DIE ASEN:
WUOTAN (ODIN):
"Auf Asgards lichten Höhen thront der Fürst der Götter und Menschen, Wuotan oder Odin. Auf seinen Schultern sitzen die Raben Hugin (Gedanke) und Munin (Erinnerung) und flüstern ihm die Geschehnisse der Welt ins Ohr. Zu seinen Füßen liegen zwei riesige Wölfe, die Begleiter des Gottes auf dem Schlachtfeld. Als Allvater beherrscht Wuotan alle Elemente. Vor allem ist er der Gott des Kampfes und der wilden Schlacht; aber er ist es auch, der dem Sänger die Lieder in die Brust legt. Als Gott des Gesanges wird er unterstützt durch seinen Sohn, den Gott Bragi, der sich gleichfalls dem Gesang gewidmet hat. Als Gott der Weisheit erfand Wuotan die Geheimschrift der Runen, und er gilt auch als Stammvater und besonderer Beschützer aller echten Königs- und Heldengeschlechter. Der Wochentag Mittwoch hieß früher Wuotanstag, und ist sein heiliger Tag."
Im Althochdeutschen heißt dieser Gott Wuotan, auf Altenglisch Woden, im altnordischen Odin oder Ophinn. Alle diese Formen kommen von der südgermanischen Urform "Wopanaz", und das bedeutet: "der wütet", oder "Herr der Wut".
Aus den alten Quellen ist bekannt, daß Wuotan auf dem Kontinent (südlich der Nord- und Ostseeküste) bekannt war als göttlicher Magier, Kriegsgott und als Heerführer der Wilden Jagd (Sturmgott), einem Geisterheer, mit dem er an Jul, während der zwölf Raunächte, aber auch an anderen Tagen im Jahr durch die Luft raste.
Bei den meisten Stämmen der Germanen stand Wuotan an oberster Stelle der Götterhierarchie, und aus den römischen Quellen wissen wir, daß ihm auch Menschenopfer gebracht wurden. Vor einer Schlacht wurden Wuotan manchmal alle Gefangenen als Opfer versprochen, wenn die Schlacht gewonnen würde. Diese fanden dann auch tatsächlich alle den Opfertod, indem man ihnen die Kehle durchschnitt.
Als Wuotan, war er unter den nordischen Göttern nicht immer unumstritten; einmal geschah es sogar, daß er abgesetzt und vorübergehend von Mythothyn ersetzt wurde.
Anscheinend war dieser Gott nicht von Anfang an begabt mit seiner so geheimnisvollen und vielseitigen Macht. Das Liedstück Wuotans, das anfängt mit den Strophen: "Ich weiß, daß ich einst gehangen am Windbaum Neun lange Nächte hindurch, " deutet an, daß er eine Initiation durchgemacht hat. In einem Zustand ekstatischer Verklärung bekam er seine Weisheit, die mehr auf Inspiration und geistiger Sicht als auf logischem Denken beruhte.
Die Entscheidungen, die Wuotan bei seinem Eingreifen in menschliche Geschehnisse trifft, sind oft für Menschen unverständlich. Weshalb verspricht er jemandem den Sieg, aber hilft in der Folgezeit dem Gegner denselben Mann zu töten? Nach menschlicher Ethik könnte man Wuotan als nicht zuverlässig ansehen, aber Menschen sollten sich nicht anmaßen Götter nach ihren Maßstäben zu messen und zu beurteilen, bloß weil sie ihre Handlungsweisen nicht verstehen können.
Als Kriegsgott fand Wuotan insbesondere bei der Kriegerkaste und bei den höheren Ständen seine Anhänger. Wenn jedoch durch Kriegsereignisse Bauern in Namen Wuotans ausgeraubt und getötet werden konnten, wird er unter der einfachen Bevolkerung wohl wenig Anhang gehabt haben.
Die Mythen erzählen über einen Krieg zwischen Asen und Wanen. Als die beiden Göttergruppen Frieden schließen, wird das besiegelt, indem alle in ein Fass spucken. Daraus wurde der Mensch Kwasir geschaffen und dieser war sehr weise. Kwasir wurde von Zwergen getötet, die sein Blut mit Honig vermischten und auf diese Art eine bestimmte Sorte Met machten. Wer diesen Met trinkt, wird Skalde (eine Art Barde) oder Gelehrter. Über Umwege kommt dieser Met in Wuotans Besitz. Snorri bringt diese Geschichte in Zusammenhang mit Wuotans Begabung als Poet.
