Der Eremit

Ein Projekt der Dämonenwelt zum Thema Tarot
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Herne der Jäger
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Der Eremit

Beitrag von Herne der Jäger »

Der Eremit oder Wie man sich vom weltlichen Geschehen abwendet.
1.Allgemeine Einleitung
2.Die Geschichte der Karte
3.Die traditionelle Bedeutung der Karte
4.Meine eigene Interpretation
5.Ideen für die künstlerische Umsetzung

Jeder kennt sie und jeder weiß woher sie stammt. Die Karte des Eremiten ist wahrscheinlich eine der Bekanntesten. Wer hat noch nicht vom Mann mit dem Rauschebart gehört der nach innerer Erleuchtung sucht. Er wurde oft umgesetzt und vielfach in Filmen, Spielen und Büchern eingesetzt als Symbol für den Zauberer schlechthin.

Tarot wird meistens als das funktionalste und populärste Mittel der Mantik betrachtet. Wahrscheinlich hat es aufgrund seiner breit gefächerten Interpretationsmöglichkeiten schon immer denen gefallen die Sicherheit suchen und sie selbst nicht sehen. Dann wird meist auf einen Jahrmarkts Wahrsager oder das offizielle AstroTv zurückgegriffen. Doch nichts geht über eine von einem Experten durchgeführte Sitzung mit farbenprächtigen und symbolträchtigen Karten als direkten Draht zur Zukunft und dem Weg den das Leben eines jeden nimmt.

Meistens wird die Neunte Karte des Tarot als Eremit auf dem Berg dargestellt.
Es soll zeigen wie sehr sich der Einsiedler aus dem öffentlichen Leben zurückzieht und seine Erlösung in der Einsamkeit seiner Umgebung sucht. Und genau das würde ich als wichtigstes Schlüsselwort zur Bedeutung der Karte benutzen. Denn Einsamkeit wird in seiner Form immer gebraucht, um einen neuen Blickwinkel zu nutzen und seine gesamte bisherige Laufbahn und den Weg der vor einem liegt zu betrachten.
Wobei Einsamkeit nicht immer zwangsläufig das Leben alleine darstellt. Es geht in so gut wie allen Fällen um eine Zurückgezogenheit aus den bekannten Kreisen und das Unterbrechen der gegenwärtigen Ordnung.

Wenn jemand also sein Leben bereits zurückgezogen lebt und sich in Askese begeben hat. So würde die Einsamkeit für ihn im Umgang mit den Menschen liegen und besonders im zusammenleben.

Ich würde sogar noch weiter gehen und behaupten, dass es genügt einen völlig anderen Pfad zu gehen und den Bick auf das Wesentliche zu richten und das Leben zu vervollkommnen.

Nun zu der Umsetzung. Ich bin kein Künstler aber ich werde hier erst einmal einige Ideen sammeln und von denen, die ihr mögt, werde ich dann ein paar Skizzen anfertigen.

1. Der klassische Mann im Dunkeln mit Laterne (mit Wert auf moderne Umsetzung)
2. Der Geograf auf See
3. Der „Handylose im Getümmel aus Telefonen auf dem Markt“
4. Der Asket im Gemeindezentrum
5. Der Bürokrat im Walde
6. Der Druide im „Papierwald“
7. Die Politesse im Parkverbot


Ich bin jederzeit für Verbesserungsvorschläge offen.
Ich hoffe es hat euch gefallen und freue mich schon auf eure Antworten.

Ave ignitus Herne
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gabor
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Re: Der Eremit

Beitrag von gabor »

Was hat denn das Eremit-sein mit Zauberei zu tun?
Immer bereit!
Woher soll ich wissen, ob die Vergangenheit keine Fiktion ist, die nur erfunden wurde, um den Zwiespalt zwischen meinen augenblicklichen Sinneswahrnehmungen und meiner Geistesverfassung zu erklären?
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MrHollywood
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Re: Der Eremit

Beitrag von MrHollywood »

Nach einer wahren Begebenheit:
Den Emeriten kann man nicht in die Moderne setzen verdammt auch wenn man´s gerne hätte. Man muss so ne richtig verdammt einsame Zeit durchmachen die alle persönlichen Rekorde bricht. Selbst dann war man kein echter Emerit.

Wer also die Karte Emerit betrachtet und meint konform mit dem Emeriten gehen zu können in der heutigen Zeit, der war noch nicht Einzelkämpfer in Vietnam. :fu:

Also ey man. That´s it.
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gabor
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Re: Der Eremit

Beitrag von gabor »

Wie sieht`s mit Scharfschüztze bei der NVA aus?
Immer bereit!
Woher soll ich wissen, ob die Vergangenheit keine Fiktion ist, die nur erfunden wurde, um den Zwiespalt zwischen meinen augenblicklichen Sinneswahrnehmungen und meiner Geistesverfassung zu erklären?
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MrHollywood
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Re: Der Eremit

Beitrag von MrHollywood »

gabor hat geschrieben:Wie sieht`s mit Scharfschüztze bei der NVA aus?
Immer bereit!
Bei Fremdwörtern kenne ich nur den Befehl "Feindkontakt". Deswegen kommen die besten Einzelkämpfer wie ich auch aus der Hauptschule.
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Re: Der Eremit

Beitrag von Daimao_Koopa »

MrHollywood hat geschrieben:Den Emeriten kann man nicht in die Moderne setzen verdammt auch wenn man´s gerne hätte. Man muss so ne richtig verdammt einsame Zeit durchmachen die alle persönlichen Rekorde bricht. Selbst dann war man kein echter Emerit.
Stadtmenschen??! :chaos: ...Und ob es moderne Eremiten gibt! In Darmstadt war ich noch nie unter so vielen Menschen
und gleichzeitig so alleine. So, jetzt aber genug davon.
Bild
Amimatani
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Re: Der Eremit

Beitrag von Amimatani »

@Herne:
Deiner allgemeinen Beschreibung der Karte stimme ich in den wesentlichen Punkten zu. Bei den konkreten Vorschlägen bin ich v.a. über den Geograf und die Politesse gestolpert. Um das zu erläutern, möchte ich kurz darstellen, wie ich die Trümpfe des Tarot deute. Und zwar finde ich es hilfreich, ihre Anordnung und Bewegung im kabbalistischen Lebensbaum zu betrachten.

