Langzahn ist nicht tot - Säbelzahnkatzen in Afrika?

Unentdeckte Tierarten oder Fabelwesen?

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Lestat de Lioncour
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Langzahn ist nicht tot - Säbelzahnkatzen in Afrika?

Beitrag von Lestat de Lioncour »

Langzahn ist nicht tot - Säbelzahnkatzen in Afrika?

Written by Marozi - gepostet von Andromalius
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Der Mond, in seinem ersten Viertel, ergießt endlich sein kaltes Licht über die weite Steppe. Die Rufe eines mächtigen Raubtieres lassen das Katzenrudel, das es sich unter einem Palmenhain gemütlich gemacht hat und so der Hitze des Tages entging, aufmerksam werden. Das heisere Kreischen stammt von keinem ihrer eigenen Art, aber es zeigt ihnen an, dass die
Zeit endlich gekommen ist. Mittlerweile haben sich auch genug dunkle Wolken zusammengezogen, die den hellen Mond verdecken und ihre Chancen auf Beute erhöhen. Die erste Katze des Rudels steht auf, gähnt, streckt ihre vorderen Gliedmaßen und trottet dann langsam davon in die Steppe. Wie auf ein geheimes Kommando erheben sich kurz darauf auch langsam die anderen Weibchen und folgen ihrer Gefährtin in die wartende Nacht. Scheinbar weitaus widerwilliger verlässt dann auch das Männchen seinen gemütlichen Schlafplatz, um seinem Harem in gebührendem Abstand hinterher zu trotten.
Die Jägerinnen erblicken die Herde keine 700 Meter entfernt und beginnen sich mit flotterem Gang nach einem nicht erkennbaren, geheimen Plan in der Savanne zu verteilen. Zwei der Weibchen sind jetzt bis auf 160 Meter an die Herde herangekommen. Sie schleichen vorsichtig und geduckt weiter, halten immer wieder inne um ihre Beute nicht aufzuschrecken. Zwei weitere Weibchen sind in einer Flankenbewegung fächerförmig ausgeschwärmt. Die Dunkelheit ist der wichtigste Verbündete der Jägerinnen und erhöht ihre Erfolgschancen immens. Aber noch immer sind die Silhouetten der Tiere durch das Licht der Mondsichel zu erkennen. Die Anführerin des Rudels hat sich bis auf 90 Meter herangepirscht. Wie ein lebender Verbündeter schiebt sich just in diesem Moment eine Wolke vor den Mond und hüllt die weite Graslandschaft in absolute Dunkelheit. Das Zeichen wurde gesetzt und die Anführerin zögert keine Sekunde.
Die Herde hat die Gefahr erkannt und jedes einzelne Tier rennt jetzt um sein Leben. In einem Schwenkmanöver flüchten hundert Tiere gemeinsam als Herde vor dem drohenden Tod davon. Die Wolke wurde inzwischen vom Wind wieder vertrieben und das Mondlicht ist zurückgekehrt. Die Anführerin und ihre Gefährtin rennen mit mächtigen Sätzen hinter den angsterfüllten Tieren hinterher, als urplötzlich ein Schatten von rechts in die Herde hineinprescht. Eines der ausgeschwärmten Weibchen prallt mit voller Wucht und mit ihrem gesamten Körpergewicht auf eines der Beutetiere und schleudert es regelrecht mit zu Boden. Nur wenige Augenblicke später sind die anderen Jägerinnen heran und halten das panische Tier mit ihren mächtigen Pfoten und starken Muskeln am Boden. Panik steht in den Augen des Opfers, als die zuletzt hinzugekommene Katze ihre mächtigen Eckzähne in seine Kehle schlägt und es mit diesem einzigen Biss tötet.
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Wieder haben seine Weibchen Beute gemacht, diesmal war eines der seltsamen, rüsseltragenden Macrauchenia2 das Opfer. Herrisch blickt das Männchen über die Savanne, hebt seinen Kopf und brüllt seinen Machtanspruch hinaus in die Dunkelheit. Er ist der Vernichter3, er ist Smilodon!
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So oder so ähnlich könnte die Beutejagd eines Rudels von furchteinflößenden Säbelzahnkatzen der Art Smilodon fatalis aus Südamerika ausgesehen haben. Heute wird die Rudeljagd innerhalb der Katzenfamilie auf eine ziemlich ähnliche Weise jedoch nur noch von Löwen ausgeübt, denn Smilodon fatalis starb, ebenso wie alle anderen Säbelzahnarten davor oder danach, vor etwa 10.000 Jahren aus. Aber ist dem wirklich so? Es gibt einige wenige Berichte über große Katzen aus Südamerika und Afrika, die in ihren Beschreibungen ziemlich genau auf eine Säbelzahnkatze passen würden...

Afrika / Tiger der Berge („Tigre de Montagne“)

Die bekanntesten Berichte stammen aus der ehemals französischen Kolonie Zentralafrika. Die heutige präsidiale Republik hat ungefähr 3, 2 Millionen Einwohner, die hauptsächlich aus Sudanvölkern besteht und eine kleine Minderheit Pygmäen aufweist. Erst 1960 erlangte das Land die Unabhängigkeit, die jedoch schon fünf Jahre später durch ein Terrorregime unter General Jean-Bèdel Bokassa wieder ersetzt wurde. Genau in diesen turbulenten Jahren jedoch ist der Jagdführer Christian Le Noel5 Berichten der Einheimischen über mysteriöse „Tiger der Berge“ nachgegangen.
Noel lebte zu dieser Zeit bereits seit zwölf Jahren im nördlichen Zentralafrika, weshalb er die örtliche Flora und Fauna sehr genau kannte. Doch das Tier, das die Angehörigen des Stammes der Youlou ihm beschrieben und unter dem Namen Koq-Nindji6 kannten, konnte auch er nicht einordnen. Auf einer Jagdpartie westlicher Großwildjäger in der Region Ouanda-Djailè, die er zusammen mit einem alten, eigenwilligen Youlou-Spurenleser führte, entdeckte er Anfang der 60er Jahre in einer Schlucht eine dunkle Höhle. Nachdem die Jagd an diesem Tag sowieso abgebrochen wurde, beschlossen Noel und sein Begleiter umzukehren und sich die Höhle näher anzusehen:
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Ich kam zu Fuß schnell auf dem Hohlweg voran und erreichte unbehindert eine Geröllhalde bestehend aus grauen Kieselsteinen, wo ich mich dazu entschied, zu diesem Felsenunterstand über die rechte Seite hinauf zu klettern. Fast am Rande der Höhle angekommen, wurden wir jäh durch ein eindrucksvolles Brüllen gestoppt, das ich nicht zuordnen konnte. Djemet, der voraus ging, drehte sich schreckensbleich zu mir um und sagte „das ist der Tiger der Berge mein Herr!“

