klimafreundliche panzer

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Moderator: gabor

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Re: klimafreundliche panzer

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Wolf Drache hat geschrieben: 28. Mär 2023 06:18
fehlgeleitet hat geschrieben: 27. Mär 2023 17:49 Das der kalte Krieg relativ kalt blieb hat mit der permanenten Deeskalation der Sowjetunion zu tun.
:auweiah:
Ich sach nur Kuba-Krise.
Weil die USA seit Ende des zweiten Weltkriegs der SU ja immer mehr Atombomben direkt vor die Haustür gesetzt haben, zuletzt ging es um nukleare Teilhabe der Türkei, hat die SU der USA mal gleiches mit gleichem vergelten wollen.

Die USA drohten aber sofort mit Weltkrieg.

Auch hier wieder ging die Deeskalation von der SU aus, die daraufhin auf eine Stationierung der Atomwaffen verzichtete, während die USA ihre Atomwaffen vor der Haustür der SU behielten und nur verzichteten die Türkei damit zu bestücken.
Wolf Drache hat geschrieben: 28. Mär 2023 06:18 Die Sowjetunion hat innenpolitisch die permanente Bedrohungssituation genauso gebraucht und gefördert wie die USA, und auf beiden Seiten gab es in der politischen Führung genügend Vernunft zu erkennen, dass es für die eigene Machtperspektive eher von Nachteil ist wenn einem der Staat unter dem Hintern weggebombt wird.
Mit Innenpolitik hat das wirklich nichts zu tun. Für die USA war die SU aus 3 Gründen unerträglich:

1. Sie beschränkte ihren Zugriff der USA auf den Weltmarkt (dies allein reicht schon als Kriegserklärung, es war der wichtigste Grund)
2. Sie war militärisch von den USA nicht einfach von der Karte zu fegen
3. Die Konkurrenz der Systeme (dies ist der Grund der in der Öffentlichkeit breitgetreten wurde, war aber der unwichtigste)

Es gibt gründe, warum kapitalistische Länder eine aggressive Außenpolitik verfolgen. Nämlich weil sie vom Weltmarkt leben, sehen sie auch überall ihre Interessen gefährdet. "Deutschlands Interessen werden am Hindukusch verteidigt!"

Der Ostblock hingegen setzte größtenteils auf Selbstversorgung. Weswegen er viel weniger von seinen kapitalistischen Nachbarn wollte und viel weniger Gründe hatte sie zu bedrohen, weil er sie nicht zu erpressen brauchte.
Wolf Drache hat geschrieben: 28. Mär 2023 06:18 Das ist jetzt ja immer noch so: Auch unter Putin ist Russland nicht blöd genug, ein NATO-Land anzugreifen.
Die Ukraine entwickelt sich immer mehr zu einem klassischen Stellvertreter-Krieg: Der eine Machtblock (Russland) greift einen Staat an, der dem anderen Machtblock (USA) nahesteht, und der andere Machtblock rüstet diesen Staat genau soweit hoch, dass er standhalten kann, aber auch nicht weiter. Hatten wir in der umgekehrten Konstellation z.B. in Vietnam. Was eine der möglichen Formen der Deeskalation zeigt: Rückzug weil Russland (so wie in Afghanistan in den 80ern) einsieht dass es seine Ziele nicht erreichen kann. Ich hoffe nur dass das in der Ukraine nicht auch 10 Jahre lang dauern wird.
Vietnam wurde ziemlich nachhaltig zerstört. Wenn der Krieg vorbei ist wird von der Ukraine vermutlich auch nichts mehr übrig sein und es einen ziemlich signifikanten Frauenüberschuss geben.
Wolf Drache hat geschrieben: 28. Mär 2023 06:18
fehlgeleitet hat geschrieben: 27. Mär 2023 17:49 Inzwischen ist es recht offensichtlich: Außenpolitisch agieren demokratische Nationen nicht weniger aggressiv als faschistische Regime, wenn es die Staatsräson gebietet.
Hat das irgendjemand ernsthaft erwartet? Der Spruch "Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" hat schon immer gegolten, für alle Staatsformen.
Ja und warum willst du dann Sozialdemokrat sein?
Wolf Drache
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 28. Mär 2023 08:25
Wolf Drache hat geschrieben: 28. Mär 2023 06:18
fehlgeleitet hat geschrieben: 27. Mär 2023 17:49 Inzwischen ist es recht offensichtlich: Außenpolitisch agieren demokratische Nationen nicht weniger aggressiv als faschistische Regime, wenn es die Staatsräson gebietet.
Hat das irgendjemand ernsthaft erwartet? Der Spruch "Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" hat schon immer gegolten, für alle Staatsformen.
Ja und warum willst du dann Sozialdemokrat sein?
Krieg ist in erste Linie Außenpolitik, Sozialdemokratie hat mit Außenpolitik nicht viel zu tun.
Das spielt natürlich ineinander, denn eine äußere Bedrohung (egal ob konstruiert oder real) lenkt von inneren Problemen ab und sorgt so innenpolitisch für Frieden - das braucht man aber nur wenn man nicht anderweitig (also z.B. durch soziale Umverteilung) für gesellschaftlichen Frieden sorgen kann.
Meiner Meinung nach ist Politik nicht so eindimensional dass man irgendeinen -ismus als pauschal friedliebend oder kriegslüstern abqualifizieren könnte.
Der Kapitalismus ist sicherlich stärker auf Expansion ausgelegt als Sozialismus, denn ein Markt lässt sich um so besser ausbeuten je größer und allumfassender er ist. Dem Sozialismus dagegen fehlen die wirtschaftlichen Sanktionsmöglichkeiten, mit denen im Kapitalismus Abweichler ausgeschlossen bzw. bestraft werden, deswegen kommt da sehr viel schneller der Militär-Knüppel aus dem Sack wenn Verbündete es wagen, andere Ideen zu haben. Beispiele dafür sind der Prager Frühling, der Mauerbau, der Aufstand in Umgarn 1956 und die Annexion von Afghanistan durch die SU.
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."
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Wolf Drache hat geschrieben: 28. Mär 2023 12:38
fehlgeleitet hat geschrieben: 28. Mär 2023 08:25
Wolf Drache hat geschrieben: 28. Mär 2023 06:18
Hat das irgendjemand ernsthaft erwartet? Der Spruch "Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" hat schon immer gegolten, für alle Staatsformen.
Ja und warum willst du dann Sozialdemokrat sein?
Krieg ist in erste Linie Außenpolitik, Sozialdemokratie hat mit Außenpolitik nicht viel zu tun.
Natürlich hat die Sozialdemokratie wie jede andere bürgerliche Politik eine Vorstellung von Außenpolitik, in der es darum geht, ihr Land in der Konkurrenz auf dem Weltmarkt gegen andere Nationen voranzubringen.

Dieses Vorhaben selbst schließt die Option Krieg immer ein.
Wolf Drache hat geschrieben: 28. Mär 2023 12:38 Das spielt natürlich ineinander, denn eine äußere Bedrohung (egal ob konstruiert oder real) lenkt von inneren Problemen ab und sorgt so innenpolitisch für Frieden - das braucht man aber nur wenn man nicht anderweitig (also z.B. durch soziale Umverteilung) für gesellschaftlichen Frieden sorgen kann.
Wie ich schon sagte werden Kriege nicht aus innenpolitischen Gründen geführt. Dafür sind die viel zu teuer. Da hätte der Staat ganz andere Möglichkeiten um innenpolitisch ruhe zu schaffen, die deutlich preiswerter und für diesen Zweck effektiver wären.

Vom Polizeiknüppel zu staatlich subventionierten Arbeitsplätzen bis Armenunterstützung gibt es da vieles.

Im Krieg geht es darum, einen feindlichen staatlichen Willen zu brechen.
Wolf Drache hat geschrieben: 28. Mär 2023 12:38 Meiner Meinung nach ist Politik nicht so eindimensional dass man irgendeinen -ismus als pauschal friedliebend oder kriegslüstern abqualifizieren könnte.
Der Kapitalismus ist sicherlich stärker auf Expansion ausgelegt als Sozialismus, denn ein Markt lässt sich um so besser ausbeuten je größer und allumfassender er ist. Dem Sozialismus dagegen fehlen die wirtschaftlichen Sanktionsmöglichkeiten, mit denen im Kapitalismus Abweichler ausgeschlossen bzw. bestraft werden, deswegen kommt da sehr viel schneller der Militär-Knüppel aus dem Sack wenn Verbündete es wagen, andere Ideen zu haben. Beispiele dafür sind der Prager Frühling, der Mauerbau, der Aufstand in Umgarn 1956 und die Annexion von Afghanistan durch die SU.
Ohne jetzt auf die Beispiele alle einzugehen, sage ich dir mal eine Zahl. Man schätzt vorsichtig, dass der Bekämpfung des Kommunismus durch die USA im kalten Krieg 50 Millionen Menschen zum Opfer gefallen sind. Weiterhin sitzen in den USA, dem erfolgreichste kapitalistischen Land, mehr Menschen im Knast im vergleich zur Bevölkerung als irgendwo sonst.

Es ist also überhaupt nicht wahr, dass der Kapitalismus nur durch indirekten Zwang (sogenannte Anzreize) herrscht bzw. durchgesetzt wird. Der indirekte Zwang funktioniert nämlich nur, solange eine unangefochtene Gewalt ihn garantiert.

Ich möchte jetzt auch nicht die untergegangene SU als das Paradies auf Erden darstellen. Ich will aber schonmal festhalten, dass sich seit Ende der SU die internationalen Spannung im Grunde jedes Jahr verstärkt haben. Weil eben die Konkurrenz auf dem Weltmarkt keine sportliche ist, wo es nur ums dabei sein geht, sondern die Zukunft der Nation vom Erfolg in dieser Konkurrenz abhängt, in der eben nicht jeder gewinnen kann.