Der Eremit bewegt sich zwischen Tipharet und Chesed. Ich halte es für eine sinnvolle, moderne Deutung, Tipharet als den Ort des "großen" sozialen Zusammenhangs zu betrachten. Es ist der Ort, an dem jeder eine Funktion im Getriebe der Gesellschaft hat und an ihrer Aufrechterhaltung mitwirkt. Und deshalb: solange jemand Politesse oder Geograf ist, hat er diesen Ort noch nicht verlassen. Oder allenfalls in seiner Fantasie. Der Eremit verlässt aber diesen Ort. Nicht als Folge eines "Absturzes", sondern aus einem natürlichen Impuls heraus weiter zu gehen.

Traditionell ist der "natürliche" Weg aus der Gesellschaft hinaus derjenige des alten Mannes. Also des Mannes, der seiner früheren Funktion in der Gesellschaft nicht mehr nachkommen kann. Aber natürlich ist das nicht die einzige Möglichkeit. Es gibt auch die Option, diesen Ort zu anderen Lebenszeiten zu verlassen.

Für viele Menschen ist das harmonische soziale Zusammenleben in großen Zusammenhängen das Höchste, was in diesem Leben erreicht werden kann. Darauf richten sie ihr Streben, ihr praktisches, emotionales und spirituelles Engagement. "Friede, Harmonie, Ökologie, ...": das sind dort Beispiele für wichtige Werte. Wie gesagt, der Eremit verlässt diesen Ort, weil er mehr will, weil er darüber hinaus gehen will.

Was für die Bedeutung des Eremiten wesentlich ist, ist also nicht nur das Woher?, sondern auch das Wohin?. Er geht eben gerade nicht dorthin, wo die allgemeinen Abläufe der Gesellschaft und des Lebens in wissenschaftlicher oder politischer Manier ergründet werden. (Das würde im Tarot der Ausgleichung/Gerechtigkeit entsprechen.)

Der Eremit bewegt sich vielmehr auf den Ort des Glaubens zu. Er ist ein Mensch, der seinen ganz persönlichen Glauben sucht. Und er will ihn eigenständig finden, durch seinen ganz persönlichen Gotteskontakt. Er startet vielleicht ausgehend von einer Religion, mit der er zuvor - eben wegen der sozialen Zusammenhänge - gelebt hat. Aber auf seinem Weg verlässt er zwangsläufig die traditionelle Glaubenslehre. Mystiker sind Beispiele für solche Leute: keine Lehrreligion mag ihre Mystiker, eben weil sie den "sozialen Rahmen" verlassen.

Deine Idee des Menschen ohne Handy geht in eine Richtung, die mir gut gefällt. Denn eine der wesentlichen heutigen "Glaubenslehren" ist der Glaube an die Information, sowie der Glaube daran, jederzeit über alles bestens informiert sein zu müssen. Für alle, die sich im Netz der "funktionierenden und wertschöpfenden Gesellschaftsmitglieder" aufhalten, ist Information und Informiertsein ein Nonplusultra. Wer diesen Glauben willentlich hinter sich lässt, um sich auf die Suche nach seinem eigenen Glauben zu machen, ist tatsächlich ein moderner Eremit. Er fliegt fast zwangsläufig aus den sozialen Zusammenhängen heraus und wird womöglich zu einem "Mystiker des Informationszeitalters". Was auch immer das dann bedeutet... (...da hätte ich Ideen, aber das geht jetzt über den Rahmen der Kartendeutung).

Die Dämonen, denen er begegnet? Hm, vielleicht Hellsicht und Hellhörigkeit in ihrer unerbittlichen, erbarmungslosen Form? Oder einfach wie jeder traditionelle Eremit: allem denjenigen, was in ihm selbst ist... Und eben der sog. inneren Einsamkeit ("Keiner versteht mich...")

Alles dies selbstverständlich nur ein ergänzender Vorschlag zur Deutung des Eremiten aus meiner magischen Deutungsperspektive. :)

@gabor: der Eremit hat insofern etwas mit dem Zauberer zu tun, als das Finden eines ureigenen, individuellen Glaubens tatsächlich ein mächtiges Werkzeug der Magie sein kann. Allerdings hast du mit deinem Einwand mMn nach auch Recht, denn der Eremit will dieses Mittel - zumindest in seiner ursprünglichen Absicht - nicht benutzen.
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MrHollywood
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Re: Der Eremit

Beitrag von MrHollywood »

ich hatte jahrelang kein Handy dabei. Aber ich möchte doch lieber wieder mir angewöhnen Eines mit mir rumzutragen. Wenn shit happens will ich auch mal die Bullen anrufen.
Der Emerit hat seinen Stock mit dem er sich vor wilden Tieren zur Wehr setzt, heute hat man halt ein Handy. S´darf ja niemand mehr mit Speer und Knüppel rumlaufen, deswegen denke ich ist die Neo- Kultur im Magiebereich gar nicht so schlecht. Vieles wurde ersetzt man muss nur mal im Gehirn nachgrübeln mit was man was ersetzen kannund wie und man kann mal beruhigt einen Emeriten mimen. Speer beruhigte früher, Handy halt heute. Handy ist wie ne Waffe mit der man Notrufen kann.

