Ein "Diät-Rezept" war das gewiss nicht. Aber ich weiß, dass manche Menschen Kohl als Nahrung ablehnen, weil er mit komischen Assoziationen verbunden ist: Einfachheit, Armut, Spießigkeit u.ä.m..Biergigant hat geschrieben:Amerika kennt da die "Kohlsuppen-Diät"...denk da mal drüber nach...habe ich selber schon. Die ist gut...für 2-3 Tage
Aber gerade weil es diese Assoziationen gibt, finde ich es sinnvoll, sich dieser Nahrungspflanze auf eigene Weise zu nähern. Denn wenn man Nahrung mal unter dem spirituellen oder magischen Aspekt betrachtet, so gehört der Kohl mit Sicherheit zu den Pflanzen, über welche man eine Verbindung zu den eigenen Vorfahren herstellen kann. Nicht zuletzt mit Kohl sind sie über die Winter gekommen, und wir würden womöglich gar nicht existieren, wenn sie ihn nicht gehabt hätten. Eine Ablehnung von Kohl kann mMn auch mit einer Ablehnung der eigenen Wurzeln zusammenhängen, insbesondere wenn diese eben nicht irgendwie "schick" sind, sondern - einige hundert Jahre zurück - in die Welt der abhängigen Landbevölkerung reichen. (Allerdings ist der Wirsing eine verhältnismäßig "moderne" Kohlvariante.)
Ich persönlich finde es deshalb interessant, gerade mit Kohl beim Kochen zu experimentieren, um Zugänge zu finden, die über die 08/15 Rezepte hinausgehen.
Was den Topinambur in meinem Rezept angeht: den gibt es erst seit dem 17. Jahrhundert in Europa. (Ein ähnliches Rezept ließe sich allerdings mit den einheimischen Pastinaken kochen.) Mir persönlich gefiel aber gerade diese Spannung zwischen "Tradition und Moderne" in der inneren Bilderwelt, die das Essen begleitet.
Denn das ist ja einer der magischen Aspekte des Essens: nicht nur die Bedeutung der Inhaltsstoffe unter gesundheitlichen Aspekten. Sondern auch die innere Bilderwelt, die sich durch das jeweilige Essen erschließt. Wenn man sich darauf einlässt und seine Aufmerksamkeit nicht nur auf Magen und Geschmack richtet, sondern auch auf die Herkunft dessen, was man zu sich nimmt.
Beim Topinambur kommt da z.B. auch dies zum Tragen: es ist eine Knolle, die auch Frost verträgt, so lange sie im Boden ist. Die Vorstellung der damit verbundenen Kraft beim Essen kann in schwierigen Lebenssituationen ein sehr starkes Bild liefern: das Überleben in verhärteter, kalter Umgebung.
Amimatani