Sondern es entsteht eine Hierachie von Staaten, ganz oben die USA und seine westlichen Allierten und das geschmähte erfolgreiche Land China. Dann kommen Schwellenländer wie Brasilien, Indien und Russland, in denen zwar produziert wird und die Rohstoffe liefern, die aber keine eigenen internationale Monopole in einer großen Masse haben. Ganz hinten die ganzen Entwicklungsländer, die auf ewig dazu verdammt sind von den anderen Nationen nach ihrem gusto gebraucht zu werden ohne noch viel mitzubestimmen haben. Inklusive ein paar failed states in denen nichts mehr geht.

In dieser Konkurrenz werden die Karten nicht immer neu gemischt. Wer einmal reingeschissen hat erholt sich in der Regel nie mehr. Umgekehrt, umgekehrt. Chinas Aufstieg ist das einzige Gegenbeispiel das du finden wirst. Deutschlands Aufstieg (inklusive dem restlichen zerstörten Europa) nach dem zweiten Weltkrieg war das Werk der USA, die es mit Krediten ohne Ende aufpeppelten, weil sie es gegen den neuen Feind im Osten brauchten.

Ohne das jetzt im einzelnen zu beweisen dürfte doch klar sein, dass der Griff zu den Waffen in einer solche Konkurrenz, in der es sprichwörtlich um alles geht nicht weit ist. Das es in der sogenannten Regelbasierten Weltordnung lange nicht so war lag an dem gemeinsamen Feind im Osten, der die USA dazu nötigte eine Bündnisdisziplin im eigenen Block durchzusetzen. Bis heute bestimmen die USA sehr maßgeblich, welche Kriege auf diesem globus legitim sind und welche nicht. Nach Ende des Ostblocks gab es ein paar Kriege (im Journalistensprech humanitäre Missionen) in islamischen Ländern, jetzt steht die Beseitigung von Russland als Weltmacht und das zurechtstutzen der Chinesen auf der Tagesordnung, inklusive der Abschwächung der wirtschaftlichen Macht der EU.

Einen so großen Ordnungsfall haben die USA nicht seit Ende der SU ausgerufen.
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Re: klimafreundliche panzer

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@wolf_drache

vielleicht liegt dein Verständnisproblem hier: "Der stumme Zwang der Verhältnisse" wirkt durchaus indirekt wie du sagst. Das sind die "Anreize" oder auch "Sachzwänge" die im Kapitalismus gelten und den Marktteilnehmern ein bestimmtes Verhalten nahelegen.

Mit indirektem Zwang ist aber keineswegs gemeint, dass dies irgendwie human wäre, einen indirekten Zwang merkt man schon, wenn man sich die Dinge die man braucht nicht leisten kann bzw. wenn der Wecker morgens klingelt.

Um diesen indirekten Zwang wirklich wirksam werden zu lassen benötigt es immer eine politische Gewalt, die diesen erstmal etabliert und auch aufrechterhält. Gegen normale Kriminelle gibt es die Polizei, gegen politische Abweichler den Verfassungsschutz.

Die Aufstände gegen die SU die du nennst würde auch eine kapitalistische Herrschaft blutig niederschlagen. Du siehst doch was mit den Separatisten aus Katalonien passiert ist beispielsweise, die werden immer noch gejagt, obwohl sie durch EU-Recht eigentlich geschützt sind. https://taz.de/Katalanische-Separatiste ... /!5925022/
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 30. Mär 2023 13:35 vielleicht liegt dein Verständnisproblem hier
Ich sehe eigentlich nicht, dass ich ein Verständnisproblem habe.
Deine kritische Sicht auf den Kapitalismus und die internationale Kriegspolitik der USA sehe ich ja, und ich stimme auch in der Beurteilung mit Dir überein.
Ich habe lediglich darauf hinweisen, dass kommunistische Diktaturen wie die SU keinesfalls von Natur aus deeskalierender und friedliebender waren oder sind als kapitalistische Staaten.
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von fehlgeleitet »

Wolf Drache hat geschrieben: 30. Mär 2023 13:49
fehlgeleitet hat geschrieben: 30. Mär 2023 13:35 vielleicht liegt dein Verständnisproblem hier
Ich sehe eigentlich nicht, dass ich ein Verständnisproblem habe.
Deine kritische Sicht auf den Kapitalismus und die internationale Kriegspolitik der USA sehe ich ja, und ich stimme auch in der Beurteilung mit Dir überein.
Ich habe lediglich darauf hinweisen, dass kommunistische Diktaturen wie die SU keinesfalls von Natur aus deeskalierender und friedliebender waren oder sind als kapitalistische Staaten.
Okay. Aber du hast meinem Argument doch recht gegeben, dass kapitalistische Staaten außenpolitisch aktiver sein müssen als Staaten, die nicht vom Weltmarkt leben? Das sollte keine Ehrenrettung der SU sein und auch nicht die Gewalt verharmlosen, die notwendig war um den Ostblock zusammenzuhalten, wie du sie ja in deinen Beispielen erwähnst.

Du kannst die Zuspitzung der Widersprüche innerhalb des Westens auch daran erklären, dass der gemeinsame Feind im Osten nicht mehr existiert. Allerdings: Es bindet sie immer noch zusammen, dass sie Profiteure der US-amerikanischen Weltordnung sind.

Welcher der beiden Gründe ausschlaggebender ist, kann ich dir jetzt auch nicht sagen.

Bist du so einverstanden?
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von fehlgeleitet »

habe mal gegoogled was die Daten sagen. Man kann zumindest sehen, dass seit Ende des Ostblocks innerstaatliche Konflikte zugenommen haben. Gleichzeitig hat die Anzahl der Staatsinsolvenzen rasant zugenommen.

Vermutlich haben die was mit den Niederlagen auf dem Weltmarkt zu tun, dessen Härten mit der Globalisierung durchaus zugenommen haben. Auch die Globalisierung war nur durch das Ende der SU möglich.

https://de.wikipedia.org/wiki/Staatsbankrott
Staatsinsolvenzen sind durchaus keine Seltenheit. Der IWF hat zwischen 1824 und 2004 insgesamt 257 Staatsinsolvenzen inventarisiert.[26] Konrad/Zschäpitz listen seit 1800 insgesamt 250 Staatsinsolvenzen und seit 1980 allein 90 Insolvenzen von 73 Staaten auf
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 30. Mär 2023 14:13
Wolf Drache hat geschrieben: 30. Mär 2023 13:49
fehlgeleitet hat geschrieben: 30. Mär 2023 13:35 vielleicht liegt dein Verständnisproblem hier
Ich sehe eigentlich nicht, dass ich ein Verständnisproblem habe.
Deine kritische Sicht auf den Kapitalismus und die internationale Kriegspolitik der USA sehe ich ja, und ich stimme auch in der Beurteilung mit Dir überein.
Ich habe lediglich darauf hinweisen, dass kommunistische Diktaturen wie die SU keinesfalls von Natur aus deeskalierender und friedliebender waren oder sind als kapitalistische Staaten.
Okay. Aber du hast meinem Argument doch recht gegeben, dass kapitalistische Staaten außenpolitisch aktiver sein müssen als Staaten, die nicht vom Weltmarkt leben? Das sollte keine Ehrenrettung der SU sein und auch nicht die Gewalt verharmlosen, die notwendig war um den Ostblock zusammenzuhalten, wie du sie ja in deinen Beispielen erwähnst.
Ja, dem kann ich zustimmen. Außenpolitisch aktiver heißt aber nicht zwangsweise kriegerisch aktiv, denn eine friedliche Ausbeutung ist wesentlich effizienter.
fehlgeleitet hat geschrieben: 30. Mär 2023 14:13 Du kannst die Zuspitzung der Widersprüche innerhalb des Westens auch daran erklären, dass der gemeinsame Feind im Osten nicht mehr existiert. Allerdings: Es bindet sie immer noch zusammen, dass sie Profiteure der US-amerikanischen Weltordnung sind.

Welcher der beiden Gründe ausschlaggebender ist, kann ich dir jetzt auch nicht sagen.

Bist du so einverstanden?
Ich sehe das anders.
Die meisten innerstaatlichen Konflikte haben meiner Ansicht nach gar nichts mit dem Grundkonflikt Kapitalismus vs. Kommunismus zu tun. Es sind alles nur machtpolitische Spielchen zwischen verschiedenen Gruppen - Volksgruppen, Religionsgemeinschaften, Eliten die ihre Vorherrschaft verteidigen wollen, Ehrgeizlinge die etablierte Eliten stürzen wollen, Eliten die ihre Untergebenen soweit ausbeuten dass diese gar keine andere Wahl haben als einen Krieg anzuzetteln wenn sie überleben wollen und so weiter. Alles nur das natürliche Verhalten von Menschen.

Zu Zeiten des Kalten Kriegs war es noch so, dass sich irgendwann eine Konfliktpartei an den einen waffenstarrenden großen Bruder gewandt hat, und die andere an den anderen waffenstarrenden großen Bruder. Damit wurde aus dem innerstaatlichen Konflikt ein Konflikt zwischen Ost und West, und damit mit der Gefahr eines alles vernichtenden Atomkriegs verbunden. Das wollte niemand, und daher haben sich die beiden Blöcke irgendwie geeinigt und haben deeskalierend auf die Kriegsparteien eingewirkt.

Jetzt ist nur noch ein ernstzunehmender waffenstarrender großer Bruder übrig, deswegen haben die zunächst unterlegenen Bürgerkriegsparteien nicht mehr die Möglichkeit, sich wirklich mächtige Unterstützung zu holen, und die überlegene Bürgerkriegspartei meint, sich gewaltsam durchsetzen zu können. Das funktioniert aber nicht, denn die unterlegene Partei findet immer irgendwelche Unterstützer, die sie mit Waffen und anderem versorgt, so dass sie militärischen Widerstand leisten kann. Bestes Beispiel dazu ist der Jemen-Krieg. Da ist weder Russland noch die USA beteiligt, da wird die eine Bürgerkriegspartei vom Iran unterstützt und die andere von Saudi-Arabien.
Aus dieser Konstellation entsteht aber kein alles vernichtender Atomkrieg, deswegen gibt es keine Basis für eine Deeskalation, und die Bürgerkriegsparteien schlagen sich ungehindert die Rübe ein.