„Der Tiger der Berge?“

„Ja, mein Herr, er ist sehr bösartig, wir müssen kehrtmachen und flüchten, es ist zu gefährlich! „Das hier ist sein Zuhause!“
Und der tapfere Fährtenleser, der weder Büffel (einmal musste ich ihn, lachend, unter einem Büffel herausziehen, der ihn niedergerissen hatte!), noch die großen Raubkatzen fürchtete, zitterte wie Espenlaub und schien zutiefst in Schrecken versetzt.
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Ich versuchte vergeblich, ihm zu erklären, dass wir mit einem Karabiner 375 Magnum, mit dem man einen Elefanten töten kann, nicht viel riskieren würden, Auge in Auge einem „Tiger“ gegenüber, aber nichts konnte ihn dazu bringen, weiter in Richtung Höhle zu gehen. Wir befanden uns nun schon auf dem halben Wege zum Grund der Höhle und, in vollem Lauf, erklärte mir Djemet, dass der Tiger der Berge eine Raubkatze sei, etwas größer als ein Löwe, aber eine rote Fellfarbe mit hellen Flecken hat. Es gab davon auch völlig schwarze Exemplare, sagte er zu mir, die man aufgrund des wesentlich kürzeren Schwanzes und der beiden Eckzähne des Oberkiefers, die über das Maul nach unten herausragten, für Löwen und Panther hielt!
Mein Fährtenleser erzählte mir, dass er in seiner Jugend eines Tages mit seinem Vater auf der Jagd war, sie hatten gerade einen Antilopenhengst (300 kg) getötet, als zwei „Tiger“, von denen einer ganz schwarz war, aus dem Dickicht kamen. Sie näherten sich dem Antilopenhengst und einer der beiden packte ihn mit seinem Maul und trug ihn ohne größere Mühe fort. Ein Löwe wäre gezwungen gewesen, den Kadaver zwischen seinen Pranken über den Boden zu schleifen.
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Am Fuße der Höhle angekommen, gelang es mir Djemet davon zu überzeugen, auf der anderen Seite der Höhle wieder hinaufzusteigen, damit er versuchen konnte zu erkennen, welches Tier uns so erschreckt hatte. Den Karabiner in der Faust, bereit zu schießen, kam ich auf der Anhöhe des Felsunterstandes an, von wo aus wir nun in das Innere blicken konnten. Ich blieb stehen um alles genau zu beobachten als plötzlich drei große gesprenkelte Hyänen auftauchten. Um Djémet zu beruhigen, der sich wieder sehr aufgeregt war, erschoss ich eine der Hyänen, die sich auf dem Boden der Höhle befand. Dann, da ich meine Gäste nicht weiter warten lassen wollte, folgte ich ihnen zum Fahrzeug.
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Porträt eines Tigre de Montagne (© Markus Bühler)
So einfach konnte Christian Le Noel diese Geschichte jedoch nicht vergessen, weshalb er ein Jahr darauf für weitere Nachforschungen in die Region zurückkehrte. Einige der ältesten Männer des Stammes behaupteten, in ihrer Jugend Koq-Nindji gesehen zu haben, doch selbst noch zu Noel’s Zeiten herrschte unter den Jägern des Volkes die Meinung, es gäbe in den Bergen noch diese gefährlichen Raubtiere. Der Koq-Nindji ist nach ihren Angaben eine Katze, ein wenig größer als ein Löwe. Er hat ein rotes Fell mit weißen Streifen oder Flecken, der Schwanz ist nur kurz und die Haare an den Pfoten sind ungewöhnlich lang „um seine Spuren zu verwischen“. Markantestes Merkmal dieses ungewöhnlichen Tieres sind jedoch sicherlich die überlangen Eckzähne! Noel und auch anderen, die sich mit diesen Berichten beschäftigten, kam bei dieser Beschreibung und in Kenntnis paläozoologischer Funde sofort das Bild einer Säbelzahnkatze in den Sinn, zumal „Koq-Nindji“ übersetzt auch in etwa „Tiger der Berge“ bedeutet. Neben dem roten Fell, erzählten die Jäger der Youlou wie berichtet aber auch von schwarzen „Tigern der Berge“. Christian Le Noel schloss aufgrund dessen eine Verwechslung mit Löwen oder Leoparden absolut aus, da es keine melanistischen Tiere in der Gegend gab7. Um seine Theorie zu festigen, zeigte er den Spurenlesern farbige Zeichnungen von Tiger, Ozelot, Gepard, Schneeleopard, Leopard, Puma und anderen Raubkatzen, unter die er auch eine Zeichnung einer Säbelzahnkatze gemischt hatte. Und genau jene Zeichnung identifizierten die Youlou ohne jegliches Zögern als Koq-Nindji.

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Bereits 1937 beschrieb der Dorfvorsteher von Ouanda-Djalé, dem Heimatdorf von Djemet, gegenüber dem obersten Jagdaufseher der französischen Kolonien, Lucien Blancou, von einem identisch beschriebenen Tier in der östlichen Region von Ubangi-Shari. Rötlich-braunes Fell und größer als ein Löwe mit den entsprechenden Fußspuren. Man habe dieses Biest, wenn auch selten, schon bei Tag gesehen, als es seine Beute zu Höhlen in die Berge trug. In der Nacht leuchteten die Augen des nachtaktiven Tieres wie Scheinwerfer. Der Dorfvorsteher jedoch nannte dieses eindeutig katzenartige Tier allerdings „gassingrâm“. Der Kryptozoologe Karl Shuker geht in diesem Fall angesichts der nahezu identischen Beschreibungen und der identischen Region davon aus, dass es sich beim Koq-Nindji und beim gassingrâm um dieselbe Tierart handelt.

Der Stamm der Youlou gehört zur alten Bantu-Rasse8 Soudano Guinèenne deren Ankunft in Ouanda-Djalé zwar sehr lang zurück liegt, doch Noel rechnete mit einer kollektiven Erinnerung um den „Tiger der Berge“ höchstens bis vor vierhundert Jahren. Dementsprechend musste es also noch lebende Tiere in jüngerer Zeit geben...

