Endlich, Cthulhu!

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Elevation Eight
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Elevation Eight »

Wolf Drache hat geschrieben: 20. Dez 2022 12:59 Frieren gegen Putin müssen wir nur, weil egoistische und gierige Politiker unsere Gasspeicher an russische Unternehmen verkauft haben, die sie - meiner Meinung nach durchaus von Russland politisch so gewollt - haben leerlaufen lassen, weil faule und feige Politiker und Amtsschimmel die Energiewende und damit die Importunabhängigkeit nicht vorantreiben.
Das ist nicht wahr. Dass wir frieren müssen, liegt allein in der persönlichen Verantwortung von Habeck, der im Frühjahr ganz eigenmächtig erklärt hat, dass die Deutschen lieber erfrieren als bei Russen zu kaufen.
Er hätte den ganzen Sommer Zeit gehabt, nach Russland zu gehen und sich bei Putin zu entschuldigen. (Es hätte auch nicht geschadet, wenn er einen Tag knieend und um Vergebung bittend vor der dortigen Basilika verbracht hätte.)
Sorry, aber leider hast du von Ökonomie keine Ahnung. Deutschland hat sein Exportweltmeistertum auf billiger russischer Energie aufgebaut.
Russland gehört nunmal zu Europa. Und natürlich gibt es ein Interesse daran, dass Deutschladn stattdessen zum doppelten Preis Fracking-Gas aus Amerika per Diesel-Schiff über den Atlantik schippern läßt - dass das umweltschonender ist, glaubt zumindest Jordan Peterson. Ja, und die Grünen.
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Tyger
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Tyger »

Elevation Eight hat geschrieben: 21. Dez 2022 04:48 Russland gehört nunmal zu Europa. Und natürlich gibt es ein Interesse daran, dass Deutschladn stattdessen zum doppelten Preis Fracking-Gas aus Amerika per Diesel-Schiff über den Atlantik schippern läßt - dass das umweltschonender ist, glaubt zumindest Jordan Peterson. Ja, und die Grünen.
Die Grünen wären aber nicht die Grünen, wenn sie da nicht nochmal locker einen draufsetzen würden: https://www.achgut.com/artikel/namibia_ ... lity_check
Man kann es sich nicht ausdenken. (Wenn man kein Grüner ist.)
fehlgeleitet
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von fehlgeleitet »

@wolf_drache: nur noch mal damit du das richtig verstehst:
Es ist nichts falsches dadran, sich mal mit der Geschichte zu befassen.

Aber was du nicht kannst, ist aus der Niederlage des Ostblocks Rückschlüsse über den Kommunismus überhaupt zu ziehen. Denn dazu müsstest du erstens die Notwendigkeit der Niederlage beweisen und zweitens, dass der Ostblock die einzig Möglicher Verwirklichung des Kommunismus ist.

Beobachtungen ohne den Versuch sie sich zu erklären taugen nicht viel. Hättest du Beispielsweise vor dem Kapitalismus gelebt, wäre dir so die Herrschaft von Adel und Kirche als einzig praktikable Gesellschaft vorgekommen und wärst der Meinung, die Niederschlagung der Bauernaufstände hätten bewiesen, dass es an dieser Ordnung nichts zu rütteln gibt.

@elevation du willst offensichtlich keine Klärung über den Gegenstand erreichen, sondern einen bunten Blumenstrauß von Ansichten über Themen. Was versprichst du dir davon?

@tyger und nun musst du dir vergegenwärtigen, dass es im heutigen Kapitalismus auf den Dollar ankommt. Deutschland als Exportweltmeister kann es sich nicht leisten, es sich mit seinem wichtigsten Abnehmer für seine Waren zu vescherzen.

Aber das ist nicht der einzige Grund für den Bruch mit Russland, vielleicht sogar noch nichtmal der wichtigste.

Deutsch-Europa ist inzwischen so anspruchsvoll, dass es den Einmarsch von Russland in die Ukraine als illegitimen Eingriff in SEIN Herrschaftsgebiet sieht. Für Deutsch-Europa ist es nicht hinnehmbar, dass Russland sich in seinen Zuständigkeitsgebiet einmischt.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 21. Dez 2022 22:10 @wolf_drache: nur noch mal damit du das richtig verstehst:
Es ist nichts falsches dadran, sich mal mit der Geschichte zu befassen.

Aber was du nicht kannst, ist aus der Niederlage des Ostblocks Rückschlüsse über den Kommunismus überhaupt zu ziehen. Denn dazu müsstest du erstens die Notwendigkeit der Niederlage beweisen und zweitens, dass der Ostblock die einzig Möglicher Verwirklichung des Kommunismus ist.
Erklärungen habe ich genug, Du willst sie nur nicht hören, denn sie liegen im Wesen des Menschen (so wie ich ihn sehe).
Deiner Meinung nach ist der Kommunismus im Ostblock (so wie in China, in Kuba, in Nordkorea etc.) daran gescheitert, dass der Kapitalismus mit dem Hauptakteur USA ihn vehement bekämpft hat.
Wenn ich mir die Geschichte der kommunistischen Staaten nach ihrer Gründung anschaue, ist der Kommunismus innerhalb dieser Staaten schon lange vor dem Zusammenbruch der Staaten verschwunden. Alle diese Staaten entwickelten innerhalb der ersten 30 Jahre eine Diktatur von Funktionären, die in die eigenen Taschen wirtschafteten und den Rest der Bevölkerung ausbeuteten. Alle diese Staaten wurden wenige Jahrzehnte nach ihrer Gründung zu Diktaturen, bei denen die Planwirtschaft nicht mehr den größtmöglichen Nutzen der größten Anzahl zum Ziel hatte sondern nur noch den größtmöglichen Nutzen einer kleinen Elite.
Nordkorea und Kuba entwickelten sich sogar de facto zu Erbmonarchien.

Ich sehe nicht, dass diese Entwicklung irgendetwas mit dem Einfluss des Kapitalismus oder der kapitalistischen Staaten zu tun hat. Das haben die jeweiligen Revolutionsführer bzw. ihre Nachfolger (Stalin, Mao, Castro, Ghaddafi und so weiter) ganz alleine hinbekommen. Nur zur Ergänzung: Die Vernichtung des Kommunismus in Russland erfolgte schon weit vor dem zweiten Weltkrieg, 1930 war die UdssR schon eine perfekt auf Stalin zugeschnittene Diktatur, die von einer rücksichtslosen Elite angeführt wurde.
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 21. Dez 2022 01:39 Als Lohnarbeiter muss er fleißig und genügsam sein. Als Sozialarbeiter Leuten Hoffnung machen, als Sekretärin Einfühlsam für die erratischen Launen des Chefs. Als Manager der harte Typ, der die Leute wegrationalisiert. Er muss also insbesondere die Eigenschaften pflegen, die für seinen Job gebraucht werden.
Du bist also der Meinung, dass Menschen keine anderen Eigenschaften haben als die, die durch ihre Klasse oder ihre Aufgabe definiert werden.
Dann funktioniert auch der Kommunismus, ohne Zweifel.
Jeder katholische Priester ist bescheiden, keusch und enthaltsam. Dann ist die katholische Kirche christlich.

Unter diesen Voraussetzungen passt alles zusammen.

Die Frage ist, ob diese Voraussetzungen realistisch sind.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 21. Dez 2022 22:10 Hättest du Beispielsweise vor dem Kapitalismus gelebt, wäre dir so die Herrschaft von Adel und Kirche als einzig praktikable Gesellschaft vorgekommen und wärst der Meinung, die Niederschlagung der Bauernaufstände hätten bewiesen, dass es an dieser Ordnung nichts zu rütteln gibt.
Irrtum.
Die Tatsache, dass es Bauernaufstände in diesem Ausmaß gab (und der Blick auf die griechische und nordische Geschichte, in der regelmäßig Revolutionen stattfanden) hätte mich dazu gebracht, darüber nachzudenken dass die Herrschaft von Adel und Kirche nicht die beste denkbare Gesellschaftsordnung ist. Darauf basierend hätte ich vermutlich darüber nachgedacht, welche Gesellschaftsordnungen alternativ möglich wären, und ich wäre vermutlich bei einer liberalen Wahlmonarchie mit demokratischem Unterbau und starker Regulierung der Wirtschaft hängengeblieben, ähnlich z.B. dem arabischen Kalifat kurz vor der (vorletzten) Jahrtausendwende.
Wenn Du mir aufmerksam gefolgt wärest wüsstest Du, dass ich den reinen neoliberalen Kapitalismus keineswegs als ideale Gesellschaftsordnung sehe, ebensowenig wie die repräsentative Demokratie so wie sie in der EU und den USA praktiziert wird.
Meine Ablehnung des idealen Kommunismus Deiner Lesart (jeder arbeitet nach seinen Fähigkeiten und jeder bekommt gemäß seiner Bedürfnisse, und die dazu notwendigen Entscheidungen werden einvernehmlich getroffen) liegt nicht daran, dass ich das Gesellschaftmodell nicht gut finde. Es ist in der Theorie zweifellos ideal. Es benötigt allerdings Voraussetzungen, die meiner Meinung nach nicht realistisch sind, nämlich Menschen die anders sind als sie sind. Das brauche ich - glaube ich - nicht näher erläutern, mein Menschenbild kennst Du, und Du konntest es bislang nicht widerlegen.
Damit fällt der ideale Kommunismus für mich als denkbares Gesellschaftsmodell weg.
Ganz nebenher braucht es unbegrenzte Ressourcen und es darf keine (menschliche) Arbeit erfordern, die niemand machen will - aber das sind vergleichsweise einfach zu lösende Probleme.
Der reale Kommunismus hingegen hat sich in allen Fällen exakt so entwickelt wie es nach meinem Menschenbild zu erwarten war, und zu denkbar schlechten Gesellschaftmodellen geführt.
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von fehlgeleitet »

Danke für die ausführliche Antwort. Auf jeden Fall verstehe ich glaube ich endlich, was dein Problem ist.
Wolf Drache hat geschrieben: 22. Dez 2022 09:53
fehlgeleitet hat geschrieben: 21. Dez 2022 22:10 @wolf_drache: nur noch mal damit du das richtig verstehst:
Es ist nichts falsches dadran, sich mal mit der Geschichte zu befassen.

