Extrem (13)

Die dämonische Kolumne
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Vamp
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Extrem (13)

Beitrag von Vamp »

Ich sitze in der Schule, wir haben Chemie. Mit halbem Ohr höre ich dem Chemielehrer bei seinen Ausführungen über PH-Werte zu. Nebenher schreibe ich mir mit meiner Banknachbarin auf dem Block der zwischen uns liegt. Sie nennt mir Gründe aus denen sie sich von ihrem Verlobten getrennt hat. Als könnte ich ihr die Absolution erteilen. Ich schreibe ihr dass es, wenn sie sich dabei gut fühlt die richtige Entscheidung gewesen ist. Sie sieht mich erstaunt an, dann schreibt sie mir zurück dass es doch auch mal schön ist etwas Nettes von mir zu hören. Darüber denke ich die meiste Zeit des restlichen Unterrichts nach. Nein, nicht darüber ob ich wirklich so Gemein bin. Ich kann mich recht gut selbst einschätzen und wenn ich Gemein zu meinen Freunden bin, dann hat das meistens den Grund dass ich will dass sie sich dagegen wehren, denn nur dann bin ich mir gewiss dass ihr Kampfgeist nicht verloschen ist. Wenn ich Gemein zu Leuten bin die ich nicht so gerne mag dann deshalb weil sie mir auf die Nerven gehen. Ich muss mir keine Gedanken machen um meine Wirkung auf meine Klassenkameraden. Ich weiß wie sie mich nennen, „Die Königin der Verdammten“, „Die übelste Antichristin“ denn sie sagen es mir freundlich ins Gesicht. So lange sie nicht anfangen hinter meinem Rücken zu reden, weiß ich dass ich nicht zu weit gegangen bin. Nein, ich denke darüber nach wann ich es habe so weit kommen lassen das Alle der Meinung sind etwas wäre nicht in Ordnung mit mir wenn ich nicht Extrem bin. Egal ob extrem fröhlich oder extrem zynisch, Hauptsache Vamp ist immer Extrem. Ob ich mir den schwarzen Schal einer Klassenkameradin schnappe ihn mir um die Schultern lege und rufe das ich Le Vampire bin, oder ob ich mit trockener Stimme und einem mir typischen Blick Kommentare von mir gebe die wohl fies wären, wenn sie nicht wüssten wie es gemeint ist, immer die Stimmung oben halten, das ist die Hauptsache. Wann wurde aus der schüchternen Außenseiterin mit den schlechten Noten die Klassennärrin, die immer dabei ist, egal ob es darum geht schlechte Laune zu vertreiben, oder bei einer nicht verstandenen Übung zu helfen. Früher einmal war ich Diejenige die immer sofort anfing zu zittern wenn sie irgendetwas an die Klasse gerichtetes sagen musste, nun bin ich die die für Ordnung im Chaos sorgt wenn es darum geht gemeinsam die Klassenfahrt zu besprechen. Früher war ich die die nie etwas wusste wenn sie Aufgerufen wurde, nun bin ich die die hilfreiche Stichwörter einwirft wenn jemand bei der Ausfrage nicht weiter kommt. Immer auf 180, immer extrem, kein Wunder das ich oft so müde bin wenn ich zuhause in meinem stillen Kämmerlein sitze und niemand da ist. Andererseits, macht es mich Glücklich nicht mehr Einsam und bemitleidet zu sein. Ich habe Spaß dabei die Leute zu unterhalten und ich freue mich wenn sie über mein Kapriolen lachen. Vielleicht sollte ich zum Circus gehen. Nur manchmal ist es sehr anstrengend, wenn ich einfach mal einen ruhigen Tag habe und ich sofort gefragt werde ob mit mir was nicht in Ordnung ist. Wenn ich dann sage das ich heute einfach mal so drauf bin versucht man mit aller Energie mich zum Spaß haben zu bewegen, oder mich wenigstens so zu reizen das ich extrem böse werde. Alles darf passieren, aber das Vamp einmal nicht sofort mit Feuereifer einsteigt wenn es eine Grundsatzdiskussion über den christlichen Glauben gibt, dass sie eine Chance für einen zynischen Spruch vorübergehen lässt, oder auch nur eine Möglichkeit zum Spaß machen verstreichen lässt, bewahre, das nicht! Manchmal Frage ich mich, was wohl wäre wenn ich mich nicht so verändert hätte, wann auch immer das passiert ist. Welchen Einfluss hätte das auf das Leben derer die mich Umgeben, hätte es überhaupt einen? Habe ich Einfluss auf die Leute? Schauen sie wirklich zu mir als ihr Vorbild, wie einige behaupten? Und wenn dem so ist, will ich diese Verantwortung tragen? Ich bin froh wenn ich sie zum selber Denken animieren kann, wenn ich sie soweit bringe das sie sich nicht mehr ganz so viele Gedanken darum machen welche Kleidung wohl den Anderen genehm sein mag. Was ist aber wenn ich das genaue Gegenteil bewirke, oder eine negative Veränderung? Das wäre schlimmer als wenn meine Anwesenheit gar nichts bewirken würde. Und seit wann mache ich mir so viele Gedanken darüber wie ich auf andere Wesen wirke? Fragen über Fragen. Seit wann stelle ich so extrem viele Fragen die ich doch eigentlich nur selbst beantworten kann? Und wieso taucht das Wort extrem immer wieder auf? Nur weil es im Titel steht?
Wenn Katzen wie Frösche aussähen, so würde uns bald klar, wie gemein die kleinen Teufel sind. (Lords und Ladys; Terry Pratchett)
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Azazel
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Beitrag von Azazel »