Auch im Nachbarland Tschad kennt man ähnliche Berichte um derartige Säbelzahnkatzen. Die Hadjeray9 des südwestlichen Ouadai-Distrikts kennen es unter dem Namen „hadjel“. Christian Le Noel berichtet:

Die Völker im Süden des Tschad, darunter die Adjéray, glauben an eine Wiedergeburt der „Seele“ und der „Lebenskraft“ der Toten, an ein edles Tier aus dem Busch, besonders den Löwen. Es ist mir nie gelungen, einen meiner Fährtenleser dazu zu bringen, vom Fleisch dieser Raubkatze zu essen, obgleich dies, einmal zubereitet, ähnlich wie Kalbfleisch schmeckt, weil, wie sie sagten, sie dann den Eindruck hätten, einen ihrer Vorfahren zu verspeisen! Überdies, widerstrebte es einigen von ihnen oft, die erlegten Löwen zu häuten. Für den Jagdführer ist es nötig, die Gerippe der gehäuteten Löwen weit durch den Busch zu tragen, die Eingeborenen weigerten sich, in der Nähe dieser Kadaver zu nächtigen, immer aus Angst, einen Vorfahren, der in der Raubkatze wiedergeboren wurde, beleidigt zu haben. Im Literaturverzeichnis des Buches von Jeanne-Françoise Vincent (Leiter der Konferenz im CNRS), „Von den Hadjéray bis zum Tschad“ (Paris, Anthropos, 1975), zitiert sie einen Auszug aus dem Werk „Abhandlung der Paläontologie“, herausgegeben unter der Leitung von J. Piveteau, T. VI, 1961, pp. 785-795. Hier der Auszug : „ diese Äußerung (dem Glauben in die Wiedergeburt in Form des Löwen der Adjéray) ist eine überraschende und aufregende Bestätigung aus wissenschaftlicher Sicht. In Temki, werden die Mitglieder eines bestimmten Clans von „Personen der Leitung“ – übrigens auf dem Weg des Verschwindens – wie man uns sagte, wiedergeboren nicht in Form eines Löwen im eigentlichen Sinne, sondern in einer besonderen Art von Löwe, einem „Hadjel“. Auf unsere Fragen zum Wesen dieser Hadjel, antworteten uns die Menschen von Temki, dass es sich um ein Tier handele, das es nur in den Bergen von Adjéray gebe. Sie gaben uns die folgende Beschreibung: „der Hadjel ist ein Tier, das sehr einem Löwen ähnelt, das aber deutlich stärker ist als ein solcher. Es hat eine große Mähne. Es unterscheidet sich von einem Löwen besonders durch zwei Tatsachen: sein Schwanz ist sehr viel kürzer und ähnelt dem einer Hyäne, sagen die einen, ähnlich dem einer Stute, sagen die anderen. Besonders seine Fangzähne sind anders: sie sind so lang, dass er Schwierigkeiten hat, das Maul zu öffnen. Er braucht dafür lange, und er ernährt sich nur von kleinen Beutetieren, die er sehr langsam frißt. Es ist ein Tier, das selten Junge hat, einmal da eines, einmal dort. Mehrere der Einwohner von Temki bestätigten uns, dass sie einen Hadjel mit eigenen Augen gesehen hätten und im Gebirge seine Höhle wieder erkannt hätten. Man hat Angst, wenn man ihn trifft wegen seiner Größe - auch wenn er weniger gefährlich als ein Löwe ist, da er viel mehr Zeit braucht, um sein Maul zu öffnen!

Interessant ist, dass „Hadjel“ neben der Bedeutung in dem Wiedergeburtsglauben der Hadjeray aber auch ein genereller Begriff für Raubkatzen ist. So hat Noel zum Beispiel ebenfalls gehört, wie die Banwélés der Sananga in Kamerun , die goldene Waldkatze „Coung-Hadjel“ nennen.

Auch weiter nördlich im Tschad, in der Region Ennedi bei den Zagaoua-Leuten, finden sich ähnliche Berichte über eine Katzenart, die größer als ein Löwe ist, keinen (bzw. nur rudimentären) Schwanz besitzt, rotes Fell mit weißen Streifen besitzt, lange Haare an den Füßen hat und dessen Eckzähne weit über seinen Mund ragen.
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Wie man aus der Karte sehen kann, stammen die Berichte über „Tiger der Berge“ zwar aus verschiedenen Ländern, aber aus einer zusammenhängenden, überwiegend bergigen Region die von Tibesti im Norden des Tschad über Ennedi bis hin zu Ouanda Djailé in der nordöstlichen Zentralafrikanischen Republik reicht. Zudem haben die verschiedenen Stämme und Völker zwar mitunter eine gemeinsame Vergangenheit, aber über die Jahrzehnte hinweg kaum noch oder gar nie Kontakt. Dennoch gibt es auffällig übereinstimmende Erzählungen über eine große, unbekannte in den Bergen lebende Raubkatze, deren Beschreibungen einer prähistorischen Säbelzahnkatze entsprechen. Nur Zufall?

Die bekanntesten Säbelzahnkatzen überhaupt und Urbild unserer Vorstellungen entstammen der Gattung Smilodon, die die drei Arten S. gracilis, S. fatalis und S. populator umfasst. Alle drei Arten waren auf Nord- bzw. Südamerika beschränkt, so dass sie als Kandidaten für den „Tiger der Berge“ nicht relevant sind. Sollten hinter den aufgeführten Berichten tatsächlich überlebende Säbelzahnkatzen stecken, müssten sie auch in Afrika verbreitet gewesen und fossil belegt sein. Dies trifft natürlich in der Tat auf einige, in der Öffentlichkeit weniger bekannte Gattungen bzw. Arten zu, darunter zum Beispiel Megantereon, Machairodus, Homotherium oder Dinofelis. Theoretisiert für die verschiedenen Berichte wurden verschiedene dieser prähistorischen Säbelzähne, namentlich Megantereon und Machairodus.


Schädelvergleich: Megantereon cultridens (oben), Machairodus (© Marozi)
Megantereon, der im Zusammenhang mit dem Hadjel der Hadjeray genannt wurde, ist fossil in Afrika, Eurasien und Nordamerika10 nachgewiesen, wobei jedoch nicht sicher ist, wie viele Arten diese Gattung tatsächlich umfasste. M. cultridens zum Beispiel ist größtenteils nur von einzelnen Fundstücken wie Kieferknochen oder den charakteristischen, stark ausgeprägten Eckzähnen bekannt. Eines der besten gefundenen Fossilien von M. cultridens ist jedoch ein komplettes Skelett aus Senèze in der französischen Auvergne, das erstmals von Samuel Schaub beschrieben wurde und das man heute im Naturhistorischen Museum in Basel besichtigen kann. Das Skelett weist eine Schulterhöhe von etwa 70 Zentimeter auf, was von der Größe mit einem rezenten Leoparden vergleichbar ist. Der Körperbau ist sehr stämmig und kraftvoll, mit massiven vorderen Extremitäten und Klauen von der Größe eines Löwen. Die körperlichen Proportionen lassen insgesamt darauf schließen, dass M. cultridens relativ große Beutetiere zu Fall bringen und sie auch am Boden halten konnte. Der Schädel weist im Unterkiefer eine Verlängerung, eine Art knöcherne„Scheide“ für die langen, oberen Eck- bzw. Säbelzähne auf. Das verlieh dem lebenden Tier ein äußerst charakteristisches Aussehen, völlig verschieden vom dem heutiger Katzenarten. Nicht nur, dass ein solch auffälliges Detail nie in den Berichten um den Hadjel beschrieben wurde, sondern auch die auffällig kleinere Größe lässt Megantereon als mögliche Identifikation jeglicher Art von „Tigern der Berge“ mit Sicherheit ausscheiden.
Ganz anders sieht es dagegen mit Machairodus aus, der von verschiedenen Personen als möglicher Kandidat für den „Tiger der Berge“ vorgeschlagen wurde. Die Mitglieder der Gattung Machairodus waren allesamt große und stämmige Säbelzahnkatze. Erstmals tauchte die Gattung vor etwa 15 Millionen Jahren in Eurasien auf und überlebte bis vor etwa 2 Millionen Jahren, was anhand von Fossilien des M. africanus aus Tunesien nachgewiesen wurde. Die genaue Anzahl der Arten innerhalb dieser Gattung ist jedoch unklar und umstritten. Machairodus erreichte eine Schulterhöhe von 1 bis 1, 20 Meter, womit seine Körpermaße dem rezenten Löwen gleichkommen, auch wenn die Körperproportionen insgesamt eher denen heutiger Tiger glichen. Eine zeichnerische Rekonstruktion in Alan Turners Buch „The Big Cats and their fossil relatives“ zeigt anhand der Schädel von Löwe und M. giganteus in der genauen Betrachtung zwar deutlich den insgesamt länglicheren Kopf der ausgestorbenen Säbelzahnkatze und einige andere Unterschiede, die generelle Ähnlichkeit aber ist wahrhaft bemerkenswert.