Interessant ist, dass noch nicht mal der Ukrainekrieg den Mechanismus der Abschreckung hervorruft, obwohl die Ukraine ja die USA als waffenstarrenden Unterstützer haben. Das ist für mich ein Zeichen davon, dass auch die interne Machtbasis der westlichen Welt am Bröckeln ist - was auch am erstarkenden Nationalismus, der Abspaltung von Subkulturen wie der Querdenkerbewegung und der zunehmenden Unzufriedenheit der jungen Generation sichtbar wird.

Der Osten ist schon auseinandergefallen, der Westen scheint es ihm jetzt nachtun zu wollen. Wir leben in spannenden Zeiten.
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von fehlgeleitet »

Okay, so genau kann ich dir jetzt auch nicht sagen, wo diese gewaltsamen Krisen genau herkommen - sie haben etwas mit dem Imperialismus zu tun, klar - aber das ist sehr allgemein.

In der Grafik ist von innerstaatlichen Konflikten die Rede.

Meine Vermutung war ja, dass diese Auseinandersetzungen was mit den rasant ansteigenden Staatspleiten zu tun haben. Diese wiederum sind ein Resultat des freien Handels. Durch die Ruinierung ganzer Völker entstehen im jeweiligen Land dann eben politische Unruhen. Der freie Handel, was effektiv der Frieden im Kapitalismus ist, schafft also durchaus Gründe für gewaltsame Auseinandersetzung. Deswegen würde ich auch nicht sagen, dass Frieden das Gegenteil von Krieg ist. Sondern Frieden ist ein Zustand in dem die Widersprüche konserviert und nicht ausgetragen werden. Verschwinden tun diese Widersprüche aber deswegen nicht.

Eine Sache sollte man bei dem Westen allerdings nicht vergessen. Bei allen Widersprüchen die zwischen den westlichen Nationen herrschen, hält sie zusammen, dass sie die Profiteure dieser Weltordnung sind und deswegen trotz ihrer Rivalität ein gemeinsames Interesse daran haben, diese Weltordnung durchzusetzen.

So ähnlich wird die EU auch zusammengehalten. Und das funktioniert solange, wie die EU-Mitgliedstaaten glauben, mit EU stärker zu sein als ohne.
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von gabor »

Na, da machst Du es dir aber wieder schön leicht.... :lol:
Im Kommunismus sind alle gleichberechtigt? Ganz sicher nicht!
Wie hat den der Warschauer Pakt, und letztendlich die SU zusammen gehalten?
Und zwar im Grossen, wie auch im ganz Kleinen. Mit Druck.
Leitende Position ohne Parteidrops....vergiss es! Studium ohne 3 Jahre Arme...vergiss es! Rohstoffe ohne Linientreue..vergiss es.
Tolle Demokratie!
Und sicher waren Konflikte immer nur dazu da, den Klassenfeind, oder dessen Einflussnahme zu......jetzt fehlt mir das richtige Wort....stoppen.
Immer bereit!
Woher soll ich wissen, ob die Vergangenheit keine Fiktion ist, die nur erfunden wurde, um den Zwiespalt zwischen meinen augenblicklichen Sinneswahrnehmungen und meiner Geistesverfassung zu erklären?
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von fehlgeleitet »

gabor hat geschrieben: 2. Apr 2023 15:09 Na, da machst Du es dir aber wieder schön leicht.... :lol:
Im Kommunismus sind alle gleichberechtigt? Ganz sicher nicht!
Wie hat den der Warschauer Pakt, und letztendlich die SU zusammen gehalten?
Und zwar im Grossen, wie auch im ganz Kleinen. Mit Druck.
Leitende Position ohne Parteidrops....vergiss es! Studium ohne 3 Jahre Arme...vergiss es! Rohstoffe ohne Linientreue..vergiss es.
Tolle Demokratie!
Und sicher waren Konflikte immer nur dazu da, den Klassenfeind, oder dessen Einflussnahme zu......jetzt fehlt mir das richtige Wort....stoppen.
Immer bereit!
Jo der reale Sozialismus hatte sein eigenes System von Widersprüchen, habe ich ja auch nicht bestritten.

Ist aber schon auffällig, dass die Staatspleiten und die gewaltsamen Krisen mit Ende der SU laut Wikipedia bzw. laut Graph drastisch zunehmen, was das Leben in den betroffenen Regionen sicher ein Stück ungemütlicher gemacht hat wie vorher.

Damit wollte ich nicht Werbung für die verschlissene SU machen, sondern begreiflich machen, was die regelbasierte Weltordnung mit der einzig verbliebenen Supermacht USA so für Konsequenzen hat. Ohne SU hat man es nämlich nun weltweit mit Imperialismus in seiner REINEN Form zu tun. Das ist eben wie ein leben im Pulverfass und gleichzeitig ist man den grenzenlosen Ansprüchen der Kapitalisten nach Profit unterworfen.
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von gabor »

Ob nun Profitstreben der Kapitalisten, oder Machtstreben der Kommunisten.....was ändert das am Ende?
Ach ja....Warschauer Pakt....ja, damals war es schön ruhig..Prager Frühling und so.... :lol:
Und dann kam der Segen des Kapitalismus übers Land, und schon fühlte sich jederman frei.....sooo frei, dass man den Nachbarn einfach erschiessen konnte. Nur`ne Begründung musste noch her.
Was dem Kommunisten die vereinte Welt war, war den Imperialisten Autonomie.....am Ende alles eine Grütze!
Da fällt mir ein...."tote Oma" ....könnt ich auch mal wieder machen....Mahlzeit! :lol:
Immer bereit!
Woher soll ich wissen, ob die Vergangenheit keine Fiktion ist, die nur erfunden wurde, um den Zwiespalt zwischen meinen augenblicklichen Sinneswahrnehmungen und meiner Geistesverfassung zu erklären?
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Re: klimafreundliche panzer

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gabor hat geschrieben: 2. Apr 2023 20:02 Ob nun Profitstreben der Kapitalisten, oder Machtstreben der Kommunisten.....was ändert das am Ende?
Ach ja....Warschauer Pakt....ja, damals war es schön ruhig..Prager Frühling und so.... :lol:
Und dann kam der Segen des Kapitalismus übers Land, und schon fühlte sich jederman frei.....sooo frei, dass man den Nachbarn einfach erschiessen konnte. Nur`ne Begründung musste noch her.
Was dem Kommunisten die vereinte Welt war, war den Imperialisten Autonomie.....am Ende alles eine Grütze!
Da fällt mir ein...."tote Oma" ....könnt ich auch mal wieder machen....Mahlzeit! :lol:
Immer bereit!
Die Frage "was ändert das" stellt sich nicht. Ist ja nicht so, dass man sich Herrschaft aussuchen könnte, wie ob ich jetzt Erdbeereis esse oder doch lieber Vanille.

Aber so meinst du das ja nicht. Im Grunde glaubst du, dass es ein Naturgesetz gibt, nachdem menschliches Zusammenleben sich immer so abzuspielen hat, weil es bisher immer so gewesen ist.

Da irrst du dich.

Die Zwecke der Gesellschaft bestimmen ihr Handeln und diese Zwecke sind kein Naturgesetz, sondern werden bewusst gesetzt und verfolgt. Genauso wie die Gesellschaft aufhören kann ein imaginäres höheres Wesen über den Wolken zu verehren kann sie damit aufhören den Kapitalismus als materielle Grundlage zu wollen. Ob das was sie dann stattdessen will gut ist muss man dann sehen. Der reale Sozialismus hatte so einige Fehler - wenn dich das nochmal genauer interessiert mache ich mal einen längeren Schrieb drüber.
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Wolf Drache
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 3. Apr 2023 20:54 Da wird deine Frage nach der Alternative ziemlich gut beantwortet. Schau da mal rein.
Sehr interessant - knüpft an eine Diskussion an, die ich gerade mit meiner Tochter führe.
Habe daher gleich die Videos geschaut und war maßlos enttäuscht:
Video 1
05:40: Behauptet wird, dass der Frager als Kriterium für eine zulässige Alternative die Gesetzeskonformität fordert. Das tut der Frager in der Regel nicht, gefordert wird lediglich die Schilderung eines Szenarios das in Bezug auf die geschilderten Probleme (Umweltverschmutzung, Ausbeutung etc.) besser ist als das aktuelle.
07:30: Systemkritik ohne Alternative ist durchaus nützlich. In der Regel wird von der linksradikalen Seite aber nicht nur Systemkritik, sondern die Forderung nach Beseitigung des Systems vorgebracht. Dabei sollte man schon fragen, ob nach der Beseitigung des vorhandenen Systems ein alternatives System entsteht, das in den kritisierten Bereichen bessere Ergebnisse bringt. Wenn die Beseitigung des existierenden Systems am Ende dazu führt, dass ein System entsteht, was in Bezug auf Gerechtigkeit, Umweltschutz und Ausbeutung noch schlimmer ist als das existierende, dann wäre ja die Beseitigung des Systems kontraproduktiv.
Video 2 ist eine Nullnummer: Behauptet wird, dass die Beseitigung der kritisierten Fakten zu einer besseren Welt führt. Hört sich logisch an, stimmt aber nicht. Wenn mein Hirn Schwachsinn liefert, dann sorgt die Entfernung meines Gehirns zwar dazu, dass ich keinen Schwachsinn mehr labere. Für mich persönlich ergibt sich dadurch aber eher eine Verschlechterung, denn ich lebe nicht mehr.
Wie die Welt nach der Beseitigung der kritisierten Fakten aussieht, ob sie andere Nachteile mitbringt, und ob sie dauerhaft stabil ist und nicht nur ein Zwischenzustand, der zwangsläufig zu einem weit schlimmeren System führt, wird nicht betrachtet. Damit zeigt zumindest Video 2 keine Antwort auf die Frage.
Video 3 behauptet, dass die Diskussion über Alternativen sinnlos ist. Das wäre nur dann der Fall, wenn es nur eine Alternative gäbe. Es gibt aber immer zwei Alternativen: Das Plan-Szenario und das fortgeschriebene Ist-Szenario. Wenn es aber mehrere Alternativen gibt, dann ist es absolut notwendig, beide Alternativen zu vergleichen, also zu prüfen ob das Plan-Szenario Vorteile gegenüber dem Ist-Szenario bringt. Immerhin zeigt sich der Autor offen in der Hinsicht, dass die Problemanalyse offen diskutiert wird. Aber: Wenn ich bei der Problemanalyse an den Punkt komme, dass ich ein großes Problem habe, für das es keine akzeptable Lösung gibt, die das Problem kleiner macht (Beispiel aus Video 1: die unheilbare Krankheit), darf (und sollte) ich dann die Analyse weiterführen und prüfen, ob ich zumindest Teilprobleme lösen und damit Verbesserungen erzielen kann (Im Beispiel: Symptome lindern)? Meiner Meinung nach gehört zu einer Problemanalyse zwingend die Frage, ob es für das erkannte Problem eine akzeptable Lösung gibt oder ob besser andere, lösbare Probleme, angegangen werden sollten.
Um zu meinem Eingangsbeispiel des Schwachsinn produzierenden Hirns zurückzukehren: Die reine Feststellung, dass mein Hirn Schwachsinn produziert, führt - konsequent zuendegedacht - zu meinem Tod. Das sollte ich schon wissen, wenn ich darüber diskutiere, dass mein Hirn Schwachsinn produziert, oder nicht?
Video 4: hier wird die Akzeptabilität der Alternative mit Gesetzeskonformität verknüpft. Damit wird die Diskussion auf ein Schein-Szenario abgelenkt: kann eine Beseitigung des Systems konform zu den aktuellen Gesetzen sein? Auf diese Frage ist die Antwort natürlich nein. Damit wird aber vom eigentlichen Problem abgelenkt, denn bei der Frage nach der Alternative geht es ja darum, ob es nach der Beseitigung des Systems und der darin geltenden Gesetze ein System entsteht, das in Bezug auf die betrachteten Phänomene Umweltverschmutzung, Ausbeutung etc. Vorteile gegenüber dem aktuellen System hat. Diese Frage wird immer noch nicht beantwortet.
Video 5: Hier wird die lediglich darüber gejammert, dass die konservative Politik sich auf angeblich alternativlose Sachzwänge zurückzieht, anstelle die Probleme innerhalb des Systems anzugehen. Damit wird zwar aufgezeigt, dass die konservative Politik keine Problemlösung anbietet, aber auch wieder nicht geschildert, ob und wie eine Beseitigung des Systems die Probleme lösen könnte.