Ich würde eher empfehlen ein Kartenhandy mit sich mitzuführen dessen Nummer niemand kennt und was nur für Notfälle ist. :|
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gabor
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Re: Der Eremit

Beitrag von gabor »

Also ich wehre mich schon seid Ewigkeiten gegen ein Handy....ist mir einfach zu blöde,und wenn Hilfe gebraucht wird.....hab ich immer den hier dabei!
http://compare.ebay.de/like/32084986290 ... s&var=sbar
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Re: Der Eremit

Beitrag von Amimatani »

Man muss ja nicht als Eremit leben, das hatte ich sicher nicht gemeint. ;) (Ich jedenfalls tue das sicher nicht :D )

Von den Vorschlägen Hernes fand ich den Handylosen einfach den besten als Beispiel für den Eremiten. Noch besser passt meiner Meinung nach ein "Internet- und Fernsehloser" zum Eremiten: aber der ist graphisch schwieriger darzustellen.

@MrHollywood: was die Unsicherheiten oder Ängste in Bezug auf Gefahr betrifft, wenn der moderne Eremit kein Handy dabei hat, das sehe ich so: diese Ängste entsprechen den Höllenhunden, die den Eremiten auf manchen traditionellen Bilddarstellungen begleiten.
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Eno
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Re: Der Eremit

Beitrag von Eno »

Herne der Jäger hat geschrieben: Meistens wird die Neunte Karte des Tarot als Eremit auf dem Berg dargestellt.
Es soll zeigen wie sehr sich der Einsiedler aus dem öffentlichen Leben zurückzieht und seine Erlösung in der Einsamkeit seiner Umgebung sucht. Und genau das würde ich als wichtigstes Schlüsselwort zur Bedeutung der Karte benutzen. Denn Einsamkeit wird in seiner Form immer gebraucht, um einen neuen Blickwinkel zu nutzen und seine gesamte bisherige Laufbahn und den Weg der vor einem liegt zu betrachten.
Beim Eremiten gibt es ein Reihe anderer wichtiger Aspekte:
  • Bei der Zuordnung des Großen Arkana zum Lebensbaum steht der Eremit für den Pfad der Chesed und Tiphareth, also Barmherzigkeit und Schönheit , verbindet.
  • Der Eremit steht für das Tierkreiszeichen Jungfrau (das bewegliche Zeichen der Erde), Merkur regiert Jungfrau, und der Eremit trägt die Laterne (Sonne), er verbindet also Erde, Merkur und Sonne. (vergl. Alchemie)
  • Der dem Eremiten zugeordnete hebräische Buchstabe ist Jod (=Hand), Jod ist der Buchstabe aus dem das Hebräische Alphabet erschaffen wurde, der Same, das Spermium (besonders schön im Thoth Tarot zu erkennen). Im Gegensatz zu eher androgynen Figuren wie dem Magier ist der Eremit also eine eindeutig männliche Karte -vermutlich deswegen Gabor sie auch gleich für sich und die Scharfschützen reklamiert- . Der Eremit steht weit mehr für Fruchtbarkeit - für männliche Schöpfungsenergie- als für Einsamkeit...

Hier mal der Eremit aus dem Thoth Tarot als Beispiel:
Bild

Man beachte das Spermium unten links im Bild und der Blick, den der Eremit auf das kosmische Ei wirft, macht auf mich auch nicht gerade einen asketischen Eindruck.

Unten rechts sieht man, dass ihm der Zerberus auf den Fersen ist, jener Wächter zur Unterwelt den Hermes/Merkur mit Honigkuchen bestochen hat als er Persephone aus dem Hades zurückholte.

Gruß
Eno
V.I.T.R.I.O.L.
Amimatani
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Re: Der Eremit

Beitrag von Amimatani »

@Eno:
Deine Ergänzungen geben das wieder, was in der Magietradition dem Eremiten zugeordnet wird, speziell aus der Perspektive Crowleys oder auch des O.T.O.s. Das finde ich grundsätzlich okay. Nur finde ich, dass diese hergebrachten Deutungen der Karten überdacht und neu formuliert werden müssen. Bei den Sephiroth des Lebensbaumes finde ich das fast noch mehr. Denn meiner Erfahrung nach greifen die 1:1 Übersetzungen der Worte (Tipharet - Schönheit, Chesed - Barmherzigkeit) zu kurz, bzw. sie verführen leicht dazu, religiösem Denken zu folgen. Einfach weil die Wurzel der Glyphe "Lebensbaum" in der Religion liegt.

Doch zurück zum Eremiten: wenn du sagst, er stehe für "männliche Schöpfungsenergie" bzw. Fruchtbarkeit, dann finde ich es sinnvoller zu sagen, er stehe für Zeugungskraft. Denn auf der geschlechtlichen Ebene ist es das, was Männer tun: zeugen, nicht schöpfen. Das ist keine Haarspalterei. Denn die Interpretation "männlicher Schöpfer" zieht die Kriegsinterpretation sehr schnell nach sich. (Erläutere ich auf Nachfrage, das Posting wird im Moment sonst zu lang.)