Aber nicht nur die Gattung Machairodus, sondern auch die ihnen nachfolgenden Säbelzahnkatzen11 der Gattung Homotherium12 sind offiziell schon seit langem ausgestorben. Und nicht nur diese evolutionäre Problemstellung stellt sich einer Identifikation überlebender Säbelzahnkatzen (der Plural wird hier bewusst verwendet, denn letztlich muss es sich um eine stabile Population handeln) als „Tigre de Montagne„ in den Weg, sondern auch die berühmten Säbelzähne selbst. Djemet, der einheimische Spurenleser der Christian Le Noel begleitete, erzählte diesem wie er und sein Vater zwei „Tigern der Berge“ begegneten:

„[...] einer der beiden packte ihn (einen Antilopenbock) mit seinem Maul und trug ihn ohne größere Mühe fort. Ein Löwe wäre gezwungen gewesen, den Kadaver zwischen seinen Pranken über den Boden zu schleifen. [...]

Dieses Verhalten ist keineswegs ungewöhnlich, denn ist die Tötung erst erfolgt versuchen die meisten Fleischfresser ihre Beute in Sicherheit vor Fressfeinden zu bringen. Natürlich hat ein großes Löwenrudel kaum Übergriffe anderer Raubtiere zu fürchten (wenn man von anderen Löwen- oder Hyänenrudeln absieht), aber auch sie schleppen bzw. ziehen manchmal ihre erlegte Mahlzeit so gut es geht in Sicherheit um in Ruhe zu fressen. Einen derart schweren Kadaver, immerhin ein stattlicher Antilopenbock von 300 Kilogramm Gewicht, könnte ein Löwe tatsächlich nicht einfach so mühelos wegschleppen wie dies dem „Tiger der Berge“ von dem Youlous nachgesagt wird. Und leider ist dies einer Säbelzahnkatze nach Auffassung der Paläontologen erst recht nicht möglich, denn die furchteinflößenden, stark verlängerten Eckzähne sind auch relativ zerbrechlich.

Während also schon die legendären „Tigre de Montagne“ evolutionär nicht nur äußerst lange Zeit überlebt, sondern auch noch recht massive körperlichen Veränderungen erfahren müssten um die Beschreibungen zumindest ansatzweise zu erfüllen, sind ihre folgenden kryptozoologischen Vettern noch schwerer greif- und erklärbar...

Afrika / Wasserlöwe („Water lion“)

Auch im Fall der aquatischen beziehungsweise semi-aquatischen „Wasserlöwen“, die nach Theorien der beiden Zoologen Ingo Krumbiegel und Bernard Heuvelman eventuell evolutionär weiterentwickelte und an ein Leben im Wasser angepasste Säbelzahnkatzen sein könnten, hat Christian Le Noel im Laufe seines Aufenthalts in Afrika zahlreiche Berichte bei den Einheimischen der Zentralafrikanischen Republik gesammelt:

"[...] Es scheint als lebe diese Raubkatzenart in den großen Flüssen des Landes, bekannt unter dem Namen „Wasserlöwe“ oder „Panther des Wassers“ in der Sprache der Sango: Ndzé-ti-ngouich. Eine Zeugenaussage, auf die ich in der Region Bamingui-Bangoran im Norden der Z.A.R. stieß, hatte die Frau eines Jägers gemacht. Ein Wasserlöwe soll sich in den fünfziger Jahren in einer Fischreuse (die mehr als einen Meter Durchmesser haben können) die im Bangoran-Fluss, zwischen den Dörfern Kaga, Bandoro und Mbrés, verfangen haben. Die Dorfbewohner töteten ihn und der Dorfchef behielt den Schädel. Ich hatte mich in dieses Dorf begeben und befragte den Dorfchef, der mir jedoch keine Auskunft geben wollte. Er sagte, dass die Frau sich getäuscht hätte und er lehnte, trotz der hohen Summe die ich ihm bot, ab mir den Schädel zu zeigen. Diese Reaktion ist normal, da die Eingeborenen aus diesen abgelegenen Gebieten sich bemühen ihre Informationen für sich zu behalten. Sie sagen: „Es sind die letzten Geheimnisse die wir noch haben. Die Weißen haben uns alles genommen und wissen auch fast alles über uns - wenn wir ihnen unsere letzten Geheimnisse enthüllen, bleibt uns gar nichts mehr.“

Vom Bamingui-Fluss gibt es eine Zeugenaussage, geschrieben von einem Europäer. Im Jahre 1910 während der Besiedlung, war eine, von einem Offizier und einem französischen Unteroffizier gelenkte Kolonne, die von senegalesischen Schützen begleitet wurde auf dem Weg nach Tschad, um dort den tschadischen Rebellen Rabba zu bestrafen, der kurz zuvor den Verwalter Bretonet in Niellim im Norden von Fort-Archambault getötet hatte.
Um den Bamingui zu durchqueren war es notwendig sich auf Einbäume zu stellen, die etwa 10 Personen, d.h. mindestens 700 Kilogramm, transportieren können. Unter den Augen des Offiziers, der die Überquerung überwachte, griff ein Wasserlöwe einen Einbaum an und griff sich einen Soldaten, den er mitnahm. Der Offizier machte einen Bericht über den Zwischenfall, der heute noch in den Militärarchiven enthalten ist.

