Aggressionen im Leben und im Netz

Psychologische, philosophische und wissenschaftliche Betrachtungen

Moderator: gabor

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Clown
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Re: Aggressionen im Leben und im Netz

Beitrag von Clown »

Kommt einfach runter so schwer es auch ist....dann habt ihr eure Aggressionnen :leier:
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Daimao_Koopa
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Re: Aggressionen im Leben und im Netz

Beitrag von Daimao_Koopa »

Mi+ hat geschrieben:Nicht der Hass sagt was wir sind, sondern die Gegenteile. Wir sind nicht schmutzig, wir sind nicht hungrig, wir sind nicht ungebildet, wir sind nicht chancenlos, wir sind nicht dieses oder nicht jenes. Gut soweit. Oder andersherum, wir sind halt diese oder halt jenes, doch da taucht Hass nicht auf.
Aber genau das habe ich gesagt. Indem ich etwas hasse, sagt mir das, dass ich mich vom Objekt meines Hasses unterscheide. Anhand dieses Unterschiedes definieren wir uns. Als Beispiel: Ich hasse die CDU, also will ich nicht so sein wie deren Anhänger. Ich definiere mich demnach: ich gehöre nicht zu den Anhängern der CDU und mache alles, was mich von ihnen unterscheidet. Und diese Unterschiede machen mich dann aus.
Gabor hat geschrieben:Wie soll ich etwas,das ich nicht kenne hassen?
Ich hasse es WEIL ich es nicht kenne. Unwissen und Unkenntnis muss man dabei unbedingt unterscheiden, denn bei Unkenntnis sehe ich etwas, aber weiß nicht was.
Ich hat geschrieben:Inwieweit allerdings diese (frühen) Prägungen (unterbewußt) weiterwirken oder auch nicht, entzieht sich meiner Kenntnis und wäre somit (allein schon aufgrund der Individualität) momentan rein spekulativ. Letzteres wäre trotzdem eine interessante Frage...
Da kann ich weiterhelfen. All jene unbewussten Prägungen werden Teil unseres Habitus (nach Pierre Bourdieu das System verinnerlichter (sozialer) Muster). Der Habitus ist millieuspezifisch, das heißt: ja nach sozialer Umwelt ist der Habitus unterschiedlich ausgeprägt. Der Habitus zieht sich durch unser gesamtes Leben und ist dafür verantwortlich, warum wir so sind wie wir sind. z.B. verhält sich der Bauernjunge wie ein Bauernjunge, weil er bei Bauern aufgewachsen ist und deren soziale Konzepte angenommen hat.
Die Art, wie man mit Gefühlen umgeht gehört natürlich auch dazu. Je höher die Schicht, in der man sich bewegt, desto mehr werden Gefühle verdrängt/unterdrückt. Zerberus hat es schon gut angeschnitten
Clown hat geschrieben:Ach...kluge Worte zur eigenen Erfahrung....macht uns dies nun besser?
Wissen macht immer klug. Besonders das Wissen um das eigene Handeln.
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gabor
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Re: Aggressionen im Leben und im Netz

Beitrag von gabor »

Das seh ich etwas anders.Hass ist eine rein menschliche Emotion.Kein Tier hasst.
Und wenn ich auf Unbekanntes negativ reagiere,ist das Angst....wie eben auch bei Tieren(Fluchtreflex).
Dass aus dieser Angst irgendwann Hass werden kann,ist unbestritten.
Linke Hand zum Gruss!
Woher soll ich wissen, ob die Vergangenheit keine Fiktion ist, die nur erfunden wurde, um den Zwiespalt zwischen meinen augenblicklichen Sinneswahrnehmungen und meiner Geistesverfassung zu erklären?
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Chaotica
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Re: Aggressionen im Leben und im Netz

Beitrag von Chaotica »

Gabor, ist nicht der Kult um die eigene Wichtigkeit der größte Auslöser von Hass? Das Nichtbeachtetwerden, das Zurückweisen, die Enttäuschung, schafft das nicht Wut und Hass?

