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A.R. Lesage / L.V.de Guevara

Verfasst: 7. Sep 2006 10:55
von Noriel de Morville
Alain René Lesage (* 8. Mai 1668 in Sarzeau/ Bretagne, † 1747 in Boulogne-sur-Mer)

Seine Schulzeit absolvierte Lesage unter den Jesuiten in Vannes (Morbihan/Bretagne), betrieb danach zunächst Jurastudien und wurde Rechtsanwalt. 1698 schied er aus diesem Beruf aus und zog nach Paris, um sich seiner Autorentätigkeit zu widmen. Zum Beginn seiner Laufbahn beschäftigte sich Lesage mit Übertragungen und Bearbeitungen spanischer Theaterstücke. Sein Durchbruch als Schriftsteller kam 1707 Crispin, rival de son maître ("C. als Rivale seines Herrn"), eine Komödie, und Le Diable boiteux ("Der hinkende Teufel"). 1709 erzielte sein Turcaret, die das von allerlei Neureichen durchsetzte Milieu der Pariser „Financiers“ (Bankiers) an den Pranger stellte, skandalösen Erfolg. Auf Betreiben der Finaciers wurde Turcaret von den Spielplänen abgesetzt..

Zahlreichen weitere Satiren und ironische, wenn auch weniger aggressive Werke als Turcaret, flossen aus seiner Feder. Er schrieb diese meist für das Pariser Théâtre de la Foire. Neben einigen heute leider vergessenen Romanen begann Lesage um 1715 mit dem Buch, welches als bester französischer Picaro-Roman gilt: die sehr aktionsreiche Histoire de Gil Blas de Santillane (4 Bände, 1715-1735). Lesage verlegte die Handlung nach Spanien und zeitlich 100 Jahre zurückversetzt; die Bücher spiegeln zeitgenössische französische Verhältnisse, wobei der Autor aus der Perspektive des Ich-Erzählers und Protagonisten die bestehenden Milieus von ganz unten bis ganz oben kritisch betrachtet und durchleuchtet. Zugleich, (Neu in diesem genre )ist der Picaro Gil Blas eine gebildeter Mann, dem eine charakterliche Reife wiederfährt, womit Grundzüge der späteren Gattung des Bildungsromanes gelegt werden.

Lesages Titelheld war übrigens als Prototyp des scharfsichtigen, aber abgeklärten Spötters bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein geläufig; auch als Namenspatron der von 1879 bis 1914 existierenden satirischen Zeitschrift Le Gil Blas.

Seinen „ Le diable boiteux „ übersetzte und schrieb er nach einer Satire des Spaniers Luis Vélez de Guevara, die ebenso in deutscher Übersetzung vorliegt. Luis Velez de Guevara, geboren 1579 in Ecija (Provinz Sevilla), gestorben 1644 in Madrid war ein spanischer Barockautor in der Tradition Lope de Vegas. Velez de Guevara schrieb an die vierhundert Theaterstücke sowie "Der hinkende Teufel" (1641), der Alain Rene Lesages "Le diable boiteux" (1707) als Vorlage diente.

Wenn ein Dämon sich in solch reizvoller Gestalt präsentiert, muß man ihn einfach ins Hause lassen ( BZW. aus einer Phiole befreien )Der spanische Student Cleofas, befreit das dämonische Hinkebein aus einer Phiole und reist zum Dank mit ihm durch das Spanien des Dreißigjährigen Krieges ( der Autor nimmt seine Zeit aufs Korn und brilliere mit der "sprachspielerischen Kunst des klugen Weltbeobachters"). Wer die Welt des 17. Jahrhunderts mit ihrer Mischung von Standesdünkel und Frömmigkeit, aus Leidensbereitschaft und Genußsucht genießen mochte, dem sei El diablo cojuelo von de Guevara oder Lesages überarbeitete Version Le diable boiteux empfohlen.

Verfasst: 7. Sep 2006 13:34
von Azazel
Supi! Vielen Dank für den Artikel!! Ist genau mein Ding:-))

Verfasst: 7. Sep 2006 14:20
von Noriel de Morville
Gerne, Freund...ist wirklich witzig geschrieben und ein netter zeitgenössischer Spiegel...

Noriel