Aber was du nicht kannst, ist aus der Niederlage des Ostblocks Rückschlüsse über den Kommunismus überhaupt zu ziehen. Denn dazu müsstest du erstens die Notwendigkeit der Niederlage beweisen und zweitens, dass der Ostblock die einzig Möglicher Verwirklichung des Kommunismus ist.
Erklärungen habe ich genug, Du willst sie nur nicht hören, denn sie liegen im Wesen des Menschen (so wie ich ihn sehe).
Deiner Meinung nach ist der Kommunismus im Ostblock (so wie in China, in Kuba, in Nordkorea etc.) daran gescheitert, dass der Kapitalismus mit dem Hauptakteur USA ihn vehement bekämpft hat.
Wenn ich mir die Geschichte der kommunistischen Staaten nach ihrer Gründung anschaue, ist der Kommunismus innerhalb dieser Staaten schon lange vor dem Zusammenbruch der Staaten verschwunden. Alle diese Staaten entwickelten innerhalb der ersten 30 Jahre eine Diktatur von Funktionären, die in die eigenen Taschen wirtschafteten und den Rest der Bevölkerung ausbeuteten. Alle diese Staaten wurden wenige Jahrzehnte nach ihrer Gründung zu Diktaturen, bei denen die Planwirtschaft nicht mehr den größtmöglichen Nutzen der größten Anzahl zum Ziel hatte sondern nur noch den größtmöglichen Nutzen einer kleinen Elite.
Nordkorea und Kuba entwickelten sich sogar de facto zu Erbmonarchien.

Ich sehe nicht, dass diese Entwicklung irgendetwas mit dem Einfluss des Kapitalismus oder der kapitalistischen Staaten zu tun hat. Das haben die jeweiligen Revolutionsführer bzw. ihre Nachfolger (Stalin, Mao, Castro, Ghaddafi und so weiter) ganz alleine hinbekommen. Nur zur Ergänzung: Die Vernichtung des Kommunismus in Russland erfolgte schon weit vor dem zweiten Weltkrieg, 1930 war die UdssR schon eine perfekt auf Stalin zugeschnittene Diktatur, die von einer rücksichtslosen Elite angeführt wurde.
Da hast du zu weiten Teilen Recht - allerdings auch irgendwie wieder nicht :lol:.

Mein Missverständniss beruhte darauf, dass du davon sprachest, dass Kommunismus aufgrund des Wesens des Menschen "nicht funktioniert". Ich habe falsch verstanden, was du mit "nicht funktioniert" meinst.
Du scheinst also mit "nicht funktioniert" eine Differenz der Theorie und der kommunistischen Praxis zu meinen.

Was davon stimmt: Eigentlich haben sich alle der "kommunistischen" Staaten in einer Weise entwickelt, die überhaupt nicht das größte Glück der Größten Zahl zum Ziel hatte.
Du hast auch Recht mit der Behauptung, dass das nicht alleine auf den Druck des Westens zurückzuführen ist, bzw. man kann überhaupt nicht wirklich sagen, was ohne den Druck des Westens passiert ist. Allerdings spricht vieles dafür, dass der Ostblock eine durchaus hohe Meinung von dem in ihm herrschenden Zuständen hatte, er diese also selbst als gewollt ansah und überhaupt nicht als Produkt der Auseinandersetzung mit dem Westen.
Also auch in diesem Punkt stimme ich dir zu.

Wodrin ich dir nicht zustimme, ist dein Schluss auf das Wesen des Menschen, dass nuneinmal so ist. Ich glaube die Fehlentwicklung im Ostblock ist das Resultat theoretischer Fehler. Das sind also Leute gewesen, die den Marxismus falsch verstanden hatten und zwar an vielen markanten Stellen. Dieser Fehler breitete sich aus, weil alle erfolgreichen kommunistischen Bewegungen sich an den Staaten orientierten, wo der Kommunismus bereits "erfolgreich" implementiert war.
Diese Leute sahen im Marxismus nicht die Verwirklichung des größten Glücks der größten Zahl, sondern ein nationales Aufstiegsprogramm. Mao wollte also gar nicht, dass es alles Chinesen gut geht, sondern er wollte ein China, dass groß und stark war und in der Welt als Macht angesehen ist und ihm erschien der Marxismus dafür als geeignetes Mittel.

Diese Missverständnisse führten zu einer Gegenkonstruktion zum Kapitalismus, die überhaupt nicht im Sinne des Marxismus war, sondern einen eigentümlichen dritten Weg darstellten, der weder eine Marktwirtschaft noch eine Planwirtschaft war.

Dies ist nicht einfach eine leere Behauptung von mir, sondern ich habe die Eigentümlichkeiten des Ostblocks schon mehrfach in diesem Thread auf theoretische Missverständnisse zurückgeführt, ich kann das auch gerne nochmal für dich machen, wenn du Interesse hast.

Das der Ostblock kollabiert ist, ist zum einen die letzte Konsequenz dieses theoretischen Fehlers, aber auch zuletzt dem massiven Druck des Westens geschuldet, ohne den der Ostblock vermutlich weiter auf seinem eigentümlichen Weg vor sich hin funktioniert hätte.

Du siehst, "nicht funktioniert" ist einfach ein schlechter Ausdruck für das was passiert ist. Der Ostblock hat 75 Jahre lang funktioniert, auf seine Weise.
Wolf Drache hat geschrieben: 22. Dez 2022 10:03
fehlgeleitet hat geschrieben: 21. Dez 2022 01:39 Als Lohnarbeiter muss er fleißig und genügsam sein. Als Sozialarbeiter Leuten Hoffnung machen, als Sekretärin Einfühlsam für die erratischen Launen des Chefs. Als Manager der harte Typ, der die Leute wegrationalisiert. Er muss also insbesondere die Eigenschaften pflegen, die für seinen Job gebraucht werden.
Du bist also der Meinung, dass Menschen keine anderen Eigenschaften haben als die, die durch ihre Klasse oder ihre Aufgabe definiert werden.
Dann funktioniert auch der Kommunismus, ohne Zweifel.
Jeder katholische Priester ist bescheiden, keusch und enthaltsam. Dann ist die katholische Kirche christlich.

Unter diesen Voraussetzungen passt alles zusammen.

Die Frage ist, ob diese Voraussetzungen realistisch sind.
Na im Dienst hat er diese Eigenschaften. Der Bischhof mag ein Atheist sein, der das weibliche Geschlechtsteil bis zum Sadismus verachtet, und eine vorliebe für Knaben hat. Aber das ist er als Privatmann. Er hat also unterschiedliche Eigenschaften, je nachdem ob er im Amt ist oder sich unbeobachtet fühlt. Die Kirche funktioniert ohne Ironie wunderbar, solange er sein Amt gut macht und nicht auffliegt.

Es ist einfach schlecht, von dem Wesen des Menschen zu sprechen. Denn der Mensch kann sich ja anpassen, je nachdem ob er glaubt das sei für seine Zwecke gut oder nicht.

Oder willst du sagen, dass im Grunde jeder Mensch von Natur aus Zwecke verfolgt, die nur in Konkurrenz gegeneinander möglich sind, also die Menschen sich sofort gegenseitig töten würden, wenn sie nicht von staatlicher Gewalt daran gehindert werden würden? Also ist deine Behauptung letztendlich die gute alte "Bestie Mensche"?