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Zerberus
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Re: Aggressionen im Leben und im Netz

Beitrag von Zerberus »

dann müssten die Deutschen heutzutage ja immer noch die Franzosen ("Erbfeind") hassen...

also nach den erfahrungen die ich habe ist das so . beruht auf gegenseitigkeit .
"Eine mächtige Flamme entsteht aus einem winzigen Funken."
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Bella Aurora
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Re: Aggressionen im Leben und im Netz

Beitrag von Bella Aurora »

Hass ist ein großes Wort!
Meistens soll es ja übergroße Verachtung gepaart mit Zorn und Agression ausdrücken. Aber ich kann nichts hassen was ich nicht kenne, weil jedes mal für mich eine der drei Hauptaspekte fehlen würde. Wenn man ein derartiges Gefühl entwickelt sollte man es entweder für sich nutzen und die resultierende Energie anderweitig verbrauchen oder man versucht dem Hassobjekt zu verzeihen. Denn ihn unkontrolliert lodern zu lassen verändert einen selbst und macht blind, weil man automatisch darauf fixiert ist. Es frisst einen regelrecht von innen auf.

Ich selbst neige auch dazu schnell an die Decke zu gehen, aber ich komme auch genauso schnell wieder runter. Leute die hingegen langfristig an Aggressionen festhalten sollten sich meiner Meinung nach mit sich selber auseinander setzen, weil es weder gesund für den Geist, noch für den Körper ist...
Und dann ist ja auch die Frage wie man mit Agressionen umgeht! Ich werde sauer, sage was es zu sagen gibt und dann ist das Thema für mich vorerst vom Tisch. Leute die ihre Agression mit Gewalt kompensieren müssen tun mir irgendwie leid, weil das immer ein Indikator dafür ist, dass nicht genug Selbstbeherrschung vorhanden ist, wo wir wieder beim Thema Arbeit mit und an sich selbst wären...

Meine fünf Cent dazu...
Bella
Und hüte dich vor den Guten und Gerechten! Sie kreuzigen gerne die, welche ihre eigene Tugend erfinden - sie hassen den Einsamen.
Friedrich Nietzsche, Werke II - Also sprach Zarathustra
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Daimao_Koopa
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Re: Aggressionen im Leben und im Netz

Beitrag von Daimao_Koopa »

Gabor hat geschrieben:Das seh ich etwas anders.Hass ist eine rein menschliche Emotion.Kein Tier hasst.
Und wenn ich auf Unbekanntes negativ reagiere,ist das Angst....wie eben auch bei Tieren(Fluchtreflex).
Dass aus dieser Angst irgendwann Hass werden kann,ist unbestritten.
Das Problem ist, dass der Mensch das Tier mit dem stärksten Überlebensinstinkt ist. Wenn er etwas bemerkt, das ihm gefählich werden könnte, dann würde der Mensch ALLES tun, um überleben zu können. Manchmal ist die Flucht einfach aussichtslos und du glaubst nicht, was ich bei Menschen schon erlebt habe, wenn man sie in die Ecke drängt.
Chaotica hat geschrieben:ist nicht der Kult um die eigene Wichtigkeit der größte Auslöser von Hass? Das Nichtbeachtetwerden, das Zurückweisen, die Enttäuschung, schafft das nicht Wut und Hass?
Im Prinzip hast du recht. Doch Hass kann auch zum Selbstzweck werden; ebenso wie Freude...
Bella Aurora hat geschrieben:Aber ich kann nichts hassen was ich nicht kenne, weil jedes mal für mich eine der drei Hauptaspekte fehlen würde.
Irgendwie ist mir dieser Gedanke nicht ersichtlich genug. Führ das doch bitte einmal etwas genauer aus. Denn so könnte ich einfach behaupten, dass Hass nur ein Objekt und keine Gründe benötigt.
Leute die ihre Agression mit Gewalt kompensieren müssen tun mir irgendwie leid, weil das immer ein Indikator dafür ist, dass nicht genug Selbstbeherrschung vorhanden ist
Die Aggressionen müssen aber wie alle anderen Gefühle verarbeitet werden. Nicht jeder ist so redegewandt, wie wir. In einem solchen Fall muss der Hass an etwas ausgelebt werden; da hat man keine Wahl.
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Bella Aurora
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Re: Aggressionen im Leben und im Netz

Beitrag von Bella Aurora »

@Daimao
Man hat immer eine Wahl, man kann zB Sport nutzen um sich so abzureagieren, aber Gewalt muss nicht sein!

