Debauchery-Sänger zur Kündigung genötigt

Darkwave, Gothic, Dark-Elektro, Metal, Rock, Mittelalter, Synthie-Pop uvm.
Benutzeravatar
ap
Moderator
Moderator
Beiträge: 1242
Registriert: 21. Mär 2005 13:21
Religionszugehörigkeit: nein danke...

Debauchery-Sänger zur Kündigung genötigt

Beitrag von ap »

Debauchery-Sänger zur Kündigung genötigt

Einem jungen Referendar wird seine Karriere in der Metal-Band Debauchery zum Verhängnis. Lehrer bezeichnen ihn als krank, die Behörde fordert die Distanzierung von der Musik und legt ihm die Kündigung nahe. Mobbing in Stuttgart, Frühjahr 2010.

http://www.metal-hammer.de/Debauchery_I ... Metal.html

Blut. Überall Blut. Eine barbrüstige, nur mit Stringtanga bekleidete Frau kniet auf dem Boden und hält einen Eimer voll roter Flüssigkeit in die Höhe. Lasziv lächelnd gießt sie sich dem Inhalt über den Körper. Das Foto ist das CD-Cover von BACK IN BLOOD der Stuttgarter Heavy Metal-Band Debauchery (dt. „Ausschweifung“). Wer beim Anblick verschreckt den Kopf schüttelt sollte bedenken, dass Provokation ein gängiges Stilmittel in der Kunst ist. Explizite Darstellung von Horror und Gewalt finden sich frei zugänglich im Abendprogramm des Fernsehens, in Gemäldegalerien und der Krimiabteilung vom Bahnhofsbuchladen.

Die nackte Frau auf dem Bild ist die ehemalige Freundin von Thomas Gurrath, dem Sänger und Gitarristen der Band. Gurrath studiert Politik, Ethik und Geschichte auf Lehramt. Teil des Studiums ist das Referendariat, das zur Vorbereitung auf die Beamtenlaufbahn dient.

Im Januar 2010 beginnt Thomas Gurrath sein Referendariat am Hegelgymnasium in Stuttgart-Vaihingen. Seine Band Debauchery ist seit Jahren international erfolgreich und gibt regelmäßig Konzerte. Die Nebentätigkeit als Musiker meldet Gurrath vorschriftsmäßig bei seinem Seminarleiter an. Als dieser im Zuge einer Internetrecherche auf das Bilder wie das eingangs geschilderte Plattencover stößt, schickt er eine Mail an die Direktorin des Hegelgymnasiums, Frau Barbara Graf. Sie bittet Gurrath zum persönlichen Gespräch, und bezeichnet ihn im Verlauf dessen als psychisch krank. „Sie kündigte eine Attestpflicht für mich an und sagte, sie werde die Lehrerschaft über mich informieren, damit sie wissen mit wem sie es zu tun hätten. Zusätzlich wurden alle Fachleiter informiert“, beschreibt der Referendar das Gespräch.

Gurraths erste Unterrichtsstunde fällt auf das Fach Ethik. Mit einer neunten Klasse diskutiert er über Gewaltdarstellungen in Computerspielen. Verschiedene Standpunkte zum Thema werden vom Lehrbuch vorgegeben. Während die Klasse engagiert und lebhaft diskutiert, nutzt die Seminarleitung die Stunde, um ein Gutachten über Gurraths charakterliche Eignung als Referendar zu erstellen. Er selbst wird darüber nicht informiert.

Die Fachbereichsleiterin kommt in diesem Gutachten zum Schluss, dass „…Herr Gurrath nicht glaubhaft machen kann, dass er für Gewaltfreiheit als Lehrer einsteht.“ Sie begründet ihre Schlussfolgerung durch Zitate, die laut Gurrath aus dem Zusammenhang gerissen wurden. Das Gutachten wird an das für Schule und Bildung zuständige Regierungspräsidium Stuttgart geschickt.

Als Gurrath bei seiner Seminarleitung anmerkt, dass er das Ausbildungsverhältnis als gestört empfindet, wird ihm die Kündigung nahe gelegt. Sollte er nicht selbst gehen, werde seine Nebentätigkeit als Musiker untersagt. Außerdem würde man ihm attestieren, für den Beruf charakterlich nicht geeignet zu sein. Erst wenn Gurrath „…den Nachweis erbringt, dass er sich von seiner bisherigen Musikrichtung … über einen Zeitraum von drei Jahren distanziert hat…“, kann er möglicherweise wieder eingestellt werden, schreibt das Stuttgarter Regierungspräsidium.