Woher aber kommt dann das Interesse der Menschen daran, dass diese Zustände nicht einreißen, wenn sie angeblich alle nach Mord und Totschlag gieren?
Wolf Drache hat geschrieben: 22. Dez 2022 10:29
fehlgeleitet hat geschrieben: 21. Dez 2022 22:10 Hättest du Beispielsweise vor dem Kapitalismus gelebt, wäre dir so die Herrschaft von Adel und Kirche als einzig praktikable Gesellschaft vorgekommen und wärst der Meinung, die Niederschlagung der Bauernaufstände hätten bewiesen, dass es an dieser Ordnung nichts zu rütteln gibt.
Irrtum.
Die Tatsache, dass es Bauernaufstände in diesem Ausmaß gab (und der Blick auf die griechische und nordische Geschichte, in der regelmäßig Revolutionen stattfanden) hätte mich dazu gebracht, darüber nachzudenken dass die Herrschaft von Adel und Kirche nicht die beste denkbare Gesellschaftsordnung ist. Darauf basierend hätte ich vermutlich darüber nachgedacht, welche Gesellschaftsordnungen alternativ möglich wären, und ich wäre vermutlich bei einer liberalen Wahlmonarchie mit demokratischem Unterbau und starker Regulierung der Wirtschaft hängengeblieben, ähnlich z.B. dem arabischen Kalifat kurz vor der (vorletzten) Jahrtausendwende.
Wenn Du mir aufmerksam gefolgt wärest wüsstest Du, dass ich den reinen neoliberalen Kapitalismus keineswegs als ideale Gesellschaftsordnung sehe, ebensowenig wie die repräsentative Demokratie so wie sie in der EU und den USA praktiziert wird.
Meine Ablehnung des idealen Kommunismus Deiner Lesart (jeder arbeitet nach seinen Fähigkeiten und jeder bekommt gemäß seiner Bedürfnisse, und die dazu notwendigen Entscheidungen werden einvernehmlich getroffen) liegt nicht daran, dass ich das Gesellschaftmodell nicht gut finde. Es ist in der Theorie zweifellos ideal. Es benötigt allerdings Voraussetzungen, die meiner Meinung nach nicht realistisch sind, nämlich Menschen die anders sind als sie sind. Das brauche ich - glaube ich - nicht näher erläutern, mein Menschenbild kennst Du, und Du konntest es bislang nicht widerlegen.
Damit fällt der ideale Kommunismus für mich als denkbares Gesellschaftsmodell weg.
Ganz nebenher braucht es unbegrenzte Ressourcen und es darf keine (menschliche) Arbeit erfordern, die niemand machen will - aber das sind vergleichsweise einfach zu lösende Probleme.
Der reale Kommunismus hingegen hat sich in allen Fällen exakt so entwickelt wie es nach meinem Menschenbild zu erwarten war, und zu denkbar schlechten Gesellschaftmodellen geführt.
Du scheinst eine Kritik an dieser Gesellschaft zu haben. Was ist sie denn, deine Kritik?

Irgendwie scheint dein menschenbild wirklich eine bestie mensch zu beinhalten, deren Bändigung notwendig ist. Da ist meine Frage wie oben: Warum soll man die Bestien bändigen, wenn sie bestien sein wollen?

Das die Reccourcen auf diesem Planeten endlich sind wird viel eher für den Kapitalismus zu einem Problem wie für die Planwirtschaft. Aber das nur nebenbei.
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Tyger
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Tyger »

Wolf Drache hat geschrieben: 22. Dez 2022 10:29
fehlgeleitet hat geschrieben: 21. Dez 2022 22:10 Hättest du Beispielsweise vor dem Kapitalismus gelebt, wäre dir so die Herrschaft von Adel und Kirche als einzig praktikable Gesellschaft vorgekommen und wärst der Meinung, die Niederschlagung der Bauernaufstände hätten bewiesen, dass es an dieser Ordnung nichts zu rütteln gibt.
Irrtum.
Die Tatsache, dass es Bauernaufstände in diesem Ausmaß gab (und der Blick auf die griechische und nordische Geschichte, in der regelmäßig Revolutionen stattfanden) hätte mich dazu gebracht, darüber nachzudenken dass die Herrschaft von Adel und Kirche nicht die beste denkbare Gesellschaftsordnung ist. Darauf basierend hätte ich vermutlich darüber nachgedacht, welche Gesellschaftsordnungen alternativ möglich wären, und ich wäre vermutlich bei einer liberalen Wahlmonarchie mit demokratischem Unterbau und starker Regulierung der Wirtschaft hängengeblieben, ähnlich z.B. dem arabischen Kalifat kurz vor der (vorletzten) Jahrtausendwende.
Dazu wäre noch zu ergänzen, dass es auch im Mittelalter freie Städte gab, und zwar gar nicht mal so wenige. Die gediehen in schönster Marktwirtschaft, lange vor der Einführung des Kapitalismus.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 22. Dez 2022 14:31 Diese Missverständnisse führten zu einer Gegenkonstruktion zum Kapitalismus, die überhaupt nicht im Sinne des Marxismus war, sondern einen eigentümlichen dritten Weg darstellten, der weder eine Marktwirtschaft noch eine Planwirtschaft war.
Wir sind uns offensichtlich darüber einig, dass der Ostblock keine Umsetzung des idealen Marxismus war.
Über die Ursache aber nicht. Für dich ist die Ursache ein theoretisches Missverständnis, für mich ist die Ursache die generelle Inkompatibilität der Theorie mit der Lebenspraxis.
fehlgeleitet hat geschrieben: 22. Dez 2022 14:31
Wolf Drache hat geschrieben: 22. Dez 2022 10:03 Jeder katholische Priester ist bescheiden, keusch und enthaltsam. Dann ist die katholische Kirche christlich.
Na im Dienst hat er diese Eigenschaften.
Hat er nicht. Er tut nur so.
Genau wie ich im Moment so tue als wäre ich ein fleißiger Arbeiter, aber in meiner Arbeitszeit Forenbeiträge verfasse.
Hier ist er wieder, der Unterschied zwischen "Sein" und "Sollen".
fehlgeleitet hat geschrieben: 22. Dez 2022 14:31 Oder willst du sagen, dass im Grunde jeder Mensch von Natur aus Zwecke verfolgt, die nur in Konkurrenz gegeneinander möglich sind, also die Menschen sich sofort gegenseitig töten würden, wenn sie nicht von staatlicher Gewalt daran gehindert werden würden? Also ist deine Behauptung letztendlich die gute alte "Bestie Mensche"?
Woher aber kommt dann das Interesse der Menschen daran, dass diese Zustände nicht einreißen, wenn sie angeblich alle nach Mord und Totschlag gieren?
Ja, das sage ich. Und solange Du Dawkins nicht verstehst wirst Du das nicht verstehen.
Der Schlüssel bei Deinem Satz ist die Mehrzahl: "Zwecke". Denn ein Mensch verfolgt in der Regel nicht nur einen Zweck, sondern gleichzeitig mehrere, zum Beispiel seinen Kriegsgegner umzubringen, seine Frau zu vögeln und zu überleben.
fehlgeleitet hat geschrieben: 22. Dez 2022 14:31 Du scheinst eine Kritik an dieser Gesellschaft zu haben. Was ist sie denn, deine Kritik?
Da gehe ich gerne später mal darauf ein, ich muss jetzt erst mal feierabend machen :-)
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 22. Dez 2022 14:31 Du scheinst eine Kritik an dieser Gesellschaft zu haben. Was ist sie denn, deine Kritik?
[Aushol... das wird ein etwas längerer Text, aber für mich persönlich wichtig, also schon mal Danke für die Aufforderung.]
Erst mal muss ich Dich wahrscheinlich enttäuschen: Ich habe keine fundamentale Kritik an der aktuell praktizierten Gesellschaftsform, lediglich Kritik daran, wie sie umgesetzt wird.
Alles was jetzt kommt ist meine persönliche, subjektive Meinung, keine Tatsachenbeschreibung, und auch keine Theorie, die Anspruch auf Objektivität erhebt.

Prinzipiell ist die repräsentative Demokratie wie sie im Grundgesetz festgelegt ist eine akzeptable Form, wie eine Gesellschaft sich Regeln geben kann. Es kommen nicht immer die besten Regeln raus, dafür ist diese Regierungsform gegen Missbrauch und schädliche Entwicklungen am robustesten - bei allen anderen Regierungsformen ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sich langfristig eine echte Diktatur entwickelt. Da werden mir jetzt zwar Ettliche widersprechen und behaupten, dass wir bereits in einer Diktatur leben. Das ist aber nicht so, denn wir als Gesellschaft wären durchaus ohne Bruch der geltenden Gesetzt in der Lage, die Zustände in diesem Land grundlegend zu ändern - wenn wir es denn ernsthaft wollten. Diesen Willen und das dafür notwendige Engagement sehe ich aber nicht, noch nicht einmal bei einem Großteil der so fleißig gegen die Merkel-und-Scholz-Diktatur protestierenden Menschen. Wer sich also hier gefangen fühlt darf sich dessen gewiss sein: Seine Gefangenschaft ist selbstgewählt.

Der Kapitalismus ist das ideale Werkzeug zur Allokation von nicht lebensnotwendigen Ressourcen - und dabei wären wir bei meinem ersten Kritikpunkt: Inzwischen hat der Kapitalismus innerhalb der Gesellschaft so viel Macht, dass er zur Allokation von so gut wie allen Ressourcen verwendet wird, auch der öffentlichen Infrastruktur und der öffentlichen Daseinsvorsorge. Das hat zur Folge, dass auch aus lebensnotwendigen Ressourcen wie Energie und Wohnraum maximaler Profit geschlagen wird und nicht lohnenswerte Infrastruktur vernachlässigt wird (was man beispielhaft an den weißen Flecken im Handynetz sehen kann).
Hier ist dringend ein politischer Wandel notwendig zur Übernahme der kritischen Infrastruktur in die öffentliche Hand, wie es noch in den 70er Jahren der Fall war.
Dafür ist aber notwendig, dass die Politik sich wieder der Diskussion darüber stellt, ob die aktuellen gesetzlichen und organisatorischen Regelungen dem Ziel der Gesellschaft dienlich sind oder nicht.
Als Ziel der Gesellschaft bin ich da vollständig beim Grundgesetz und bei dem, was alle politischen Meinungen außer der FDP (also die neoliberalen Kapitalisten) und den Rechtsaußen jenseits der AfD (also die extremen Nationalisten) öffentlich vertreten: Alle Menschen die in diesem Land leben sollen ein menschenwürdiges Leben führen können.

