Endlich, Cthulhu!

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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von fehlgeleitet »

Soweit habe ich es nicht gelesen. Ich weiß noch das Pawel irgendwie aus seinem Dorf fliehen musste.

Ja für die Tagespolitik lese ich lange Artikel.
Das aktuelle Heft vom Gegenstandpunkt dreht sich nur um die Ukraine. Auf der Website sind ein paar Artikel umsonst verfügbar.
https://de.gegenstandpunkt.com/
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gabor
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von gabor »

Wenn er es nicht gänzlich gelesen hat, urteile er nicht, Elender!!!!! ;) ;) ;) ;)
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Woher soll ich wissen, ob die Vergangenheit keine Fiktion ist, die nur erfunden wurde, um den Zwiespalt zwischen meinen augenblicklichen Sinneswahrnehmungen und meiner Geistesverfassung zu erklären?
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Thefalus
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Thefalus »

Das aktuelle Heft vom Gegenstandpunkt dreht sich nur um die Ukraine.
HAPPENING:
Authoritäre Kommunisten killen sich gegenseitig!

???

Profit!

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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von fehlgeleitet »

Ich möchte nochmal versuchen das Argument anzugreifen, dass man in Deutschland von Lohnarbeit ganz gut leben kann, weil das Kapital die deutschen Spezialisten so sehr benötigt.

Als Untermauerung wird die niedrige Arbeitslosenquote angeführt, Unternehmen würden dringend Fachkräfte suchen, was zu Zugeständnissen an die Lohnarbeiter führt.
Gleichzeitig wird behauptet, der internationale Arbeitsmarkt könne die Nachfrage nicht bedienen. Einfach aufgrund der mangelnden Deutschkenntnisse.

Wenn das Erlernen der deutschen Sprache angeblich eine so hohe Schranke ist, dass es die Unternehmen zu solchen Zugeständnissen zwingt, so frage ich mich, warum die Unternehmen überhaupt in Deutschland bleiben wollen oder nicht einfach erklären, die Unternehmenssprache sei ab jetzt Englisch. Was ja viele internationale Unternehmen machen.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 24. Jun 2022 17:19 Ich will nurmal darauf hinweisen, sich ein beliebiges Land zu einem beliebigen Zeitpunkt rauszugreifen und das als Argument gegen den allgemeinen Fall zu nehmen ist einfach unsachlich.

Da ist mir am Ende eben die Hodschnur gerissen.
Ich will nur mal darauf hinweisen, dass es unsachlich ist, etwas als allgemeinen Fall anzunehmen, ohne einen empirischen Nachweis führen zu können, dass es tatsächlich der Normalfall ist.
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 25. Jun 2022 10:10 Ich möchte nochmal versuchen das Argument anzugreifen, dass man in Deutschland von Lohnarbeit ganz gut leben kann, weil das Kapital die deutschen Spezialisten so sehr benötigt.

Als Untermauerung wird die niedrige Arbeitslosenquote angeführt, Unternehmen würden dringend Fachkräfte suchen, was zu Zugeständnissen an die Lohnarbeiter führt.
Gleichzeitig wird behauptet, der internationale Arbeitsmarkt könne die Nachfrage nicht bedienen. Einfach aufgrund der mangelnden Deutschkenntnisse.

Wenn das Erlernen der deutschen Sprache angeblich eine so hohe Schranke ist, dass es die Unternehmen zu solchen Zugeständnissen zwingt, so frage ich mich, warum die Unternehmen überhaupt in Deutschland bleiben wollen oder nicht einfach erklären, die Unternehmenssprache sei ab jetzt Englisch. Was ja viele internationale Unternehmen machen.
Ja, warum nur?
Die Begründung ist trivial und bleibt dem Marxisten überlassen.
Ich beschreibe nur die von mir beobachteten und statistisch nachweisbaren Tatsachen.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von fehlgeleitet »

Wolf Drache hat geschrieben: 25. Jun 2022 16:43
fehlgeleitet hat geschrieben: 24. Jun 2022 17:19 Ich will nurmal darauf hinweisen, sich ein beliebiges Land zu einem beliebigen Zeitpunkt rauszugreifen und das als Argument gegen den allgemeinen Fall zu nehmen ist einfach unsachlich.

Da ist mir am Ende eben die Hodschnur gerissen.
Ich will nur mal darauf hinweisen, dass es unsachlich ist, etwas als allgemeinen Fall anzunehmen, ohne einen empirischen Nachweis führen zu können, dass es tatsächlich der Normalfall ist.
Der empirische Nachweis wäre, dass man sich zeitlebens im Normalfall nicht aus der Abhängigkeit lösen kann, also die Transformation vom Lohnarbeiter zum Kapitalisten schafft. Auch wenn man auf der Karriereleiter kleittert, bleibt man ein Lohnarbeiter. Und die Kinder die man gezeugt hat bleiben auch vom Lohn abhängig.

Wenn es wirklich so wäre, dass die Kapitalisten vom "Mehrwert etwas abgeben", wäre irgendwann der Punkt erreicht, an dem man nicht mehr arbeiten bräuchte, sondern seine Ersparnisse für einen arbeiten.

Durch Arbeit wird man nicht reich. Oder willst du das auch in abrede stellen?
Wolf Drache hat geschrieben: 25. Jun 2022 16:47
fehlgeleitet hat geschrieben: 25. Jun 2022 10:10 Ich möchte nochmal versuchen das Argument anzugreifen, dass man in Deutschland von Lohnarbeit ganz gut leben kann, weil das Kapital die deutschen Spezialisten so sehr benötigt.