Es scheint, das die Wasserlöwen in felsigen Höhlen leben, die sich in den Ufern der hiesigen Flüsse befinden. Ihre Augen leuchten in der Nacht wie Funken und ihr Gebrüll ähnelt dem Geräusch des Windes vor einem Gewitter oder einem Tornado. Wovon ernährt sich diese Raubkatze? Die Afrikaner sagen, dass sie nachtaktiv sei und einige Zeugenaussagen geben einem zu denken, dass sie vielleicht in einigen isolierten Sumpfgebieten überleben könnte.
Ein Freund von mir, Marcel Halley, war in den zwanziger Jahren Jäger in Gabun. Er wurde dort Zeuge einer merkwürdigen Begebenheit: seine Aufmerksamkeit weckte ein ausgedehnter Sumpf, in dem er ein totes, weibliches Flusspferd fand, das von einem unbekannten Tier getötet wurde. Das Flusspferd hatte offene Wunden, die nicht von einem anderen Flusspferd stammen konnten, denn es sind nur die Männchen die miteinander kämpfen, und deren Verletzungen sind charakteristisch. Er nahm ein paar Fotos auf, die ich heute besitze. Das Tier hat mehrere große, lange und tiefe Wunden die nicht durch die kleinen, kurzen Zähne eines Flusspferdes hervorgerufen werden können. Auch hatte das Tier zwei gewaltige Löcher, eines unter dem Hals, ein anderes in der Schulter.
Ich persönlich war Zeuge eines ähnlichen Abenteuers. Im Jahre 1970 wurde ich in Fort-Lamy (jetzt Shar) gebeten ein Flusspferd zu töten, da es aggressiv geworden war. Es griff die Einbäume an, die die Leute zwischen Tschad und dem kamerunischen Ufer von Fort-Foureau (Kousseri) transportierten. Ich fand das Tier und bemerkte, dass es die selben Wunden hatte wie das von Marcel Halley. Die Wunden hatten die selbe Größe und Form, also stammten sie eindeutig von der selben Raubtierart. Die Wunden waren tiefe Einschnitte, als ob sie mit einem Gegenstand, wie z.B. einer Säbelklinge gemacht wurden. Eine andere Wunde unter dem Hals und in der Schulter, war ein großes Loch, in das ich meinen Arm hätte stecken können. Die Wunden waren nicht durch eine Infektion entstanden, sondern waren frisch. Ich habe ein Foto von dem Tier, habe aber nicht aufgepasst, welches Geschlecht es hatte. Der Größe nach zu urteilen muss es sich um ein Weibchen oder um ein junges Tier handeln.
Ist es ein Wasserlöwe mit Säbelzähnen, der diese Tiere Tausende Kilometer voneinander entfernt getötet hat?“ [...]

Im Jahr 1934 brachte der alte Übersetzer und Veteran Moussa VII einen über sechzig Jahre alten Morouba Banda Stammesangehörigen, der gleichfalls Moussa hieß, zu Lucien Blancou. Dieser erzählte die Geschichte des Soldaten, der von dem „Wasser-Panther“ vom Einbaum gerissen und getötet wurde etwas genauer. Demnach sah der alte Moussa, der als Träger einer Gruppe Soldaten die vom Fort Crampel nach Ndélé unterwegs waren, wie einer der Bewaffneten von einem “mourou-ngou“13 am Knotenpunkt der beiden Flüsse Bamingui und Koukourou geschnappt wurde. Das Tier ähnelte einem Panther, ein wenig größer als ein Löwe aber mit gestreiften Fell und über vier Meter lang. Der Hintergrund des Fells war vergleichbar der Farbe eines Panthers14 und der Fußabdruck besitzt in den Beschreibungen in der Mitte seltsamerweise einen Kreis in der Mitte15. Das Tier schnappte sich den Mann vom Einbaum und ließ dabei auch das Boot kentern. Es tauchte nur noch einmal mit dem Soldaten im Maul auf ehe es endgültig verschwand. Nach diesem Vorfall beschloss die Gruppe den Fluss an dieser Stelle nicht zu durchqueren. Lucien Blancou entdeckte kurz zuvor tatsächlich in den Aufzeichnungen des Außenpostens in Ndélé Hinweise auf das Verschwinden eines Soldaten genau zu dieser Zeit.

Zwei Jahre später wurde Blancou in Fort Crampel erzählt, dass ein „mourou-ngou“ einen Mann aus dem Dorf Dogolomandji in den Fluss Gribingui verschleppte ohne eine Spur zu hinterlassen. Die Banda dieses Gebietes haben leider nie einen „Wasser-Panther“ zu Gesicht bekommen, so das sie ihn auch nicht beschreiben konnten.

Mitikata, der Waffenträger Blancous, beschrieb für diesen 1945 jenes Tier wie er es von alten Männern kannte. Demnach besitzt es einen schmalen Kopf, einem Löwen ähnliche Fänge, einen plumpen Körper der oben und unten von brauner Farbe ist und den Schwanz eines Panthers. Insgesamt ist es 2, 50 Meter lang und lebt ständig im Wasser. Seinen Kopf hebt es nur am Abend heraus und tötet Männer indem es sie unter Wasser drückt. Es lebt in den Flüssen Ouaka und Kotto.

Lucien Blancou wäre beinahe selbst einmal einem „mourou-ngou“ begegnet. 1930 befand er sich am Fluss Mbari, tief im Herzen von Ubangi-Shari. Dort tötete er zum ersten Mal ein Flusspferd, doch es trieb im Fluss und so waren er und seine Begleiter gezwungen über Nacht zu zelten. Am nächsten Morgen erzählten ihm seine Träger und Spurenleser, dass sie ein „mourou-ngou“ neben dem Kadaver brüllen hörten. Als das tote Tier angeschwemmt war sah Blancou, dass das Tier offenbar von Krokodilen angebissen wurde. Blancou fragte sich, ob seine Träger deren Geräusche verwechselt hatten – doch alle waren Einheimische, die Krokodile gut kannten.

Was die Banda unter dem Namen „mourou n’gu“16 (in etwa „Wasser-Leopard“) kennen, nennen die Baya „dilali“ („Wasser-Löwe“). Genauso verschieden wie die zahllosen Namen der einheimischen Völkergruppen sind auch die Theorien der Leute die sich mit der Thematik auseinandersetzten. Während die Berichte um die mysteriösen „Tigre de Montagne“ und des „mourou n’gu“ sich eindeutig einer katzenähnlichen Kreatur mit langen Eckzähnen zuordnen lassen, ist dies bei den folgenden Kryptiden aus Zentralafrika absolut nicht der Fall.