Beim Schluss wird zusammenfassend ausgeführt, dass bei der Diskussion über die Beseitigung des Systems die Folgen vollkommen außer Acht gelassen werden dürfen, während selbstverständlich bei der Kritik des bestehenden Systems die Folgen der aktuellen Handlungsweise in aller Härte analysiert werden müssen. Dieser Widerspruch sollte eigentlich jedem auffallen!

Insgesamt eine absolute Nullnummer, enttäuschend.

Da ist die Diskussion mit meiner Tochter vielversprechender. Die hat wenigstens zugegeben, dass in einem Sozialistischen System notwendigerweise eine Situation entsteht, dass jeder Bürger zu Zwangsarbeit herangezogen werden kann. Das fand sie nicht weiter schlimm (im Gegensatz zu mir).
Das ist ja wenigstens schon mal ein Schritt dahin, dass man nicht blind in einen Systemwechsel hineinläuft, der (meiner Ansicht nach) zwangsweise zu einer Diktatur von institutionalisierter Dummheit, dem weitgehenden Verlust individueller Freiheit und einer Verstärkung der aktuellen Umweltprobleme führt. Ob man dies dann begrüßt oder nicht, ist ein anderes Thema, aber dann entsteht wenigstens eine ehrliche Diskussion.
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."
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Re: klimafreundliche panzer

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Wolf Drache hat geschrieben: 4. Apr 2023 07:16
fehlgeleitet hat geschrieben: 3. Apr 2023 20:54 Da wird deine Frage nach der Alternative ziemlich gut beantwortet. Schau da mal rein.
Sehr interessant - knüpft an eine Diskussion an, die ich gerade mit meiner Tochter führe.
Habe daher gleich die Videos geschaut und war maßlos enttäuscht:
Video 1
05:40: Behauptet wird, dass der Frager als Kriterium für eine zulässige Alternative die Gesetzeskonformität fordert. Das tut der Frager in der Regel nicht, gefordert wird lediglich die Schilderung eines Szenarios das in Bezug auf die geschilderten Probleme (Umweltverschmutzung, Ausbeutung etc.) besser ist als das aktuelle.
Doch, in der Regel interessiert sich der Frager für eine gesetzeskonforme Alternative. Denn es handelt sich um ein bürgerliches Bewusstsein, das grundsätzlich an alle Probleme mit einem Rechtsbewusstsein herantritt. Wenn ich dem Frager antworte, dass die Alternative eine Revolution ist, ist das Gespräch sehr häufig vorbei oder es werden hanebüchene Probleme konstruiert, warum das besser zu unterlassen wäre, siehe unten.

Schau dir doch mal an, wie die letzte Generation in den Talkshows behandelt wird. Die einzige Frage die ihnen in verschiedenen Varianten gestellt wird ist, ob sie sich der Gewalt des Rechtsstaats unterwerfen. Die inquisitorischen Fragesteller sind mit keiner Antwort zu Frieden und bohren immer weiter. Von ihrem Anliegen will inhaltlich keiner der Leute wirklich etwas wissen.

Weil sie eben nur Alternativen gelten lassen, die rechtsstaatlich konform sind.
Wolf Drache hat geschrieben: 4. Apr 2023 07:16 07:30: Systemkritik ohne Alternative ist durchaus nützlich. In der Regel wird von der linksradikalen Seite aber nicht nur Systemkritik, sondern die Forderung nach Beseitigung des Systems vorgebracht. Dabei sollte man schon fragen, ob nach der Beseitigung des vorhandenen Systems ein alternatives System entsteht, das in den kritisierten Bereichen bessere Ergebnisse bringt. Wenn die Beseitigung des existierenden Systems am Ende dazu führt, dass ein System entsteht, was in Bezug auf Gerechtigkeit, Umweltschutz und Ausbeutung noch schlimmer ist als das existierende, dann wäre ja die Beseitigung des Systems kontraproduktiv.
Natürlich folgt aus einer Kritik auch, dass man das kritisierte Abschaffen will. Wenn man verstanden hat wie Ausbeutung funktioniert und das kritikwürdig findet, dann möchte man die Ausbeutung abschaffen und nicht die Form der Ausbeutung verändern. Es kann also gar kein neues System der Ausbeutung entstehen, wenn man wirklich verstanden hat, was Ausbeutung ist und diese Abschafft.

Wenn doch ein neues System der Ausbeutung entsteht, dann war der Begriff der Ausbeutung den man hatte wohl falsch. Wie der reale Sozialismus zb.
Wolf Drache hat geschrieben: 4. Apr 2023 07:16 Video 2 ist eine Nullnummer: Behauptet wird, dass die Beseitigung der kritisierten Fakten zu einer besseren Welt führt. Hört sich logisch an, stimmt aber nicht. Wenn mein Hirn Schwachsinn liefert, dann sorgt die Entfernung meines Gehirns zwar dazu, dass ich keinen Schwachsinn mehr labere. Für mich persönlich ergibt sich dadurch aber eher eine Verschlechterung, denn ich lebe nicht mehr.
Wie die Welt nach der Beseitigung der kritisierten Fakten aussieht, ob sie andere Nachteile mitbringt, und ob sie dauerhaft stabil ist und nicht nur ein Zwischenzustand, der zwangsläufig zu einem weit schlimmeren System führt, wird nicht betrachtet. Damit zeigt zumindest Video 2 keine Antwort auf die Frage.
So ähnlich wie in meiner Antwort zuvor: Doch, wenn ich verstanden habe warum du Schwachsinn erzählst folgt daraus, dass ich das Ding was für deinen Schwachsinn verantwortlich ist entfernen muss. Das ist nicht dein Gehirn, dass ist bloß die materielle Grundlage deiner falschen Urteile. Es geht um deine falschen Urteile selbst. Und diese sind die wirkliche Quelle deines Schwachsinns. Also geht es um die Beseitigung deiner falschen Urteile, dass kann ich nur mit Argumenten versuchen.
Wolf Drache hat geschrieben: 4. Apr 2023 07:16 Video 3 behauptet, dass die Diskussion über Alternativen sinnlos ist. Das wäre nur dann der Fall, wenn es nur eine Alternative gäbe. Es gibt aber immer zwei Alternativen: Das Plan-Szenario und das fortgeschriebene Ist-Szenario. Wenn es aber mehrere Alternativen gibt, dann ist es absolut notwendig, beide Alternativen zu vergleichen, also zu prüfen ob das Plan-Szenario Vorteile gegenüber dem Ist-Szenario bringt. Immerhin zeigt sich der Autor offen in der Hinsicht, dass die Problemanalyse offen diskutiert wird. Aber: Wenn ich bei der Problemanalyse an den Punkt komme, dass ich ein großes Problem habe, für das es keine akzeptable Lösung gibt, die das Problem kleiner macht (Beispiel aus Video 1: die unheilbare Krankheit), darf (und sollte) ich dann die Analyse weiterführen und prüfen, ob ich zumindest Teilprobleme lösen und damit Verbesserungen erzielen kann (Im Beispiel: Symptome lindern)? Meiner Meinung nach gehört zu einer Problemanalyse zwingend die Frage, ob es für das erkannte Problem eine akzeptable Lösung gibt oder ob besser andere, lösbare Probleme, angegangen werden sollten.
Okay, wenn man Teilprobleme lösen kann, dann ist das in der Regel besser als nichts. Beim Kapitalismus sind mir keine funktionalen Teillösungen bekannt. Die sozialstaatliche Betreuung der Armut ist keine solche Teillösung, falls du mir diese anzudrehen gedenkst.

