Die richtige Einstellung zum Geistkörper

Magie, Dämonologie etc. für Novizen und angehende Praktizierende
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Umbra
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Die richtige Einstellung zum Geistkörper

Beitrag von Umbra »

Hier ein paar Absätze über die größten Gefahren, die in der Magie lauern.
Ich denke, dass jeder von euch sich damit gut auseinander setzen sollte. Dem nach, viel Spaß beim lesen



Das Über- Ich und der Höhere und Göttliche Genius

A.

Die Verwechslung des Freudschen Über- Ichs (das unbewußte infantile Gewissen) mit dem Ordensbegriff des Höheren und Göttlichen Genius.
Zahlreiche Schüler der Magie, aber auch solche, die keine Beziehungen zur Magie haben, setzen einen der Inhalte ihres infantilen Gewissens häufig mit einem der Inhalte des »HöherenSelbst« oder mit sonst irgend etwas gleich. Das kann nur zum Unheil und Verderben führen.

Anstatt von einem höheren Genius geleitet zu werden, ist diese Person tatsächlich in der Gewalt von infantilen »Stimmen« und Werten, schlicht und einfach: von Hirngespinsten. Das führt nicht nur zu maßlosem persönlichen Leiden und zur Selbsttäuschung, sondern auch zum völligen Stillstand jedes tatsächlichen Fortschritts in den theurgischen Künsten und Wissenschaften.
Diese zu beobachtende geistige oder seelische Verwirrung trägt in großem
Umfang zum »schlechten Ruf«, der den Schülern des Okkulten häufig anlastet, bei.

Kennern der Ordensgeschichte sind treffliche Beispiele für solche Torheit nicht fremd. Es besteht hier jedoch keine Veranlassung, darauf näher einzugehen. In fast jeder Ordensgruppe gibt es Mitglieder, häufig genug auch geistige Führer, die kopfüber in die Grube fallen. die
sich Übereifrigen und allzu Sorglosen auftut.


Die Überhöhung des Ego

B.

Es gibt erschreckend viele Fälle, wo sich das Ego aufbläht und überhöht — ein Zustand, der zuweilen auf eine infantile Megalomanie (Größenwahn) zurückgeführt wird.

Um dem Schüler durch Begreiflich machen dieser Problematik zu helfen, wollen wir uns das gesunde Ego als einen Computer vorstellen, der so eingerichtet ist, dass er Entscheidungen trifft. Ebenso ist die Funktion des Ego die, der einzelnen Person zu helfen, Entscheidungen zu treffen, die auf festen, starren, vorgegebenen Daten gegründet sind. Ziel dieser Funktion sollte die Ermöglichung des Überlebens und der persönlichen Erfüllung in allen ihren Bereichen
und Wünschen sein.

In einem gewissen Sinne ist das gesunde Ego mehr oder weniger
unpersönlich. Es realisiert Ursache und Wirkung in Malkuth und kennt seine Grenzen. Andererseits ist die infantile Megalomanie in der frühen Kindheit eine ganz natürliche Erscheinung, der das gesunde, erwachsene Ego bei ordnungsgemäßer Entwicklung entwächst und die sich so verliert.
Da das ein Idealfall ist, ereignet er sich in der Praxis nur selten, und
um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es einer »Therapie«, sei diese nun östlich oder westlich orientiert.

Praktiziert man nun Magie oder sonst etwas, das ungewöhnliche Energiemengen
aus dem Unbewussten freisetzt, wird der infantile megalomanische Unterbau reaktiviert, und alle die Illusionen und Selbsttäuschungen hinsichtlich der Selbstüberhebung und des Hochmuts der frühesten Kindheit kommen wieder an die Oberfläche. Von diesen Schmeicheleien wird das Ego überwältigt.
Die Person, sei sie Mann oder Frau, sieht die unpersönliche und universale Natur der Kräfte, die sie erfährt, so an, als habe sie die Kräfte, Erfahrungen, Erlebnisse und Fertigkeiten durch ihr eigenes sogenanntes »Ich« geschaffen.
Hält diese von Jung »Mana- Persönlichkeit« genannte Erfahrung bei einer Person zu lange an, wird diese abnorm ich süchtig und völlig selbst-zentriert.
Das kann sowohl bei Patienten beobachtet werden, die sich einer Psychotherapie unterziehen, als auch bei sogenannten normalen Menschen auf der Straße. Diese maßlose Selbstbewunderung oder diese, um mit Jung zu sprechen, »naive Konkretisierung von primordialen Bildern«, verursacht eine
Überaufblähung des Ego, was zum Unheil führt und im Widerspruch zum Großen Werk steht.

Dem Studierenden muss aber auch gesagt werden, dass eine butterweiche Bescheidenheit und Passivität nicht etwa das Gegenteil der infantilen Megalomanie ist. Bescheidenheit und Passivität sind das sine qua non einer tief eingekerbten und potentiell noch gefährlicheren
Form infantiler Megalomanie.