FRIGGA (FRIGG, FRIJA):
Moder Friyja, Frea und manschmal Freya, wie sie auch genannt wird, ist die Gemahlin Wuotans. Als Königin und Hausfrau waltet sie sowohl in Asgard als auch ganz besonders bei den Menschen, als Beschützerin der Ehe, des Kindersegens und überhaupt der geordneten Häuslichkeit. Unter den Menschen ist sie oft erschienen als Holda oder Berchta und hat die eifrigen Frauen belohnt und die faulen bestraft. Verwandte und Dienerin Friggas ist die Göttin Ostara, der die Osterfeiern mit Ostereiern und dem Osterhasen gewidmet sind.
Der Name "Freya" dieser Göttin ist noch jung. Auf dem Kontinent war ihr Name Frija. Freya heißt sie erst, seit sie von Wagner in seiner Oper "Die Götterdämmerung" so genannt wurde.
Als Gattin Wuotans hat sie nicht seine Bekanntheit erworben, aber dennoch gibt es über ihre Rolle schon etwas zu sagen. Über das althochdeutsche "friatoc" (altenglisch: frigedoeg) bekam der Freitag ihren Namen. Der Name "Frija" bedeutet wahrscheinlich "Geliebte", und so hat die Namensgebung des 6. Wochentages eine deutliche Parallele zu der lateinischen des "dies Veneris" (Tag der Venus).
Außer einigen Auseinandersetzungen mit Ihrem Gemahl, die sie fast immer für sich zu entscheiden wusste, hat sie auch etwas Tragisches, wenn es ihr ungeachtet aller Bemühungen nicht gelingt ihren Sohn Balder vor der "Verbannung" ins Reich der Hel zu bewahren.
Trotz einigen Beschuldigungen des Gottes Loki ist Friggas eigentliche Rolle die der liebenden göttliche Mutter. Sie wurde möglicherweise hauptsächlich von den germanischen Frauen angebetet, und kommt deshalb auch wenig in den uns gebliebenen Schriften vor, die sich in Hauptsache um Männerangelegenheiten drehen. Einige Forscher meinen, regionale Gestalten wie Frau Holle, Frau Perchta, Frau Frigg oder Fru Freen seien Namen dür diese Muttergöttin.
DONAR (THOR, THUNAR):
Donar ist der Sohn Wuotans, stattlich, schnell brausend, und von großer Körperkraft, die ihn überall zum Sieger über Riesen mancht. Thor ist der Gott des Donners, des Gewitters, aber nicht im schlechten, sondern im guten Sinn, denn er ist der Beschützer aller Landleute, der Gott der Bauern. Seine mächtigste Waffe ist sein Hammer Mjölnir. Viele Kämpfe hat er mit seinem Genossen Thialfi gegen die rohe Kraft der Riesen ausgefochten. Der Donnerstag und der Donnersberg haben ihre Namen von Donar. Donars Gemahlin ist die liebliche Sif, die Göttin der fruchtbringenden Erde.
Es gibt deutliche Anzeichen dafür, daß Donar bei verschiedenen Stämme einen höheren Status als Wuotan hatte. In den Formeln, mit denen die Sachsen während der Christianisierung ihren Göttern abschwören mußten, wird Donar an erster Stelle genannt, Wuotan an zweiter und Saxnot (Ziu) an dritter. Aus verschiedenen alten Quellen wird ebenfalls klar, daß, obwohl Wuotan in den Texten an erster Stelle steht, Donar bei den Menschen stärker im Mittelpunkt der Verehrung stand. Es ist merkwürdig, wie machtlos die anderen Götter scheinen, wenn Donar nicht anwesend ist. Nur er wurde von den schrecklichen Riesen gefürchtet und nur er konnte Lokis Schandtaten korrigieren.