Die Diskussion über Alternativen ist in aller Regel fruchtlos. Weil die Menschen die über Alternativen diskutieren wollen den Kapitalismus nicht richtig verstanden haben. Sie reden dann von ihrem neuen Buchprojekt "Der tolle Staat in meinem Kopf", also dämliche imaginäre Systeme mit ihren eigenen Widersprüchen.

Ich bin nur bereit über Alternativen zu reden, so bald die Person den Kapitalismus auch kapiert hat. andernfalls muss man sowas als Ideologie kritisieren.

Komischerweise gibt es bei niemanden der den Kapitalismus verstanden hat überhaupt großartigen Diskussionsbedarf über die Alternative. Das ist bestenfalls mal ein Randthema für smalltalk.
Wolf Drache hat geschrieben: 4. Apr 2023 07:16 Um zu meinem Eingangsbeispiel des Schwachsinn produzierenden Hirns zurückzukehren: Die reine Feststellung, dass mein Hirn Schwachsinn produziert, führt - konsequent zuendegedacht - zu meinem Tod. Das sollte ich schon wissen, wenn ich darüber diskutiere, dass mein Hirn Schwachsinn produziert, oder nicht?
Verstehe ich nicht.
Wolf Drache hat geschrieben: 4. Apr 2023 07:16 Video 4: hier wird die Akzeptabilität der Alternative mit Gesetzeskonformität verknüpft. Damit wird die Diskussion auf ein Schein-Szenario abgelenkt: kann eine Beseitigung des Systems konform zu den aktuellen Gesetzen sein? Auf diese Frage ist die Antwort natürlich nein. Damit wird aber vom eigentlichen Problem abgelenkt, denn bei der Frage nach der Alternative geht es ja darum, ob es nach der Beseitigung des Systems und der darin geltenden Gesetze ein System entsteht, das in Bezug auf die betrachteten Phänomene Umweltverschmutzung, Ausbeutung etc. Vorteile gegenüber dem aktuellen System hat. Diese Frage wird immer noch nicht beantwortet.
Wenn man die Ausbeutung abschafft, gibt es keine Ausbeutung mehr. So einfach ist das.
Wolf Drache hat geschrieben: 4. Apr 2023 07:16
Video 5: Hier wird die lediglich darüber gejammert, dass die konservative Politik sich auf angeblich alternativlose Sachzwänge zurückzieht, anstelle die Probleme innerhalb des Systems anzugehen. Damit wird zwar aufgezeigt, dass die konservative Politik keine Problemlösung anbietet, aber auch wieder nicht geschildert, ob und wie eine Beseitigung des Systems die Probleme lösen könnte.

Beim Schluss wird zusammenfassend ausgeführt, dass bei der Diskussion über die Beseitigung des Systems die Folgen vollkommen außer Acht gelassen werden dürfen, während selbstverständlich bei der Kritik des bestehenden Systems die Folgen der aktuellen Handlungsweise in aller Härte analysiert werden müssen. Dieser Widerspruch sollte eigentlich jedem auffallen!
Na da musst du dich schon entscheiden. Entweder sind es gesellschaftliche Zwänge, dann sind sie mit ihrer Abschaffung auch tatsächlich verschwunden oder es sind Naturgesetze und die ganze Analyse ist falsch.

Wolf Drache hat geschrieben: 4. Apr 2023 07:16 Insgesamt eine absolute Nullnummer, enttäuschend.
Da ist die Diskussion mit meiner Tochter vielversprechender. Die hat wenigstens zugegeben, dass in einem Sozialistischen System notwendigerweise eine Situation entsteht, dass jeder Bürger zu Zwangsarbeit herangezogen werden kann. Das fand sie nicht weiter schlimm (im Gegensatz zu mir).
Das ist ja wenigstens schon mal ein Schritt dahin, dass man nicht blind in einen Systemwechsel hineinläuft, der (meiner Ansicht nach) zwangsweise zu einer Diktatur von institutionalisierter Dummheit, dem weitgehenden Verlust individueller Freiheit und einer Verstärkung der aktuellen Umweltprobleme führt. Ob man dies dann begrüßt oder nicht, ist ein anderes Thema, aber dann entsteht wenigstens eine ehrliche Diskussion.
Man kann nicht blind in den Systemwechsel hineinlaufen, weil man das jetzige System verstanden haben muss, um es abzuschaffen. Oder okay, vielleicht geht das. Aber das ist nicht das was ich versuche. Ich will einen bewussten Systemwechsel herbeiführen.

Du musst dich entscheiden wofür du argumentieren willst: Entweder ist die Analyse des Kapitalismus richtig, dann ist die Abschaffung der kritisierten Zustände bereits die Alternative, oder die Analyse des Kapitalismus ist nicht richtig und die ganzen "Probleme" wie du sie nennst sind natürlichen Ursprungs und nicht gesellschaftlich bedingt. Dann müsstest du allerdings dafür Argumente finden und den Fehler in der Analyse des Kapitalismus benennen.
Zuletzt geändert von fehlgeleitet am 4. Apr 2023 13:41, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: klimafreundliche panzer

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Hier nochmal, was Berthold Brecht zur Frage nach der Alternative zu sagen hat:

GLEICHNIS DES BUDDHA VOM BRENNENDEN HAUS VON BERTOLT BRECHT


Gothama, der Buddha, lehrte
Die Lehre vom Rade der Gier, auf das wir geflochten sind, und empfahl,
Alle Begierde abzutun und so
Wunschlos einzugehen ins Nichts, das er Nirwana nannte.

Da fragten ihn eines Tags seine Schüler:
«Wie ist dies Nichts, Meister? Wir alle möchten
Abtun alle Begierde, wie du empfiehlst, aber sage uns,
Ob dies Nichts, in das wir dann eingehen,
Etwa so ist wie dies Einssein mit allem Geschaffenen,
Wenn man im Wasser liegt, leichten Körpers, am Mittag
Ohne Gedanken fast, faul im Wasser liegt oder in Schlaf fällt,
Kaum noch wissend, dass man die Decke zurecht schiebt,
Schnell versinkend, ob dies Nichts also
So ein fröhliches ist, ein gutes Nichts, oder ob dies dein
Nichts nur einfach ein Nichts ist, kalt, leer und bedeutungslos.»

Lang schwieg der Buddha, dann sagte er lässig:

«Keine Antwort ist auf euere Frage.»

Aber am Abend, als sie gegangen waren,
Saß der Buddha noch unter dem Brotbaum und sagte den andern,
Denen, die nicht gefragt hatten, folgendes Gleichnis:

«Neulich sah ich ein Haus. Es brannte. Am Dache
Leckte die Flamme. Ich ging hinzu und bemerkte,
Dass noch Menschen drin waren. Ich trat in die Tür und rief
Ihnen zu, daß Feuer im Dach sei, sie also auffordernd,
Schnell hinauszugehen. Aber die Leute
Schienen nicht eilig. Einer fragte mich,
Während ihm schon die Hitze die Braue versengte,
Wie es draußen denn sei, ob es auch nicht regne,
Ob nicht doch Wind ginge, ob da ein anderes Haus sei,
Und so noch einiges. Ohne zu antworten,
Ging ich wieder hinaus. Diese, dachte ich,
Müssen verbrennen, bevor sie zu fragen aufhören. Wirklich, Freunde,
Wem der Boden noch nicht so heiß ist, daß er ihn lieber
Mit jedem andern vertausche, als daß er da bliebe, dem
Habe ich nichts zu sagen.»

So Gothama, der Buddha.

Aber auch wir, nicht mehr beschäftigt mit der Kunst des Duldens,
Eher beschäftigt mit der Kunst des Nichtduldens und vielerlei Vorschläge
Irdischer Art vorbringend und die Menschen beschwörend,
Ihre menschlichen Peiniger abzuschütteln, meinen, daß wir denen, die
Angesichts der heraufkommenden Bombenflugzeuggeschwader des Kapitals noch allzu lang fragen,
Wie wir uns dies dächten, wie wir uns das vorstellten
Und was aus ihren Sparbüchsen und Sonntagshosen werden soll nach einer Umwälzung,
Nicht viel zu sagen haben.

[In: Bertolt Brecht: Hundert Gedichte 1918-1950, Berlin 1962, S.116 f.]
Wolf Drache
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 4. Apr 2023 11:34 Wenn doch ein neues System der Ausbeutung entsteht, dann war der Begriff der Ausbeutung den man hatte wohl falsch. Wie der reale Sozialismus zb.
Ja, genau das ist mein Punkt. Der Linke Begriff der Ausbeutung ist viel zu knapp gefasst, denn er beschränkt sich auf die kapitalistische Art der Ausbeutung. Die Feudalistische Ausbeutung wird ausgeklammert (da ja geschichtlich obsolet), die Ausbeutung durch eine Parteielite oder eine Oligarchie ebenso. In diesem Punkt liegt die Linke Weltsicht falsch, und deswegen kommt auch die Problemanalyse der Linken Weltsicht zu einem falschen Ergebnis.
fehlgeleitet hat geschrieben: 4. Apr 2023 11:34 Ich bin nur bereit über Alternativen zu reden, so bald die Person den Kapitalismus auch kapiert hat. andernfalls muss man sowas als Ideologie kritisieren.

Komischerweise gibt es bei niemanden der den Kapitalismus verstanden hat überhaupt großartigen Diskussionsbedarf über die Alternative. Das ist bestenfalls mal ein Randthema für smalltalk.
Dieses Statement finde ich interessant. Was ist für Dich ein Kriterium dafür, dass jemand den Kapitalismus verstanden hat? Hast Du schon mal mit einem richtig überzeugten Raubtierkapitalisten gesprochen, mit einem Investmentbanker z.B.? Oder einem FDP-Politiker? Also mit jemand, der den Kapitalismus komplett verstanden hat und all seine Folgen (Ausbeutung, Umweltzerstörung, gesellschaftliche Spaltung und so weiter) gut findet?