Wenn man sagt, dass der Eremit eine rein männliche Karte ist, dann spricht man andererseits damit Frauen die Zeugungskraft ab. Das ist biologisch richtig. Doch die Bilder bewegen sich ja durch alle Ebenen des Seins, nicht nur die physiologisch-materielle. Und da folgt aus so einer Festlegung sehr schnell, dass Frauen keine Initiativkraft, keine Impulskraft haben. Und das ist Blödsinn! Ich sehe also ein ziemliches Risiko, allzu konservativer Rollenzuschreibungen. Wenn man neue oder weitere Kartenbilder entwickeln will, dann finde ich es gut, wenn sie die konservativen Festlegungen früherer Magie zu überwinden beginnen. (Ich habe lange und intensiv mit dem Crowleytarot gearbeitet und den von ihm nahegelegten Deutungen: sie stoßen für Frauen an allen Ecken und Enden an Grenzen und weisen nach hinten, statt nach vorne, halten sie zuweilen in der Rolle des "männlichen Wunschbilds von Frau" fest.)

Nochmal zu den Sephiroth: auf der Basis meiner Arbeit mit und Bewegung durch den Lebensbaum bleibe ich dabei:

Der Ort von Tiphareth ist nicht zuletzt auch der Ort der Gesellschaftsorganisation, des gesellschaftlichen Menschen. Im kleinen Bereich nur die Familie, etwas größer dann die Gruppe, die Organisation, die Sekte,... Was auch immer. Aber eben auch Gesellschaftlichkeit im sog. großen Sinne.
Und die einander gegenüberliegenden Positionen Chesed (Barmherzigkeit) und Geburah (Strenge) sind nicht zuletzt die Orte von "Glauben" und "Wissen" in ihrer Opposition.

Der Eremit verlässt das Kollektiv auf dem Weg zu seinem persönlichen großen Ziel oder eben Glauben, aus einem inneren Impuls und Antrieb heraus, den er nicht wirklich steuern kann. Eben ganz so, wie das zeugende Spermium das große Kollektiv verlässt, um in das eine Ei einzudringen. Das Ei ist riesig, gigantisch für das Spermium, nachgerade göttlich. Es ist ein außerordentlich einsamer Weg, den das zeugende Spermium geht oder schwimmt, der Erdanziehung entgegen, dem Maiglöckchenduft des Eis folgend. Die Einsamkeit gehört unbedingt zum Eremiten dazu. Imho.

Ich denke, diese knappen Gedanken bieten genug weiteren Diskussionsstoff ;) . Darum hör ich jetzt lieber erstmal auf und bin gespannt auf deine/eure Meinung. :)
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Eno
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Re: Der Eremit

Beitrag von Eno »

Amimatani hat geschrieben:@Eno:
Wenn man sagt, dass der Eremit eine rein männliche Karte ist, dann spricht man andererseits damit Frauen die Zeugungskraft ab. Das ist biologisch richtig. Doch die Bilder bewegen sich ja durch alle Ebenen des Seins, nicht nur die physiologisch-materielle. Und da folgt aus so einer Festlegung sehr schnell, dass Frauen keine Initiativkraft, keine Impulskraft haben. Und das ist Blödsinn! Ich sehe also ein ziemliches Risiko, allzu konservativer Rollenzuschreibungen. Wenn man neue oder weitere Kartenbilder entwickeln will, dann finde ich es gut, wenn sie die konservativen Festlegungen früherer Magie zu überwinden beginnen. (Ich habe lange und intensiv mit dem Crowleytarot gearbeitet und den von ihm nahegelegten Deutungen: sie stoßen für Frauen an allen Ecken und Enden an Grenzen und weisen nach hinten, statt nach vorne, halten sie zuweilen in der Rolle des "männlichen Wunschbilds von Frau" fest.)
@Amimatani Es gibt genauso "weibliche Schöpfungskraft" wie es "männliche Schöpfungskraft" gibt. Es gibt im Tarot ebensoviele und ebenso starke und wichtige "weibliche" Karten wie es "männliche" gibt. Wohlgemerkt "gleich stark" und "gleichwertig" nicht "gleich". Es gibt nunmal einen Unterschied zwischen männlich und weiblich, der sich nicht wegdiskutieren oder einebnen lässt, weder in der Magie noch im profanen Leben.

Amimatani hat geschrieben: Der Eremit verlässt das Kollektiv auf dem Weg zu seinem persönlichen großen Ziel oder eben Glauben, aus einem inneren Impuls und Antrieb heraus, den er nicht wirklich steuern kann. Eben ganz so, wie das zeugende Spermium das große Kollektiv verlässt, um in das eine Ei einzudringen. Das Ei ist riesig, gigantisch für das Spermium, nachgerade göttlich. Es ist ein außerordentlich einsamer Weg, den das zeugende Spermium geht oder schwimmt, der Erdanziehung entgegen, dem Maiglöckchenduft des Eis folgend. Die Einsamkeit gehört unbedingt zum Eremiten dazu. Imho.
"Zeugung" und "Empfängnis" sind gleichermassen wichtig für "Schöpfung" (das Leben würde auch sehr viel weniger Spass machen, wenn wir alle Neutren wären, die sich vegetativ vermehren). In absoluter Einsamkeit ist meiner Ansicht Schöpfung nicht möglich. Der "Demiurg" (der Schöpfer) konnte erst im Wechselspiel der "weiblichen" und "männlichen" Kräfte tätig werden, erst nachdem eine Aufspaltung stattgefunden hat, der Demiurg ist nicht identisch mit dem ursprünglichen "einen" Göttlichen. In der Einheit gibt es nur Stillstand, nur Potential, aber keine Entwicklung, keine Zeit, keinen Wandel...

Die Aufhebung des Unterschieds zwischen männlich und weiblich, die absolute Einheit, das Kontinuum, steht am Anfang und am Ende, dort gibt es aber auch keine diskrete Individualität. So ein Zustand wäre meiner Ansicht nach eher beim "Narren" anzusiedeln als beim "Eremit".