Aus der Frühzeit der Germanen haben iwr keine direkten Informationen, aber es gibt z.B. auf Felszeichnungen Hinweise, daß es schon sehr früh einen Gott gab, der mit einer Kampfaxt abgebildet wurde, und das könnte gut der später so berühmte Hammer Mjölnir (Zermahler) sein, der übrigens erst in spätgermanischer Zeit ein religiöses Symbol wurde.
Über Donar sind vom Kontinent nur wenige Geschichten bekannt, umso mehr aber aus den skandinavischen Ländern, wo er Thor genannt wurde, und wo auch die meisten Funde herstammen, die mit Donar zusammenhängen.
Außer dem Hammer hat Donar als Attribute noch seinen magischen Gürtel, der seine Macht enorm erweiterte, und seine eisernen Handschuhe. Die Eberesche heißt auch wohl "Thors Rettung", weil der Baum ihn einmal vor einer plötzlichen Wasserflut gerettet hatte, der gleiche Baum, der von den Bauern benutzt wurde, um die Fruchtbarkeit ihrer Herde zu verbessern.
Aus den archäologischen Funden kann geschlossen werden, daß Donar eine Verbindung mit den Runen hat, welche aber, das wird nicht recht deutlich.
ZIU (TYR, TIW):
Ziu ist der Sohn Wuotans und der größte Kämpfer aller Götter. Sein Zeichen ist das Schwert und so, wie das Schwert nur eine Klinge hat, so hat Tyr nur einen Arm. Unter den Menschen wird er in vielen anderen Gestalten und Namen verehrt. Bei den Sachsen hieß er Saxnot, und "Sachs" nannten sie ihr kurzes Schwert. Die Angelsachsen nannten ihn Eri, Eru oder heru, und daher führen wohl die Cherusker und Heruler ihren Namen, wie auch die Eresburg, das Hauptbollwerk der heidnischen Sachsen. Nach Ziu ist der Dienstag, mundartlich noch Ziestag, genannt.
Da im früheren Glauben unserer Ahnen die Götter in den Bergen beheimatet waren, diese als Festungen benutzten, ist es wohl auch nicht verwunderlich daß die europäischen Alpen als Wohnstätte des Göttergeschlechtes angesehen wurden. Der Name meiner Heimat TYROL, leitet sich daher vom Namen Tyrs, des früheren Hauptgottes der Gemanen ab und bedeutet soviel wie, "Tyrs Burg".
Es gibt einige Hinweise, daß Tyr ursprünglich der Hauptgott der Germanen war, möglicherweise besser bekannt unter den Namen "Tuisto", der Urgott, aus dem die anderen Götter und die Menschen hervorgekommen sind. Dies soll ein Sonnengott gewesen sein. Tyr wird manchmal als fortlebende Gestalt eines indogermanischen Himmelsgottes gesehen.
Nach einigen Quellen bedeutet "Tiva" Himmel. Wenn Wuotan manchmal auch mit "Fater Tiva" (Tyr, Ziu) bezeichnet wurde, kann dies durchaus als Hinweis auf eine Herrschaftsablösung gedeutet werden.
Aus den alten Texten schließen mehrere Forscher jedenfalls, daß es einstmals eine Konkurrenz zwischen dem älteren Tyr und dem jüngeren Wuotan gegeben haben soll, zumindest in der kultischen Praxis der Menschen.
Daß Tyr nicht nur ein Kriegsgott war, wird z.B. belegt aus einem Steinfund im Norden Englands, wo Tubanten (Twenten) einer friesischen Reitergruppe (Cive tuibanti cunei frisiorum), einige Votivsteine errichteten für "Mars Thincsus". Damit ist Tyr gemeint, und das Wort "thincsus" deutet auf "Thing", was Volksversammlung oder Gerichtsverfahren bedeutet. Tyr wacht also auch über Volksversammlungen und eine gerechte Justiz.
In der überlieferten Praxis der Runenmagie kommt Tyr (Ziu) auch vor, wenn die von Siegfried (Sigurd) aus dem Tiefschlaf auferweckte Sigrdrifa (Brunhild) ihm den Rat gibt:
Die Runen, um Ruhm zu erringen und Siege
Erlerne und grab' in den Griff deines Schwertes;
In Bügel und Stange stich sie und stelle
Zweimal daneben den Namen des Tyr.