Gehe ich Recht in der Annahme, dass (Deiner Meinung nach) nur derjenige den Kapitalismus wirklich verstanden hat, der zu dem Schluss kommt dass der Kapitalismus zwingend abgeschafft werden muss?
Dann ist Deine Aussage aber ein Zirkelschluss: Du diskutierst nur mit denjenigen, die den Kapitalismus abschaffen wollen. in dieser Meinungs-Bubble wird aber die Frage nach der Alternative sehr konsequent ausgeblendet - nicht etwa weil sie sich nicht stellt, sondern weil es darauf keine zufriedenstellende Antwort gibt. Deswegen beschäftigt sich die Linke mehr mit der Frage, wie man die Frage nach der Alternative abwehren kann als damit, wie man ein kommunistisches Gesellschaftssystem langfristig zum Laufen bekommt, ohne dass es in Ausbeutung von Mensch und Umwelt durch eine Parteielite (= real existierender Sozialismus) abgleitet.
fehlgeleitet hat geschrieben: 4. Apr 2023 11:34 Wenn man die Ausbeutung abschafft, gibt es keine Ausbeutung mehr. So einfach ist das.
Nein, so einfach ist das leider nicht.
Wenn man die kapitalistische Ausbeutung abschafft ist noch lange nicht sichergestellt, dass man nicht in eine andere Art der Ausbeutung hineinläuft.
Wer der Meinung ist, dass Kapitalismus das einzige Wirtschaftssystem ist, das auf Ausbeutung basiert hat keine Ahnung von Geschichte. Die Geschichte des Menschen ist eine Geschichte von mehr als 4000 Jahren der Ausbeutung, davon sind gerade mal die letzten 5% vom Kapitalismus dominiert.
Die Geschichte des Menschen ist auch eine Geschichte von mindestens 2000 Jahren der Umweltzerstörung. Die Bodendegradation in Nordafrika (200 - 500 n. Chr.), die Entwaldung von Island (um 1.000 n. Chr.) und die Entwaldung von Italien (1400 - 1600 n. Chr.) sind da nur die augenfälligsten Beispiele, alle weit vor Entstehung des Kapitalismus verursacht. Dass wir heute mit deutlich weitergehenden Umweltproblemen konfrontiert sind, ist hauptsächlich durch unsere deutlich weitergehenden technischen Möglichkeiten verursacht, weniger durch den Kapitalismus.

Das linksradikale Denken verschließt konsequent die Augen davor, dass es noch andere Formen der Ausbeutung gibt als die kapitalistische Wirtschaftsweise. Es ist korrekt, dass der Kapitalismus ohne Ausbeutung nicht funktionieren kann. Allerdings zeigt ein Blick in die Geschichte, dass es in jeder (!) Gesellschaftsform die bislang realisiert wurde zu Ausbeutung kam. Es scheint also nicht so einfach zu sein, eine Gesellschaftsform ohne Ausbeutung zu konstruieren. Daher müssen schon Zweifel daran erlaubt sein, dass nach der Vernichtung des Kapitalismus automatisch eine Gesellschaft entsteht und dauerhaft erhalten bleibt, in der es keine Ausbeutung gibt.
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von fehlgeleitet »

Wolf Drache hat geschrieben: 5. Apr 2023 07:02
fehlgeleitet hat geschrieben: 4. Apr 2023 11:34 Wenn doch ein neues System der Ausbeutung entsteht, dann war der Begriff der Ausbeutung den man hatte wohl falsch. Wie der reale Sozialismus zb.
Ja, genau das ist mein Punkt. Der Linke Begriff der Ausbeutung ist viel zu knapp gefasst, denn er beschränkt sich auf die kapitalistische Art der Ausbeutung. Die Feudalistische Ausbeutung wird ausgeklammert (da ja geschichtlich obsolet), die Ausbeutung durch eine Parteielite oder eine Oligarchie ebenso. In diesem Punkt liegt die Linke Weltsicht falsch, und deswegen kommt auch die Problemanalyse der Linken Weltsicht zu einem falschen Ergebnis.
Vielleicht ist das das Misverständniss. Du denkst ich will den Kapitalismus durch IRGENDEIN anderes System ersetzen. Nein, das möchte ich nicht. Ich möchte genau das am Kapitalismus abschaffen, was ich an ihm kritisiere, also die Ausbeutung der Lohnarbeiter.

Der reale Sozialismus hat am Kapitalismus vor allen Dingen die ungerechte Verteilung kritisiert, dementsprechend hat er ein System gebaut, wo die Lohnarbeiter einen gerechten Anteil erhalten sollten. Der Staat war dann für die Verteilung zuständig, musste dafür aber erst einmal das Produzierte einziehen, damit es was zum Verteilen gab. Das Privateigentum an Produktionsmittel wurde also durch ein staatliches Eigentum ersetzt.

Meine Kritik ist aber nicht die ungerechte Verteilung, sondern Lohnarbeit überhaupt. Dementsprechend sieht auch mein Vorschlag aus. Die Aufhebung der Lohnarbeit bedeutet, dass die Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums die Planung der Produktion selbst in die Hand nehmen um für ihren Bedarf zu produzieren.

Daran kann ich erst einmal nicht erkennen, wie dadurch eine neue Form der Ausbeutung entstehen sollte.
Wolf Drache hat geschrieben: 5. Apr 2023 07:02
fehlgeleitet hat geschrieben: 4. Apr 2023 11:34 Ich bin nur bereit über Alternativen zu reden, so bald die Person den Kapitalismus auch kapiert hat. andernfalls muss man sowas als Ideologie kritisieren.

Komischerweise gibt es bei niemanden der den Kapitalismus verstanden hat überhaupt großartigen Diskussionsbedarf über die Alternative. Das ist bestenfalls mal ein Randthema für smalltalk.
Dieses Statement finde ich interessant. Was ist für Dich ein Kriterium dafür, dass jemand den Kapitalismus verstanden hat? Hast Du schon mal mit einem richtig überzeugten Raubtierkapitalisten gesprochen, mit einem Investmentbanker z.B.? Oder einem FDP-Politiker? Also mit jemand, der den Kapitalismus komplett verstanden hat und all seine Folgen (Ausbeutung, Umweltzerstörung, gesellschaftliche Spaltung und so weiter) gut findet?
Im 3. Band des Kapitals kommen ein paar Kapitalisten zu Wort. Es wird klar, dass sie das System von dem sie profitieren im Grunde nicht verstanden haben, sondern nur so viel wie sie müssen, um ihr Geschäft erfolgreich zu führen. Also Kosten senken, Profite steigern. Das die Quelle allen Reichtums letztendlich die von ihnen ausgebeutete Lohnarbeit ist, wissen sie in aller Regel nicht. Im Gegenteil, sie halten sich alle für kleine Genies, die aufgrund ihrer Klugheit als Kapitalisten erfolgreich sind. So wie man es von Elon Musk auch kennt.
Wolf Drache hat geschrieben: 5. Apr 2023 07:02 Gehe ich Recht in der Annahme, dass (Deiner Meinung nach) nur derjenige den Kapitalismus wirklich verstanden hat, der zu dem Schluss kommt dass der Kapitalismus zwingend abgeschafft werden muss?
Genau. Wer dieses System verstanden hat will es abschaffen. Ich kenne niemanden, der es verstanden hat und gut findet oder dem indifferent gegenüber steht.
Wolf Drache hat geschrieben: 5. Apr 2023 07:02 Dann ist Deine Aussage aber ein Zirkelschluss: Du diskutierst nur mit denjenigen, die den Kapitalismus abschaffen wollen. in dieser Meinungs-Bubble wird aber die Frage nach der Alternative sehr konsequent ausgeblendet - nicht etwa weil sie sich nicht stellt, sondern weil es darauf keine zufriedenstellende Antwort gibt. Deswegen beschäftigt sich die Linke mehr mit der Frage, wie man die Frage nach der Alternative abwehren kann als damit, wie man ein kommunistisches Gesellschaftssystem langfristig zum Laufen bekommt, ohne dass es in Ausbeutung von Mensch und Umwelt durch eine Parteielite (= real existierender Sozialismus) abgleitet.
Ich stoße ja in meinen Diskussionen immer auf Alternativvorschläge, die mich wirklich nicht überzeugen.

Das bedingungslose Grundeinkommen lebt von der Fiktion, dass der Kapitalismus samt Geld für die Versorgung der Bevölkerung zuständig ist oder zumindest sein sollte. Das Geld ist aber überhaupt nicht in der Welt, damit du dir deine Brötchen kaufen kannst, sondern es ist das Maß der Werte und als solches kann es nur fungieren, wenn die Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums von selbigem erst einmal ausgeschlossen sind.

Diese ganzen Utopien leben also von falschen Annahmen über den Kapitalismus. Was ich also tue wenn ich auf sowas stoße ist diese falschen Annahmen zu kritisieren.
Wolf Drache hat geschrieben: 5. Apr 2023 07:02
fehlgeleitet hat geschrieben: 4. Apr 2023 11:34 Wenn man die Ausbeutung abschafft, gibt es keine Ausbeutung mehr. So einfach ist das.
Nein, so einfach ist das leider nicht.
Wenn man die kapitalistische Ausbeutung abschafft ist noch lange nicht sichergestellt, dass man nicht in eine andere Art der Ausbeutung hineinläuft.
Wer der Meinung ist, dass Kapitalismus das einzige Wirtschaftssystem ist, das auf Ausbeutung basiert hat keine Ahnung von Geschichte. Die Geschichte des Menschen ist eine Geschichte von mehr als 4000 Jahren der Ausbeutung, davon sind gerade mal die letzten 5% vom Kapitalismus dominiert.
Die Geschichte des Menschen ist auch eine Geschichte von mindestens 2000 Jahren der Umweltzerstörung. Die Bodendegradation in Nordafrika (200 - 500 n. Chr.), die Entwaldung von Island (um 1.000 n. Chr.) und die Entwaldung von Italien (1400 - 1600 n. Chr.) sind da nur die augenfälligsten Beispiele, alle weit vor Entstehung des Kapitalismus verursacht. Dass wir heute mit deutlich weitergehenden Umweltproblemen konfrontiert sind, ist hauptsächlich durch unsere deutlich weitergehenden technischen Möglichkeiten verursacht, weniger durch den Kapitalismus.