Lucien Blancou, der sich wie ersichtlich stark mit ungewöhnlichen Tieren befasste, stellt fest, dass bereits in den Jahren 1912 bis 1914, als das Land von Deutschen besetzt war, auch ein deutscher Lieutenant (vergeblich) nach dem „dilali“ suchte. Dieser Lieutenant war vermutlich ein Mann, der heutzutage nur noch als Herr Naumann aus Ulm bekannt ist. Herr Naumann berichtet:

„Ich befand mich in Neukamerun, das wir 1912 von Frankreich übernahmen, im Kajagebiet nördlich des Uam, der zum Tschad-See fließt. Die auf dem Granitfelsen wohnenden Kajas waren erstaunt, dass ich auf einem Pferde ritt. Sie hatten noch nie eines gesehen. Sie erzählten meinem Dolmetscher dann folgendes: Bei ihnen gäbe es auch so ein großes Tier mit großer Mähne, das im Wasser lebt. Das Tier wäre sehr gefährlich und ein gefürchtetes Raubtier. Man bekäme es selten zu Gesicht. Sein Name wäre in der Bayasprache „Dilai“, was auf deutsch Wasserlöwe heißt. Trotz einer Prämie von 50 Mark konnte mir das Tier nie gezeigt werden. In einer anderen Gegend wurde es „Wasserleopard“ genannt. In der Fulbesprache gab es auch ein Wort dafür.“

1932 erzählte ein Dolmetscher namens Ghazi in Bozoum (östliches Ubanga-Shari) Lucien Blancou, das der „dilali“ (obwohl er persönlich niemals einen gesehen hatte) den Körper eines Pferdes und die Klauen eines Löwen hat. Eine einheimische Wache, die während dieses Gespräches ebenfalls anwesend war, fügte hinzu, dass das Tier große Stoßzähne wie die eines Walrosses hatte und sich von Fisch ernähre.

Ebenfalls in diese bunte Riege der „Walrosszahntragenden“ Bestien reiht sich der „Dingonek“ ein, dessen Beschreibungen jedoch noch mehr von dem Bild einer Säbelzahnkatze abweichen, als dies eine aquatische Form ohnehin schon tun würde. Bernard Heuvelmans, der berühmte „Vater“ der Kryptozoologie, stellte in seinem Buch „Les derniers dragons d’Afrique“ dennoch die Theorie auf, es könnte sich bei dem 4 bis 5 Meter großem, gefleckten und mit Schuppen bedeckten „Dingonek“ um eine aquatische Säbelzahnkatze handeln17, 18. Seine in „On the tracks of unknown Animals“ genannten Beschreibungen zeigen jedoch eine weitaus reptilienhaftere Kreatur, so dass hier nicht weiter darauf eingegangen wird.

Allen zuvor genannten „Wasserlöwen“ aus Zentralafrika (mit der Ausnahme des „morou n’gou“) ist gleich dem Fall „Dingonek“ gemeinsam, dass sie nach den vorliegenden Erzählungen nicht explizit als katzenartig beschrieben wurden. Auffallendstes Merkmal sind aber bei allen die einem Walross ähnlichen Stoßzähne, so dass an dieser Stelle immer wieder die Säbelzahntheorie aufgenommen wird, diese jedoch wie erwähnt keineswegs die einzige für diese Kreaturen ist. So existiert beispielsweise für den „Dilali“ auch die Theorie, es handle sich um eine aquatische Variante des Zwergelefanten, für den „Dingonek“ schloss man nicht aus, dass es sich um eine prähistorische Saurierart handle. Die Länder, in denen von diesen Tiere erzählt wird, befinden sich entlang eines Hot-Spots der Kryptozoologie19. Vielfach sind die Berichte, zum Beispiel um den berühmten „Mokele-Mbembe“ und das „Emela-Ntauka“, verworren und nicht klar trennbar und genau dies ist auch der Fall bei den Berichten um „Dingonek“, „dilali“ und noch einigen anderen hier nicht weiter erwähnten Kryptiden.

In seinem berühmten Buch „Mystery Cats of the World“ berichtet der britische Zoologe und Kryptozoologe Karl Shuker über Heuvelmans Ansichten der Gesamtproblematik im Fall der Wasserlöwen20. Heuvelmans glaubte nicht nur an die Möglichkeit es existiere ein aquatischer Säbelzahntiger, sondern fand es sogar mehr als wahrscheinlich21. Erster Argumentationspunkt war, dass entgegen dem verbreiteten Irrglauben viele Katzenarten nicht wasserscheu sind. Auch die verlängerten Eckzähne wären für einen aquatische Säbelzahnkatze nur von Vorteil, was gerade auch das Walross deutlich mache, das sich mit diesen auf Eisschollen hievt oder den Meeresboden auf der Suche nach Nahrhaftem durchsiebt22. An Land wären dem Säbelzahn derart große Zähne nur hinderlich beim Fressen23. Zudem würde sich eine Säbelzahnkatze an Land in Konkurrenz mit Löwen oder Leoparden befinden und letztlich gezwungen werden, sich auf ökologische Nischen24 zurück zu ziehen. Bernard Heuvelmans glaubte daran, dass Säbelzahnkatzen durch eine ähnliche Art und Weise wie dies die Walrosse tun, in aquatischer Umgebung leben könnten. Ein Säbelzahn wäre potentiell überlegenen Gegnern wie Flusspferden oder Elefanten im Wasser mehr als gewachsen und könnte sich durch eine Attacke in den Hals von deren Blut ernähren25. Zudem könnte der im Wasser aufgeweichte Kadaver besser zu zerteilen und zu fressen sein (ähnlich halten es tatsächlich auch die Walrosse mit toten Robben oder Walen). Was also, wenn sich die Säbelzahnkatzen evolutionär, konvergent zum Walross an ein Leben im Wasser angepasst hätten?


Höhlenzeichnung nahe Brackfonton Ridge, Südafrika (© Marozi)
Ein möglicher Beweis für diese von Heuvelmans und Krumbiegel angedachte Theorien, der jedoch genauso Gegenstand heftigster Kontroversen ist, findet sich bei Brackfonton Ridge in Südafrika. Eine Höhlenmalerei zeigt dort das Bild eines walrossähnlichen Tieres mit rundem Kopf, zwei großen, abwärts gebogenen Stoßzähnen, einem länglichen Körper und paddelartigen Extremitäten. Nur der lange Schwanz unterscheidet es von der primitiven Darstellung eines Walrosses.
Auch die Identifikation eines Walrossbildes durch einen Pygmäen des Ituri-Waldes als nächtliches, grauenhaftes Biest das in den Tiefen des Waldes lebt, gibt der Theorie Auftrieb. John Hunter, der dem betreffenden Pygmäen das Bild zeigte, sah diese Identifikation jedoch eher als „Gefälligkeitsaussage“ ihm gegenüber an.

