Womit ich Dir uneingeschränkt recht gebe. Man sollte dem geliebten Menschen überhaupt nichts aufbürden. Weder seinen eigenen Lebenswillen noch seine Vorstellungen von Treue oder Besitz noch seine Altersversorgung. Trotz allem bleibt das Gefühl, das alles sinnlos wäre, wenn man den geliebten Menschen verlieren würde. Liebe hat niemals etwas damit zu tun, etwas vom anderen zu erwarten oder zu verlangen. (a’la „ich liebe Dich, also darfst Du niemanden anders mehr treffen“ etc.) Es geht primär darum, dass man selbst aus eigenem Willen etwas für den anderen aus liebe tut. Und das kann von Mensch zu Mensch sehr verschieden sein. Und wenn wir bei Deinem „Altersvorsorge“-Beispiel sind, kann man den anderen aus Liebe selbst pflegen, oder wenn man weiß, dass man dazu nicht fähig ist, den anderen auch in professionelle Hände geben.Amimatani hat geschrieben: Was für eine enorme Bürde, die man dem geliebten Menschen damit auferlegt! Der geliebte Mensch sollte in meinen Augen niemals - weder direkt, noch wie in dem Zitat indirekt - für den eigenen Lebenswillen und die eigene Lebenslust verantwortlich gemacht werden.
Du kannst die Gesellschaft als solches nicht als „Großrudel“ bezeichnen. Vielleicht eine riesige Herde, aber mehr auch nicht! Es liegt nicht im Menschlichen Wesen verankert, sich um ein wildfremdes Wesen zu sorgen, das hunderte Kilometer weit weg wohnt. Sicher leben wir in einer aufgeklärten zivilisierten Gesellschaft und daher gebietet der Verstand, dass sich um die Alten, Schwachen und auch um die Kinder gekümmert werden muss. Aber das ist traurig genug. Denn natürlich wäre es, wenn tatsächlich das eigene kleine Rudel um seine Mitglieder kümmert! Es ist zu allen Zeiten so gewesen. Nur heute glauben wir auf einmal, dass Alt werden eine Krankheit ist und die Menschen, die uns groß gezogen haben, jetzt lieber in ein Heim sollten, wo fremde „professionelle“ sich um sie kümmern. Aber unsere Gesellschaft hat ja genau dieses Selbstverständnis geprägt. Und nun muss sie damit leben, dass ihr auch die Bürde aufgedrückt wird sich um jene zu kümmern, die in der Gesellschaft, wie sie gern gesehen wird, keinen Platz haben.Amimatani hat geschrieben:Nur eine kleine Klarstellung: ich bin keinesfalls der Meinung, dass Altersversorgung und Liebe zusammengehören! Es war im Gegenteil ein Beispiel dafür, wie der Inhalt von Liebe (über die reine Emotion hinaus) gesellschaftlich instrumentalisiert wird. Hat eine Gesellschaft zu wenig Möglichkeiten, die Versorgung der Schwachen (Beispiel eben Alte, aber auch Kinder und andere) im gesellschaftlichen Rudel angemessen zu organisieren, so wird über die Medien, über die öffentliche Meinung der "Liebesdienst" propagiert. In solchen Zeiten hört man dann an allen Ecken und Enden: "Es ist doch selbstverständlich, dass man aus familiärer oder persönlicher Liebe für die Schwachen da ist und sich in dem 'Kleinrudel' Partnerschaft oder Familie darum kümmert!"
Aber ich denke, das schweift etwas zu sehr vom eigentlichen Thema ab…