Die richtige Einstellung gegenüber den Instinkten

C.

Es liegt eine Gefahr in dem gebändigten Herausbrechenlassen infolge Unterdrückung und Verleugnung verzerrter und verformter Instinkte ebenso wie in ihrer erzwungenen Verdrängung, deren Folge ein ausgehöhltes und unerfülltes Geschlechtsleben ist.
Fast jeder, der in der Welt der allgemeingültigen jüdisch- christlichen Moralvorstellungen aufgewachsen ist, leidet unausweichlich unter der restlos verrenkten und verdrehten Einstellung zum Geschlechtlichen wie überhaupt zu sämtlichen biologischen Funktionen ganz allgemein.
Aus diesem Grunde ist ein erfülltes Geschlechtsleben, das nicht nur die körperliche Lust befriedigt, sondern ebenso zur Entwicklung der Seele beiträgt, völlig ausgeschlossen.
Eine gesunde Einstellung zu allen körperlichen Funktionen tut Not; wobei man stets dessen eingedenk sein muss, dass Kether in Malkuth und Malkuth in Kether ist, wenn auch in anderer Weise.
Diejenigen, die sich mit dem Großen Werk befassen, erfahren an sich selber häufig genug den Sturz in Exzesse dieser oder jener Art, nämlich in ein Zuviel oder in ein Zuwenig. Für die Entdeckung und Entwicklung des Höheren Genius spielt rechter Gebrauch und Freude am Sex eine wichtige Rolle. Einer der sehr wenigen, welche die Realität dieses Problems erkannt haben, war Aleister Crowley, obwohl er selber infolge seiner Plymouth Brethren10 -10 Pietistische Sekte in England, welcher Crowleys Eltern angehörten.
Erziehung von Zeit zu Zeit in dieselbe Falle gelaufen ist. Den meisten von uns machen Hemmungen im Bereich des Geschlechtlichen ein wenig zu schaffen, oder noch schlimmer, sie leiden unter einem zwanghaften Abreagieren ihres verdrängten Geschlechtstriebs. Eine solche Einstellung trägt allerdings nicht zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, zu tiefer und völliger Entspannung oder als ein Hilfsmittel zur Öffnung der tief im Innern liegenden Kanäle bei.

Quelle:
Regardie, Israel - Das System des Golden Dawn (Band. 1) S. 52 ff.
Zuletzt geändert von Umbra am 17. Feb 2010 12:41, insgesamt 1-mal geändert.
"Quo Vadis?"
Lord_Diabolus

Re: Die richtige Einstellung zum Geistkörper

Beitrag von Lord_Diabolus »

Vielen Dank für den Bericht, Umbra!!

Ich würde gerne ein paar Worte dazu verlieren:

Die Verwechslung des Freudschen Über- Ichs (das unbewußte infantile Gewissen) mit dem Ordensbegriff des Höheren und Göttlichen Genius.
Zahlreiche Schüler der Magie, aber auch solche, die keine Beziehungen zur Magie haben, setzen einen der Inhalte ihres infantilen Gewissens häufig mit einem der Inhalte des »HöherenSelbst« oder mit sonst irgend etwas gleich. Das kann nur zum Unheil und Verderben führen.



Die Verwechslung von Über-Ich und der göttlichen Seite des Selbst ist nicht gerade selten und ebenfalls fatal, das stimmt. Allerdings würde ich hier zwei Begriffe einführen:
Zum einen das Über-Ich und zum anderen das Überbewusstsein.

Unter dem Über-Ich verstehe ich die göttliche Ebene der eigenen Persönlichkeit - die höchste für den Magier in seiner Persönlichkeit erreichbare Ebene, die hauptsächlich aus Idealen besteht.
Diese Ideale leiten den Magier sehr wohl, allerdings ist es durchaus möglich, dass sich der bewusste Wille (oder besser gesagt die "Laune", wenn wir von wahrem Willen sprechen) gegen diese Instanz zur Wehr setzt.
Wie Akron so schön schrieb:
"Es ist das Mysterium Magnum, fern von Dir und gleichzeitig nah, die höchste Dir zu Verfügung stehende Instanz der Erkenntnis - gleichzeitig ist sie betrübt, dass sie zwar alle Dinge kennt und alle Fesseln der Materie durchdringt, ihr aber nicht immer Gehör geschenkt wird."

Anstatt von einem höheren Genius geleitet zu werden, ist diese Person tatsächlich in der Gewalt von infantilen »Stimmen« und Werten, schlicht und einfach: von Hirngespinsten. Das führt nicht nur zu maßlosem persönlichen Leiden und zur Selbsttäuschung, sondern auch zum völligen Stillstand jedes tatsächlichen Fortschritts in den theurgischen Künsten und Wissenschaften.

