Der Quastenflosser

Unentdeckte Tierarten oder Fabelwesen?

Moderator: gabor

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Lestat de Lioncour
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Der Quastenflosser

Beitrag von Lestat de Lioncour »

gepostet von Noriel de Morville

Quastenflosser


Systematik
Unterstamm: Wirbeltiere (Vertebrata)
Überklasse: Kiefermäuler (Gnathostomata)
Reihe: Fische (Pisces)
Klasse: Knochenfische (Osteichthyes)
Unterklasse: Fleischflosser (Sarcopterygii)
Ordnung: Quastenflosser
Wissenschaftlicher Name
Coelacanthimorpha
Arten

* Komoren-Quastenflosser (Latimeria chalumnae)
* Manado-Quastenflosser (Latimeria menadoensis)

Quastenflosser (Coelacanthimorpha) - auch Blaufische genannt - stellen eine Ordnung der Knochenfische dar. Ihre nächsten Verwandten sind die Lungenfische und die Landwirbeltiere (Tetrapoda). Ein wesentliches Kennzeichen sowohl der Quastenflosser als auch der Lungenfische ist das teilweise verknöcherte und mit Muskulatur versehene Skelett der Brust- und Bauchflossen. Daher fasst man sie auch zur Unterklasse der Muskelflosser beziehungsweise Fleischflosser (Sarcopterygii) zusammen. Nach kladistischer Analyse gehören auch die Landwirbeltiere zu dieser Gruppe. Der Name Quastenflosser leitet sich davon ab, dass sich an der Spitze der Schwanzflosse eine pinsel- beziehungsweise quastenförmige Verlängerung befindet.


Körperbau

Der Bau der Brust- und Bauchflossen ähnelt dem Bau der Gliedmaßen der Landwirbeltiere (Tetrapoden). Vermutlich haben frühe Quastenflosser-Arten ihre Flossen zur Fortbewegung am Meeresboden, möglicherweise auch an Land benutzt. Letzteres gilt aber als äußerst spekulativ, auch wenn ein rudimentäres Organ am Darm, das homolog zur Schwimmblase ist und den Überrest einer Lunge darstellen könnte, die bei den Lungenfischen noch vorhanden und funktionsfähig ist, zuweilen so interpretiert wird. Quastenflosser sind die einzigen lebenden Tiere, die über ein funktionsfähiges Gelenk im Schädelknochen verfügen. Dieses Gelenk erlaubt es ihnen, den Oberkiefer gegenüber dem hinteren Schädelteil anzuheben, um so beim Fressen die Maulöffnung zu vergrößern. Dieses lebende Fossil wird bis zu 1,80m lang.


Relativ enge Verwandte der Quastenflosser und Lungenfische, die Rhipidistia, werden in der Paläontologie vielfach als Vorfahren der ersten Landwirbeltiere angesehen. Der Aufbau des Skelettes ähnelt Ichthyostega, einem Fossil, das als eines der ersten Amphibien und damit als Landwirbeltier angesehen wird. Der Quastenflosser verwendet seine Flossen in einer Art Kreuz"gang", aber er bewegt sich nur schwimmend, die Evolution hatte somit eine Art des Gehens entwickelt, die erst später verwendet wurde.

Quastenflosser, die schon vor ca. 400 Millionen Jahre die Meere bevölkerten, war bis weit in das 20. Jahrhundert nur als 80 Millionen alte Versteinerung bekannt. Die ältesten Fossilien stammen aus dem Devon, die jüngsten aus der Kreide. Die Blütezeit lag in der Trias. Daher glaubte man lange, dass die Quastenflosser mit den Dinosauriern ausgestorben seien.


Wiederentdeckung eines lebenden Fossils

1938 wurde ein eineinhalb Meter langer und 52 Kilogramm schwerer unbekannter Fisch im indischen Ozean in der Gegend östlich von East London (Südafrika) aus knapp 70 Metern Tiefe gefangen. Das Exemplar war durch die Druckverringerung bereits tot.

Am 15. November 1954 wurde aus Tananarive (Madagaskar) zum ersten Mal der Fang eines lebenden Exemplars gemeldet.