Gruß
Eno
V.I.T.R.I.O.L.
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Re: Der Eremit

Beitrag von Amimatani »

Eno, im Moment nur kurz, da ich auf dem Sprung bin:

An keiner Stelle habe ich gesagt, dass Männer und Frauen gleich sind. Das ist deine Interpretation meiner Worte, von der ich nicht weiß, woraus du sie gelesen hast?

Allerdings habe ich ausgedrückt, dass alle Pfade des Tarot sowohl von Männern, als auch von Frauen gegangen werden können und gegangen werden! Dabei bleibe ich auch. Siehst du das anders?

Und: der Eremit ist eben kein Schöpfer. Da widersprichst du dir in deinem Post ein wenig selbst, wenn du erst von der Androgynität des Demiurgen sprichst und dann den Eremiten als Schöpfer bezeichnest.

Später evtl. noch etwas mehr dazu, mal schauen. :)
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gabor
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Re: Der Eremit

Beitrag von gabor »

Eizellen duften nach GIFTIGEN Maiglöckchen??????
Und Spermien schwimmen der Schwerkraft entgegen???Dann wäre eine Empfängnis also in Australien wahrscheinlicher?
Recht ....gewagte Thesen!
Immer bereit!
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Re: Der Eremit

Beitrag von Eno »

Amimatani hat geschrieben:Eno, im Moment nur kurz, da ich auf dem Sprung bin:

An keiner Stelle habe ich gesagt, dass Männer und Frauen gleich sind. Das ist deine Interpretation meiner Worte, von der ich nicht weiß, woraus du sie gelesen hast?

Allerdings habe ich ausgedrückt, dass alle Pfade des Tarot sowohl von Männern, als auch von Frauen gegangen werden können und gegangen werden! Dabei bleibe ich auch. Siehst du das anders?
Alle Pfade können von beiden gegangen werden, soweit sind wir uns einig. Aber es können nicht alle Pfade auf dieselbe Weise von beiden gegangen werden. Es gibt schlicht und einfach Grenzen. Ein biologischer Mann wird kein Kind gebären auch wenn er sich als Frau fühlen sollte und eine biologische Frau wird kein Kind zeugen, auch wenn sie sich als Mann fühlt. Trotzdem können selbstverständlich beide eine dem biologischen Geschlecht nicht entsprechende Geschlechtsidentität fühlen und diese bis zu einem gewissen Grad ausleben- aber eben nicht über eine in der Schöpfung gegebene Grenze hinaus. Ob einem das nun gefällt oder nicht, daran lässt sich nichts ändern und daraus ergibt sich, dass die Wege im Lebensbaum von Mann und Frau nuneinmal unterschiedlich gegangen werden.
Amimatani hat geschrieben: Und: der Eremit ist eben kein Schöpfer. Da widersprichst du dir in deinem Post ein wenig selbst, wenn du erst von der Androgynität des Demiurgen sprichst und dann den Eremiten als Schöpfer bezeichnest.

Später evtl. noch etwas mehr dazu, mal schauen. :)
Ich spreche nirgendwo von der Androgynität des Demiurgen. Ganz im Gegenteil, ich unterscheide zwischen dem -weder männlich noch weiblichen- ursprünglichem Göttlichen und dem Demiurgen, der bereits aus der Spaltung heraus arbeitet. Der Demiurg mag sich einbilden der eine einzige Gott zu sein, aber er ist es nicht. Der Demiurg ist ohne die Schechina nicht denkbar, und ohne das Wechselspiel zwischen Männlich und Weiblich gibt es auch keine Schöpfung.

Ich habe von der Androgynität des Magiers gesprochen, der Magier ist nicht der Demiurg.

Gruß
Eno
V.I.T.R.I.O.L.
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Re: Der Eremit

Beitrag von Amimatani »

So, wie ich es verstanden habe, geht es in dieser Rubrik des Forums darum, eigene neue Bilder zum Tarot zu entwickeln. Dazu hatte Herne erste Vorschläge gemacht. Ausgangspunkt seiner Vorschläge war v.a. die Einsamkeit des Eremiten. Ich habe daran anschließend erläutert, wie sich mMn diese Einsamkeit aus der Bewegung des Eremiten im Lebensbaum ergibt, Stichwort in meiner Deutung: "vom Leben im Kollektiv mit seinen Glaubenssätzen zum persönlichen Glauben".

In der Diskussion zwischen dir, Eno, und mir ging es mehr um die Deutungen gemäß dem Crowley-Tarot. Crowley betont in seinem Tarot viel stärker den physiologischen Aspekt, als andere Tarots das tun. Beim Eremiten eben besonders auffällig durch die Abbildung der Spermien. Und des orphischen Eis als sein Ziel.

Wenn man sich über die physiologische Grundlegung der Archetypen einig ist (und so habe ich das verstanden) und sich daran auch nichts wirklich geändert hat, so kann man neue, zeitgenössische Bilder der Archetypen glaube ich nur dann finden, wenn man diese Bilder auf anderen Ebenen ansiedelt. So sind die bisherigen Vorschläge entstanden. Und auf anderen Ebenen ist es für die Bilddarstellung eben nicht mehr sooo wichtig, ob die Figur männlich, weiblich, abstrakt oder ein Objekt der Natur oder meinetwegen auch ein intergalaktischer Pumpf ist. ;) (Jedes von ihnen könnte die im Eremiten angelegten Eigenschaften abbilden. Und selbst das orphische Ei könnte aus seiner Perspektive auf den Eremiten schauen, oder in Bezug auf etwas anderes die Rolle des Eremiten einnehmen. ;) )

Solche Fragen wie "Geschlechtsidentität" möchte ich nicht weiter diskutieren. Das führt in Foren nach meiner Erfahrung zu öden politischen Debatten, an denen ich keinen Spaß habe. Solche Dinge bespreche ich lieber persönlich, da sie imo die Wahrnehmung des Gegenüber benötigen.