Hallo Vamp,

ich muss sagen, als Du die Idee Deiner Kolumne an mich herangetragen hast, hatte ich nicht erwartet, dass dies so interessant sein würde. Im Nachhinein betrachtet muss ich sagen, dass wenn es diese Idee nicht gegeben hätte, man sie hätte erfinden müßen.

Deine Gedanken betrachte ich stets als sehr inspirierend und zum Nachdenken anregend. Meine Meinung dazu ist:
1.) Hast Du Dir mit der Veränderung selbst auf jeden Fall Gutes getan, denn durch Dein, im Laufe der Zeit entwickeltes Selbstbewußtsein, wirst Du niemals zu den Leuten gehören, die alles in Kauf nehmen und die man leicht und einfach beeinflussen kann.
2.) Natürlich hat das Einfluss auf andere..sprich Dein soziales Umfeld, aber Du gibst einzig und alleine eines weiter - 'Ich bin ich und ich denke und mache was ich für richtig halte' dies ist nie schlecht, denn es inspiriert andere dazu selbst zu versuchen frei zu sein.
Egal welchem Weg sie dann folgen - sie lernen durch Dich, dass es möglich ist seine eigene Meinung zu vertreten und das ist eines der wichtigsten Dinge überhaupt. Ich beziehe dies auf die Religion, sondern auf das Leben an sich! Der Glaube an etwas ist psychologisch gesehen sehr tief verwurzelt und mit Glauben meine ich nicht nur Religion sondern all die Dinge, die als 'Basisglauben' vorhanden sind - das ist niemals mit Druck zu knacken, sondern nur mit dem Vorleben seiner freigeistigen Haltung. Nur so werden solche festen Schemata aufgeweicht - also ist das letztendlich gut für alle!

Gruß Azazel
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Vamp
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Beitrag von Vamp »

ich muss sagen, als Du die Idee Deiner Kolumne an mich herangetragen hast, hatte ich nicht erwartet, dass dies so interessant sein würde. Im Nachhinein betrachtet muss ich sagen, dass wenn es diese Idee nicht gegeben hätte, man sie hätte erfinden müßen.

Du ehrst mich und veränderst meine Gesichtsfarbe extrem *rot werd*


Ich danke dir für deine Worte. Du hast wohl recht mit dem was du über den Glauben sagst, doch was würde geschehen wenn niemand mehr an Etwas glauben würde? Ich denke nicht das dies wünschenswert wäre, den wer könnte noch existieren wenn wir nicht mehr an uns, nicht mehr an das Recht anderer Wesen zu leben glauben würden. Und das sind nur Beispiele.
Das Schafsverhalten immer nur hinterherzulaufen und an den Schäfer zu glauben der den richtigen Weg schon weisen wird, führt früher oder später in den Abgrund, denn das ist die einfachste Lösung für den Schäfer wenn er zum Bankkaufmann umschulen will.

Für mich bedeutet das ein Kompromiss muss her, der es erlaubt frei zu leben, der aber gleichzeitig das zusammenleben weiterhin möglich macht.

(Habe grade Deutschschulaufgabe geschrieben und bin etwas Wortleer, ich hoffe ihr versteht was ich sagen will)
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tlahuizcalpantecutli
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Beitrag von tlahuizcalpantecutli »

Wortleer ist eine schöne Wortschöpfung :)
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Azazel
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Beitrag von Azazel »

Das ist richtig Vamp *weißefarbemitpinselauftrag*

Mit Glauben meinte ich auch nicht den Glauben an metaphysische, wie auch immer gelagerte Dinge, sondern die Grundeinstellungen eines Menschen (hab mich da falsch ausgedrückt) - die Grundeinstellungen, die sich zumeist in jungen Jahren festsetzen und die fast unabänderlich sind - das muss nicht unbedingt schlecht sein, aber es hindert einem letztendlich in der Freihelt des Geistes die Welt und ihre Geschehnisse aus einer Helikopterperspektive betrachten zu können.
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Beitrag von Vamp »

Nun, natürlich hast du recht was das angeht mein Freund, diese Einstellungen von denen du sprichst und die uns durch unsere Eltern und durch die Gesellschaft aufgezwungen werden verschleiern die sicht und es wäre anmaßend zu behaupten das ich völlig frei von solchen bin. Ich habe es wohl viel meiner Mutter zu verdanken das sie mich lehrte meine eigene Meinung zu bilden und nicht so sehr nach der der anderen zu gehen. Ich versuche möglichst erst einmal die Fakten zu kennen bevor ich mein Urteil fälle, doch immer gelingt mir dies auch nicht.
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