Als Untermauerung wird die niedrige Arbeitslosenquote angeführt, Unternehmen würden dringend Fachkräfte suchen, was zu Zugeständnissen an die Lohnarbeiter führt.
Gleichzeitig wird behauptet, der internationale Arbeitsmarkt könne die Nachfrage nicht bedienen. Einfach aufgrund der mangelnden Deutschkenntnisse.

Wenn das Erlernen der deutschen Sprache angeblich eine so hohe Schranke ist, dass es die Unternehmen zu solchen Zugeständnissen zwingt, so frage ich mich, warum die Unternehmen überhaupt in Deutschland bleiben wollen oder nicht einfach erklären, die Unternehmenssprache sei ab jetzt Englisch. Was ja viele internationale Unternehmen machen.
Ja, warum nur?
Die Begründung ist trivial und bleibt dem Marxisten überlassen.
Ich beschreibe nur die von mir beobachteten und statistisch nachweisbaren Tatsachen.
Ich würde sagen: Die Unternehmen bleiben in Deutschland, weil es trotz hoch entwickelter Infrastruktur und Personal ein vergleichsweise niedriges Lohnniveau bietet.
Die deutsche Exportnation ist deswegen erfolgreich, weil sie aufgrund dieser Faktoren andere Nationen niederkonkurrieren kann.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Thefalus »

an dem man nicht mehr arbeiten bräuchte
Ach, ist das jetzt endlich bei dir angekommen. :lol:

Rücklagen plus Gibs und ein bisschen Nebenher reichen dicke.

Ich war nie Lohnsklave. Aber darum geht es nicht. Es geht um das Ende der Sklaverei. Es geht nicht um gute oder schlechte Sklavenhalter. Es geht um das Ende der Sklaverei.

Das ist ein Strom, ein Current. Dagegen stemmt sich nichts und niemand mehr.

Es ist vorbei.

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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Thefalus »

Die Entscheidung darüber treffen die Fürsten, nicht die Diener. Es ist entschieden. Ende.

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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 25. Jun 2022 17:19 Ich würde sagen: Die Unternehmen bleiben in Deutschland, weil es trotz hoch entwickelter Infrastruktur und Personal ein vergleichsweise niedriges Lohnniveau bietet.
Die deutsche Exportnation ist deswegen erfolgreich, weil sie aufgrund dieser Faktoren andere Nationen niederkonkurrieren kann.
Und ich würde sagen: Wenn man in der Realität Dinge beobachtet, die vom angewendeten Modell nicht hinreichend beschrieben werden, sollte man das Modell anpassen...
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von fehlgeleitet »

@falus gibt ja die firebewegung die das versucht, durch sparen und aggressive Analgestrategien früher in Rente zu gehen. Aber scheint in der Regel nicht zu gelingen.
Wolf Drache hat geschrieben: 26. Jun 2022 08:13
fehlgeleitet hat geschrieben: 25. Jun 2022 17:19 Ich würde sagen: Die Unternehmen bleiben in Deutschland, weil es trotz hoch entwickelter Infrastruktur und Personal ein vergleichsweise niedriges Lohnniveau bietet.
Die deutsche Exportnation ist deswegen erfolgreich, weil sie aufgrund dieser Faktoren andere Nationen niederkonkurrieren kann.
Und ich würde sagen: Wenn man in der Realität Dinge beobachtet, die vom angewendeten Modell nicht hinreichend beschrieben werden, sollte man das Modell anpassen...
Verstehe ich nicht. Du meinst das sei nicht die Realität?

Also Deutschland ist insofern ein Sonderfall, als dass es seine Arbeitslosigkeit sozusagen outgecourced hat. Nicht jedes Land kann Exportweltmeister sein, ich verstehe nicht, welche Anpassung an das Modell notwendig ist.

Edit: Oha, im EU-Durschnitt steht Deutschland Lohnmäßig gar nicht mehr so schlecht da. Da scheinen die anderen Länder inziwischn noch schlechter zu sein.

Gut, Dann ändere ich meine Behauptung dahingehend, dass die Agenda 2010 das Lohnniveau Deutschlands wohl ausreichend lange niedrig gehalten hat, um das Niederkonkurrieren der anderen Kapitale in der EU zu leisten. Denn ich weiß, dass Deutschland in die Krise 2008 als Niedriglohnland (bezüglich EU) reinging.
Nun gut, dann scheint Deutschland inzwischen eben das Infrastrukturplus zu haben und große Kapitale - die hatte ich oben vergessen zu erwähnen. Diese Erklärung erscheint mir sehr viel logischer als die Behauptung, nur in Deutschland gäbe es Spezialisten. Das hast du ja ursprünglich gesagt.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 26. Jun 2022 08:32 @falus gibt ja die firebewegung die das versucht, durch sparen und aggressive Analgestrategien früher in Rente zu gehen. Aber scheint in der Regel nicht zu gelingen.
Wolf Drache hat geschrieben: 26. Jun 2022 08:13
fehlgeleitet hat geschrieben: 25. Jun 2022 17:19 Ich würde sagen: Die Unternehmen bleiben in Deutschland, weil es trotz hoch entwickelter Infrastruktur und Personal ein vergleichsweise niedriges Lohnniveau bietet.
Die deutsche Exportnation ist deswegen erfolgreich, weil sie aufgrund dieser Faktoren andere Nationen niederkonkurrieren kann.
Und ich würde sagen: Wenn man in der Realität Dinge beobachtet, die vom angewendeten Modell nicht hinreichend beschrieben werden, sollte man das Modell anpassen...
Verstehe ich nicht. Du meinst das sei nicht die Realität?