Und ich beziehe es nicht nur auf Objekte, diese Gefühle können durch vieles ausgelöst werden, aber meiner Meinung nach nicht aus heiterem Himmel ohne Vorgeschichte.

Liebe Grüße
Bella
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Daimao_Koopa
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Re: Aggressionen im Leben und im Netz

Beitrag von Daimao_Koopa »

@Bella:
Danke für die Erläuterung!
Und ich beziehe es nicht nur auf Objekte, diese Gefühle können durch vieles ausgelöst werden, aber meiner Meinung nach nicht aus heiterem Himmel ohne Vorgeschichte.
Du hast ja eigentlich recht. Das was ich meinte (Hass als Selbstzweck) ist leider ziemlich kompliziert und kommt nur in ganz besonderen Ausnahmefällen vor. Insofern ist deine Meinung schon die Zutreffendere.
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Re: Aggressionen im Leben und im Netz

Beitrag von Ich »

Daimao_Koopa hat geschrieben:
Ich hat geschrieben:Inwieweit allerdings diese (frühen) Prägungen (unterbewußt) weiterwirken oder auch nicht, entzieht sich meiner Kenntnis und wäre somit (allein schon aufgrund der Individualität) momentan rein spekulativ. Letzteres wäre trotzdem eine interessante Frage...
Da kann ich weiterhelfen. All jene unbewussten Prägungen werden Teil unseres Habitus (nach Pierre Bourdieu das System verinnerlichter (sozialer) Muster). Der Habitus ist millieuspezifisch, das heißt: ja nach sozialer Umwelt ist der Habitus unterschiedlich ausgeprägt. Der Habitus zieht sich durch unser gesamtes Leben und ist dafür verantwortlich, warum wir so sind wie wir sind. z.B. verhält sich der Bauernjunge wie ein Bauernjunge, weil er bei Bauern aufgewachsen ist und deren soziale Konzepte angenommen hat.
Das gleiche wurde ja schon oben mit anderen Worten angesprochen, allerdings ist das meiner Meinung nach im Kontext ein mehr als ungenügendes Erklärungsmodell diesbezüglich. Trotzdem danke. ;)
Bella Aurora hat geschrieben:Und dann ist ja auch die Frage wie man mit Agressionen umgeht! Ich werde sauer, sage was es zu sagen gibt und dann ist das Thema für mich vorerst vom Tisch. Leute die ihre Agression mit Gewalt kompensieren müssen tun mir irgendwie leid, weil das immer ein Indikator dafür ist, dass nicht genug Selbstbeherrschung vorhanden ist, wo wir wieder beim Thema Arbeit mit und an sich selbst wären
Zunächst einmal: Es gibt mehrere Arten von Gewalt. Auch Worte können eine Art von (psychischer) Gewalt darstellen! Ich denke, diesbezüglich bedarf es wohl keiner näheren Erläuterung.
Ich gebe Dir (kontextbezogen) Recht, wenn Du schreibst "mit Gewalt kompensieren müssen".
Allerdings kann die direkte physische Gewaltanwendung von mehreren Faktoren abhängen (z.B. wie der jeweilige Gegner selbst diesbezüglich strukturiert ist oder welche Möglichkeiten bei diversen Konflikten - auch zur Beilegung - an sich überhaupt vorhanden bzw. durchführbar sind etc.)...
Man sollte also auch diesbezüglich nicht zu vorschnell urteilen und die jeweilige Situation erst einmal von allen Seiten aus betrachten (sofern man als Außenstehender überhaupt die Möglichkeit dazu hat!). Aber viele vermögen (bzw. wollen!) ja nicht einmal das - was den Hass auch gewaltig fördert.
Die Späne werden fliegen!
"Ich bin kein Bekenner, ich bin ein leidenschaftlich beteiligter Betrachter!" (E.v.S.)
Bedecktes Feuer hitzt am meisten.