Mich würde v.a. interessieren, in welche Richtung deine Bild- und Darstellungsvorschläge für eine neue Karte gehen? Denn den Einsamkeitsaspekt, das Herauslösen aus dem Kollektiven, möchtest du - wie ich dich verstanden habe - ja nicht gerne darin haben? Und dass der Eremit kein Schöpfer ist, sondern allenfalls eine (einsame :lala: ) Hälfte der Schöpfung, besser: Fortpflanzung, darin sind wir uns glaube ich schon auch einig.

Und: in welchenEigenschaften des Eremiten bildet sich für dich seine spezielle Bewegung im Lebensbaum ab? Zwichen den Zeilen lese ich, dass es für dich etwas anderes bedeutet, als für mich. Aber ich krieg da keine Verbindung hergestellt zwischen - wieder stichwortartig - "Zeugung, männlicher Aspekt von Fortpflanzung/Schöpfung" einserseits und "Schönheit, Harmonie, Gnade, Barmherzigkeit" andererseits. Kannst du das nochmal mit deinen Worten erläutern?
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Eno
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Re: Der Eremit

Beitrag von Eno »

Amimatani hat geschrieben:So, wie ich es verstanden habe, geht es in dieser Rubrik des Forums darum, eigene neue Bilder zum Tarot zu entwickeln. Dazu hatte Herne erste Vorschläge gemacht. Ausgangspunkt seiner Vorschläge war v.a. die Einsamkeit des Eremiten. Ich habe daran anschließend erläutert, wie sich mMn diese Einsamkeit aus der Bewegung des Eremiten im Lebensbaum ergibt, Stichwort in meiner Deutung: "vom Leben im Kollektiv mit seinen Glaubenssätzen zum persönlichen Glauben".

In der Diskussion zwischen dir, Eno, und mir ging es mehr um die Deutungen gemäß dem Crowley-Tarot. Crowley betont in seinem Tarot viel stärker den physiologischen Aspekt, als andere Tarots das tun.
Ich hab jetzt nicht soviel Zeit für ausführliche Erläuterungen, auf die wirst Du bis zum Wochenende warten müssen. Es ist mir aber wichtig darauf hinzuweisen, dass es mir nicht um das Thoth Tarot (das im übrigen mindests genauso sehr ein Frieda Harris Tarot ist wie ein "Crowley Tarot"...) im Speziellen geht.

Es lässt sich anhand Tarots vom Typ Marseilles oder RWS (Rider-Waite-Smith) ebenfalls belegen, dass es beim Eremit nicht primär um einen Rückzug von der Welt oder um Einsamkeit geht.

A.E. Waite schreibt im seinem Pictorial Key to the Tarot zum Eremit und dem Mißverständnis mit der Einsamkeit z.B. Folgendes:
The variation from the conventional models in this card is only that the lamp is not enveloped partially in the mantle of its bearer, who blends the idea of the Ancient of Days with the Light of the World It is a star which shines in the lantern. I have said that this is a card of attainment, and to extend this conception the figure is seen holding up his beacon on an eminence. Therefore the Hermit is not, as Court de Gebelin explained, a wise man in search of truth and justice; nor is he, as a later explanation proposes, an especial example of experience. His beacon intimates that "where I am, you also may be."

It is further a card which is understood quite incorrectly when it is connected with the idea of occult isolation, as the protection of personal magnetism against admixture. This is one of the frivolous renderings which we owe to Éliphas Lévi. It has been adopted by the French Order of Martinism and some of us have heard a great deal of the Silent and Unknown Philosophy enveloped by his mantle from the knowledge of the profane. In true Martinism, the significance of the term Philosophe inconnu was of another order. It did not refer to the intended concealment of the Instituted Mysteries, much less of their substitutes, but--like the card itself--to the truth that the Divine Mysteries secure their own protection from those who are unprepared.
(siehe hier )

Gruß
Eno
V.I.T.R.I.O.L.
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Re: Der Eremit

Beitrag von Amimatani »

Es ist toll, dass du diese Textpassagen hier nochmal rausgesucht hast, Eno, für viele Mitleser bestimmt interessant.

Soweit es mich betrifft, mochte ich aber unmissverständlich sagen, dass meine Aussagen über das Tarot oder den Lebensbaum keine Textanalyse sind und auch nicht sein sollen. Vielmehr basieren sie auf intensiver eigener sog. Pfadarbeit, bei der ich seinerzeit sicher auch Texte zu Rate zog. Nichtsdestoweniger teile ich in solchen Gedanken in erster Linie Ergebnisse aus meiner persönlichen magischen Tätigkeit und Erkundung mit. Ich erhebe damit nicht den Anspruch auf universelle Wahrheit. Darum interessiert es mich, wie sich die Ergebnisse ähnlicher Erkundungen bei anderen darstellen. Warum sollte ich mich sonst auf Diskussionen einlassen? Darum bin ich auch gespannt auf deine persönliche Sicht oder Erläuterungen. :) (Allerdings werde ich ab dem nächsten WE wegen Urlaub nicht so schnell antworten können.)

Und was Texte anderer Autoren betrifft: wenn der liebe Herrgott oder Luzifer persönlich vor mir stehen und mir eine Schriftrolle zeigen, auf der steht: "Das und das bedeutet Archetyp Granefitz" - dann werde ich das lesen, mit meinen Erfahrungen mit Granefitz vergleichen. Und wenn sich herausstellt, dass meine Erfahrungen anders sind, als die geschriebenen Worte, dann werde ich solange bei der Wahrheit meiner Erfahrung bleiben, bis mir jemand ein Modell anbietet (oder ich selber eines finde), welches sowohl meine Erfahrung, als auch diejenigen von Luzifer und dem Herrgott integriert. Alles andere, der aristotelische Disput, bei dem man mit dem geschriebenen Wort von Autoritäten winkt, macht auf meinem Weg keinen Sinn mehr.