Also Deutschland ist insofern ein Sonderfall, als dass es seine Arbeitslosigkeit sozusagen outgecourced hat. Nicht jedes Land kann Exportweltmeister sein, ich verstehe nicht, welche Anpassung an das Modell notwendig ist.

Edit: Oha, im EU-Durschnitt steht Deutschland Lohnmäßig gar nicht mehr so schlecht da. Da scheinen die anderen Länder inziwischn noch schlechter zu sein.

Gut, Dann ändere ich meine Behauptung dahingehend, dass die Agenda 2010 das Lohnniveau Deutschlands wohl ausreichend lange niedrig gehalten hat, um das Niederkonkurrieren der anderen Kapitale in der EU zu leisten. Denn ich weiß, dass Deutschland in die Krise 2008 als Niedriglohnland (bezüglich EU) reinging.
Nun gut, dann scheint Deutschland inzwischen eben das Infrastrukturplus zu haben und große Kapitale - die hatte ich oben vergessen zu erwähnen. Diese Erklärung erscheint mir sehr viel logischer als die Behauptung, nur in Deutschland gäbe es Spezialisten. Das hast du ja ursprünglich gesagt.
Ja, das geht alles in die Richtung in die ich denke.
Jetzt musst Du nur noch anerkennen dass der von Marx als Sonderfall betrachtete Fall nicht ganz so selten ist und im praktizierten Kapitalismus eine durchaus nicht zu vernachlässigende Rolle spielt.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von fehlgeleitet »

Wolf Drache hat geschrieben: 26. Jun 2022 10:30
fehlgeleitet hat geschrieben: 26. Jun 2022 08:32 @falus gibt ja die firebewegung die das versucht, durch sparen und aggressive Analgestrategien früher in Rente zu gehen. Aber scheint in der Regel nicht zu gelingen.
Wolf Drache hat geschrieben: 26. Jun 2022 08:13
Und ich würde sagen: Wenn man in der Realität Dinge beobachtet, die vom angewendeten Modell nicht hinreichend beschrieben werden, sollte man das Modell anpassen...
Verstehe ich nicht. Du meinst das sei nicht die Realität?

Also Deutschland ist insofern ein Sonderfall, als dass es seine Arbeitslosigkeit sozusagen outgecourced hat. Nicht jedes Land kann Exportweltmeister sein, ich verstehe nicht, welche Anpassung an das Modell notwendig ist.

Edit: Oha, im EU-Durschnitt steht Deutschland Lohnmäßig gar nicht mehr so schlecht da. Da scheinen die anderen Länder inziwischn noch schlechter zu sein.

Gut, Dann ändere ich meine Behauptung dahingehend, dass die Agenda 2010 das Lohnniveau Deutschlands wohl ausreichend lange niedrig gehalten hat, um das Niederkonkurrieren der anderen Kapitale in der EU zu leisten. Denn ich weiß, dass Deutschland in die Krise 2008 als Niedriglohnland (bezüglich EU) reinging.
Nun gut, dann scheint Deutschland inzwischen eben das Infrastrukturplus zu haben und große Kapitale - die hatte ich oben vergessen zu erwähnen. Diese Erklärung erscheint mir sehr viel logischer als die Behauptung, nur in Deutschland gäbe es Spezialisten. Das hast du ja ursprünglich gesagt.
Ja, das geht alles in die Richtung in die ich denke.
Jetzt musst Du nur noch anerkennen dass der von Marx als Sonderfall betrachtete Fall nicht ganz so selten ist und im praktizierten Kapitalismus eine durchaus nicht zu vernachlässigende Rolle spielt.
puh schön das du noch da bist. Manche hauen mir mein Zeug um die Ohren wenn ich einen Fehler mache und verschwinden auf nimmer wiedersehen.