(Jordan Edda, Erstes Lied von Brunhild)
Das Zeichen steht hier sowohl für den Gott selber als auch für seine Rune (TIWAZ).
BALDER (BALDUR, BALDR):
Er ist der immer freundliche Gott des lichten Frühlings und der belebenden Sommerwärme. Er ist der reinste und vollkommendste der Götter und der Liebling aller. Der tückische Loki hatte aus einem Mistelzweig eine Lanze geformt, gab sie dem blinden Hödur, Balders Bruder, führte ihm die Hand und hieß ihn auf Balder schießen, der daraufhin zu Tode getroffen zu Boden sank. So war dem Gott ein frühes Ende beschieden. Balders blühende Gattin, Nanna, war von jähem Schmerz beim Tode des Geliebten gleichfalls gestorben.
Balder, altnordisch Baldr, bedeutet Herr, Fürst oder Krieger. Es ist zweifelhaft, ob Balder eigendlich die passive Gestalt ist, wie sie in der Edda erscheint. Andere Quellen beschreiben ihn als kriegerisch und sehr mutig, was sich z.B. zeigt, als Balders Mutter Frigga meint, daß Loki die anderen Götter nicht so zu verspotten gewagt hätte, wenn ihr Sohn noch lebte.
Die idealisierte Version Balders scheint erst in spätgermanischer Zeit entstanden zu sein. Als unschuldiger und ethisch so hochstehender Gott sollte er eine Art Gegenstück bilden zu Christus. Obwohl der Name Balder noch in wenigen geographischen Namen bewahrt geblieben ist, ist von einem Balderkult bei den Germanen nichts mehr bekannt.
LOKI:
Er ist ein ganz eigenartiges Wesen und den anderen Göttern sehr unähnlich. Vor allen Asen zeichnet er sich durch seinen heimtückischen Charakter aus. Lokis Grundbedeutung ist die des verderblichen und zerstörerischen Feuers.
Einerseits ist es Loki, der Donar wieder zu seinem Hammer Mjölnir verhilft, den ihm Thrym geraubt hat. Andererseits ist er es aber auch, der als Bremse den Zwerg Brock peinigt, als der den Eber mit goldenem Vlies für Freya, Wuotans Goldring und Donars Hammer fertigte. Letztendlich wurde Loki wegen seiner Schandtaten von den Göttern aus Asgard verstoßen. Doch seine getreue Gemahlin Signy verließ ihn auch in seinem schrecklichen Unglück nicht. Bis zur Götterdämmerung muss Loki an einem Felsen gefesselt bleiben, dann rächt er sich an den Asen mit seinen Kindern, der Hel, der Midgardschlange und dem Fenriswolf.
Loki scheint nur bei den skandinavischen und isländischen Germanen eine Rolle gespielt zu haben. In südlicheren Gebieten kommt er nicht vor. Wie Wuotan, zeigt Loki dämonische Züge, allerdings in viel stärkerem Maß, die er schon vor der Christianisierung hatte. Aus den alten Schriften wird Loki meistens dargestellt als hinterlistig, gemein und herzlos. Er fügt seinen Asen-Verwandten oft ohne sichtbaren Grund Schaden zu, und hilft ihnen dann, meistens widerwillig, den Schaden wieder auszugleichen.
Heutzutage sieht man Loki doch mit anderen Augen. Seine Rolle zwischen einzelnen Göttern aktivierte andere Götter, legte die Schwächen und Stärken anderer Götter bloß und ist einfach notwendig, um das Nach-Ragnarök zu realisieren. Ohne Loki wäre die germanische Mythologoe nicht halb so aufregend; Loki ist der verneinende Geist, die Repräsentation des negativ-wilden Teils der Persönlichkeit, mit dem ein Individuum manchmal reagiert, wenn es sich von den Regeln der Gemeinschaft bedrängt fühlt. Er ist quasi der Reinecke Fuchs der germanischen Götter.
Weltanschauung der Germanen: DAS GÖTTERGESCHLECHT DER ASEN
Moderator: Tyger
- Sunnar_Baal'echem
- Beiträge: 32
- Registriert: 18. Jun 2006 16:55
- Wohnort: Eines ist alles, Alles ist Eins!