Das mag sich jetzt härter anhören, als es gemeint ist. :) mir ist es nur einfach wichtig, dass mein Ausgangspunkt und meine Interessenlage klar sind. Ich weiß, dass das (Arbeitsbegriff) Crowley-Tarot von Frieda Harris gemalt ist und eigentlich Toth-Tarot heißt. Na und? Ändert das irgendwas an dem, was ich zuvor geschrieben hatte? Meiner Meinung nach nicht. Die Namen ander Magier können eine allgemeine Verständigungsbasis sein. Was mich aber hier interessiert, das sind nicht die "Vorhergegangenen", sondern die magischen Menschen, mit denen ich hier kommuniziere und ihre Gedanken und Erfahrungen.

LG
Amimatani
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Eno
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Re: Der Eremit

Beitrag von Eno »

Die Texte (Waites Pictorial Key zum RWS, Das Buch Thot zum Thoth Deck usw.) sind ebenso wie die Bilder Bestandteil des Werkes.

Solange Du also nicht mit Deinem eigenen Deck arbeitest, sondern mit einem vorgegebenen, sollte dem, was sich der jeweilige Autor bei der Auswahl seiner Bilder gedacht hat, die angemessene Aufmerksamkeit zu Teil werden.

Auch wenn Du mit Deinem eigenen Deck arbeitest, so wird das vermutlich von anderen Tarots die Du kennst beeinflußt sein. Auch in diesem Fall empfiehlt es sich mit der jeweiligen Bildersprache- die Du bewusst oder unbewusst übernimmst-vertraut zu sein (80% der Tarot Decks, die ich gesehen habe sind Clone des RWS).

Eine Weiterentwicklung im Gesamten kann nur stattfinden, wenn man auf dem aufbaut und das weiterentwickelt, was Vorgänger bereits erforscht haben.

Wenn also jemand wie Waite oder wie Crowley im fortgeschrittenen Alter das Ergebnis der Arbeit seines Lebens zusammenfasst, dann ist das etwas, was ich nutzen kann. Ich brauche dafür nicht in allen Punkten mit dem jeweiligen Vorgänger einer Meinung sein. Ich brauche nur die erlernte/erworbene Kompetenz den Anteil universell gültigen Forschungsergebnisses von der jeweils subjektiven Meinung des Autors trennen zu können. Das ist im esoterischen oder im geisteswissenschaftlichen Bereich etwas schwieriger als in den Naturwissenschaften aber es ist möglich und notwendig.

Kein Philosoph käme auf die Idee alles was Platon hinterlassen hat nocheinmal selber neu entdecken zu wollen, kein Ingenieur würde darauf bestehen nocheinmal sein eigenes Rad zu erfinden. Er nimmt das Rad seiner Vorgänger und erfindet eine Dampfmaschine und die nächste Generation nimmt die Dampfmaschine als gegeben und erfinden den Raketenantrieb.

Das allerdings setzt voraus, dass man der Ansicht ist es gibt einen Forschungsgegenstand, ein objektives Wissen zu entdecken und es setzt voraus sich selber die Kompetenz zuzutrauen das Werk seiner Vorgänger nach den Regeln der "okkulten Wissenschaft" (die dann ja doch etwas weniger offensichtlich sind als im naturwissenschaftlichen Bereich) bewerten und nutzen zu können.

Wer allerdings glaubt es gäbe im Bereich der Esoterik ohnehin nur subjektive Befindlichkeit und der Wert der"Erkenntnisse" die man erlangt existiert nur in der eigenen Beliebigkeit. Wer glaubt, es würde sich das Ergebnis durchsetzen dessen Erzeuger am lautesten kräht und am dreistesten schwindelt, weil es ja ohnehin keinen objektiven Maßstab gäbe. Jemand, der -weil er seine eigenen Ergebnisse für subjektiv und beliebig hält- denkt auch die aller anderen wären es. Jemand der deshalb keinem "Forschungsergebnis" eines Vorgängers vertrauen kann, weil er nichteinmal seiner eigenen Kompetenz vertraut, sojemand wird das Rad neu erfinden müssen. Er wird in den ausgetreten Fußstapfen seinersteinzeitlichen Vorgänger wandeln und am Ende seines Lebens etwa soviel Erkenntnis gewonnen haben, wie jeder andere Neandertaler auch....

"Das mag sich jetzt härter anhören, als es gemeint ist. mir ist es nur einfach wichtig, dass mein Ausgangspunkt und meine Interessenlage klar sind"

Gruß
Eno
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Thefalus
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Re: Der Eremit

Beitrag von Thefalus »

Herne der Jäger hat geschrieben: 1. Der klassische Mann im Dunkeln mit Laterne (mit Wert auf moderne Umsetzung)
2. Der Geograf auf See
Anglerfisch fände ich ja ganz passend. Sie leben einzelgängerisch und tragen eine Laterne vor sich her...

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MrHollywood
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Re: Der Eremit

Beitrag von MrHollywood »

Emerit und männliche Karte? Klar der Phallus sagt ja immer: Mit dem Speer voraus und auf die Jagd.

