Ein Tag folgt dem nächsten (14)

Die dämonische Kolumne
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Vamp
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Ein Tag folgt dem nächsten (14)

Beitrag von Vamp »

Die Sonne steht tief. Ich sitze auf der Terrasse, lese einmal mehr Meister und Margarita. Plötzlich spüre ich Gedanken die sich einen Weg in mein Bewusstsein bannen wollen, vielleicht ist es ja wichtig was ich mir zu sagen habe. Ich lege das Buch zur Seite und starre durch die getönten Gläser meiner Sonnenbrille auf den Teich. Ich mag diese Sicht nicht, sehe die Dinge lieber natürlich, doch eine recht unangenehme übermäßige Lichtempfindlichkeit meiner Augen zwingt mich dazu die Brille zu tragen wenn ich nicht möchte das ich die Welt durch tränende, brennende, blutrote Augen begutachten muss. Ich mag den Sommer, liebe die warmen Temperaturen, das Gefühl der Sonnenstrahlen auf meiner Haut. Meine Schultern und Arme sind warm und locker. Ich bin träge, so träge. Ein schönes Gefühl einfach mal ein wenig Zeit zum Nichtstun zu haben. Ich denke an all die Ereignisse der letzten Tage.
Freitag, ein Streittag. Mein Temperament brodelte und ich kochte vor Wut als meine Eltern mir sagten das ich nur so trottelig wäre, nur gegen Türen laufen und Gläser umwerfen würde um der Welt zu beweisen das ich anders bin. Ich habe versucht ihnen zu erklären das ich meine Individualität, meine Andersartigkeit jeden Tag aufs neue mit ganz anderen Mitteln unter Beweis stelle, das ich es nicht nötig habe mich selbst zu verletzen, aber sie verstehen mich nicht, beharren auf ihrer vorgefertigten Meinung und das erste mal habe ich das Gefühl sie wünschen sich ein normales Kind, das jedes Wochenende auf Partys geht und sich keine Gedanken um Religion, Politik oder sonst etwas macht. Ich würde lügen, würde ich behaupten dies trifft mich nicht, doch in mir brennen die Flammen die zu verhindern wissen das ich mich dem Wunsch füge, ich weiß das es mein Weg ist den ich beschreite und das ich diesem Weg folgen muss.
Samstag ist Kojotetag. Ich fahre zu ihm und seiner Familie, gehe mit ihm einkaufen, bespreche die Situation des Freitags mit ihm. Es ist ein schönes Gespräch. Lange haben wir nicht mehr so frei miteinander reden können. Nach dem Einkaufen gibt es Kuchen. Flocke liegt im Maxi Cosi oder wie das Ding heißt in das man Babys rein tut und pennt. Zwischendurch öffnen sich seine strahlend blauen Augen und er beobachtet was um ihn herum geschieht. In diesem Moment denke ich an Lestat und ich bin ihm sehr Dankbar, er weiß schon wofür. Das Bärchen sitzt im Kinderstuhl und macht ihre üblichen Kapriolen. Wir unterhalten uns sehr angeregt und ich fühle mich unglaublich wohl.
Sonntag ein Familientag. Ich hole Kojote und Familie ab und wir treffen uns mit den Eltern in der Nachbarstadt um ein wenig einkaufen zu gehen. Es ist verkaufsoffener Sonntag und die Straßen sind mit Marktständen voll gestellt. Ein typischer Geruch nach Menschen, ausländischen Delikatessen und Zuckerzeug umgibt mich. Da ich mich voll auf meine Nichte konzentriere gerate ich trotz der Massen nicht in die gewohnten Angstzustände. Am Sonntagabend gehe ich mit meiner Freundin in Scary Movie 4. Schön albern und ekelig. Ich amüsiere mich köstlich. Danach in unser Stammcafé. Unterwegs verliere ich eine volle Schachtel Zigaretten und rege mich verständlicherweise, vor allem wenn man den Freitagabend bedenkt, ganz furchtbar auf. So was passiert mir einfach viel zu oft. Und es hat verdammt noch mal nichts damit zu tun das ich meine Andersartigkeit unter Beweis stellen will. Für diese Art von Beweis habe ich gar nicht genug Geld! Als ich Spätabends nach Hause komme ist alles voll Klopapier und Rasierschaum. Natürlich, Freihnacht, die Nacht in der die Dämonen die jungen Menschen leiten. Ich stelle Spike hinter das Auto meines Vaters auf unsere Brücke und gehe noch ein wenig spazieren. Amüsiert entdecke ich dass einige Kids unseren Anhänger, der auf dem öffentlichen Parkplatz gegenüber steht umgedreht haben. Ich finde das eine sehr kreative Idee und sie haben auch nichts kaputt gemacht. Das Ding steht nur fein säuberlich auf dem Kopf.
Am Montag ist Maifest. Ich höre wie sich die Leute über die Sauerei auf den Straßen aufregen. Ich denke mir nur, man soll die Kids doch ihren Spaß haben lassen, solange sie nicht wirklich was anstellen. Nach einer Runde über das völlig überfüllte und nach Bier stinkende Fest flüchte ich mich wieder in die Ruhe meines Zuhauses. Solche Feste sind wirklich nichts für mich. Später noch einen Frisör Termin, schließlich will ich ja auch gelegentlich mal schick aussehen, und danach essen gehen mit Freunden meiner Eltern. Es ist ein netter Abend und ich unterhalte mich gut. Das einzige was mich stört ist der Alkoholkonsum meines Vaters. Als wir wieder gehen torkelt er schon ziemlich und ich schäme mich seiner. Ich will nicht in seine Augen sehen, so starre ich auf den Boden. Wieso nur kann ich den Mut nicht aufbringen ihm ins Gesicht zu schreien was er mir und dem Rest der Familie da antut? Mit Genugtuung verfolge ich wie er im Sessel einschläft. Sein Rücken wird es ihm morgens danken.
Nun sind wir wieder am Dienstag angelangt also heute. Ich versuche meine Eltern davon zu überzeugen das unser Garten so wie er jetzt ist wunderschön aussieht, doch sie reden nur von Vertikutieren und kurz mähen. Ich sehe all die schönen Blumen, das weiche Moos und die Wilden Kräuter, das „Unkraut“ und es macht mich traurig zu wissen das sie all das kaputt machen. Sie sagen der Rasen braucht Luft. So ein Blödsinn. Ich habe ja keine Ahnung von Pflanzen, aber der Rasen sieht glücklich aus, ganz saftig Grün, keine einzige Braune Stelle. Wenn ich den schon vertikutierten und gemähten Rasen unserer Nachbarn dagegen ansehe, der so licht und trist aussieht. Wirklich schade dass sie es nicht verstehen. Schade dass sie so vieles nicht verstehen!
Zuletzt geändert von Vamp am 19. Aug 2007 00:27, insgesamt 1-mal geändert.
Wenn Katzen wie Frösche aussähen, so würde uns bald klar, wie gemein die kleinen Teufel sind. (Lords und Ladys; Terry Pratchett)
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tlahuizcalpantecutli
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Beitrag von tlahuizcalpantecutli »