Nach Einschätzung des Hamburger Rechtsanwaltes Niels Bialeck entbehrt speziell diese Forderung nach musikalischer Abstinenz jeglicher tragfähiger juristischer Grundlage. Laut Schulgesetz sind fachliche Leistung und persönliche Eignung der Referendare ausschlaggebend. „Allein von einer Nebentätigkeit als Musiker auf die persönliche Nichteignung zu schließen, überspannt in meinen Augen eklatant den Spielraum, den ein staatlicher Dienstherr bei der Beurteilung seiner Anwärter hat“, so Anwalt Bialeck. Von Seiten der Seminarleitung und des Stuttgarter Regierungspräsidium gibt es zu dem Vorfall aus personalrechtlichen Gründen keinen Kommentar.

Aufgrund des Drucks seitens der Schule und der Behörde hat Thomas Gurrath gekündigt. Seine Perspektive: „Ich könnte es in einem anderen Bundesland noch mal versuchen oder an eine Berufsschule wechseln.“ Als Lehrer an einem Stuttgarter Gymnasium zu arbeiten, scheint ihm unter den geschilderten Umständen nicht mehr möglich.


Bilder von Debauchery und ihren Covern findet ihr oben in der Galerie.


Jakob Kranz





http://www.welt.de/die-welt/kultur/lite ... Angst.html


Schule der Angst
Von Dirk Peitz 2. Mai 2010, 04:00 Uhr

Es gleicht einem Berufsverbot: Der Sänger einer Stuttgarter Death-Metal-Band wollte Lehrer werden. Warum er es nicht wurde, erzählt viel über unsere Zeit.
..........................
Benutzeravatar
gabor
Moderator
Moderator
Beiträge: 10142
Registriert: 8. Apr 2009 16:18
Religionszugehörigkeit: Nihilist
Wohnort: Silencium est Aureum!

Re: Debauchery-Sänger zur Kündigung genötigt

Beitrag von gabor »

Mal sachte!Wenn ich provoziere,und das tut der Bandname,wie auch das cover,dann muss ich mit einer Reaktion rechnen.Das mag ungerecht erscheinen,aber wir alle leben nunmal in einer Gemeinschaft,und da gibt es ausser Gesetzen,auch Sozialnormen.Und der Beruf eines Pädagogen ist es nun mal,auch diese Normen zu vermitteln.Kindern wohlgemerkt!
Hast Du welche??Wie würdest Du es denn finden,wenn deren Lehrer Sänger in einer Fascho-Combo wäre?Also keine ultrarechte...eben was,was unter "Freier Meinungsässerung"läuft?
Und komm jetzt nicht mit:"Das ist doch was ganz Anderes!"Selbe Liga,selbes Spiel!
Freundschaft!
Woher soll ich wissen, ob die Vergangenheit keine Fiktion ist, die nur erfunden wurde, um den Zwiespalt zwischen meinen augenblicklichen Sinneswahrnehmungen und meiner Geistesverfassung zu erklären?
Benutzeravatar
ap
Moderator
Moderator
Beiträge: 1242
Registriert: 21. Mär 2005 13:21
Religionszugehörigkeit: nein danke...

Re: Debauchery-Sänger zur Kündigung genötigt

Beitrag von ap »

gabor hat geschrieben:Mal sachte!
nichts da "sachte" ich hab das hier ohne eigenes Kommentar und wertungsfrei gepostet, da komm mir nicht mit "sachte" ok ? ;)

Der Zwiespalt in dieser Sache ist mir sehr wohl bewußt das könnte ich mit Deinem Beispiel von der Faschokombo nicht besser ausdrücken !!

Es ist aber auch ein weiteres Beispiel dafür, wie dumm die Menschen sind und wie überflüssig solche Differenzen eigentlich sein sollten.
Benutzeravatar
gabor
Moderator
Moderator
Beiträge: 10142
Registriert: 8. Apr 2009 16:18
Religionszugehörigkeit: Nihilist
Wohnort: Silencium est Aureum!