Ich denke aber es ist männlich UND weiblich. Denn ein Emeritendasein nicht nur "Jagd" sondern auch ein "in sich gehen". Eine sehr berühmte Frau ist die Gründerin der Kampfsportart Wing Tsung die die Einsamkeit in den Wäldern suchte um sich zu beweisen. Das kombiniert sogar Jagd und Innenschau.
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Re: Der Eremit

Beitrag von Amimatani »

Eno hat geschrieben: Auch wenn Du mit Deinem eigenen Deck arbeitest, so wird das vermutlich von anderen Tarots die Du kennst beeinflußt sein. Auch in diesem Fall empfiehlt es sich mit der jeweiligen Bildersprache- die Du bewusst oder unbewusst übernimmst-vertraut zu sein (80% der Tarot Decks, die ich gesehen habe sind Clone des RWS).
ich habe mit dem RW Deck , dem Toth-Deck und zugehörigen Texten gearbeitet und die Bilder bereist. ich habe die Aethyre gerufen und bereist. Ich habe anschließend die Sephiroth und die hebräischen Buchstaben einzeln evoziert und bereist und mich mit zugehörigen kabbalistischen Texten befasst. Dann schließlich habe ich die Pfade als Pfade des Lebensbaumes bereist, unabhängig von irgendwelchen Tarot-Decks:

Du kannst mir glauben, dass ich mit den Grundlagen vertraut bin. Ich habe sie auch nicht in Abrede gestellt.

Mittlerweile bevorzuge ich freiere, weniger traditionsgebundene Tarotspiele, zum Teil, weil ich Bilder liebe und nicht wenige einfach schön gemalt sind. Zum Teil weil ich es schön finde, auf diese Weise mit den Erfahrungen anderer Menschen auf diesen Wegen in Kontakt zu kommen. Aber in meinen Überlegungen hier habe ich nichts aus diesen moderneren Spielen vorausgesetzt.
Eno hat geschrieben: Eine Weiterentwicklung im Gesamten kann nur stattfinden, wenn man auf dem aufbaut und das weiterentwickelt, was Vorgänger bereits erforscht haben. ...

Kein Philosoph käme auf die Idee alles was Platon hinterlassen hat nocheinmal selber neu entdecken zu wollen, kein Ingenieur würde darauf bestehen nocheinmal sein eigenes Rad zu erfinden. Er nimmt das Rad seiner Vorgänger und erfindet eine Dampfmaschine und die nächste Generation nimmt die Dampfmaschine als gegeben und erfinden den Raketenantrieb.
Sämtliche meiner vorhergehenden Deutungsüberlegungen bauen auf dem Bekannten auf. Ich halte dabei insbesondere die Betrachtung von Tiphareth als dem Ort des "harmonischen Gesellschaftsorganismus, in dem der einzelne eine Funktion hat und sich deswegen am 'rechten Platz' fühlt" für eine Weiterentwicklung der traditionellen Tiphareth-Deutungen, die sehr wohl die Tiphareth-Aspekte wie z.B. Schönheit, Harmonie, Herz in sich birgt und nicht dazu in Widerspruch steht. Auch dazu, dass Tiphareth traditionell dem Sohn zugeordnet wird, dem Vau des Tetragrammaton, gibt es keinen inneren Widerspruch. Denn Vau ist der Verbindungsbuchstabe, der aus zwei einzelnen Yods im Bild des Aleph das Eine oder Ganze macht.

Je nach seiner Bewegungsrichtung verlässt der Eremit diese Sphäre des In-Verbindung-Seins oder er kehrt dorthin zurück. Die offene Frage mag da sein, was sein Ziel ist. Hierzu verallgemeinerte ich das orphische Ei auf dem Toth-Bild oder eben auch die Gnade und Barmherzigkeit Cheseds zu der Beschreibung: "der Ort des persönlichen, tief empfundenen Glaubens (an was auch immer: die Gefühlsqualität des Glaubens ist das Wesentliche)". Auch das baut auf den existierenden Deutungen und Bildern auf, ohne sie zu verwerfen.

Ich weise es strikt von mir, dass du meine Gedanken in deinem weiteren Post mit "esoterischer Beliebigkeit" assoziierst!

LG Amimatani
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Eno
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Re: Der Eremit

Beitrag von Eno »

Amimatani hat geschrieben:
ich habe mit dem RW Deck , dem Toth-Deck und zugehörigen Texten gearbeitet und die Bilder bereist. ich habe die Aethyre gerufen und bereist. Ich habe anschließend die Sephiroth und die hebräischen Buchstaben einzeln evoziert und bereist und mich mit zugehörigen kabbalistischen Texten befasst. Dann schließlich habe ich die Pfade als Pfade des Lebensbaumes bereist, unabhängig von irgendwelchen Tarot-Decks:

Du kannst mir glauben, dass ich mit den Grundlagen vertraut bin. Ich habe sie auch nicht in Abrede gestellt.
Dann sind wir in unseren Ansichten vermutlich gar nicht soweit voneinander entfernt, wie zunächst vermutet....
Amimatani hat geschrieben: Mittlerweile bevorzuge ich freiere, weniger traditionsgebundene Tarotspiele, zum Teil, weil ich Bilder liebe und nicht wenige einfach schön gemalt sind. Zum Teil weil ich es schön finde, auf diese Weise mit den Erfahrungen anderer Menschen auf diesen Wegen in Kontakt zu kommen.
Auch ich schätze moderne Decks, nicht so sehr den von US Games verlegten einemillionsten RWS-Clon, aber viele der unzähligen selbst-publizierten Tarots, die von Menschen erstellt werden, die sich ernsthaft mit dem Thema befasst haben. Man kann selbstverständlich auch aus den Erfahrungen von "Forscherkollegen" der eigenen Generation etwas lernen.

Gruß
Eno
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MrHollywood
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Re: Der Eremit

Beitrag von MrHollywood »

Hm. Ihr scheint ja wissend zu sein. Kann man den Emeriten auch als eine Art Rebell sehen? Der sich der gegenwärtigen Ordnung entziehen möchte?