Ohne genaue Hintergründe der Theorie Sigmund Freud's ist dieser Absatz ein wenig schwer zu verstehen und ich muss auch an einem Punkt widersprechen: Die "Stimmen" sind keinesfalls Hirngespinste, sondern haben ihre reale Existenz im Überbewusstsein.
Das höhere "Genius" habe ich als Über-Ich bezeichnet und dessen Rolle ist soweit hoffentlich geklärt.
Das Überbewusstsein ist allerdings, wie richtig erwähnt wurde, mit dem eigenen Gewissen gleichzusetzen.
Jetzt ist an dieser Stelle allerdings Vorsicht geboten:
Das Gewissen wird, laut heiligem Sigmund, durch äußere Einflüsse geprägt. Zunächst von den Eltern, dann von den Erziehern, dann von den Lehrern und schließlich von Mitmenschen, Medien, Gesellschaft und anderen Instanzen unseres Daseins.
Hier ist zu beachten: Niemals dem Gewissen unterwerfen, dass einem von anderen AUFGEZWUNGEN wurde!

Das eigene Gewissen sollte immer aus den Werten und Moralismen bestehen, die der Magier SELBSTSTÄNDIG beschlossen hat - durch Hinterfragung.
Friedrich Nietzsche bezeichnete dies als die grundlegende "Umwertung aller Werte":
Werte werden neutralisiert und in ihrem neutralisierten Zustand werden sie vom Magier auf seine subjektive Auffassung der Dinge angepasst und wieder zum Leben erweckt.

Die "ungesunde" Form des Gewissens ist beispielsweise bei einem Homosexuellen zu beobachten, welcher von Gesellschaft, Lehrern, Eltern und Mitmenschen immer wieder den Vorwurf der Unnatürlichkeit oder Unwürdigkeit gemacht bekam - die Stimmen, die er vielleicht aufgrund einer paranoiden Störung zu hören scheint, sind durchaus real!
Es sind die Stimmen derer, die sein Gewissen geprägt haben.
Er konnte sich selbst nicht von diesen Werten vollkommen losreißen und lehnt sich nun mit aller Kraft gegen sein Überbewusstsein, sein Gewissen auf.

Diese zerstörerische und fatale Form der Gewissensprägung findet sich bei vielen Jungmagiern, die versuchen, einen Dämon zu beschwören und gleichzeitig Angst vor dem haben, was sie tun - findet sich bei Magiern, die einen Widersacher verfluchen und aufgrund weißmagischer (*lach*) Vorprägung fürchterliche Gewissensbisse mit sicher herumtragen.
Und sogar bei Lehrlingen der Magie, die sich von Autoren zu sehr leiten lassen, anstatt ihre eigenen Wege einzuschlagen und letztendlich in Sorge ertrinken, wenn sie eines Tages vergessen haben, ihre Visualitionsübung um Punkt 14.00 Uhr im Badezimmer durchzuführen.

Letztendlich muss ich Regardie zustimmen, was die fatale Verwechslung von Über-Ich und Überbewusstsein angeht.
Allerdings wehre ich mich vehement dagegen, dass die gehörten Stimmen nicht real sind; Was ist schon Realität? ;)



Zu dem zweiten Punkt kann ich nicht viel sagen außer:
Schreibt's euch hinter die Ohren! :lol:


Den meisten von uns machen Hemmungen im Bereich des Geschlechtlichen ein wenig zu schaffen, oder noch schlimmer, sie leiden unter einem zwanghaften Abreagieren ihres verdrängten Geschlechtstriebs. Eine solche Einstellung trägt allerdings nicht zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, zu tiefer und völliger Entspannung oder als ein Hilfsmittel zur Öffnung der tief im Innern liegenden Kanäle bei.

Ein sehr wichtiges Statement!
Der Mensch ist ein Tier mit Instinkten, die nicht nur vorhanden sind, sondern unbedingt ausgelebt werden müssen.
Die jüdisch-christlich-muslimische Prägung der heutigen Gesellschaft ist zwar in manchen Teilen bereits zurückgegangen (*grins*), allerdings trennt sie den Menschen grundlegend von seiner Natur als Tier, versucht gewissermaßen, den Mensch von seiner Mutter Gaia zu entfernen.
Gefährliche Sache für Psyche und Körper, für jegliche Art der Weltsicht.
Auch hier: Schön hinter die Ohren schreiben!! *g*


Gruß
Diabolus
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Re: Die richtige Einstellung zum Geistkörper

Beitrag von flame »

Sehr wichtiges Thema in der Magie, was oftmals bewusst oder unbewusst völlig verdrängt wird.
Aber wer kann sich (bei den vielen unbewußten Aspekten) schon sicher sein, diese auch wirklich erlangt zu haben?
Wer sich sicher ist sie erlangt zu haben hat sie nicht erlangt.
Wer sich nicht sicher ist sie erlangt zu haben hat sie auch nicht erlangt.
Wer sich bemüht sie zu erlangen ist auf dem richtigen Weg.

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