Bitte sage nochmal, was du hier mit Sonderfall meinst. Export(vize)weltmeister kann es nämlich nicht so viele geben :lol:
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 26. Jun 2022 11:17 Bitte sage nochmal, was du hier mit Sonderfall meinst. Export(vize)weltmeister kann es nämlich nicht so viele geben :lol:
Ich meine hier mit Sonderfall das, was Du (gemäß Marx) einen Sonderfall nennst: Dass Arbeitnehmer eben nicht nur das an Lohn bekommen was zur Reproduktion ihrer Arbeitskraft notwendig ist, sondern mehr - teilweise deutlich mehr.
Meiner Meinung nach ist das der (ab Erreichung einer bestimmten Stufe der technischen Entwicklung der Produktion) notwendigerweise eintretende Normalfall, was Marx aber nicht sieht.
Dabei ist es doch eigentlich logisch: Sobald irgendeine Art von Arbeit durch eine Maschine ersetzt wird, werden Arbeiter gebraucht, die diese Maschine bauen, warten und steuern. Diese Arbeiter brauchen deutlich höhere Qualifikation als der von Marx betrachtete durchschnittliche Arbeiter und sind dementsprechend schwerer ersetzbar.
Im Zuge der Mechanisierung und Automatisierung, also mit ansteigender Stufenleiter der Produktion, kommt es notwendigerweise dazu, dass die einfachen Arbeiten - bei denen die Arbeitskräfte leicht austauschbar sind - überflüssig werden und dafür immer mehr spezialisierte Arbeitsplätze entstehen, bei denen die Arbeitskräfte nicht mehr so leicht austauschbar sind. Mit anderen Worten: Der Anteil der (echten, austauschbaren) Proletarier an der Gesellschaft nimmt ab, nicht zu.
Je komplexer die verbleibenden Tätigkeiten der Arbeiter sind, desto höher sind die Kosten dafür, diese Arbeiten zu automatisieren, so dass sich automatisch ein Grenznutzen der Automatisierung ergibt. Diese Verteuerung der Automatisierung führt dazu, dass es für den Kapitalisten irgendwann billiger ist, die qualifizierten Arbeitskräfte besser zu bezahlen, als weiter in die Automatisierung zu investieren.
Daher führt die von Marx konstruierte Stufenleiter der Produktion keineswegs in die Aufspaltung der Gesellschaft in wenige Kapitalisten und viele in vollständigem Elend versinkenden Proletarier und der darauffolgenden Revolution, sondern in die Entstehung eines großen Mittelstands von gut bezahlten, qualifizierten Lohnarbeitern, der jeder gesellschaftlichen Veränderung entgegenwirkt, da sie für diesen Mittelstand negative Folgen hätte.
Mit fortschreitender Stufenleiter der Produktion wird dieser Mittelstand immer stärker und daher der Kapitalismus immer stabiler in der Gesellschaft verankert. Zudem nimmt mit der zunehmenden Komplexität der Aufgaben für den Mittelstand die Zufriedenheit der qualifizierten Lohnarbeiter mit ihrer Arbeit wieder zu, weil die Arbeit weniger eintönig ist, ein weiterer Umstand der den Kapitalismus stabilisiert, ab Erreichung einer gewissen Stufe der Automatisierung der Produktion.
Dadurch, dass der qualifizierte Lohnarbeiter mehr Lohn bekommt als für die Reproduktion seiner Arbeitskraft notwendig ist, kann der qualifizierte Lohnarbeiter Geld horten. Dieses Geld ist gemäß Marx erst einmal Schatz, kann aber bei ausreichender Menge in produktives Kapital (eigenes oder auf dem Geldmarkt verfügbares, also Aktien) umgewandelt werden. Damit werden die qualifizierten Lohnarbeiter des Mittelstands selbst potenzielle (oder tatsächliche) Kapitalisten, was den Kapitalismus weiter stabilisiert.

Du siehst: Es gibt kein Entkommen :chaos:
Das Ende des Proletariats ist nicht eine Spaltung der Gesellschaft in reich und arm mit der darauffolgenden notwendigen Revolution, sondern die Auflösung des Proletariats in wenige, abgehobene Kapitalisten, einen gut entlohnten Mittelstand und einen Bodensatz der Gesellschaft, der noch nicht mal als Proletarier überleben kann, weil es für Proletarier keine Jobs mehr gibt.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

Addendum:
Das ist übrigens nicht nur beim Exportvizeweltmeister so, sondern auch in jedem anderen west- oder nordeuropäischen Land, in den USA und Kanada, in Russland, Brasilien, Indien, Südafrika, China und vielen anderen Ländern.
Die Anzahl der Länder, die tatsächlich noch den ursprünglichen Kapitalismus erleben wie ihn Marx beschrieben hat, werden immer weniger, deswegen kommen die nach Deutschland importierten Billigwaren aus immer exotischeren Ländern - oder eben aus China, wo sich die Stufenleiter der Produktion aufgrund des politischen Systems nicht weiterentwickeln kann.
Die steigenden Kosten und die erhöhte Unsicherheit bei den Lieferketten wirkt sich zusätzlich auf den Grenznutzen der Produktionsverlagerung in entfernte Länder aus, der Kapitalist steht vor der Alternative, Arbeitern in einem Billiglohnland (vergleichsweise) nicht zu bezahlen und dafür (wenn er Pech hat) nichts zu bekommen oder Arbeitern hier in Deutschland den marktüblichen Lohn zu bezahlen (also mehr als für die reine Reproduktion notwendig wäre) und dafür die Sicherheit zu haben, dass die für seine Fabrik notwendigen Produktionsmittel auch da sind wenn er sie braucht.
Auch das wiederum stabilisiert den hiesigen Mittelstand und damit die lokale Zustimmung zum Kapitalismus.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Thefalus »

Fundiert und sehr gut recherchiert. Bravo! :)

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Re: Endlich, Cthulhu!

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Schließe mich falus an:
Ja danke für deine ausführliche Antwort, ich bin leider krank und kann mich nicht konzentrieren. Ich antworte wenn ich mich auskurriert habe.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

Gute Besserung!
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von gabor »

Jaaa....das mit Dir was nicht ganz stimmt, glaub ich schon lange.....Gute Besserung!
Hoffentlich keine Affenpocken.... :shock: ;) :lol:
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von fehlgeleitet »