Die ausbleibende Diskussion darüber, ob die Gesetze und die Administration dem Ziel der Gesellschaft dienen oder nicht ist Ausdruck eines viel grundlegenderen gesellschaftlichen Problems: Der Fokus der gesellschaftlichen Diskussion liegt inzwischen hauptsächlich auf Quantität, die Qualität wird vernachlässigt. Das sieht man an den aktuellen politischen Bazookas, Doppel-Wumsen und anderen groß in die Presse hinausposaunten Gesetzgebungen - allesamt Rohrkrepierer. Das sieht man aber auch z.B. an unserer Bildung (mehr Abiturienten, aber immer größere Defizite im objektiv messbaren Bildungsniveau), an öffentlichen Bauvorhaben und an der Qualität unserer deutschen Industrie- und Ingenieursprodukte.

Nicht zuletzt sieht man den Fokus auf die Quantität an unseren "Qualitätsmedien", die ebenfalls immer mehr darauf setzen, schnell und viel zu berichten als gut zu berichten. Die Reichweite (also Quantität) ist wichtiger als die Qualität, und die Reichweite ist durch die elektronischen Medien sehr einfach als Klickzahl zu messen. Eine hohe Klickzahl wird erreicht durch emotionalisierende und polarisierende Berichterstattung, was die politische und gesellschaftliche Diskussion auf die Extrempositionen verengt. Diese Extrempositionen werden dann durch Personen oder Zitate so gegenübergestellt, dass eine konstruktive Diskussion verhindert wird. Sobald strittige Themen in der politischen Diskussion aufkommen wird also auf den Dissens fokussiert und der Wille zum Verstehen des jeweils gegnerischen Standpunkts gezielt torpediert, um weiterhin Extrempositionen in den Medien vertreten zu können. Dazu gehört auch, dass der Bewertung von Ereignissen durch Personen mehr Raum in den Medien gegeben wird als den Ereignissen selbst. Dadurch wird auch die Trennung von Fakten und Meinung in den Medien weitgehend aufgehoben, denn die Berichterstattung über Meinungen wird als Faktendarstellung verkauft (was sie strenggenommen ja auch ist, denn die Meinung von Bernd Höcke zur Flüchtlingsfrage ist ja ein Fakt, und keine Meinung)

In der Diskussionen um Corona, Klimawandel, Gentechnik etc. tritt auch ein grundlegender Fehler der aktuell praktizierten Naturwissenschaft zutage, der ebenfalls ein großes Problem ist: Naturwissenschaftliche Ergebnisse werden als absolute Wahrheiten kommuniziert. Dieser Anspruch ist grundlegend falsch und leitet direkt in die immer weiter um sich greifende Wissenschaftsfeindlichkeit.
Naturwissenschaftlicher Erkenntnisse sind grundsätzlich immer relativ zum beobachteten Setting, immer mit statistischer Unsicherheit behaftet, immer vorläufig und können immer in unterschiedlicher Weise interpretiert werden - je komplizierter die Beobachtung und der Zusammenhang, desto komplizierter und fehlerbehafteter die Interpretation.
Das gibt Mischung von Grundkomponenten, die jede für sich schon problematisch sind:
- Einflussnahme von Interessensgruppen auf die Interpretation der Ergebnisse (nicht nur wirtschaftliche, sondern auch ideologische, insbesondere aus der Eso- und Öko-Bewegung)
- Fokussierung auf Extrempositionen und Einzelpersonen in den Medien.
- Begründung von politischen Entscheidungen mit "naturwissenschaftlichen Fakten" ohne offenzulegen, dass deren Interpretation auf ein bestimmtes Ziel zugeschnitten ist.
- die Fokussierung der Wissenschaftsförderung auf Förderprogramme, die auf ein bestimmtes Ziei zugeschnitten sind und einen definierten (in der Regel sehr kurzfristigen) Zeithorizont haben.
Diese Mischung fördert gezielt Wissenschaftler, die (unabhängig vom Wahrheitsgehalt) Ergebnisse produzieren, die durch bestimmte Interessensgruppen vorgegeben werden. Ergebnis sind in der Regel einander widersprechende Ergebnisse - was sich natürlich fatal auf die Glaubwürdigkeit der Naturwissenschaft an sich auswirkt.
Selbst Leute mit einigermaßen anständiger naturwissenschaftlicher Grundbildung glauben dann nur noch das, was zu ihrer sowieso schon gefestigten Meinung passt. Das macht die Naturwissenschaft als Werkzeug im politischen Diskurs so gut wie unbrauchbar - mit dem Ergebnis, dass politische Entscheidungen getroffen werden, die voraussehbar fatale Folgen haben.
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."
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Re: Endlich, Cthulhu!

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Tyger hat geschrieben: 22. Dez 2022 16:14
Wolf Drache hat geschrieben: 22. Dez 2022 10:29
fehlgeleitet hat geschrieben: 21. Dez 2022 22:10 Hättest du Beispielsweise vor dem Kapitalismus gelebt, wäre dir so die Herrschaft von Adel und Kirche als einzig praktikable Gesellschaft vorgekommen und wärst der Meinung, die Niederschlagung der Bauernaufstände hätten bewiesen, dass es an dieser Ordnung nichts zu rütteln gibt.
Irrtum.
Die Tatsache, dass es Bauernaufstände in diesem Ausmaß gab (und der Blick auf die griechische und nordische Geschichte, in der regelmäßig Revolutionen stattfanden) hätte mich dazu gebracht, darüber nachzudenken dass die Herrschaft von Adel und Kirche nicht die beste denkbare Gesellschaftsordnung ist. Darauf basierend hätte ich vermutlich darüber nachgedacht, welche Gesellschaftsordnungen alternativ möglich wären, und ich wäre vermutlich bei einer liberalen Wahlmonarchie mit demokratischem Unterbau und starker Regulierung der Wirtschaft hängengeblieben, ähnlich z.B. dem arabischen Kalifat kurz vor der (vorletzten) Jahrtausendwende.
Dazu wäre noch zu ergänzen, dass es auch im Mittelalter freie Städte gab, und zwar gar nicht mal so wenige. Die gediehen in schönster Marktwirtschaft, lange vor der Einführung des Kapitalismus.
Achso willst du das abgrenzen. Was du beschreibst, ist der Zustand als der Kapitalismus noch nicht der gesellschaftliche Zweck war, sondern irgendwo im Feudalismus existierte. Dies wurde aber von der Gesellschaft zunehmend als Mangel betrachtet, weil sich Adel und Klerus bedienten, ohne eine nützliche Funktion für die Gesellschaft zu haben.

Ist dein Ideal also, wieder in den Feudalismus zurückzugehen und dort eine Marktwirtschaft zu betreiben?
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Re: Endlich, Cthulhu!

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Wolf Drache hat geschrieben: 22. Dez 2022 16:45
fehlgeleitet hat geschrieben: 22. Dez 2022 14:31 Diese Missverständnisse führten zu einer Gegenkonstruktion zum Kapitalismus, die überhaupt nicht im Sinne des Marxismus war, sondern einen eigentümlichen dritten Weg darstellten, der weder eine Marktwirtschaft noch eine Planwirtschaft war.
Wir sind uns offensichtlich darüber einig, dass der Ostblock keine Umsetzung des idealen Marxismus war.
Über die Ursache aber nicht. Für dich ist die Ursache ein theoretisches Missverständnis, für mich ist die Ursache die generelle Inkompatibilität der Theorie mit der Lebenspraxis.

ja das ist unsere Differenz.
Wolf Drache hat geschrieben: 22. Dez 2022 16:45
fehlgeleitet hat geschrieben: 22. Dez 2022 14:31
Wolf Drache hat geschrieben: 22. Dez 2022 10:03 Jeder katholische Priester ist bescheiden, keusch und enthaltsam. Dann ist die katholische Kirche christlich.
Na im Dienst hat er diese Eigenschaften.
Hat er nicht. Er tut nur so.
Genau wie ich im Moment so tue als wäre ich ein fleißiger Arbeiter, aber in meiner Arbeitszeit Forenbeiträge verfasse.
Hier ist er wieder, der Unterschied zwischen "Sein" und "Sollen".
Aber um deine Tarnung aufrechtzuerhalten musst du ja auchmal wirklich arbeiten. Und unser Priester auch mal das tun, was er soll. Aber okay, ich weiß was du meinst, der Priester glaubt nicht an Gott, nur weil er sein Amt ausführt.

Dann sprich doch besser von Bedürfnissen als von Eigenschaften, dann weiß ich was gemeint ist. Der Priester hat nicht das Bedürfniss zu beten, sondern Unzucht zu treiben. Er betet nur, wenn er es muss.
Wolf Drache hat geschrieben: 22. Dez 2022 16:45
fehlgeleitet hat geschrieben: 22. Dez 2022 14:31 Oder willst du sagen, dass im Grunde jeder Mensch von Natur aus Zwecke verfolgt, die nur in Konkurrenz gegeneinander möglich sind, also die Menschen sich sofort gegenseitig töten würden, wenn sie nicht von staatlicher Gewalt daran gehindert werden würden? Also ist deine Behauptung letztendlich die gute alte "Bestie Mensche"?
Woher aber kommt dann das Interesse der Menschen daran, dass diese Zustände nicht einreißen, wenn sie angeblich alle nach Mord und Totschlag gieren?
Ja, das sage ich. Und solange Du Dawkins nicht verstehst wirst Du das nicht verstehen.
Der Schlüssel bei Deinem Satz ist die Mehrzahl: "Zwecke". Denn ein Mensch verfolgt in der Regel nicht nur einen Zweck, sondern gleichzeitig mehrere, zum Beispiel seinen Kriegsgegner umzubringen, seine Frau zu vögeln und zu überleben.
Na aber wenn er es weiß, dass er mehrere Zwecke hat dann wäre es von ihm doch unklug, sich der Gewaltausübung hinzugeben, weil er weiß, dass er damit die anderen Zwecke gefährdet. Da kommt er schon von selber drauf, dass muss man nicht erzwingen.
Zuletzt geändert von fehlgeleitet am 23. Dez 2022 17:24, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Endlich, Cthulhu!