Das Rätsel um die Wasserlöwen Zentralafrikas ist also wie ersichtlich ein Kapitel für sich und noch dazu ein äußerst verworrenes und vielschichtiges. Südlich des Äquators gibt es jedoch wieder eindeutig einem als Katze beschriebenem Tier zuordenbare Berichte vom „Löwen des Wassers“ und wieder im Zusammenhang mit der Tötung von Flusspferden. Ilse von Nolde, die sich mehr als zehn Jahre in Afrika aufhielt, befragte unzählige Eingeborene im Stromgebiet des Kuango (Angola), wobei sie immer wieder charakteristische Merkmale in den Beschreibungen fand. 1939 veröffentlichte sie ihre über ein Jahrzehnt gesammelten Erkenntnisse in einem Aufsatz mit dem Titel „Der „Coje ya menia“. Dieser Name ist die wörtliche Übersetzung eines Kumbundu-Wortes26 ins Portugiesische und bedeutet soviel wie „Löwe des Wassers“. Dr. Ingo Krumbiegel, studierter Zoologe und einer der ersten deutschen Autoren die ernsthaft kryptozoologische Thematiken aufgriffen, berichtet dazu in seinem Werk „Von neuen und unbekannten Tierarten“:

[...] Gleichmäßig und sachlich, ohne Neigung zur Sensation, berichten die Eingeborenen von jenem Tiere, es sei ein unerbittlicher Feind der Nilpferde und etwas kleiner als diese. Wie das Nilpferd lebe es im Wasser, könne aber ebenso gut an Land gehen. Wenn der Quanzafluß zur Regenzeit geschwollen ist, wandern die Tiere in die Nebenflüsse und Lagunen. Sie führten eine nächtliche Lebensweise, und von den Flussgegenden schalle nachts ihr Gebrüll. Die Nilpferde gehen ihnen aus dem Weg und verlassen das Revier. Merkwürdig ist die ganz präzise Angabe, dass das Tier die Nilpferde wohl tötet, indem es fürchterliche Wunden schlägt, das Opfer aber nicht frisst. [...]

Einmal begegnete Frau v. Nolde sogar einem Eingeborenen, der Sandalen aus Nilpferdhaut anhatte. Auf ihre erstaunte Frage, ob er das Tier selber erlegt hatte, bekam sie die Antwort der „Coje ya menia“ hätte es getötet. Jenes Tier wurde von seiner körperlichen Erscheinung her als etwas kleiner als ein Flusspferd und mit langen Stoßzähnen oder den Eckzähnen eines Raubtiers ausgestattet beschrieben. Der detaillierteste Bericht über diesen „Wasserlöwen“ stammt von einem portugiesischen Lastwagenfahrer, der gehört hatte, dass ein „Coje ya menia“ in der vergangenen Nacht ein Flusspferd am Fluss entlang gejagt habe. Entschlossen machte sich der Mann mit einigen Eingeborenen auf die Suche, was letztlich nicht schwer war, da man nur dem zertretenen Gras und dem aufgeworfenen Erdreich folgen musste. Die Abdrücke die der Verfolger hinterließ, beschrieb der Portugiese als kleiner im Vergleich zum Flusspferd und an Elefanten-Fährten erinnernd (also vermutlich eher rundlich). Nach mehreren Stunden fand man das tote Flusspferd schließlich inmitten eines furchtbaren Schlachtfeldes. Der Körper des Tieres war völlig zerfetzt und mit langen Schnitten bedeckt „als sei er mit der Catana (dem Buschmesser) zerhauen“.
Bereits Dr. Krumbiegel fiel auf, dass dieses Flusspferd entgegen des normalen Verhaltens entlang des Flusses geflüchtet war und nicht in den Fluss hinein. Doch angesichts des ungenauen und nur spärlichen Berichts, wären als Erklärung warum das Tier nicht in die Sicherheit des Wassers flüchten konnte, mehrere Möglichkeiten offen. Eventuell vorhandene üppige Ufervegetation könnte ein solcher Grund sein oder vielleicht schnitt der Verfolger selbst dem Flusspferd den rettenden Fluchtweg ab? Die detaillierte Beschreibung des Fundortes bzw. des Fluchtweges hätte diesen (und manch anderen) Punkt klären können., genauso wie auch nähere Angaben zu den Spuren des „Coje ya menia“ überaus hilfreich gewesen wären. So hätte der Abstand der Fußspuren für die Verifizierung der Fortbewegungsweise des Verfolgers äußerst aufschlussreich sein können. Statt präziserer Angaben erwähnte der Portugiese jedoch, dass die Spuren „Zehen unter dem Ballen“ aufwiesen, was die Sache statt leichter nur noch komplizierter machte. In der Analyse von Dr. Krumbiegel zog dieser hierfür einen Vergleich mit Tierarten, die auf eingeschlagenen Zehen laufen, wie zum Beispiel der Ameisenbär. Die runde Spur erklärte sich der Zoologe durch eine eventuelle Anpassung an das Wasser, so dass die Rundung vielleicht durch Schwimmhäute gebildet wurde. Auch die zurückgelegte Wegstrecke während der Verfolgung wären eine wertvolle Hilfe zur näheren Identifikation des Angreifers gewesen, doch auch hier gibt der Bericht keinerlei detailliertere Angaben. So blieben leider nur allerhand Mutmaßungen wie zum Beispiel ob der Angreifer das Flusspferd zu Tode gehetzt oder erst im letzten Moment angesprungen hatte oder gar auf dem armen Tier wie auf einem Pferd ritt, bis es tot zusammenbrach.


Ein Coje ya menia, hier als Säbelzahnkatze dargestellt, greift ein wehrhaftes Flusspferd an (© Markus Bühler)