Wolf Drache hat geschrieben: 26. Jun 2022 21:41
fehlgeleitet hat geschrieben: 26. Jun 2022 11:17 Bitte sage nochmal, was du hier mit Sonderfall meinst. Export(vize)weltmeister kann es nämlich nicht so viele geben :lol:
Ich meine hier mit Sonderfall das, was Du (gemäß Marx) einen Sonderfall nennst: Dass Arbeitnehmer eben nicht nur das an Lohn bekommen was zur Reproduktion ihrer Arbeitskraft notwendig ist, sondern mehr - teilweise deutlich mehr.
Ja das gibt es. Ich habe dir aber auch schon gesagt, dass die Löhne auch als Familienlöhne gedacht sind, weil die nächste Generation von Arbeitern ja großgezogen werden muss. Was gilt in Deutschland als größtes Armutsrisiko? Kinder. Inzwischen gibt es deswegen auch zunehmend nicht mehr die klassische Hausfrau, sondern die Frau ist gleichzeitig Hausfrau, Mutter und hat ne halbe Stelle. Meistens in den schlechter bezahlten Jobs.
https://www.dw.com/de/studie-kinder-sin ... a-42475640

Funfact: Der Gründer der Firebewegung gab seinen Plan von Frühverrentung auf, weil er Vater wurde. Die Firebewegung versucht Frühverrentung durch aggressive Anlagestrategien und spartanische Lebensweise zu erreichen.

Das ist mein Argument gegen deine Behauptung, die Klasse der Arbeiter bekomme in Deutschland mehr, als sie zur Reproduktion der Arbeitskraft benötige. Wohlgemerkt, als Klasse. Die kinderlosen alten Säcke bekommen vielleicht im Alter Probleme, wenn da keine Familie als soziales Netz ist. Das wird auch noch auf uns zukommen. Auf mich zumindest.
Wolf Drache hat geschrieben: 26. Jun 2022 21:41Meiner Meinung nach ist das der (ab Erreichung einer bestimmten Stufe der technischen Entwicklung der Produktion) notwendigerweise eintretende Normalfall, was Marx aber nicht sieht.
Dabei ist es doch eigentlich logisch: Sobald irgendeine Art von Arbeit durch eine Maschine ersetzt wird, werden Arbeiter gebraucht, die diese Maschine bauen, warten und steuern. Diese Arbeiter brauchen deutlich höhere Qualifikation als der von Marx betrachtete durchschnittliche Arbeiter und sind dementsprechend schwerer ersetzbar.
Im Zuge der Mechanisierung und Automatisierung, also mit ansteigender Stufenleiter der Produktion, kommt es notwendigerweise dazu, dass die einfachen Arbeiten - bei denen die Arbeitskräfte leicht austauschbar sind - überflüssig werden und dafür immer mehr spezialisierte Arbeitsplätze entstehen, bei denen die Arbeitskräfte nicht mehr so leicht austauschbar sind.
Da würde ich widersprechen. Eine Maschine kann eine Arbeit auch intellektuell deutlich einfacher machen. Statt einem Abakus hast du heute einen Taschenrechner. So allgemein wie du das sagst ist die Behauptung also nicht haltbar.

Die Wartung von technischen Geräten bedeutet häufig, dass diese im Mülleimer landen wenn was nicht funktioniert. Warum einen Taschenrechner warten, wenn man für das gleiche Geld was man in die Wartung steckt 10 neue Kaufen kann?

Dieses Phänomen hat auch Marx erlebt. Die Farbik machte die Handwerkskunst der Zünfte zu großen Teilen überflüssig und hochqualifizierte Leute wurden zur stumpfsinnigen Arbeit an die Maschinen kommandiert. Ihre Expertise wurde quasi wegrationalisiert.
Mr. T. hat geschrieben:Und selbst wenn nicht. Das heißt doch nur, dass die Reproduktion der Arbeitskraft teurer ist, weil man die Reproduktion der Qualifikation mit einpreisen muss. Für den Arbeiter bleibt trotzdem nicht nennenswert mehr übrig, weil er das, was er am Ende wieder raus bekommt, am Anfang erst in die Erlangung der Expertise hineinstecken musste - und sei es indirekt durch Steuern, die ins Bildungswesen gehen.
Die "Mechanisierung und Automatisierung" ist der Grundbaustein des Kapitalismus, auf deren Grundlage Mehrwertproduktion in hohem Maße möglich ist. Marx kann das also gar nicht übersehen haben, weil ohne die Automatisierung der Kapitalismus gar nicht möglich wäre.
T. hat geschrieben:Die Behauptung, dass Marx die zunehmende Automatisierung übersehen hätte, ist von Anfang an albern. Auf so einen Quatsch muss man erstmal kommen. 😋
Die Ausbeutung der Bauern im Mittelalter stößt schnell an ihre technischen Grenzen. Die fallen mit dem Kapitalismus weg - eben wegen der Maschinen. Der technische Fortschritt im Kapitalismus dient also dazu, immer mehr Mehrwert aus dem Arbeiter rauszuholen, wenn sie nicht gleich ihre Jobs verlieren, ist also gewissermaßen der Feind des Arbeiters. Deswegen gab es auch im Frühkapitalismus die Maschinenstürmer.