Re: Debauchery-Sänger zur Kündigung genötigt

Beitrag von gabor »

"SOLLTEN"....da würd ich die Betonung drauf legen!Allerdings ginge dann eine gewisse Grundordnung unter!
Es geht um Kinder,also halbfertige Menschen.Naja und da ist die Vermittlung des gänigen Wertesystems eben Programm.Und ich find es gar nicht verkehrt,wenn Menschen,die dann doch Ansichten vertreten,die nicht konform sind,eben nicht auf die Lütten losgelassen werden.Das können die für sich entscheiden,wenn sie alt genug sind.
Freundschaft!
Woher soll ich wissen, ob die Vergangenheit keine Fiktion ist, die nur erfunden wurde, um den Zwiespalt zwischen meinen augenblicklichen Sinneswahrnehmungen und meiner Geistesverfassung zu erklären?
Clown
Beiträge: 3565
Registriert: 16. Mai 2009 09:26

Re: Debauchery-Sänger zur Kündigung genötigt

Beitrag von Clown »

Ich finde die haben der Schule einen grossen Funken Gelassenheit gestohlen. Jetzt lauffen dort wohl nur wieder Spiesser rum die sich fragen wie sie wieder die Prügelstrafe einführen können. Echt beschissen diese Pubertätsphase in der sich die Welt befindet.
Benutzeravatar
Azazel
Site Admin
Site Admin
Beiträge: 11545
Registriert: 20. Mär 2005 15:54
Religionszugehörigkeit: keine
Wohnort: Der Dummheit der Menschheit sind keine Grenzen gesetzt
Kontaktdaten:

Re: Debauchery-Sänger zur Kündigung genötigt

Beitrag von Azazel »

also ich finde es gut, dass ap darüber berichtet; denn solche Sachen gehen eher unter, da die Nachrichten'mafia' andere Themen als wichtig erachtet. Grundsätzlich sträuben sich mir alle Haare wenn da jemand wegen seines Privatvergnügens geschäftliche Konsequenzen hat....aber natürlich ist es bei einem Lehrer damit verbunden, dass er Einfluss auf Schüler hat - deswegen ist da natürlich diffiziler.
Benutzeravatar
ap
Moderator
Moderator
Beiträge: 1242
Registriert: 21. Mär 2005 13:21
Religionszugehörigkeit: nein danke...

Re: Debauchery-Sänger zur Kündigung genötigt

Beitrag von ap »

gabor hat geschrieben:"SOLLTEN"....da würd ich die Betonung drauf legen!Allerdings ginge dann eine gewisse Grundordnung unter!
eben darauf hab ich die Betonung auch legen wollen... ;)

Aber/und... der Untergang einer gewissen "Grundordnung" wäre nur zu begrüßen !

gabor hat geschrieben: Es geht um Kinder,

Das können die für sich entscheiden,wenn sie alt genug sind.
Um "Kinder" im Sinne des Wortes geht es aber gar nicht, es geht um eine 9. Klasse, Gymnasium, wie alt ist man da..??


Versteh mich nicht falsch, ich will dir gar nicht groß widersprechen, deine Argumente sind nicht von der Hand zu weisen. Grundsätzlich... es ist aber auch eine Ungerechtig die zum Himmel schreit !

Ich kenne zwei Metaller, die Lehrer sind, einer spielt selbst in so einer bösen bösen Death-Metal-Band und der ist Lehrer für Psychologie. Der andere ist Die-Hard Black-Metal Fan und ist Dozent für Spanisch und Französisch an der Uni. Und alle beide sind absolut coole, freundliche und intelligente Menschen, die man auch guten Gewissens auf Kinder loslassen könnte...
Clown
Beiträge: 3565
Registriert: 16. Mai 2009 09:26

Re: Debauchery-Sänger zur Kündigung genötigt

Beitrag von Clown »

ap hat geschrieben: Um "Kinder" im Sinne des Wortes geht es aber gar nicht, es geht um eine 9. Klasse, Gymnasium, wie alt ist man da..??
Also das sind definitiv noch Kinder. Von der geistigen Reife einiger Ausnahmen mal abgesehen tickt die Zeit für alle Menschen gleich und in dem Alter hat man noch nicht viel gesehen.
Jedoch wissen dort sicher viele was Kunst ist und was Realität. In dem Alter sollte man auch das unterscheiden können und von Gymnasiasten wird das auch in höchsten Tönen erwartet. Deswegen verstehe ich das Theater überhaupt nicht. Null und gar nicht.

Zurück zu „Dunkle Musik“