Das linksradikale Denken verschließt konsequent die Augen davor, dass es noch andere Formen der Ausbeutung gibt als die kapitalistische Wirtschaftsweise. Es ist korrekt, dass der Kapitalismus ohne Ausbeutung nicht funktionieren kann. Allerdings zeigt ein Blick in die Geschichte, dass es in jeder (!) Gesellschaftsform die bislang realisiert wurde zu Ausbeutung kam. Es scheint also nicht so einfach zu sein, eine Gesellschaftsform ohne Ausbeutung zu konstruieren. Daher müssen schon Zweifel daran erlaubt sein, dass nach der Vernichtung des Kapitalismus automatisch eine Gesellschaft entsteht und dauerhaft erhalten bleibt, in der es keine Ausbeutung gibt.
Bei deinem Beispiel von Italien kann man schon vom Frühkapitalismus sprechen, aber ich will keine Erbsen zählen. Ich sehe das so: Inzwischen verfügen wir über die wissenschaftlichen Erkenntnisse, was so alles schlecht für die Umwelt ist.

Warum sollten die Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums freiwillig ihre Lebensgrundlage zerstören? Die hätten doch ein Interesse daran, möglichst schonend mit den Ressourcen umzugehen?
Wolf Drache
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 5. Apr 2023 09:13 Meine Kritik ist aber nicht die ungerechte Verteilung, sondern Lohnarbeit überhaupt. Dementsprechend sieht auch mein Vorschlag aus. Die Aufhebung der Lohnarbeit bedeutet, dass die Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums die Planung der Produktion selbst in die Hand nehmen um für ihren Bedarf zu produzieren.

Daran kann ich erst einmal nicht erkennen, wie dadurch eine neue Form der Ausbeutung entstehen sollte.
Damit haben wir aber ja einen Alternativvorschlag, über den wir diskutieren können. Das ist ja schon mal schön.

Der Vorschlag muss dann nur noch in der Hinsicht ausgearbeitet werden dass erkennbar ist in welcher Form die Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums die Planung der Produktion selbst in die Hand nehmen, d.h. wie das genau organisiert werden soll. Nur dann kann man abschätzen ob eine solche Organisation langfristig funktionieren kann.
Für mich hört sich das sehr nach der Hippie-Kommune aus den End-Sechzigern an, die funktioniert solange alle freiwillig mitmachen und den Bach runtergeht, wenn eine ausreichend große Gruppe beschließt, den für sie eingeplanten Anteil an produktiver Arbeit einfach nicht zu leisten.
fehlgeleitet hat geschrieben: 5. Apr 2023 09:13 Wer dieses System verstanden hat will es abschaffen. Ich kenne niemanden, der es verstanden hat und gut findet oder dem indifferent gegenüber steht.
Dann kennst Du die falschen Leute. Ich kenne eine ganze Reihe von Leuten die es vollkommen in Ordnung finden dass hierzulande Menschen unterhalb der Armutsgrenze leben obwohl sie arbeiten, und die auch gegen die anderen grundsätzlichen Auswirkungen des Kapitalismus nichts einzuwenden haben - hauptsache sie stehen auf der Gewinnerseite.
Im weitesten Sinne zähle ich mich auch dazu, denn ich bin überzeugt davon, dass es möglich ist, einen Staatsapparat zu designen, der nicht vom Kapital abhängig ist und dadurch in der Lage ist, den Kapitalismus zwar als grundlegende Wirtschaftsweise zu inkorporieren, aber soweit zu zähmen dass die Auswirkungen auf ein für alle akzeptables Maß eingeschränkt werden.
fehlgeleitet hat geschrieben: 5. Apr 2023 09:13 Ich stoße ja in meinen Diskussionen immer auf Alternativvorschläge, die mich wirklich nicht überzeugen.
Ich auch, deswegen beharre ich ja so darauf, dass man nicht nur über die Problemanalyse diskutiert sondern auch darüber, wie die Lösung dieser Probleme aussehen soll - also die Alternativen.
fehlgeleitet hat geschrieben: 5. Apr 2023 09:13 Diese ganzen Utopien leben also von falschen Annahmen über den Kapitalismus. Was ich also tue wenn ich auf sowas stoße ist diese falschen Annahmen zu kritisieren.
Meiner Ansicht nach leben die meisten Alternativen von falschen Annahmen über die grundsätzliche Natur des Menschen - aber das Thema hatten wir glaube ich schon zu Genüge.
fehlgeleitet hat geschrieben: 5. Apr 2023 09:13 Warum sollten die Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums freiwillig ihre Lebensgrundlage zerstören? Die hätten doch ein Interesse daran, möglichst schonend mit den Ressourcen umzugehen?
Weil die Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums nicht weiter denken als bis zu ihrer Nasenspitze. Sie berücksichtigen also nicht den Reichtum der Gesellschaft als Ganzes, sondern ihren eigenen persönlichen Reichtum, vielleicht noch den Reichtum ihrer Familie, ihres Dorfes oder ihres Staates.
Die allerwenigsten Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums berücksichtigen in ihren Überlegungen die Begrenztheit der gemeinsamen Lebensgrundlage. Schon im Mittelalter war das so, nicht umsonst trägt dieses Problem in den Sozialwissenschaften den Namen "Allmendeproblem", von der mittelalterlichen Gemeinschaftsweide.
Dabei sehe ich auch keinerlei Unterschiede zwischen Kapitalist oder Proletarier, oder zwischen feudalistischem oder kapitalistischem Staat.
Es gibt einen einzigen Wirtschaftszweig, der in seine Arbeitsweise integriert hat seine Lebensgrundlage zu schützen, und das ist die Forstwirtschaft - und das auch nur in Deutschland. Ansonsten haben es noch die Biobauern begriffen, aber das ist nur ein Bruchteil der Landwirtschaft insgesamt, und das war's dann auch - weltweit.
Der Kapitalismus setzt da noch einen drauf, denn für einen Kapitalisten ist es sogar von Vorteil, die Lebensgrundlage seiner Konkurrenten zu zerstören. Für einen kurzfristig denkenden Kapitalanleger ist es sogar von Vorteil, die Grundlagen der zukünftigen Produktion zu zerstören, solange er sein Kapital rechtzeitig aus dieser Produktion abziehen und anderweitig investieren kann.
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von fehlgeleitet »

Wolf Drache hat geschrieben: 5. Apr 2023 11:42
fehlgeleitet hat geschrieben: 5. Apr 2023 09:13 Meine Kritik ist aber nicht die ungerechte Verteilung, sondern Lohnarbeit überhaupt. Dementsprechend sieht auch mein Vorschlag aus. Die Aufhebung der Lohnarbeit bedeutet, dass die Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums die Planung der Produktion selbst in die Hand nehmen um für ihren Bedarf zu produzieren.

Daran kann ich erst einmal nicht erkennen, wie dadurch eine neue Form der Ausbeutung entstehen sollte.
Damit haben wir aber ja einen Alternativvorschlag, über den wir diskutieren können. Das ist ja schon mal schön.

Der Vorschlag muss dann nur noch in der Hinsicht ausgearbeitet werden dass erkennbar ist in welcher Form die Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums die Planung der Produktion selbst in die Hand nehmen, d.h. wie das genau organisiert werden soll. Nur dann kann man abschätzen ob eine solche Organisation langfristig funktionieren kann.
Für mich hört sich das sehr nach der Hippie-Kommune aus den End-Sechzigern an, die funktioniert solange alle freiwillig mitmachen und den Bach runtergeht, wenn eine ausreichend große Gruppe beschließt, den für sie eingeplanten Anteil an produktiver Arbeit einfach nicht zu leisten.
Es gibt keine kommunistischen Inseln im Kapitalismus. Dieser Vergleich schon zeigt, dass du dir vorstellst, dass man sich einfach so abnabeln könnte wenn man das wollte. Das ist eine absolute falsche Vorstellung.

In den Hippiekommunen die ich kenne mussten die Mitglieder nach wie vor von Lohnarbeit leben. Das macht das Werkeln am gemeinsamen Projekt nochmal zu einer Zusatzanstrengung, die eben nicht jeder leisten kann.

Es gibt übrigens Hippiekommunen die selbst im Kapitalismus bis heute überlebt haben. Egal, der Vergleich haut nicht hin.
Wolf Drache hat geschrieben: 5. Apr 2023 11:42
fehlgeleitet hat geschrieben: 5. Apr 2023 09:13 Wer dieses System verstanden hat will es abschaffen. Ich kenne niemanden, der es verstanden hat und gut findet oder dem indifferent gegenüber steht.
Dann kennst Du die falschen Leute. Ich kenne eine ganze Reihe von Leuten die es vollkommen in Ordnung finden dass hierzulande Menschen unterhalb der Armutsgrenze leben obwohl sie arbeiten, und die auch gegen die anderen grundsätzlichen Auswirkungen des Kapitalismus nichts einzuwenden haben - hauptsache sie stehen auf der Gewinnerseite.
Im weitesten Sinne zähle ich mich auch dazu, denn ich bin überzeugt davon, dass es möglich ist, einen Staatsapparat zu designen, der nicht vom Kapital abhängig ist und dadurch in der Lage ist, den Kapitalismus zwar als grundlegende Wirtschaftsweise zu inkorporieren, aber soweit zu zähmen dass die Auswirkungen auf ein für alle akzeptables Maß eingeschränkt werden.
Die meisten Milliardäre haben die Vorstellung, dass auf ihren Schultern das Wohlergehen Deutschlands ruht. Es ist ein Bedürfnis des bürgerlichen Menschen, auf der einen Seite als erfolgreich angesehen zu werden, aber auf der anderen Seite als moralisch integer.