Wolf Drache hat geschrieben: 26. Jun 2022 21:41Je komplexer die verbleibenden Tätigkeiten der Arbeiter sind, desto höher sind die Kosten dafür, diese Arbeiten zu automatisieren, so dass sich automatisch ein Grenznutzen der Automatisierung ergibt. Diese Verteuerung der Automatisierung führt dazu, dass es für den Kapitalisten irgendwann billiger ist, die qualifizierten Arbeitskräfte besser zu bezahlen, als weiter in die Automatisierung zu investieren. Mit anderen Worten: Der Anteil der (echten, austauschbaren) Proletarier an der Gesellschaft nimmt ab, nicht zu.
Du weißt doch auch, dass Computer die vor 10 Jahren noch super angesagt waren heute nicht mehr verkäuflich sind? Die Maschinen werden natürlich auch mit technischem Fortschritt billiger.
Mr.T. hat geschrieben:Solche Punkte kann es in einzelnen Branchen natürlich geben. Aber das betrifft doch nicht die Arbeiterklasse als ganze. Und schon gar nicht führt das irgendwie notwendig zur Herausbildung einer Mittelklasse. Wolf scheint gar nicht klar zu sein, wie viel politische Mühe während der Zeit des Wirtschaftswunders in die ökonomische Konstruktion von sowas wie einer Mittelklasse investiert wurde. Point in case: Spätestens mit dem Einzug des Neoliberalismus fängt die Mittelklasse komischerweise wieder an, sich langsam zu verdünnisieren, bzw. wird zwischen dem zunehmenden Druck der Kapitalistenklasse und der Bedrohung des Absinkens in die Arbeiterklasse völlig aufgerieben. Resultat: Da, wo es heute noch eine Mittelklasse gibt, gibt es sie nur auf Pump.
Wolf Drache hat geschrieben: 26. Jun 2022 21:41Daher führt die von Marx konstruierte Stufenleiter der Produktion keineswegs in die Aufspaltung der Gesellschaft in wenige Kapitalisten und viele in vollständigem Elend versinkenden Proletarier und der darauffolgenden Revolution, sondern in die Entstehung eines großen Mittelstands von gut bezahlten, qualifizierten Lohnarbeitern, der jeder gesellschaftlichen Veränderung entgegenwirkt, da sie für diesen Mittelstand negative Folgen hätte.
Mit den Qualifikationen ist das so ne Sache. Die sind nämlich nur die Vorraussetzung, dass du eine Stelle bekommst, nicht eine Garantie. Außerdem brauchst du noch die richtige Qualifikation. Wenn es in deiner Branche nicht so gut läuft, bist du samt deiner guten Zeugnisse angeschissen. Und den Markt vorherzusagen kann niemand, also auch nicht den Arbeitsmarkt. Dementsprechend kann die Prognose gut sein, wenn du jetzt ein Studium beginnst und in 5 Jahren ist es aufeinmal keine gute Qualifikation mehr.
Vor dem Crash des neuen Marktes 2000 galt Webdesigner als ein Beruf mit großer Zukunft. Und bedenke: Je älter du wirst, desto schwerer wird es umzuschulen. Wer will schon einen 50-jährigen Ingenieuer der gerade frisch von der Uni kommt?

Wolf Drache hat geschrieben: 26. Jun 2022 21:41Mit fortschreitender Stufenleiter der Produktion wird dieser Mittelstand immer stärker und daher der Kapitalismus immer stabiler in der Gesellschaft verankert.
Das schon. Aber wie ist die Frage. In Armut sozialstaatlich betreut und mit Arbeit zugeschissen, bis nichts mehr geht.


Wolf Drache hat geschrieben: 26. Jun 2022 21:41 Zudem nimmt mit der zunehmenden Komplexität der Aufgaben für den Mittelstand die Zufriedenheit der qualifizierten Lohnarbeiter mit ihrer Arbeit wieder zu, weil die Arbeit weniger eintönig ist, ein weiterer Umstand der den Kapitalismus stabilisiert, ab Erreichung einer gewissen Stufe der Automatisierung der Produktion.
Dadurch, dass der qualifizierte Lohnarbeiter mehr Lohn bekommt als für die Reproduktion seiner Arbeitskraft notwendig ist, kann der qualifizierte Lohnarbeiter Geld horten. Dieses Geld ist gemäß Marx erst einmal Schatz, kann aber bei ausreichender Menge in produktives Kapital (eigenes oder auf dem Geldmarkt verfügbares, also Aktien) umgewandelt werden. Damit werden die qualifizierten Lohnarbeiter des Mittelstands selbst potenzielle (oder tatsächliche) Kapitalisten, was den Kapitalismus weiter stabilisiert.
Ein Kapitalist ist einer, der soviel Geld hat, dass er nicht mehr arbeiten zu gehen braucht, sondern sein Geld für sich arbeiten lässt. Wenn Arbeiter an der Börse anlegen, tun sie es meist um eine Alterssicherheit zu haben. Das ist was anderes.

Aber schön, dass du tatsächlich das Kapital zu lesen scheinst, dass mit dem Schatzbildner hast du richtig verstanden.
Mr. T. hat geschrieben:Höchstens im Ausnahmefall. Wolf scheint zu übersehen, dass die Reproduktion der Qualifikation zur Reproduktion der Arbeitskraft mit dazugerechnet werden muss.
Insgesamt kommt es aber natürlich auch darauf an, wie viel Konkurrenz es in deiner Branche gibt.
Aber das betrifft wie gesagt wieder nicht die Arbeiterklasse als Ganze, auch nicht ihre qualifizierten Teile, sondern eben nur einzelne Branchen.