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Wolf Drache hat geschrieben: 23. Dez 2022 10:57
fehlgeleitet hat geschrieben: 22. Dez 2022 14:31 Du scheinst eine Kritik an dieser Gesellschaft zu haben. Was ist sie denn, deine Kritik?
[Aushol... das wird ein etwas längerer Text, aber für mich persönlich wichtig, also schon mal Danke für die Aufforderung.]
Ich fasse mal kurz zusammen.

Ich habe deinen Text mehrmals gelesen, ich möchte aber erstmal den Kern herausschälen, bevor wir uns auf die Details stürzen.

Also du monierst, dass der Kapitalismus ein Werkzeug der Gesellschaft ist (darunter verstehst du Demokratie, der du prinzipiell zustimmst), aber irgendwie aus den Fugen geraten sein soll, so dass es andere gesellschaftliche Funktionen bzw. Institutionen stört. Das äußert sich in einer Verengung duverser Instititionen auf "Quantität", dass meint wohl Geldverdienen. Dadurch leidet die Qualität vieler Waren und Dienstleistungen, sowie die Funktionalität staatlicher Institutionen und Infrastruktur.

Das ist doch deine Kernaussage?

Darf ich fragen, wie du darauf kommst, dass der Kapitalismus ein Werkzeug zur Allokation von nicht-lebensnotwendigen Reccourcen ist?
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 23. Dez 2022 16:29 Na aber wenn er es weiß, dass er mehrere Zwecke hat dann wäre es von ihm doch unklug, sich der Gewaltausübung hinzugeben, weil er weiß, dass er damit die anderen Zwecke gefährdet. Da kommt er schon von selber drauf, dass muss man nicht erzwingen.
Wenn er es wüsste (und rein vernunftgetrieben handeln würde), dann gäbe es keine Psychotherapeuten.
Da kommt wieder mein Menschenbild zum Ausdruck.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 23. Dez 2022 16:34
Wolf Drache hat geschrieben: 23. Dez 2022 10:57
fehlgeleitet hat geschrieben: 22. Dez 2022 14:31 Du scheinst eine Kritik an dieser Gesellschaft zu haben. Was ist sie denn, deine Kritik?
[Aushol... das wird ein etwas längerer Text, aber für mich persönlich wichtig, also schon mal Danke für die Aufforderung.]
Ich fasse mal kurz zusammen.

Ich habe deinen Text mehrmals gelesen, ich möchte aber erstmal den Kern herausschälen, bevor wir uns auf die Details stürzen.

Also du monierst, dass der Kapitalismus ein Werkzeug der Gesellschaft ist
Nein, ganz falsch.
Ich moniere, dass der Kapitalismus in der Gesellschaft mehr ist als nur das Werkzeug, für den ich ihn halte.
fehlgeleitet hat geschrieben: 23. Dez 2022 16:34 Darf ich fragen, wie du darauf kommst, dass der Kapitalismus ein Werkzeug zur Allokation von nicht-lebensnotwendigen Reccourcen ist?
Da gibt es eine ganze Reihe von Wirtschaftstheoretikern, die das behaupten.
Darauf will ich mich aber nicht zurückziehen. Kurzgefasst geht es darum:
1) Der Kapitalist, der bessere Ware billiger herstellt, kann mehr Ware verkaufen und verdrängt den Kapitalisten, der schlechtere Ware teurer herstellt. Daher produziert der Kapitalismus im Laufe der Zeit bessere und billigere Waren.
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von fehlgeleitet »

Wolf Drache hat geschrieben: 23. Dez 2022 17:34
fehlgeleitet hat geschrieben: 23. Dez 2022 16:29 Na aber wenn er es weiß, dass er mehrere Zwecke hat dann wäre es von ihm doch unklug, sich der Gewaltausübung hinzugeben, weil er weiß, dass er damit die anderen Zwecke gefährdet. Da kommt er schon von selber drauf, dass muss man nicht erzwingen.
Wenn er es wüsste (und rein vernunftgetrieben handeln würde), dann gäbe es keine Psychotherapeuten.
Da kommt wieder mein Menschenbild zum Ausdruck.
Oder man könnte auch Schlussfolgern, dass Psychotherapeuten die Menschen beim geistigen Zurechtkommen im Kapitalismus begleiten. Mehrere Schlussfolgerung sind aus der Existenz von Psychotherapeuten möglich.
Wolf Drache hat geschrieben: 23. Dez 2022 17:42
fehlgeleitet hat geschrieben: 23. Dez 2022 16:34
Wolf Drache hat geschrieben: 23. Dez 2022 10:57
[Aushol... das wird ein etwas längerer Text, aber für mich persönlich wichtig, also schon mal Danke für die Aufforderung.]
Ich fasse mal kurz zusammen.

Ich habe deinen Text mehrmals gelesen, ich möchte aber erstmal den Kern herausschälen, bevor wir uns auf die Details stürzen.

Also du monierst, dass der Kapitalismus ein Werkzeug der Gesellschaft ist
Nein, ganz falsch.
Ich moniere, dass der Kapitalismus in der Gesellschaft mehr ist als nur das Werkzeug, für den ich ihn halte.
Genau so habe ich dich verstanden.
Wolf Drache hat geschrieben: 23. Dez 2022 17:42
fehlgeleitet hat geschrieben: 23. Dez 2022 16:34 Darf ich fragen, wie du darauf kommst, dass der Kapitalismus ein Werkzeug zur Allokation von nicht-lebensnotwendigen Reccourcen ist?
Da gibt es eine ganze Reihe von Wirtschaftstheoretikern, die das behaupten.
Darauf will ich mich aber nicht zurückziehen. Kurzgefasst geht es darum:
1) Der Kapitalist, der bessere Ware billiger herstellt, kann mehr Ware verkaufen und verdrängt den Kapitalisten, der schlechtere Ware teurer herstellt. Daher produziert der Kapitalismus im Laufe der Zeit bessere und billigere Waren.
Hat nur den Haken, dass der Hebel über den der Kapitalist seine Waren billiger produziert die Verbilligung der Lohnarbeiter ist. Also die Waren mögen zwar billiger werden, dass Geld in den Taschen der Konsumenten aber auch. Und ob da bessere Waren rauskommen ist auch sehr die Frage. Weil eben die meisten Konsumenten eben nur ein begrenztes Budget haben, gibt es eben auch für die nur billig Zeug. Also billig in dem Sinne, dass es Ramsch ist.
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Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 23. Dez 2022 18:18
Wolf Drache hat geschrieben: 23. Dez 2022 17:34 Nein, ganz falsch.
Ich moniere, dass der Kapitalismus in der Gesellschaft mehr ist als nur das Werkzeug, für den ich ihn halte.
Genau so habe ich dich verstanden.
Das heißt Du hast auch verstanden, dass ich nicht möchte, dass der Kapitalismus dir Grundlage der Gesellschaft bildet. Gut.
fehlgeleitet hat geschrieben: 23. Dez 2022 18:18
Wolf Drache hat geschrieben: 23. Dez 2022 17:42
fehlgeleitet hat geschrieben: 23. Dez 2022 16:34 Darf ich fragen, wie du darauf kommst, dass der Kapitalismus ein Werkzeug zur Allokation von nicht-lebensnotwendigen Reccourcen ist?
Da gibt es eine ganze Reihe von Wirtschaftstheoretikern, die das behaupten.
Darauf will ich mich aber nicht zurückziehen. Kurzgefasst geht es darum:
1) Der Kapitalist, der bessere Ware billiger herstellt, kann mehr Ware verkaufen und verdrängt den Kapitalisten, der schlechtere Ware teurer herstellt. Daher produziert der Kapitalismus im Laufe der Zeit bessere und billigere Waren.
Hat nur den Haken, dass der Hebel über den der Kapitalist seine Waren billiger produziert die Verbilligung der Lohnarbeiter ist. Also die Waren mögen zwar billiger werden, dass Geld in den Taschen der Konsumenten aber auch. Und ob da bessere Waren rauskommen ist auch sehr die Frage. Weil eben die meisten Konsumenten eben nur ein begrenztes Budget haben, gibt es eben auch für die nur billig Zeug. Also billig in dem Sinne, dass es Ramsch ist.
Ich bin eben gestört worden, deswegen musste ich nach einem Argument abbrechen, der Rest kommt gleich noch.
Das Gegenargument stimmt zwar, ist aber nicht vollständig. Der Kapitalist hat noch einen weiteren Hebel, den er zur Verbilligung seiner Ware einsetzen kann: Er kann menschliche Arbeitskraft durch Kapital, d.h. durch Produktionsmittel, ersetzen. Da kommen wir aber gleich noch drauf, wenn ich die Grenzen dessen erkläre, in dem der Kapitalismus meiner Meinung nach ein nützliches Werkzeug ist.
Erst mal ein weiteres Argumente für den Kapitalismus als Werkzeug zur Allokation von Ressourcen:
2) Wenn ein Bedarf nach etwas da ist, findet sich auch ein Kapitalist, der sich bemüht, diesen Bedarf zu decken. Sogar wenn dafür noch keine geeignete und kostengünstige technische Lösung existiert, diesen zu decken, wird es einen Kapitalisten geben, der versucht, diese Lösung zu erfinden. Die Ressourcen bzw. Produktionsmittel werden also in genau die Produkte gesteckt, für die ein Bedarf besteht. Kapitalisten, die Produkte produzieren für die kein Bedarf besteht, gehen pleite.
Beide Mechanismen funktionieren rein aus Eigeninteresse der Kapitalisten, also ohne jeglichen Einfluss von außen oder von irgendeiner Regulierung.