Als Marjorie Courtenay-Latimer, die Kuratorin des Naturhistorischen Museums von East London, an der Südostküste Südafrikas das Tier entdeckte, das ganz offensichtlich ein Vertreter der Coelacanthini aus der Ordnung der Quastenflosser war, einer Fischgruppe, welche den Zoologen und Paläontologen bisher nur aus versteinerten Abdrücken bekannt war, und von denen man daher zu wissen glaubte, dass sie im Devon, vor über 350 Millionen Jahren, entstanden und gegen Ende der Kreidezeit, vor rund 70 Millionen Jahren, vollständig ausgestorben wären, schaltete sie Smith aus Grahamstown in Südafrika ein. Dieser identifizierte den Fisch eindeutig als Nachfahre der fossilen Quastenflosser und benannte das Tier, den Komoren-Quastenflosser, nach seiner Entdeckerin und dem Fluss Chalumna, in dessen Nähe er ins Schleppnetz gegangen war, taxonomisch Latimeria chalumnae.

Erst 15 Jahre später gelang der nächste Fang in der Gegend der Komoren.

Es konnten dann noch weitere Exemplare gefangen werden, einmal sogar ein lebendes. Am 17. Januar 1987 entdeckte der Münchner Biologiestudent Olaf Reinicke vom Tauchboot Geo aus in 198 Meter Tauchtiefe den ersten Quastenflosser in seinem natürlichen Lebensraum.

Seit 1989 wird mit Unterstützung der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt ein Projekt zur Erforschung der Quastenflosser durchgeführt.

Inzwischen konnten von Hans Fricke auch Filmaufnahmen von lebenden Quastenflossern bei den Komoren gemacht werden.

Eine erneute Sensation gab es, als 1997 und 1998 tote Quastenflosser auf dem Fischmarkt von Manado Tua (Sulawesi) in Indonesien entdeckt wurden, rund 10.000 Kilometer von den Komoren entfernt.

Inzwischen fand Fricke auch dort lebende Quastenflosser, die als Manado-Quastenflosser (Latimeria menadoensis) bezeichnet werden.

April 2004 ist eine deutsche Unterwasser-Expedition in Südafrikas Küstengewässern auf weitere Exemplare der Komoren-Quastenflosser gestoßen. Am südlichsten Ende der Sodwana-Bucht nahe der Grenze zu Mosambik entdeckte das Team des Max-Planck-Instituts für Verhaltensphysiologie in Seewiesen bei München zwei weitere Tiere. Damit erhöht sich nach Angaben der Zoologin Karen Hissmann der dort bekannte Bestand auf 21 Exemplare. Seit Beginn der 1990er Jahre sind drei Exemplare vor Mosambik und Tansania gefangen worden. Sollte die Finanzierung gesichert sein, ist für kommendes Jahr daher auch in mosambikanischen Gewässern eine Unterwasser-Expedition geplant.


Verbreitung

Latimeria chalumnae kommt in dem Gebiet zwischen den Komoren und Madagaskar in einer Tiefe von 150-400 m vor. Eine zweite Art von Quastenflossern gibt es in den indonesischen Meeresgebieten zwischen Borneo und Celebes. Diese Tiere unterscheiden sich morphologisch kaum von den Tieren von den Komoren. Molekulargenetische Untersuchungen der Mitochondrien zeigen jedoch Unterschiede. Diese lassen darauf schließen, dass die beiden Populationen seit etwa einer Million Jahren getrennt sind.


Lebensweise

Durch die beinartigen Brust- und Bauchflossen kann sich der Fisch in einer Art "Kreuzgang" bewegen. Für diese alternierenden Bewegungen seiner Flossen hat er in seinem Nervensystem bestimmte "neuromuskuläre Koordinationen", wie es Hans Fricke nennt. Nach seiner Ansicht können solche Koordinationen den Verwandten des Quastenflossers den Schritt an Land erleichtert haben. Tiere der modernen Art gehen jedoch nicht am Meeresboden herum und berühren mit ihren Flossen nicht mal den Boden, etwa beim Beschleichen ihrer Beute, wobei die Brustflossen um 180° um die eigene Achse gedreht werden können. Wenn der Quastenflosser schnell schwimmen will, benutzt er seine mächtige Schwanzflosse.

Quastenflosser sind Nachtjäger und Driftschwimmer, die auch die schwächste Wasserströmung für ihre Fortbewegung ausnutzen. Ihre großen Brust- und Bauchflossen verwenden sie zum Ausbalancieren.

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