Da die Schilderung des Portugiesen jedoch nur den zertrampelten Kampfschauplatz beschrieb, schloss Dr. Krumbiegel, dass der tödliche Angriff nach einer kurzen Verfolgungsjagd erst hier stattgefunden hatte. Klar war, dass Flusspferde bekanntermaßen fürchterliche Gegner sind, die sich nicht ohne weiteres für einen einzelnen Fleischfresser als Beutetiere eignen. Das Raubtier, das dieses Flusspferd derart zurichtete, musste dem Opfer also stark überlegen sein!
Flusspferdbullen bringen sich in der Paarungszeit gegenseitig heftige, zahlreiche und manchmal sogar tödliche Wunden bei. Diese sind nicht nur äußerst tief, wie man sich anhand des gewaltigen Gebisses eines Flusspferdes sicher vorstellen kann, sondern führen auch zu einem relativ großem Blutverlust. Der Bericht spricht von einem völlig zerfetzen und mit zahlreichen Schnitten bedeckten Kadaver. Doch warum wurde das Blut nicht erwähnt, das an einem solchen Schauplatz literweise geflossen sein musste? Dr. Ingo Krumbiegel stand also letztlich vor einem absolut unpräzisen Bericht und konnte deshalb auch nur vage Vermutungen über die Natur des Angreifers anstellen. Gefressen wurde das tote Flusspferd nicht, soviel ist aus den Schilderungen gesichert. Das fehlende beziehungsweise nicht erwähnte Blut könnte man oberflächlich mit einer sanguivoren Ernährung27 erklären, doch für ein derart großes Raubtier ist eine derartige Ernährungsweise absolut unmöglich28. Der Zoologe zog also den Schluss, dass die Tötung aus reinem Selbstzweck erfolgte und zählte Beispiele ähnlicher Vorgänge bei Mardern oder Leoparden auf. Besonders ausgeprägt, so Krumbiegel, sei ein derartiger Tötungsinstinkt jedoch bei den Kriechtieren. Die Verfolgung eines derart schnellen Tieres wäre für das größte rezente Kriechtier, dem Krokodil, absolut nicht möglich29. Aber was wäre mit einem riesigen Waran, ähnlich dem Komodowaran? Dieser weist eine beträchtliche Größe und Stärke auf und ist laut Krumbiegel nur die kleinere Restpopulation einer einst auf dem Festland verbreiteten, größeren Art. Letztlich hatte ja auch die Brückenechse der Südsee überlebt, warum also sollte nicht eventuell ein ähnlich „uraltes“ Reptil auch in Südafrika überlebt haben? Denn die Welt der Raubsaurier bot doch genügend Arten, die biologisch in Frage kommen würden. Weitere Mutmaßungen anstellen wollte Dr. Krumbiegel aber nicht, da er fürchtete sich sonst „mit der Aufzählung der in Frage kommenden Tiere“ ins „Uferlose“ zu verlieren. Doch die Schnittwunden könnten durchaus durch einen Hornschnabel, ähnlich dem der Geierschildkröte oder einiger Dinosaurier, verursacht worden sein30. Wunden, die durch die dicke Haut eines Flusspferdes gingen , mussten ja geradezu durch eine fürchterliche Waffe verursacht worden sein31. Selbst die Krallen und Fangzähne eines Löwen hielt der Zoologe für nicht ausreichend32. Aber aus der Erdgeschichte kannte man wahrhaftig furchterregende und gewaltige Karnivore - die sogenannten Säbellöwen oder Säbeltiger33.
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„Sie waren wohl die wehrhaftesten Räuber aus der Klasse der Säugetiere. Die oberen Eckzähne waren zu einem „Enterhaken“ entwickelt, der so groß wurde, dass besondere Einrichtungen in der Kaumuskulatur und im Kiefergelenk nötig waren, damit das Maul überhaupt richtig geöffnet und damit gebissen werden konnte.“

Zöge man in Betracht, dass der „Coje ya menia“ weniger Wasser- als vielmehr Sumpfbewohner wäre, hielt es Dr. Krumbiegel durchaus für möglich, dass der „Wasserlöwe“ eventuell mit einer (evolutionär weiterentwickelten) Säbelzahnkatze identisch ist. Denn eine Verbreiterung der Fußsohle dient vielen Säugetieren als Schutz vor dem Einsinken in weichem Boden und zudem sind die „Riesenkatzen“ erdgeschichtlich viel später ausgestorben als die Riesensaurier. „Das Überleben einzelner Arten oder von letzten Individuen wäre zwar wundersam genug, aber nicht ganz ausgeschlossen.“

„Von neuen und unentdeckten Tierarten“ erschien 1950 und somit befand sich logischerweise auch Dr. Ingo Krumbiegels zoologische Bewertung auf dem Stand der damaligen Zeit. Die Naturwissenschaften befinden sich jedoch in einem ständigen Umbruch und so verwundert es nicht, dass sich vieles von oben geschriebenem heutzutage als längst überholt oder sogar als absolut falsch erwiesen hat. Eines der gravierendsten Probleme, für den oben geschilderten Angreifer eine Säbelzahnkatze verantwortlich zu machen, stellen die eindrucksvollen Säbelzähne des Tieres selbst dar. Bei Kontakt mit Knochen oder bei großen Kräfteeinwirkungen auf die langen Eckzähne bestand die große Gefahr, dass diese abbrachen. Darum musste sich auch die Art und Weise der Tötung eines Beutetieres von der heutiger Katzen unterscheiden. Ein einfacher Biss in den Hals während das Opfer womöglich noch rannte, ist ausgeschlossen. Wie jedoch das genaue Jagdverhalten ausgesehen haben mag, ist Gegenstand unzähliger Diskussionen unter den Paläontologen. Die zuerst aufgekommene, sogenannte „Stich-“Theorie vergleicht den Biss einer menschlichen Messerattacke, d. h. die Katze rammt ihre oberen Eckzähne vergleichbar einem von oben geführten Messerstich in das Opfer. Doch abseits der auch hier extrem gefährdeten Säbelzähne gibt es zu viele gravierende Gegenargumente gegen diese recht einfache Erklärung, die viele anatomische Besonderheiten der Säbelzahnkatze außer acht lässt34. Auch die zweite Theorie erklärt die genaue Tötungsart nicht zufriedenstellend, im Gegenteil, sie erklärt sie gar nicht. Demnach wären die Säbelzähne lediglich dazu da gewesen, das Fleisch eines toten Beutetiers aufzuschlitzen. Gegen diese Ernährung als Aasfresser spricht jedoch die große Konkurrenz durch andere Karnivore. Und zudem sprechen sämtliche Zahnfossilien bzw. die Anatomie der Kiefer und des Kopfes eine völlig andere Sprache. Wesentlich interessanter war die Theorie von William Akersten, der vorschlug, dass ein „Scheren-“Biss in weiche Gegenden wie z. B. den Abdomen zu großem Blutverlust führen würde und möglicherweise die Säbelzahnkatzen durch ein regelrechtes Ausbluten ihre Beute erlegen würden. Und obwohl auch diese Theorie ihre Schwächen hat, scheint sie eine gute allgemeine Grundlage zu bilden. Ein derartiger Biss in den Hals eines unbeweglich gehaltenen Beutetiers würde dessen Blutgefäße durchtrennen und die Luftröhre zusammenquetschen. Der Tod würde hierdurch wesentlich schneller eintreten als dies bei anderen vorgeschlagenen Theorien der Fall ist.
Was aus diesen Ausführungen klar erkennbar ist, dass die Verletzungen des Flusspferdes nicht mit Säbelzähnen verursacht werden konnten. Zudem muss klar gesagt werden, dass größere Säbelzahnkatzen wie Machairodus, Homotherium u. a. in Rudeln jagten und nur so größere Beutetiere erlegen konnten. Vielleicht war der Portugiese in seiner Beschreibung des Kadavers (Der Körper des Tieres war völlig zerfetzt und mit langen Schnitten bedeckt „als sei er mit der Catana (dem Buschmesser) zerhauen“.) ja wesentlich näher an der Wahrheit als er dachte?


Quelle :
undefined://www.kryptozoologie-online.de/content/vi ... 6/lang,en/




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Immer wenn man meint das man Recht hat, sollte man sich fragen ob es ein "Recht" überhaupt gibt

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