Gesellschaftlich von Vorteil sind sie allerdings nur unter zwei Bedingungen:
1) Die Konsumenten müssen die freie Entscheidung haben, sich auch gegen den Kauf der Ware zu entscheiden - deswegen ist der Kapitalismus nur dann gesellschaftlich von Nutzen, wenn es um die Produktion nicht-lebensnotwendiger Dinge geht.
2) Die Arbeiter müssen die freie Entscheidung haben, bei diesem Kapitalisten zu arbeiten oder auch nicht - deswegen ist der Kapitalismus nur dann gesellschaftlich von Nutzen, wenn die lebensnotwendigen Dinge den Arbeitern auf anderem Wege zur Verfügung gestellt werden. Damit wären wir beim bedingungslosen Grundeinkommen, dem Sozialen Netz oder wie auch immer man das einrichten will, dass jeder Mensch die Dinge zur Verfügung gestellt bekommt, die er zum überleben braucht. Und eben dieser Punkt nimmt Deiner Kritik an der durch den Kapitalismus verursachten Ausbeutung der Lohnarbeiter den Wind aus den Segeln.
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von fehlgeleitet »

Wolf Drache hat geschrieben: 23. Dez 2022 18:51
Das Gegenargument stimmt zwar, ist aber nicht vollständig. Der Kapitalist hat noch einen weiteren Hebel, den er zur Verbilligung seiner Ware einsetzen kann: Er kann menschliche Arbeitskraft durch Kapital, d.h. durch Produktionsmittel, ersetzen. Da kommen wir aber gleich noch drauf, wenn ich die Grenzen dessen erkläre, in dem der Kapitalismus meiner Meinung nach ein nützliches Werkzeug ist.
Dir ist aber schon klar, dass wegrationalisierte Arbeitskraft mehr Arbeitslose bedeutet und daher ein sinken des Lohnniveaus? So kommt also hintenrum doch eine Lohnsenkung raus, weswegen der Kapitalist ja auch die Maschine benutzt. Sie kommt ihn billiger, als die gleiche Arbeit von Lohnarbeitern erledigen zu lassen.

Klar er braucht nun auch einen Maschinenspezialisten, der das Ding wartet. Aber unterm Strich ist es für ihn billiger, als weiterhin die Lohnarbeiter für die gleiche Leistung zu bezahlen.
Wolf Drache hat geschrieben: 23. Dez 2022 18:51 Erst mal ein weiteres Argumente für den Kapitalismus als Werkzeug zur Allokation von Ressourcen:
2) Wenn ein Bedarf nach etwas da ist, findet sich auch ein Kapitalist, der sich bemüht, diesen Bedarf zu decken. Sogar wenn dafür noch keine geeignete und kostengünstige technische Lösung existiert, diesen zu decken, wird es einen Kapitalisten geben, der versucht, diese Lösung zu erfinden. Die Ressourcen bzw. Produktionsmittel werden also in genau die Produkte gesteckt, für die ein Bedarf besteht. Kapitalisten, die Produkte produzieren für die kein Bedarf besteht, gehen pleite.
Beide Mechanismen funktionieren rein aus Eigeninteresse der Kapitalisten, also ohne jeglichen Einfluss von außen oder von irgendeiner Regulierung.
Also eine Regulierung braucht es auf jeden Fall: Eine Gewalt, die das Privateigentum garantiert auf das es den Kapitalisten ankommt. Das fällt unter "Rechtssicherheit schaffen". Sonst werden seine Waren nicht bezahlt, sondern einfach so angeeignet.

Weiterhin braucht es den freien Lohnarbeiter. Den hat der Staat vielerorts geschaffen, indem er die Leute von ihrem Land vertrieb, auf dem sie Subsistenz betreiben konnten und sie so in die prekäre Lage gebracht, Geld verdienen zu müssen. Das ist inzwischen global durchgesetzt, deswegen ist es für uns so normal, das die allermeisten nichts besitzen.

Weiterhin liegst du goldrichtig, wenn du sagst, der Kapitalist muss Dinge schaffen, die irgendjemand braucht, sonst verkauft er nichts. Allerdings bedeutet das im Umkehrschluss: Wer nicht zahlen kann dessen Bedürfnisse sind im warsten Sinne des Wortes nichts wert. Afrika hätte gerne Medikamente und Nahrungsmittel. Weil aber bisher kein Kapitalist eine Möglichkeit gefunden hat zum Beispiel mit Malariamedikamenten ein großes Geschäft zu machen, sitzen die Afrikaner eben auf dem trockenen. Wenn ein Geschäft geht, so gehen damit die Einheimischen Bauern pleite, weil die nicht gegen Bayer-Monsanto Saatgut konkurrieren können, was auf Dauer sogar mehr Armut bedeutete wie vorher, weil die Einkommensquelle vieler Menschen durch den Import zugrunde gerichtet wird.

Der Kapitalist will also nicht die Bedürfnisse der Menschen befriedigen, sondern sie damit erpressen. Schon hier kann man sehen, dass der Kapitalismus eine äußerst brutale Angelegenheit ist.
Wolf Drache hat geschrieben: 23. Dez 2022 18:51 Gesellschaftlich von Vorteil sind sie allerdings nur unter zwei Bedingungen:
1) Die Konsumenten müssen die freie Entscheidung haben, sich auch gegen den Kauf der Ware zu entscheiden - deswegen ist der Kapitalismus nur dann gesellschaftlich von Nutzen, wenn es um die Produktion nicht-lebensnotwendiger Dinge geht.
2) Die Arbeiter müssen die freie Entscheidung haben, bei diesem Kapitalisten zu arbeiten oder auch nicht - deswegen ist der Kapitalismus nur dann gesellschaftlich von Nutzen, wenn die lebensnotwendigen Dinge den Arbeitern auf anderem Wege zur Verfügung gestellt werden. Damit wären wir beim bedingungslosen Grundeinkommen, dem Sozialen Netz oder wie auch immer man das einrichten will, dass jeder Mensch die Dinge zur Verfügung gestellt bekommt, die er zum überleben braucht. Und eben dieser Punkt nimmt Deiner Kritik an der durch den Kapitalismus verursachten Ausbeutung der Lohnarbeiter den Wind aus den Segeln.
Ja, wenn der Kapitalismus ganz anders wäre dann wäre meine Kritik an ihm auch hinfällig. Nur hier sind wir am entscheidenden Punkt.

Obwohl es in einer Demokratie rein legal gedacht möglich ist, die gesamte Gesellschaft durch Gesetzesänderungen zu verändern, so passiert das nicht. Und es gibt Systemimmanente Gründe dafür, warum sowas wie ein Bedingungsloses Grundeinkommen das den Namen verdient niemals eingeführt werden wird.

Weil nämlich der Kapitalismus die Armut der Lohnabhängigen brauch, um sie zu erpressen. Nur so kommt er an den Mehrwert, um den es ihm geht. Ohne dieses Erpressungsverhältniss wäre das nicht oder in nur sehr eingeschränkter Form möglich.
Elevation Eight
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Elevation Eight »

Tyger hat geschrieben: 21. Dez 2022 11:25
Elevation Eight hat geschrieben: 21. Dez 2022 04:48 Russland gehört nunmal zu Europa. Und natürlich gibt es ein Interesse daran, dass Deutschladn stattdessen zum doppelten Preis Fracking-Gas aus Amerika per Diesel-Schiff über den Atlantik schippern läßt - dass das umweltschonender ist, glaubt zumindest Jordan Peterson. Ja, und die Grünen.
Die Grünen wären aber nicht die Grünen, wenn sie da nicht nochmal locker einen draufsetzen würden: https://www.achgut.com/artikel/namibia_ ... lity_check
Man kann es sich nicht ausdenken. (Wenn man kein Grüner ist.)
Das ist genau das Problem, von dem ich rede. "Worlds apart" - Informationen werden nicht mehr zusammengefügt, sondern nur noch unreflektiert in ihrer jeweiligen Inselrealität in gut/böse einsortiert, ohne sie überhaupt erst zu verstehen.
Und das erschreckende dabei ist: das scheint niemandem aufzufallen, das wird auch nicht korrigiert oder kritisiert.

Wir fangen erstmal woanders an: die "Wilde Jagd" - passt ja hervorragend in die aktuelle Jahreszeit der Rauhnächte.
Also, wer weiss was die Wilde Jagd ist - in einem Daemonenforum sollte das nichts fremdes sein, es ist traditioneller Volksmythos quer durch Europa.