Der Begriff des potenziellen Kapitalisten ist witzig. Also sie verfügen nur potenziell (also nicht) über Produktivkräfte, aus denen sie potenziellen Mehrwert herausziehen können. 🤔
Dass irgendwelche Mittelständler Kapitalisten werden, wird wohl vorkommen (Bill Gates comes to mind), ist aber die absolute Ausnahme und kein Massenphänomen.
Wolf Drache hat geschrieben: 26. Jun 2022 21:41
Du siehst: Es gibt kein Entkommen :chaos:
Das Ende des Proletariats ist nicht eine Spaltung der Gesellschaft in reich und arm mit der darauffolgenden notwendigen Revolution, sondern die Auflösung des Proletariats in wenige, abgehobene Kapitalisten, einen gut entlohnten Mittelstand und einen Bodensatz der Gesellschaft, der noch nicht mal als Proletarier überleben kann, weil es für Proletarier keine Jobs mehr gibt.
Mit Proletarier meinst du ungelernte Arbeiter? Naja, Jobs gibts schon, nur sind die unglaublich beschissen. Amazon braucht immer billige Knechte. Marx meinte mit Proleatrier alle, die von Lohnarbeit leben müssen, also auch gelernte Arbeiter.
Wolf Drache hat geschrieben: 26. Jun 2022 21:58 Addendum:
Das ist übrigens nicht nur beim Exportvizeweltmeister so, sondern auch in jedem anderen west- oder nordeuropäischen Land, in den USA und Kanada, in Russland, Brasilien, Indien, Südafrika, China und vielen anderen Ländern.
Die Anzahl der Länder, die tatsächlich noch den ursprünglichen Kapitalismus erleben wie ihn Marx beschrieben hat, werden immer weniger, deswegen kommen die nach Deutschland importierten Billigwaren aus immer exotischeren Ländern - oder eben aus China, wo sich die Stufenleiter der Produktion aufgrund des politischen Systems nicht weiterentwickeln kann.
Die steigenden Kosten und die erhöhte Unsicherheit bei den Lieferketten wirkt sich zusätzlich auf den Grenznutzen der Produktionsverlagerung in entfernte Länder aus, der Kapitalist steht vor der Alternative, Arbeitern in einem Billiglohnland (vergleichsweise) nicht zu bezahlen und dafür (wenn er Pech hat) nichts zu bekommen oder Arbeitern hier in Deutschland den marktüblichen Lohn zu bezahlen (also mehr als für die reine Reproduktion notwendig wäre) und dafür die Sicherheit zu haben, dass die für seine Fabrik notwendigen Produktionsmittel auch da sind wenn er sie braucht.
Auch das wiederum stabilisiert den hiesigen Mittelstand und damit die lokale Zustimmung zum Kapitalismus.
Es stimmt ja, dass ist eine Kalkulation die der Kapitalist macht - genauso wie du beschreibst. Das hindert ihn trotzdem nicht, die Produktion in Billigländer auszulagern, wenn er meint das sich das Risiko lohnt.
Das ganze bedeutet quasi einen globalen Arbeitsmarkt, in dem die Arbeiter dieser Welt gegeneinander ausgespielt werden und sich in ihren Lohnforderungen runterhandeln lassen.
Und die deutschen Gewerkschaften spielen das Spiel brav mit. Lieber auf Lohn verzichten, bevor der Arbeitsplatz weg ist. So die Devise.
Mr.T hat geschrieben:Will der Typ uns verscheißern? Kaum ein Land hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten im Bereich der Produktivkräfte so rapide entwickelt wie China. In den Neunzigern waren die noch effektiv ein Dritte-Welt-Land und jetzt überholen sie den Westen technologisch auf einigen Gebieten.
Wolf Drache hat geschrieben:Arbeitern hier in Deutschland den marktüblichen Lohn zu bezahlen (also mehr als für die reine Reproduktion notwendig wäre)
Mr.T. hat geschrieben:Bild
Mr.T. hat geschrieben:Der Kapitalist muss in Deutschland dem Deutschen einen Lohn bezahlen, der mehr ist als für die reine Reproduktion eines Uruguayers oder eines Peruaners bei gegenwärtiger weltwirtschaftlicher Lage notwendig wäre. Das vielleicht schon. Das heißt aber nicht, dass der Deutsche dann nach seiner "reinen" Reproduktion (sowieso ein Schwachsinnsbegriff, das Maß der Reproduktion ist selbst von den gesellschaftlichen Verhältnissen abhängig) noch was übrig hätte.
also du willst sagen das die lebenserhaltungskosten hier viel höher sind?
Mr.T. hat geschrieben:Genau.
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Tyger
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Tyger »

Ich bin überrascht, was ich so alles geschrieben habe! Aber wenn bei Marx steht, dass ich das alles geschrieben habe, dann muss es wohl so sein. :mad:
fehlgeleitet
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von fehlgeleitet »

Tyger hat geschrieben: 27. Jun 2022 20:17 Ich bin überrascht, was ich so alles geschrieben habe! Aber wenn bei Marx steht, dass ich das alles geschrieben habe, dann muss es wohl so sein. :mad:
:lol: Mit "Mr. T." ist ein gemeinsamer Bekannter von Wolf Drache und mir gemeint. :har:
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

Da die Antwort von fehlgeleitet seeehr ausführlich ist verzichte ich hier mal auf die Zitiererei.
Erst mal vielen Dank für die ausführliche Antwort - gut gemacht, sauber argumentiert, sehr gut auf meine Argumente eingegangen.

Daher habe ich - außer dem Verweis auf die von mir beobachteten tatsächlichen Verhältnisse - auch eigentlich nichts mehr zu sagen, alle Argumente liegen auf dem Tisch, in soweit in sich schlüssigen Konstruktionen.