Wieder einmal sprichst du mir aus der Seele. Den gleichen Vorwurf meiner Eltern kenne ich auch zur Genüge, doch auch ich glaube nicht daran, dass ich mich mit meiner Ungeschicklichkeit irgendwie outen will - das gelingt mir auch auf subtilere Methoden und es interessiert eigentlich auch keinen, wie oft ich mir fern von jeder Gesellschaft die Birne anhaue - eigentlich ist sie dies auch nun wirklich nicht wert. Auch das respektlose, ordnende Prinzip im Umgang mit der Vegetation ist mir verhasst, doch zum Glück sind meine Eltern zumindest in der Hinsicht noch die alten Hippies geblieben ;)
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Beitrag von Azazel »

Ich hasse frisch gemähten Rasen!!! Ich kann es auch nicht nachvollziehen wie man eine schöne saftige Wiese so einen Skinschnitt verpassen kann und danach dummdreist glücklich darüber sein kann...
manatwar
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Beitrag von manatwar »

Ich weiß diese posts sind alle Uralt, aber ich bin vor kurzem erst dazugestoßen.
Ich bin auch extrem schusslig aber bei mir wundert sich niemand deswegen. Wenn so aussieht wie ich muss man einfach schusslig sein oder so! :lol:
Ich kann aber euren hass auf zurechtgestutzte Vegetation nachvollziehen ich finds auch furchtbar!

Grüße manatwar
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tlahuizcalpantecutli
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Beitrag von tlahuizcalpantecutli »

Ein Jahr scheint wirklich uralt zu sein - ich verstehe kein Wort von dem was ich da oben geschrieben habe :cool:
Wer gegen ein Minimum an Aluminium immun ist, der hat eine Aluminiumminimumimmunität

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