Und jetzt das interessante: https://za.ign.com/the-witcher-1/160047 ... showrunner

Dass in einem Fantasy-Schinken Motive und Figuren auftauchen, die ursprünglich aus der Volksmythologie stammen, das ist völlig normal; das hat schon Tolkien die ganze Zeit so gemacht: Elfen, Zwerge, Drachen usw. sind alles Figuren, die nicht in der Fantasy erfunden wurden, sondern viel älter sind und aus den traditionellen Mythen herkommen.
Was aber neu ist: dass diese Figuren nicht mehr mit dem Bezug auf die traditionelle Mythologie erklärt werden, sondern als Analogie zu irgendeinem kruden Oberschurken aus einem amerikanischen Superhelden-Comic!

Also: die Bevölkerungsgruppe, die da Fantasy und Gaming konsumiert, bleibt in ihrer isolierten Inselwelt und erklärt ihre Motive nur mit Analogien innerhalb dieser Inselwelt. Sie hat keinen Bezug mehr zur weiteren Realität, zur Tradition und Mythologie, wo man die ursprüngliche Herkunft der Motive finden würde.

Das, was in politischen Zusammenhängen bemerkt wird, dass Leute in sog "Echokammern" agieren wo nur das eigene Meinungsbild vorherrscht, das greift viel zu kurz und ist auch nicht die korrekte Analyse. Tatsächlich erstreckt sich das Phänomen quer durch die ganze Gesellschaft, die in vielerlei Tunnelrealitäten zersplittert ist und wo jeder sich nur noch mit seinen spezifischen Interessengebieten beschäftigt und kein weitergehender Zusammenhang mehr hergestellt wird. Dasselbe passiert auch in der Wissenschaft, wo keine brauchbare Erkenntnissuche mehr betrieben wird, sondern nur noch Spezialistentum hofiert - und auch so gut wie überall sonst.

Und jetzt gucken wir uns diesen Artikel hier an. Da schreibt also ein Kernkraftwerksbauer über Solarenergie in Deutsch-südwest, und dass die natürlich scheisse ist, weils ja kein Atomkraftwerk ist - und weils -angeblich- "nur" 25% Enerrgieffizienz hat. Also, ich finde, erstens 25% von Solarenergie, die sich ja nicht erschöpft, ist allemal besser als nix, und zweitens kenne ich kein Kernkraftwerk, das 25% Effizienz hätte. Aber das nur am Rande.

Die ursprüngliche Idee war ja eigentlich, dass man Sonnenenergie in den Wüsten Afrikas auffängt, dann per Mikrowelle an einen Satellitenring sendet, der diese Mikrowellen zurückreflektiert nach Europa. Der Vorteil dabei: die Afrikaner brauchen nur die Justierung der Sendestationen verstellen, um Europa zu grillen.
Spass beiseite: bislang weiss offenbar niemand, wie man sowas praktisch realisieren könnte.

Aber: dass man Strom, auch solchen aus Solarzellen, in Wasserstoff verwandeln kann, das ist bekannt und trivial - und so könnte man den Strom auch speichern - wenn man den Wasserstoff speichern könnte. Wasserstoff ist aber ein diesbezüglich ziemlich nerviges Zeug, und diffundiert durch so ziemlich alles. Also: schlecht handhabbar.
Wenn nun aber der Wasserstoff sich in Ammoniak verwandeln läßt, dann ist das zwar auch nicht grad das angenehmste Zeug, aber vielleicht doch besser handhabbar.
Und dann ist damit ja der Ammoniak der Energieträger. Das heisst: anstatt ein Transportschiff mit Schwerdiesel zu betreiben, kann man es ohne weiteres mit dem Ammoniak antreiben. Und alles andere ebenso.

Kurzum: der Artikel ist sachlich-faktisch dummes Zeug. Das Kozept als solches ist allemal interessant und gehört sorgfältig ingenieurmäßig auf technische Machbarkeit evaluiert - und dann kann man mit soliden Fakten weitersehen.

Aber was wir hier haben, ist nun genau das was ich oben beschrieben hab: es wird innerhalb einer Tunnelrealität auf irrationaler Grundlage in gut und böse sortiert und dann gleich drauflos polemisiert - ohne irgendwie über den Tellerrand hinauszugucken und die Dinge in einen Realitätsbezug zu bringen.
Und der entscheidende Punkt: das machen ALLE so - wir erinnern uns zB an den staatlichen deutschen Propagandarundfunk und seine fanatische Hetze gegen Herrn D.Trump.
Was wir haben, ist de facto ein informationeller Kriegszustand, in dem der Feind per definition immer unrecht hat, ohne dass man die Inhalte überhaupt noch betrachtet.
Zuletzt geändert von Elevation Eight am 24. Dez 2022 01:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Elevation Eight »

fehlgeleitet hat geschrieben: 21. Dez 2022 22:10 @elevation du willst offensichtlich keine Klärung über den Gegenstand erreichen, sondern einen bunten Blumenstrauß von Ansichten über Themen. Was versprichst du dir davon?
Davon verspreche ich mir eine Klärung über den Gegenstand, anstelle von lediglich ideologiegetriebenen Propagandathesen und Feindschaftsbekundungen.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

fehlgeleitet hat geschrieben: 23. Dez 2022 20:05 Ja, wenn der Kapitalismus ganz anders wäre dann wäre meine Kritik an ihm auch hinfällig. Nur hier sind wir am entscheidenden Punkt.

Obwohl es in einer Demokratie rein legal gedacht möglich ist, die gesamte Gesellschaft durch Gesetzesänderungen zu verändern, so passiert das nicht. Und es gibt Systemimmanente Gründe dafür, warum sowas wie ein Bedingungsloses Grundeinkommen das den Namen verdient niemals eingeführt werden wird.
Die Gesellschaft war aber schon mal deutlich näher an einem gezähmten Kapitalismus (wie ich ihn gerne hätte) als heute, zum Beispiel in der Sozialliberalen Koalition unter Helmut Schmidt und Hans-Dietrich Genscher oder im sozialdemokratischen Schweden unter Olof Palme.
Du kannst natürlich einwenden, dass der sozialdemokratische Gesellschaftsentwurf offensichtlich in der Praxis ebenso gescheitert ist wie alle versuche, einen kommunistischen Staat zu errichten. Damit hast Du zweifellos Recht.

Damit kann ich zumindest mal feststellen, dass uns die Kritik am neoliberalen Kapitalismus eint, aber wir unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wie die Gesellschaft funktionieren solle.
"Ach, es ist der Fehler unserer Wissenschaft, dass sie alles zu erklären wünscht; und wenn es ihr nicht gelingt, dann sagt sie, es sei nichts daran zu erklären."
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Wolf Drache »

Elevation Eight hat geschrieben: 24. Dez 2022 00:52
Tyger hat geschrieben: 21. Dez 2022 11:25
Elevation Eight hat geschrieben: 21. Dez 2022 04:48 Russland gehört nunmal zu Europa. Und natürlich gibt es ein Interesse daran, dass Deutschladn stattdessen zum doppelten Preis Fracking-Gas aus Amerika per Diesel-Schiff über den Atlantik schippern läßt - dass das umweltschonender ist, glaubt zumindest Jordan Peterson. Ja, und die Grünen.
Die Grünen wären aber nicht die Grünen, wenn sie da nicht nochmal locker einen draufsetzen würden: https://www.achgut.com/artikel/namibia_ ... lity_check
Man kann es sich nicht ausdenken. (Wenn man kein Grüner ist.)
Das ist genau das Problem, von dem ich rede. "Worlds apart" - Informationen werden nicht mehr zusammengefügt, sondern nur noch unreflektiert in ihrer jeweiligen Inselrealität in gut/böse einsortiert, ohne sie überhaupt erst zu verstehen.
Und das erschreckende dabei ist: das scheint niemandem aufzufallen, das wird auch nicht korrigiert oder kritisiert.

Das, was in politischen Zusammenhängen bemerkt wird, dass Leute in sog "Echokammern" agieren wo nur das eigene Meinungsbild vorherrscht, das greift viel zu kurz und ist auch nicht die korrekte Analyse. Tatsächlich erstreckt sich das Phänomen quer durch die ganze Gesellschaft, die in vielerlei Tunnelrealitäten zersplittert ist und wo jeder sich nur noch mit seinen spezifischen Interessengebieten beschäftigt und kein weitergehender Zusammenhang mehr hergestellt wird. Dasselbe passiert auch in der Wissenschaft, wo keine brauchbare Erkenntnissuche mehr betrieben wird, sondern nur noch Spezialistentum hofiert - und auch so gut wie überall sonst.

Und jetzt gucken wir uns diesen Artikel hier an. Da schreibt also ein Kernkraftwerksbauer über Solarenergie in Deutsch-südwest, und dass die natürlich scheisse ist, weils ja kein Atomkraftwerk ist - und weils -angeblich- "nur" 25% Enerrgieffizienz hat. Also, ich finde, erstens 25% von Solarenergie, die sich ja nicht erschöpft, ist allemal besser als nix, und zweitens kenne ich kein Kernkraftwerk, das 25% Effizienz hätte. Aber das nur am Rande.

Die ursprüngliche Idee war ja eigentlich, dass man Sonnenenergie in den Wüsten Afrikas auffängt, dann per Mikrowelle an einen Satellitenring sendet, der diese Mikrowellen zurückreflektiert nach Europa. Der Vorteil dabei: die Afrikaner brauchen nur die Justierung der Sendestationen verstellen, um Europa zu grillen.
Spass beiseite: bislang weiss offenbar niemand, wie man sowas praktisch realisieren könnte.