Soweit ich es erkennen kann, sieht die EInkommensverteilung in dieser Gesellschaft nicht so aus wie eine kapitalistische Gesellschaft nach der Marx'schen Logik aussehen sollte - also kann Marx nicht recht haben. Ich bin einfach zu sehr Empiriker, als dass ich es ignorieren kann wenn die Vorhersagen der Theorie in der Praxis nicht zutreffen, obwohl das angewandte Modell im Grunde nicht falsch ist.

So gut wie jeder aus meiner Verwandtschaft und Bekanntschaft ist Lohnarbeiter. So gut wie jeder fährt teuer in den Urlaub, jeder zweite hat ein eigenes Häuschen oder eine eigene Wohnung, kann sich das ein- oder andere Luxusgut leisten und immer wieder essen gehen. Laut Marx dürfte es diese Situation im Kapitalismus eigentlich gar nicht geben.

Und - falls Du , fehlgeleitet, das an Mr. T weitergeben möchtest: Der Mittelstand, d.h. die Klasse der besser bezahlten Lohnarbeiter, bildet sich von ganz alleine, den gab es auch schon vor über 100 Jahren. Typisches Beispiel ist der deutsche Ingenieur.

Die Kämpfe in den Wirtschaftswunderjahren waren nicht für den Mittelstand, sie waren dafür da, die unteren Lohnniveaus hochzuziehen und über starke Gewerkschaften und einen Sozialstaat der diesen Namen auch verdient niemanden hinten runter fallen zu lassen. Das wird seit einigen Jahrzehnten wieder zurückgerollt, mit allen zu beobachtenden negativen Folgen.
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."
fehlgeleitet
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von fehlgeleitet »

Der Punkt worum es Marx geht ist der folgende:
Mr.T. hat geschrieben:"Der Arbeiter wird in aller Regel nicht in den Stand versetzt, was anderes zu werden als Lohnarbeiter".
Was du jetzt als empirischen Gegenbeweis nimmst, ist der kleine Ausschnitt aus deiner Lebenswelt. Dieses finanziellen Polster entsteht in den besseren Zeiten für die Arbeiterklasse und wird in den Krisenzeiten regelmäßig komplett aufgezehrt. Insofern ist das finanzielle Polster Reproduktion der Arbeitskraft, weil es in der Krise für die Reproduktion der Arbeitskraft nicht mehr reicht.

Die Gegenbeispiele die du so anführst: Ein Haus zu besitzen, Urlaub, Essen gehen. Die erlösen einen Arbeiter eben nicht aus seiner Lohnabhängigkeit, selbst dann, wenn es für ihn ganz gut läuft.
Ein Hausbesitzer besitzt meistens auch einen Berg von Schulden und kann es sich erst recht nicht mehr leisten seinen Job zu verlieren oder auch nur einen Gang runterzuschalten. Die haben dann kein Leben mehr. Ackern für Haus und Familie ist dann alles, worum es bei ihnen geht.

Und wenn die Krise kommt, also reihenweise Unternehmen und Arbeitsplätze wegfallen, dann ist es ganz schnell vorbei mit ihrem Häuschen und der Arbeiter samt Familie kann zusehen wo er bleibt.
Wolf Drache
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 28. Jun 2022 11:47 Der Punkt worum es Marx geht ist der folgende:
Mr.T. hat geschrieben:"Der Arbeiter wird in aller Regel nicht in den Stand versetzt, was anderes zu werden als Lohnarbeiter".
Was du jetzt als empirischen Gegenbeweis nimmst, ist der kleine Ausschnitt aus deiner Lebenswelt. Dieses finanziellen Polster entsteht in den besseren Zeiten für die Arbeiterklasse und wird in den Krisenzeiten regelmäßig komplett aufgezehrt. Insofern ist das finanzielle Polster Reproduktion der Arbeitskraft, weil es in der Krise für die Reproduktion der Arbeitskraft nicht mehr reicht.

Die Gegenbeispiele die du so anführst: Ein Haus zu besitzen, Urlaub, Essen gehen. Die erlösen einen Arbeiter eben nicht aus seiner Lohnabhängigkeit, selbst dann, wenn es für ihn ganz gut läuft.
Ein Hausbesitzer besitzt meistens auch einen Berg von Schulden und kann es sich erst recht nicht mehr leisten seinen Job zu verlieren oder auch nur einen Gang runterzuschalten. Die haben dann kein Leben mehr. Ackern für Haus und Familie ist dann alles, worum es bei ihnen geht.

Und wenn die Krise kommt, also reihenweise Unternehmen und Arbeitsplätze wegfallen, dann ist es ganz schnell vorbei mit ihrem Häuschen und der Arbeiter samt Familie kann zusehen wo er bleibt.
Wenn Lohnarbeiter prinzipiell nicht in der Lage sein sollen, finanzielle Polster aufzubauen, frage ich mich allerdings, wie bei 985.572 Sterbefälle im Jahr 2020 133.326 Steuerpflichtige Erbschaften entstehen können. Ich bin mir ziemlich sicher, dass keine 14% der Bevölkerung soviel Kapital besitzen dass sie davon leben können. Über 25% der Einkommensteuerpflichtigen haben ein Jahreseinkommen von über 50.000€. Davon nagt man auch mit einer vierköpfigen Familie nicht am Hungertuch.
Das ist kein kleiner Ausschnitt meiner Lebenswelt mehr, das sind Angaben des statistischen Bundesamts.
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."