Wer amoralisch auftritt, also als Zyniker, der zieht das meistens auch nicht wirklich durch. Versuche doch nächstes mal wenn du einen solchen Zyniker triffst auf seinen Zynismus einzusteigen um ihn gleich damit zu überbieten. Meistens rudern die dann schnell zurück, wenn du sowas sagst wie "genau, scheiß auf die ganzen Hungertoten, wer nicht arbeitet soll auch nicht essen".
Wolf Drache hat geschrieben: 5. Apr 2023 11:42
fehlgeleitet hat geschrieben: 5. Apr 2023 09:13 Ich stoße ja in meinen Diskussionen immer auf Alternativvorschläge, die mich wirklich nicht überzeugen.
Ich auch, deswegen beharre ich ja so darauf, dass man nicht nur über die Problemanalyse diskutiert sondern auch darüber, wie die Lösung dieser Probleme aussehen soll - also die Alternativen.
Mein Punkt ist gerade, dass aus der Problemanalyse schon die Alternative entspringt. Ich kann schon an der falschen Vorstellung vom Kapitalismus was die Vertreter des BGE haben sehen, dass ihre Alternative nichts taugt.
Wolf Drache hat geschrieben: 5. Apr 2023 11:42
fehlgeleitet hat geschrieben: 5. Apr 2023 09:13 Diese ganzen Utopien leben also von falschen Annahmen über den Kapitalismus. Was ich also tue wenn ich auf sowas stoße ist diese falschen Annahmen zu kritisieren.
Meiner Ansicht nach leben die meisten Alternativen von falschen Annahmen über die grundsätzliche Natur des Menschen - aber das Thema hatten wir glaube ich schon zu Genüge.
Ich habe dir die Vorstellung leider nicht austreiben können. Du stellst dir den Mensch den du aus dem Kapitalismus kennst eben als naturgegeben vor. Übrigens stimmt es meistens nochnichtmal mit dem Menschen aus dem Kapitalismus überein, was du so refferierst, Gegenbeispiele habe ich ja gebracht.
Wolf Drache hat geschrieben: 5. Apr 2023 11:42
fehlgeleitet hat geschrieben: 5. Apr 2023 09:13 Warum sollten die Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums freiwillig ihre Lebensgrundlage zerstören? Die hätten doch ein Interesse daran, möglichst schonend mit den Ressourcen umzugehen?
Weil die Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums nicht weiter denken als bis zu ihrer Nasenspitze. Sie berücksichtigen also nicht den Reichtum der Gesellschaft als Ganzes, sondern ihren eigenen persönlichen Reichtum, vielleicht noch den Reichtum ihrer Familie, ihres Dorfes oder ihres Staates.
Die allerwenigsten Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums berücksichtigen in ihren Überlegungen die Begrenztheit der gemeinsamen Lebensgrundlage. Schon im Mittelalter war das so, nicht umsonst trägt dieses Problem in den Sozialwissenschaften den Namen "Allmendeproblem", von der mittelalterlichen Gemeinschaftsweide.
Dabei sehe ich auch keinerlei Unterschiede zwischen Kapitalist oder Proletarier, oder zwischen feudalistischem oder kapitalistischem Staat.
Es gibt einen einzigen Wirtschaftszweig, der in seine Arbeitsweise integriert hat seine Lebensgrundlage zu schützen, und das ist die Forstwirtschaft - und das auch nur in Deutschland. Ansonsten haben es noch die Biobauern begriffen, aber das ist nur ein Bruchteil der Landwirtschaft insgesamt, und das war's dann auch - weltweit.
Der Kapitalismus setzt da noch einen drauf, denn für einen Kapitalisten ist es sogar von Vorteil, die Lebensgrundlage seiner Konkurrenten zu zerstören. Für einen kurzfristig denkenden Kapitalanleger ist es sogar von Vorteil, die Grundlagen der zukünftigen Produktion zu zerstören, solange er sein Kapital rechtzeitig aus dieser Produktion abziehen und anderweitig investieren kann.
Das die Menschen nicht im voraus denken ist nicht wahr. Viele denken schon mit Ende 20 an die Rente. Du stellst eben immer wieder Behauptungen über den Menschen auf, wo sich Gegenbeispiele en masse finden lassen.

Nur weil die Sozialwissenschaften ihr Allmendeproblem nach der Allmende im Mittelalter benannt haben bedeutet es nicht, dass sie sich hauptsächlich mit der feudalistischen Gesellschaft befassen.

Dieses sogenannte Allmendeproblem fußt darauf, dass im Kapitalismus alle Bürger Privateigentümer sind, sie sich also auch nur um ihr Privatangelegenheiten kümmern und sollen. Deswegen braucht es im Kapitalismus eine eigene Institution, den Staat, der sich um das allgemeine Wohl kümmert.

Im Kommunismus wird das allgemeine Wohl nicht im systematischen Gegensatz zu den Bedürfnissen der Mitglieder stehen.

Und dein Gegenbeispiel sind gerade Biobauer? Die sind doch Gewerbetreibende wie alle anderen auch. Die sind nur daran interessiert an das Geld ihrer Kundschaft zu kommen, die sich ein bisschen besseren Fraß als der ganze Rest vom armen Volk leisten kann und will.
fehlgeleitet
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von fehlgeleitet »

Ich wollte hier mal einen allgemeinen Hinweis geben:

Inzwischen gibt es mit "99 zu eins" einen ziemlich guten Podcast, wo die allermeisten Folgen sehenswert sind. Die laden häufig - nicht immer - interessante und kluge Leute ein. Ich beobachte, dass die Folgen qualitativ besser werden. Vor einem Jahr waren noch von 3 Gästen 2 Armleuchter, inzwischen ist das Verhältnis mindestens umgekehrt!

Hier zb ein marxistischer Russe, der im wesentlichen schlaue Sachen zum Krieg in der Ukraine sagt:
https://www.youtube.com/watch?v=UxohPUNGrxY
https://www.youtube.com/watch?v=THsrHGhJ9dQ

Ich freue mich jedenfalls, dass mit "99 zu eins" ein Format vorliegt, wo politisches Wissen einer größeren Gruppe zugänglich gemacht werden kann. Ich kam mir als Einzelkämpfer hier im Forum zwischenzeitlich ziemlich verloren vor.
Wolf Drache
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 12. Apr 2023 17:16 Ich wollte hier mal einen allgemeinen Hinweis geben:

Inzwischen gibt es mit "99 zu eins" einen ziemlich guten Podcast, wo die allermeisten Folgen sehenswert sind. Die laden häufig - nicht immer - interessante und kluge Leute ein. Ich beobachte, dass die Folgen qualitativ besser werden. Vor einem Jahr waren noch von 3 Gästen 2 Armleuchter, inzwischen ist das Verhältnis mindestens umgekehrt!

Hier zb ein marxistischer Russe, der im wesentlichen schlaue Sachen zum Krieg in der Ukraine sagt:
https://www.youtube.com/watch?v=UxohPUNGrxY
https://www.youtube.com/watch?v=THsrHGhJ9dQ

Ich freue mich jedenfalls, dass mit "99 zu eins" ein Format vorliegt, wo politisches Wissen einer größeren Gruppe zugänglich gemacht werden kann. Ich kam mir als Einzelkämpfer hier im Forum zwischenzeitlich ziemlich verloren vor.
Sehr schön differenzierte Analyse, gefällt mir sehr gut!
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von gabor »

Ach hier hab ich was Schönes für "etwas" andere Themen. Wird ja sonst langweilig hier.
Von der Seite hat "fehlgeleitet" das sicher noch gar nicht betrachtet......
Ab min 08:50 geht`s los........ :lol:
https://www.youtube.com/watch?v=xDRVA9T1WsA
Immer bereit!
Woher soll ich wissen, ob die Vergangenheit keine Fiktion ist, die nur erfunden wurde, um den Zwiespalt zwischen meinen augenblicklichen Sinneswahrnehmungen und meiner Geistesverfassung zu erklären?
fehlgeleitet
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Re: klimafreundliche panzer

Beitrag von fehlgeleitet »

gabor hat geschrieben: 18. Apr 2023 08:46 Ach hier hab ich was Schönes für "etwas" andere Themen. Wird ja sonst langweilig hier.
Von der Seite hat "fehlgeleitet" das sicher noch gar nicht betrachtet......
Ab min 08:50 geht`s los........ :lol:
https://www.youtube.com/watch?v=xDRVA9T1WsA
Immer bereit!
Ich kann soweit folgen, dass je mehr freie Zeit man hat (und Geld) desto besser für die Liebe. Andersherum ist aber Sex selbst nicht automatisch klassenkämpferisch. Ich kann zb nicht erkennen, was der klassenkämpferische Inhalt davon ist, dass Sekräterinnen sich hübsch zurecht machen, um dem Chef zu gefallen.

Die Herren wundern sich, warum man ihnen heute Homophobie und Antisemitismus vorwirft, obwohl sie sich immer dagegen eingesetzt haben.
So ergeht es ja vielen Linken. Sie kämpfen für die Rechte von xyz und gedankt wird es ihnen auch im Erfolgsfall nicht. So ist sie eben die Herrschaft der Demokraten. Erst muss ihn jedes Zugeständnis abgerungen werden, hinterher brüsten sie sich damit, wie tolerant sie doch seien, wenn sie Homosexuelle und Juden nicht mehr verfolgen. Und schaffen es auch noch, die Kämpfe für diese Rechte als ihr Werk hinzustellen.

Man kann im Kampf gegen die Obrigkeit keine moralischen Siege erringen. Denn die Obrigkeit definiert, was gut und was böse ist. Sie beherrscht die Öffentlichkeit.

Zum Beispiel die Klimakleber werfen der Herrschaft Verantwortungslosigkeit bezüglich Klimawandel vor. Giffey kontert damit, dass die Klimakleber doch besser mal ne Ausbildung zum Solartechniker machen sollten, anstatt sich nur irgendwo anzukleben (https://www.sueddeutsche.de/karriere/au ... -99-752466). Sie könnten (angeblich) viel besser etwas gegen den Klimawandel tun, wenn sie beim Umbau der deutschen Wirtschaft helfen anstatt zu protestieren. Das ist natürlich Quatsch mit Soße. Aber wen kümmerts, die Medien helfen, den Standpunkt der Regierung zu verbreiten und schon stehen die Aktivisten wie Idioten da.

Wer hier ernsthaft in Opposition geht, dem fliegt von Seiten der Öffentlichkeit nur Scheiße in die Fresse. Und das ist noch das geringste.