Aber: dass man Strom, auch solchen aus Solarzellen, in Wasserstoff verwandeln kann, das ist bekannt und trivial - und so könnte man den Strom auch speichern - wenn man den Wasserstoff speichern könnte. Wasserstoff ist aber ein diesbezüglich ziemlich nerviges Zeug, und diffundiert durch so ziemlich alles. Also: schlecht handhabbar.
Wenn nun aber der Wasserstoff sich in Ammoniak verwandeln läßt, dann ist das zwar auch nicht grad das angenehmste Zeug, aber vielleicht doch besser handhabbar.
Und dann ist damit ja der Ammoniak der Energieträger. Das heisst: anstatt ein Transportschiff mit Schwerdiesel zu betreiben, kann man es ohne weiteres mit dem Ammoniak antreiben. Und alles andere ebenso.

Kurzum: der Artikel ist sachlich-faktisch dummes Zeug. Das Kozept als solches ist allemal interessant und gehört sorgfältig ingenieurmäßig auf technische Machbarkeit evaluiert - und dann kann man mit soliden Fakten weitersehen.

Aber was wir hier haben, ist nun genau das was ich oben beschrieben hab: es wird innerhalb einer Tunnelrealität auf irrationaler Grundlage in gut und böse sortiert und dann gleich drauflos polemisiert - ohne irgendwie über den Tellerrand hinauszugucken und die Dinge in einen Realitätsbezug zu bringen.
Und der entscheidende Punkt: das machen ALLE so - wir erinnern uns zB an den staatlichen deutschen Propagandarundfunk und seine fanatische Hetze gegen Herrn D.Trump.
Was wir haben, ist de facto ein informationeller Kriegszustand, in dem der Feind per definition immer unrecht hat, ohne dass man die Inhalte überhaupt noch betrachtet.
Extrem gute Analyse, der ich nur zu 100% zustimmen kann.

Nyarlathotep, der Gott der 999 Masken, ist aktiv, um die Menschheit zu verwirren und ins Chaos zu stürzen, bevor Cthulhu seine Herrschaft antreten kann.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von fehlgeleitet »

Elevation Eight hat geschrieben: 24. Dez 2022 01:02
fehlgeleitet hat geschrieben: 21. Dez 2022 22:10 @elevation du willst offensichtlich keine Klärung über den Gegenstand erreichen, sondern einen bunten Blumenstrauß von Ansichten über Themen. Was versprichst du dir davon?
Davon verspreche ich mir eine Klärung über den Gegenstand, anstelle von lediglich ideologiegetriebenen Propagandathesen und Feindschaftsbekundungen.
Ich antworte hier mal auch auf deinen langen Beitrag. Das naturwissenschaftliche Zeug lasse ich mal weg, das kenne ich nur vom Hörensagen.

Du schreibst, dir ginge es darum, diese ganzen "Echokammern" zusammenzufügen. Wenn dir das gelingt, hast du im Grunde ein Kompendium von Echokammern.

Das taugt vielleicht für eine Meinungsübersicht, aber über den Gegenstand den dort geredet wird weißt du nach wie vor nichts, weil du einen Haufen falscher Aussagen und ein paar richtige ungeordnet nebeneinander liegen hast.

Als Wissenschaft würde ich das also nicht bezeichnen.

Noch nichtmal über die Echokammern selbst , denn du hast ja gar keine Gesetzmäßigkeiten über die Echokammern herausgefunden, sondern nur ein Datensammelsurium von Echokammern und der dort stattfindenden Kommunikation. Und ein solches Datensammelsurium von Echokammern existiert ja in Form von Suchmaschinen und social media. Das siehst du doch ein, dass Wikipedia, Facebook oder google keine Wissenschaft ist?

Deine ganze Kritik schrumpft also zusammen auf der Begrenztheit dieser Echokammern. Aber richtige von falschen Aussagen abzugrenzen ist notwendig in jeder wIssenschaftlichen Arbeit, Begrenztheit an sich ist also gar kein Fehler.

An Echokammern wäre viel eher zu kritisieren, dass sie nur im eigenen Saft schwelgen, also Informationen die ihnen nicht in den Kram passen ausblenden. Entsprechend sehen dann auch die Informationen aus, die dort kursieren. Sie sind Versuche, Informationen an das eigene Weltbild anzupassen. Die Kritik der Echokammern wäre ein Fall von Ideologiekritik, wenn dich das interessiert, könnte ich da noch mehr zu schreiben.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von fehlgeleitet »

Wolf Drache hat geschrieben: 24. Dez 2022 10:45
fehlgeleitet hat geschrieben: 23. Dez 2022 20:05 Ja, wenn der Kapitalismus ganz anders wäre dann wäre meine Kritik an ihm auch hinfällig. Nur hier sind wir am entscheidenden Punkt.

Obwohl es in einer Demokratie rein legal gedacht möglich ist, die gesamte Gesellschaft durch Gesetzesänderungen zu verändern, so passiert das nicht. Und es gibt Systemimmanente Gründe dafür, warum sowas wie ein Bedingungsloses Grundeinkommen das den Namen verdient niemals eingeführt werden wird.
Die Gesellschaft war aber schon mal deutlich näher an einem gezähmten Kapitalismus (wie ich ihn gerne hätte) als heute, zum Beispiel in der Sozialliberalen Koalition unter Helmut Schmidt und Hans-Dietrich Genscher oder im sozialdemokratischen Schweden unter Olof Palme.
Du kannst natürlich einwenden, dass der sozialdemokratische Gesellschaftsentwurf offensichtlich in der Praxis ebenso gescheitert ist wie alle versuche, einen kommunistischen Staat zu errichten. Damit hast Du zweifellos Recht.

Damit kann ich zumindest mal feststellen, dass uns die Kritik am neoliberalen Kapitalismus eint, aber wir unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wie die Gesellschaft funktionieren solle.
Ich würde eher sagen, die Sozialdemokraten haben leider mit ihrem Programm Erfolg gehabt, und das Proletariat zum selbstbewussten Staatsbürger gemacht. Ich kenne jemanden, der Veranstaltung über die Geschichte der SPD anbietet und erklärt, wie die Sozialdemokraten in ihrem Bemühen lauter gute Dinge für das Proletariat zu tun letztendlich nur den Kapitalismus stabilisiert haben. Ein paar Kriege gehen auch auf ihre schippe.
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Re: Endlich, Cthulhu!

Beitrag von Tyger »

Elevation Eight hat geschrieben: 24. Dez 2022 00:52 Und jetzt gucken wir uns diesen Artikel hier an. Da schreibt also ein Kernkraftwerksbauer über Solarenergie in Deutsch-südwest, und dass die natürlich scheisse ist, weils ja kein Atomkraftwerk ist - und weils -angeblich- "nur" 25% Enerrgieffizienz hat. Also, ich finde, erstens 25% von Solarenergie, die sich ja nicht erschöpft, ist allemal besser als nix, und zweitens kenne ich kein Kernkraftwerk, das 25% Effizienz hätte. Aber das nur am Rande.

Die ursprüngliche Idee war ja eigentlich, dass man Sonnenenergie in den Wüsten Afrikas auffängt, dann per Mikrowelle an einen Satellitenring sendet, der diese Mikrowellen zurückreflektiert nach Europa. Der Vorteil dabei: die Afrikaner brauchen nur die Justierung der Sendestationen verstellen, um Europa zu grillen.
Spass beiseite: bislang weiss offenbar niemand, wie man sowas praktisch realisieren könnte.

Aber: dass man Strom, auch solchen aus Solarzellen, in Wasserstoff verwandeln kann, das ist bekannt und trivial - und so könnte man den Strom auch speichern - wenn man den Wasserstoff speichern könnte. Wasserstoff ist aber ein diesbezüglich ziemlich nerviges Zeug, und diffundiert durch so ziemlich alles. Also: schlecht handhabbar.
Wenn nun aber der Wasserstoff sich in Ammoniak verwandeln läßt, dann ist das zwar auch nicht grad das angenehmste Zeug, aber vielleicht doch besser handhabbar.
Und dann ist damit ja der Ammoniak der Energieträger. Das heisst: anstatt ein Transportschiff mit Schwerdiesel zu betreiben, kann man es ohne weiteres mit dem Ammoniak antreiben. Und alles andere ebenso.

Kurzum: der Artikel ist sachlich-faktisch dummes Zeug. Das Kozept als solches ist allemal interessant und gehört sorgfältig ingenieurmäßig auf technische Machbarkeit evaluiert - und dann kann man mit soliden Fakten weitersehen.
Du findest es allen Ernstes interessant, Solarstrom mehrfach umzuwandeln und buchstäblich über den halben Planeten zu verschiffen anstatt ihn in Afrika vor Ort zu verwenden? Ach so, klar, ich Dummchen - den teuren Solarspeicher/Umwandlungsstrom würde in Namibia ja keiner bezahlen wollen, denn dort gibts ja reichlich Kraftwerke und man baut immer neue hinzu, und außerdem ist da ja immer reichlich billiger südafrikanischer Atomstrom zum Importieren da. Also klar - den Solarstrom erst nochmal richtig zu verteuern und dann nach Deutschland zu verschiffen, macht irgendwie schon Sinn. Der Verfasser des Artikels versteht das nur nicht. Ich auch nicht. Vor allem, wenn der Vorwand lautet, es ginge angeblich um die Umwelt.