicht hätte Jesus sagen sollen: Du sollst auch deinen Übernächsten lieben?
Vielleicht wäre dann die Mafia nicht zum Stützpfeiler des Christentums geworden?

Korruption abschaffen?
Nein, davon leben wir doch, oder?
Na ja, Korruption kann man wohl nicht direkt gutfinden, aber so ein wenig Spezlwirtschaft ?
(wie das in Bayern heißt, Amigoaffäre ist doch noch ein Begriff, oder?)
Und überhaupt, wir müssen uns doch für unsere Sache (italienisch:cosa nostra) engagieren, oder nicht?

_________________________________________________

Und hier habe ich noch einen durchaus witzigen Text von F. Nietzsche:

Zur Genealogie der Moral
- Friedrich Nietzsche -
Aus der ersten Abhandlung, Abschnitt 13 (14):

- Will jemand ein wenig in das Geheimnis hinab- und hinuntersehn,
wie man auf Erden Ideale fabriziert? Wer hat den Mut dazu? ...

Wohlan! Hier ist der Blick offen in diese dunkle Werkstätte. Warten
Sie noch einen Augenblick, mein Herr Vorwitz und Wagehals: Ihr
Auge muß sich erst an dieses falsche schillernde Licht gewöhnen ...

So! Genug! Reden Sie jetzt! Was geht da unten vor? Sprechen Sie aus,
was Sie sehen, Mann der gefährlichsten Neugierde -jetzt bin ich der,
welcher zuhört. -

- "Ich sehe nichts, ich höre um so mehr. Es ist ein vorsichtiges tücki-
sches leises Munkeln und Zusammenflüstem aus allen Ecken und
Winkeln. Es scheint mir, daß man lügt; eine zuckrige Milde klebt an
jedem Klange. Die Schwäche soll zum Verdienste umgelogen werden,
es ist kein Zweifel! - es steht damit so, wie Sie es sagten"-
- Weiter!
- "und die Ohnmacht, die nicht vergilt, zur >Güte<; die ängstliche
Niedrigkeit zur >Demut<; die Unterwerfung vor denen, die man haßt,
zum >Gehorsam< (nämlich gegen einen, von dem sie sagen, er befehle
diese Unterwerfung, - sie heißen ihn Gott). Das Unoffensive des
Schwachen, die Feigheit selbst, an der er reich ist, sein An-der-Tür-
stehn, sein unvermeidliches Warten-müssen kommt hier zu guten
Namen, als >Geduld<, es heißt wohl auch die Tugend; das Sich-nicht-
rächen-Können heißt Sich-nicht-rächen-Wollen, vielleicht selbst
Verzeihung (>denn sie wissen nicht, was sie tun - wir allein wissen es,
was sie tun!<). Auch redet man von der >Liebe zu seinen Feinden< -
und schwitzt dabei."
- Weiter!
- "Sie sind elend, es ist kein Zweifel, alle diese Munkler und
Winkel-Falschmünzer, ob sie schon warm beieinander hocken - aber
sie sagen mir, ihr Elend sei eine Auswahl und Auszeichnung Gottes,
man prügele die Hunde, die man am liebsten habe; vielleicht sei dies
Elend auch eine Vorbereitung, eine Prüfung, eine Schulung, vielleicht
sei es noch mehr - etwas, das einst ausgeglichen und mit ungeheuren
Zinsen in Gold, nein! in Glück ausgezahlt werde. Das heißen sie >die
Seligkeit."
- Weiter!
- "Jetzt geben sie mir zu verstehen, daß sie nicht nur besser seien als
die Mächtigen, die Herrn der Erde, deren Speichel sie lecken müssen
(nicht aus Furcht, ganz und gar nicht aus Furcht! sondern weil es Gott
gebietet, alle Obrigkeit zu ehren) - daß sie nicht nur besser seien, son-
dern es auch >besser hätten<, jedenfalls einmal besser haben würden.
Aber genug! genug! Ich halte es nicht mehr aus. Schlechte Luft!
Schlechte Luft! Diese Werkstätte, wo man Ideale fabriziert - mich
dünkt, sie stinkt vor lauter Lügen."
- Nein! Noch einen Augenblick! Sie sagten noch nichts von dem
Meisterstücke dieser Schwarzkünstler, welche Weiß, Milch und
Unschuld aus jedem Schwarz herstellen: - haben Sie nicht bemerkt, was
ihre Vollendung im Raffinement ist, ihr kühnster, feinster, geistreichster,
lügenreichster Artisten-Griff? Geben Sie acht! Diese Kellertiere voll
Rache und Haß - was machen Sie doch gerade aus Rache und Haß?
Hörten Sie je diese Worte? Würden Sie ahnen, wenn Sie nur ihren Worten
trauten, daß Sie unter lauter Menschen des Ressentiment sind? ...
- "Ich verstehe, ich mache nochmals die Ohren auf (ach! ach! ach!
und die Nase ). Jetzt höre ich erst, was sie sooft schon sagten: >Wir
Guten - wir sind die Gerechtem - was sie verlangen, das heißen sie
nicht Vergeltung, sondern >den Triumph der Gerechtigkeit; was sie
hassen, das ist nicht ihr Feind, nein! sie hassen das >Unrecht<, die
>Gottlosigkeit<; was sie glauben und hoffen, ist nicht die Hoffnung auf
Rache, die Trunkenheit der süßen Rache ( - >süßer als Honig< nannte
sie schon Homer), sondern >der Sieg Gottes, des gerechten Gottes über
die Gottlosem; was ihnen zu lieben auf Erden übrigbleibt, sind nicht
ihre Brüder im Hasse, sondern ihre >Brüder in der Liebe<, wie sie
sagen, alle Guten und Gerechten auf der Erde."
- Und wie nennen sie das, was ihnen als Trost wider alle Leiden des
Lebens dient - ihre Phantasmagorie der vorweggenommenen zu-
künftigen Seligkeit?
"- Wie? Höre ich recht? Sie heißen das >das jüngste Gericht< das
Kommen ihres Reichs, des >Reichs Gottes< - einstweilen aber leben sie
>im Glauben<, >in der Liebe<, >in der Hoffnung<."
-Genug!Genug!

freundliche Grüße

Zurück zu „Zwielicht“