Maitre Charles-Pierre Baudelaire - Heautontimorumenos

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Noriel de Morville
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Maitre Charles-Pierre Baudelaire - Heautontimorumenos

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Charles-Pierre Baudelaire (* 9. April 1821 Paris; † 31. August 1867 Paris)

Im Alter von sechs Jahren verlor Baudelaire seinen Vater. Die strenge Erziehung seines Stiefvaters, eines Generals, den seine Mutter 1828 heiratete, führte schließlich zu Rebellion. 1838 taucht er in der Pariser Bohème unter anstatt das begonnene Jurastudium konsequent zu betreiben. Er wird darauf hin von seinem Stiefvater auf eine Reise nach Kalkutta geschickt. Bei Mauritius verließ er jedoch das Schiff, kehrte nach Paris zurück und forderte die Auszahlung seines väterlichen Erbes. Für Alkohol, Drogen, eine kleine Gemäldesammlung und Frauen hat er dies bis 1842 ausgegeben, 1844 stellt ihn ein Pariser Gericht auf Betreiben seines Stiefvaters unter Vormundschaft.

Baudelaire wird nun journalistisch und schriftstellerisch tätig. Nebenbei übersetzt er als erster Edgar Allan Poe ins Französische. Seine Übersetzungen gelten in Frankreich noch heute als Standard.

Er schloss u.a. Bekanntschaft mit dem Schriftsteller Honoré de Balzac und dem Maler Eugène Delacroix und war Verehrer Richard Wagners, des Komponisten, der zu dieser Zeit die Musik revolutionierte. Auch der Komponist Franz Liszt spielte eine große Rolle in Baudelaires Welt. Ihm widmete er ein Prosastück.

Baudelaire prägte für sein Schaffen den Ausdruck der literarischen Moderne. Dabei suchte er dem Ineinander des Faszinierenden der Großstadt und Industrie mit der Dekadenz, dem Bösen, Hässlichen und Kranken einen Ausdruck zu verleihen. Die verschiedenen (scheinbar völlig gegensätzlichen) Dinge und Zustände sollten einander illuminieren und das Schreiben mit Idee und Frische versorgen.

Seinen Depressionen suchte Baudelaire den Konsum von Drogen, wie Opium, Haschisch und Alkohol entgegenzustellen.

Als seine Les Fleurs du Mal (Die Blumen des Bösen) 1857 (deutsch 1901) erschienen, wurden Autor, Verleger und Drucker der Obszönität und Blasphemie angeklagt und der "Beleidigung der öffentlichen Moral und der guten Sitten" für schuldig befunden. Sie werden zu Geldstrafen verurteilt.



Sechs Gedichte seines Werkes wurden gestrichen. In einer zweiten Auflage ergänzte er allerdings 32 neue Texte.

Viele seiner Gedichte wurden auch durch sein Interesse an der Synästhesie beeinflusst, der Fähigkeit sensorischer Kopplung z. B von Gesichts-, Gehör-, und Geruchssinn. So verfasste er die Correspondances und verwendete Bilder für aus der Synästhesie gewonnene symbolische Erfahrungen. Baudelaire war Sensualist, verliebt in Empfindungen, er suchte sie zu erfahren und in einem wilden Überfluss auszudrücken.

Sein Werk ist erst im 20. Jahrhundert in seiner Bedeutung allgemein anerkannt worden. Im 19. Jahrhundert war Baudelaire (zeitgemäß) als drogensüchtiger und vulgärer Autor teilweise umstritten, wurde jedoch von der europäischen Intelligenz Intelligentia dieser Zeit regelrecht aufgesogen.

Krankheit, eine fortschreitende Lähmung und Sprachstörungen, eventuell die Folge erblicher Neigung zur Arteriosklerose und einer verschleppten Syphilis, hinderte ihn dann an seiner weiteren Arbeit. Baudelaire starb, völlig ausgezehrt, am 31. August 1867 in einer Pariser Anstalt und wurde auf dem Friedhof von Montparnasse in Paris begraben, während eines fürchterlichen Gewitters.

Einige seiner Werke sind erst nach seinem Tod veröffentlicht worden.

Baudelaire gilt als Begründer des Symbolismus; er beeinflusste u. a. Verlaine, Stéphane Mallarmé und Stefan George; er ist bis heute einer der wichtigsten (und leider nach wie vor missverstandendsten) Dichter der Moderne. Als Kunstkritiker verbreitete er - den damals ziemlich revolutionären - Gedanken, dass ein Kunstwerk nicht eine möglichst "realistische" Wiedergabe zu sein habe, sondern gerade durch Verfremdung und Verwandlung des jeweiligen Gegenstands (dessen Kern). dessen Idee darstellen solle.


Werke

* 1857: Im Juni "Fleurs du mal" (Blumen des Bösen);
* 1859: "Théophile Gautier"
* 1860: "Les paradis artificiels, opium et haschisch" (Die künstlichen Paradiese)
* 1861: "R. Wagner et Tannhauser à Paris"
* 1868: posthume Veröffentlichung von "Spleen de Paris" und "Curiosités esthétiques"
* Strandgut
* Die Reise
* Seine "Œuvres complètes" erschienen 1868-70 in 7 Bänden, zu denen die Souvenirs, correspondance etc. (1872) eine Ergänzung bilden.
* Gesammelte Schriften. Leipzig 1981
* Charles Baudelaire: Spleen. Zweisprachige Ausgabe. Nachdichtung von Oskar Ansull. Mit einem Nachwort von Thomas A. Keck. 32 Seiten.


L' Heautontimoroumenos aus LES FLEURS DU MAL ( freie Übersetzung)

Ich treff' ins Herz dich ohne Hassen,
Ein Henker ohne Zorn und Pein,
So schlug einst Moses auf den Stein!
Und Fluten will ich strömen lassen

Aus deinem Aug' , ein Meer von Weh,
Um meine Wüste neu zu tränken,
Stolz will ich meine Wünsche lenken
Auf deiner Tränen salziger See.

Dein wildes Schluchzen und dein Klagen,
Dein tieferr, hoffnungsloser Schmerz
Wird mir berauschend an das Herz
Wie Trommeln, die zum Angriff schlagen.

Bin ich ein greller Missklang nicht
In der Symphonie Göttlicher Gesänge
Dank der Ironie, die scharfe Fänge
in mich schlägt, rüttelt, reizt und sticht?

Sie macht mein Blut zur dunklen Schwäre,
Giftend kreischt aus mir die Schreierin!
Ich bin der Schicksalspiegel, drin
staunend blickt die Furie, die Megäre

Ich bin die Wange und der Streich,
Ich bin der Dolch und seine Wunde,
Nacken und Beil zur selben Stunde!
Opfer und Henkersknecht zugleich!

Ich bin der Vampir, der sein Blut muss saugen,
Der Einsamkeit verlorener Sohn,
Mein Mund, verdammt zu ewigem Hohn,
Will nimmermehr dem Lächeln taugen...

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